Einzelbild herunterladen
 

HeckungSborlagen besprochen und eine Auskunft darüber erbeten worden ist. wie sich die Regierung zu dieser Frage stellt. Der Standpunkt der Verbündelen Regierungen ergibt sich klar und deutlich aus der Lage der gesamten Dinge. Wie ist die Situation? Es ist cur unbedingtes Erfordernis, daß die Heeresverstärkung unverzüglich ins Werk gesetzt wird. Das ist das ober sie Gesetz, nach dem ich meine Haltung regeln musi bis in alle Konsequenzen hinein und regeln werde.(Beifall.) Daneben steht die Forderung, daß die Finanzen weder des Reiches noch der Bundesstaaten erschüttert werden. Auch das ist ein zwingender Bestandteil der Bereitschaft der Nation. lSehr richtig I) Die Verbündeten Regierungen sind dieser Forderung vollauf nachgekommen: wir habe» Ihnen volle Deckung vor- geschlagen. Daß ebenso wie in der Kommission auch in diesem hohen Hause eine ausgesprochene Mehrheit für die Wehr- Vorlage vorhanden ist, daran zweifle ich nicht, und daß sie deshalb angenommen werden wird, darauf vertraue ich zuversichtlich. Das gleiche gilt bezüglich der außergewöhnlichen Maßregeln, die wir Ihnen zur Deckung der außergewöhnlich hohen einmaligen Kosten vor- geschlagen haben, bezüglich des Wehrbeitrages. Auf die Einzel- heilen, wie sich dieser Wchrbeitrag bisher in der Kommission gestallet hat, gehe ich jetzt nicht ein: wir stehen noch vor der zweiten Kom- missionSlesung. Einigung ist bisher in allen Punkten noch nicht gefunden über die Deckung der laufenden Kosten. Was folgt aus dieser Situation? Sie, die Sie die Wehrvorlage bewilligen wollen, wollen sie nicht auf dem Papier bewilligen, Sie wollen sie bezahlen.(Sehr richtig I) Und deshalb ist es unsere Pflicht, eine Einigung zu suchen über die Frage der Deckung der laufenden Kosten, soweit diese Einigung noch nicht erzielt worden ist. Den Weg zu dieser Einigung haben wir Ihnen in unseren Vorlagen gewiesen, und ich bin fest überzeugt, daß die Einigung wird gefunden werden, weil sie gefunden werden muß.(Sehr richtig! beiden bürgerlichen Parteien.) Meine Herren, ein Volk, das in der Mehr- heit seiner parlamentarischen Vertretung zu der Gewißheit gekommen ist, daß seine Wehrmacht gestärkt werden muß, weil es die Sicherheit und der Schutz des Vaterlandes verlangen, hat ein Recht darauf, daß ihm dieser Schutz auch wirklich gewährt wird.(Beifall bei den bürgerlichen Parteien.) Auf dem Wege, den wir eingeschlagen haben, gibt es kein Zurück. Wir können keiner von uns, nicht Sie und nicht wir hier im Bundesrat, wir können nicht das Volk um den Schutz betrügen, von dem wir überzeugt sind, daß er nottut. Das wäre eine Ver- sündigung am Vaterland. Deshalb werde ich mich mit allen Mitteln dafür einsetzen, daß die Wehrvorlage zu dem Zeitpunkt inS Werk gesetzt wird, den die Vor- läge vorsieht, ich werde mit dem gleichen Nachdruck mit Ihnen arbeilen und wenn es nötig ist, auch käinpfen, daß die Mittel bereitgestellt werden, die dazu gehören. Wenn ich dazu nicht fest entschlossen wäre, hätte ich die Vorlage überhaupt nicht eingebracht. Und ich meine, Sie, die Sie in der Kommission für die Webrvorlage gestimmt haben, müsien derselben Ansicht fein. Deshalb lassen Sie uns jetzt handeln(Abg. Dr. Weill(Soz.): Kuhhandel! Abg. Bas s ermann(natl.): Das tun wir seit drei Tagen! Heiterkeit) und ein Werk zum Abschluß bringen, für dessen Scheiter», kein Mensch die Verantwortung tragen könnte.(Bei- fall rechts und bei den Nationalliberalen.) Abg. v. Licicrt iRp. bleibt bei der im ganzen Hause herrschenden Unruhe, die sich nur sehr allmählich legt, zunächst auf der Tribüne völlig unverständlich). Redner bespricht die Vorlage vom rein militärtechnischen Standpunkt und tritt vor allem für die Notwendig- keit der Kavallerie ein, deren Wert sich im türkischen Kriege wieder erwiesen habe. Abg. Eolshorn(Welfe) spricht sich für die Vorlage in der Fassung der Kommission aus. Abg. Bassermann(natl.): Der Reichskanzler sagte, die Verab- schiedung der Wehrvorlage sei ein Gebot nationaler Notwendigkeit, der sich alle anderen Rücksichten unterordnen müßten. Das ist genau der Standpunkt, den wir in der Kommission vertreten haben. Auch den Standpunkt des Reichskanzlers, daß der Wehrbeitrag zustande- kommen wird, teile ich, möchte aber doch hoffen, daß es gelingen möge, gewisse Härten auszumerzen, die er in der ersten Lesung der Kommission erhalten hat. Sind doch in wachsendem Maße bereits recht erhebliche Beschwerden ouS erwerbenden Kreisen darüber laut geworden. Ich hoffe, daß die Regierung mit g e« wohnter Energie(Heiterkeit) sich für die Regierungsvorlage in einzelnen beanstandeten Teilen einsetzen werde. Sodann sprach der Reichskanzler von der fortlaufenden Deckung. Auch meine politischen Freunde halten es für dringend wünschenS- wert, daß wir in fortgesetzter Tätigkeit in diesem Sommer die Deckungsfroge erledigen und ich hoffe, daß wir zu einer Einigung kommen, die, wie ich hoffe, dem größeren Teil des Hauses genügen wird. Aber ich meine weiter, entgegen den Ausführungen des Reichskanzlers, wir möchten die Deckung für die fortlaufenden Ausgaben doch bitten auf dem Boden einer allgemeinen Reichsbesitz st euer und nicht in der Form der Abwälzung auf die Matrikularheiträge, auch wenn sie veredelt sind, zu suchen, denn da wälzt man doch schließlich die Schwierig- Zeiten aus dem Reich auf die Einzelstaaten ab. Der Mahnung zu intensiver Tätigkeit, glaube ich, bedarf es nicht.(Sehr richtig! links.) Wir sind doch in allen Parteien seit Wochen bemüht, über diese schwierige, zum Teil sehr spröde Materie Herr zu werden und sind doch selbst nicht willens, bis in den Hochsommer hier zu sitzen. Zu den Ausführungen des Reichskanzlers möchte ich noch be- merken, daß ich ihm die zum Teil dort mit großer Mehrheit beschlossenen Resolutionen recht warm ans Herz legen möchte. Bei den großen Opfern, wie sie hier gefordert werden, ist das Verlangen gewiß berechtigt, daß auch Reformen ins Werk gesetzt werden, die zum Teil seit Jahrzehnten jahraus jahrein von den Parteien verlangt werden. Es ist nicht richtig, sie mit einer leisen Handbewegung beiseite zu schieben. Bon uns denkt natürlich nie- mand daran, durch das. was wir vorschlagen, die Treue zum aller- höchsten Kriegsherrn oder die Disziplin zu erschüttern. Redner lritt des weiteren für den nationalliberalen Antrag auf Wieder- Herstellung der gestrichenen Kavallerieregimenter ein.(Bravo ! bei den Nationalliberalen.) Das Haus vertagt sich. Es folgen persönliche Bemerkungen. Abg. Noske(Soz.): Gegenüber Herne Erzberger sage ich, daß ich nichl von einem Rückgang der Tauglichkeit gesprochen, sondern nur die Tatsache mitgeteilt habe, daß 40 Proz. der Gestellungs­pflichtigen in Deutschland zum Militärdienst untauglich sind. Falsch ist, wenn er mir nachsagt, ich hätte von Verlusten an Flugzeug gesprochen. Ich habe lediglich von Verlusten an großen Lenkballons gesprochen. Die Fliegeroffiziere habe ich gar nicht erwähnt. Es würde meinem Wesen gar nicht entsprechen, Männer, die ihr Leben für ihren Dienst einsetzen, irgendwie herabzuwürdigen. Herr Müller-Meiningen hat mir unterstellt, ich hätte die gestrige Form meiner Rede bestimmen lassen durch Zeitungsartikel von Rosa Luxemburg . Diese Artikel waren mir bisher ganz unbekannt. Als, gelinde gesagt, nicht schön, muß ich eS zurückweisen, daß er ohne Anführung von Tat- fachen behauptet, meine Rede sei nicht in Uebereinstimmung zu bringen mit Erklärungen von Parteigenossen von mir in der Kommission und mit meiner dortigen Haltung. Die von uns dort gemachten Auslassungen find vom sozialdemokratischen Standpunkt aus absolut einwandfrei, in dem Zu- sammenhang, in dem sie in der Kommission vorgetragen worden sind.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) UebrigenS handelt es sich hier um Erörterungen, die strengvertraulicher Natur waren. Es ist uns zur Pflicht gemacht worden, darüber nicht zu reden.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Es ist mir des- halb ganz unmöglich, darzulegen, daß Herr Müller von irrigen Voraussetzungen ausgeht, wenn er meint, daß ein solcher Widerspruch konstruiert werden kann. Was ich über die Atlas- werke gestern gesagt habe, halte ich auftecht, abgesehen von dem geringfügigen Irrtum. Nach dem mir jetzt vorliegenden Prospekt gehört das Mitglied des Reichstages, Herr v. Böhlendorff-Kölpin, m der Tat zu den Gründern. Weder er noch die Herren aus der Heeresverwaltung haben eS bisher für erforderlich gehalten, gegen meine gestrigen Darlegungen Stellung zu nehmen. Daß es eine schwere Beschuldigung für einen Abgeordneten ist, wenn man ihm vorwirft, er benutze seine Stellung als Abgeordneter zu persönlichen Bereicherungen, entspringt allerdings durchaus meiner Auffassung.(Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) Abg. Erzberger(Z.): Herr NoSke hat gesagt, die Heeresver- waltung habe den Befähigungsnachweis für das Flugwesen nicht erbracht und darin war ich berechtigt, einen Angriff auf die Flug- zeugoffiziere zu erblicken. Abg. Dr. Müller-Meiningen (Vp.): Die betreffenden Verhand­lungen der Kommission waren nur insoweit vertraulich, als es sich um Mitteilungen der Militärverwaltung und um deren Behandlung durch Abgeordnete handelte. Ich muß mich wundern, daß gerade von einer Seite eine so mimosenhafte Empfindlichkeit deklariert wird. die fortgesetzt erklärt hat, daß alles, was ein Abgeordneter in der Ausübung seines Mandates an irgendeiner Stelle vertreten hat, All- gemeingul sei. Abg. Noske(Soz.): Ich stelle nochmals fest, daß sowohl ich wie meine Parteigenossen Wort für Wort zu unseren Dar- l e g u n g e n in d e r K o m m i s s o n stehen. Es liegt also gar kein Anlaß vor, einen solchen Gegensatz zu konstruieren. Von Herrn Erzberger hätte ich erwartet, daß er auf Grund meiner Erklärung loyalerweise seine Behauptungen zurücknahm. Auf Grund de- Stenogramms stelle ich fest, daß seine Behauptung unrichtig ist. Abg. Erzberger(Z.): Herr Noske wird nicht bestreiten, daß er der Militärverwaltung vorgeworfen hat, sie habe den Besähigungs- Nachweis nicht erbracht, daß sie mit dem Flugzeug ordentlich um- gehen könne. Dagegen richtete sich meine Abwehr, und ich nehme gern davon Notiz, daß er den Fliegeroffizieren keinen Vorwurf hat machen wollen, und warte im übrigen das offizielle Stenogramm ab. Abg.». Böhlendorff-Kölpin(k.): Ich war leider gestern abend nicht anwesend und stelle heute fest, daß ich mit keinem einzigen Mitglied der Regierung oder irgend einer Persönlichkeit, die der Regierung auch nur nahestehen könnte, über die Atlas-Werke auch nur irgendeine Silbe gesprochen habe. Nächste Sitzung: Donnerstag 1 Uhr.(Fortsetzung der Beratung der Wehrvorlage.) Schluß S'/z Uhr. _ H119 der Partei. Parteilitcratur. Internationales Jahrbuch für Politik und Arbeiterbewcguug Von diesem im Verlage der Buchhandlung Vorwärts erscheinenden Geschichtskalender gelangt soeben das erste Vierteljahrsheft des 2. Jahrganges zur Ausgabe. Der Zweck des Internationalen Jahr- buchs liegt darin, die Tagesereignisse zu sichten und von Tatsachen. die als historisch bedeutsam erkannt sind, mit möglichster Genauigkeit Bericht zu geben. Auf diese Weise wird sich das Werk in seinen fortlaufenden Bänden zu einem Nachschlagewerk gestalten, das nur augenblicklich Interessierendes unberücksichtigt läßt, aber auf Fragen nach wichtigen Vorgängen vergangener Jahre richtige und möglichst erschöpfende Antwort gibt. Das Internationale Jahrbuch ist für jeden Politiker, Tewerk- schafter, Genossenschafter, Agitator, Redakteur ein überaus wichtiges Nachschlagewerk, das fernerhin kaum wird entbehrt werden können. Das Internationale Jahrbuch erscheint in vier Heften jährlich und kostet pro Jahr 10 M. Jedes einzelne Heft 2.50 M. Der erste Jahrgang ist noch in Heften zu 10 M., oder in einem Halbfranzbond zum Preise von 12 M. durch die Buchhandlungen zu beziehen. Daselbst werden auch Bestellungen auf den Zwesten Jahrgang an- genommen. Ss�iales. Ein interessantes Eingeständnis. Alle Maßnahmen und Bestrebungen der Unternehmer sind von Profjtinteressen bestimmt. In der kapitalistischen WirtschaftS - Ordnung ist das ja auch selbstverständlich. Die Unternehmer aller- dings versuchen sehr oft, ihre eigentlichen Beweggründe zu ver- heimlichen. Dadurch geben sie ungewollt zu erkennen, daß sie die kapitalistische Moral und Tendenz nicht zu verteidigen wagen. Hartnäckig ist der Kampf, den man gegen die Festlegung eines Maximalarbeitstages und die Beseitigung des Ueberzeitarbeitens führt. Neben dem Schlagwort von dem Ruin der Industrie tauchen da allerhand andere Einwendungen auf. Einmal sollen betriebs- technische Hindernisse hemmend im Wege stehen. Tann wieder hört man, es fehle an Arbeitern überhaupt, oder doch mindestens an den für bestimmte Betriebe notwendigen Kräften. In Wirklich- keit ist die verteidigte Wirtschaftsweise vielfach direkt sinnlos, be- deutet eine unverantwortliche Verschwendung, einen Raubbau an der Arbeitskraft. Aus ihr erwachsen zum Teil die Verhältnisse, die man als Hindernis der verlangten Reform ins Feld führt. Es wären z. B. Arbeitskräfte für jede Spezialarbeit genügend vor- handen, wenn man die Arbeiter nicht unnötig in die Fabrik sperrte. Aus welchen rückständigen Gründen dem Ueberschichtenunwcsen ge- ftönt wird, das schildert der Gewerbeinspektor für den Bezirk Trier . In seinem Beicht für 1912 schreibt er: .In einem Werke vertrat der Betriebsleiter den Standpunkt, daß die Ueberarbeit notwendig sei, weil nur mit ihrer Hilfe der Arbeiter dasjenige Einkommen erzielen könnte, auf das er nach Lage des Arbcitsmarktes der Hütte gegenüber Anspruch habe. Wenn den Arbeitern nicht ein gewisses Maß von Ueberarbeit zu- gebilligt würde, so seien Unzufriedenheit und Abwanderung die unvermeidlichen Folgen. Eine Erhöhung des Lohnes in dem Matze, daß in sechs normalen Arbeitsschichtcn ein angemessener Wochenlohn erzielt werde, sei mit Rücksicht auf die Konkurrenz nicht möglich. Die Generallcitung des Werkes hat diese Auf- fassung zwar nicht gerade bestätigt, konnte sich aber gleichwohl zu einer Einschränkung der zu produktiven Zwecken vorgenommenen gesetzlich zulässigen Ueberarbeit nicht entschließen. Als obere- Maß der Ueberarbeit gilt hier der seit Jahren bestehende Grund- satz, daß kein Arbeiter mehr Schichten bezahlt bekommt, als der Monat Kalendertage hat. Dasselbe Werk ist auch in diesem Jahre wiederum überwiegend an der Ueberarbeit zu produktiven Zwecken beteiligt," Die Erklärung des Betriebsleiters stimmt bis auf die.Rück- ficht auf die Konkurrenz". Des Schammäntelchens dieses Einwan- des entkleidet, erkennt man als des Systems Beweggrund das Fest- halten an den nicht ausreichenden Löhnen. Aus Gewinnsucht treibt man Raubbau an der Arbeitskraft, verschwendet so das Gut, von dem man sonst behauptet, es sei nicht so reichlich vorbanden, um auf daS Ueberfchichtenunwefen verzichten zu können. Die Mittei- lung des Gewerbeinspektors ist«in Beleg dafür, daß die Ein- Wendungen der Unternehmer gegen eine vernunftgemäß«, aus Volks- wirtschaftlichen und gesundheitlichen Gründen dringend notwendige Begrenzung der bisher üblichen überlangen Arbeitszeiten nicht der Wirklichkeit entsprechen, sondern willkürlicher Konstruttion ent- springen.__ Hue Industrie und Rande!. Rückgang der Börsenkurse. Die glaubten, daß mit dem Borsrieden von London die Börsen sich beruhigen würden, haben sich geirrt. Es konnte schon deswegen eine Beruhigung nicht eintreten, weil die Wirtschastskoirjunktur auS inneren Gründen und wegen der Beeinflussung durch den Balkan - krieg ihren Halt verloren hatte, was nun deutlich zum Ausdruck kam. Ueberall zeigten sich Abschwächungsmerkmale, worauf die Börsen mit Herabsetzungen der Kurse antworteten. DaS ist denn auch in sehr heftiger Weife geschehen und der allgemeine Kurs- stand der deutschen Börsenpapiere hat in wenigen Tagen einen sehr wesentlichen Rückgang erfahren. Mh« auch die Sorge vor einem neuen Balkonkrieg trug zur Beunruhigung bei. Von dem Rück« gang wurden nicht nur Dividendenpapiere betroffen, sondern auch sichere Renten und speziell die Sproz. Reichsanleihe, deren Kurs einen nie gesehenen Tiefstand erreichte. Der Rückgang ist nicht nur an den deutschen Börsen, sondern auch an den ausländischen Börsen erfolgt. Vor kurzer Zeit war die New Docker Börse Gegenstand umfangreicher Angebote und in den letzten Tagen war die Londoner Börse auss schwerste beunruhigt. Allerdings waren in London bauptsächlich die Gerüchte von Zusammenbrüchen und tatsächlich erfolgte Zusammenbrüche für den Rückgang maßgebend. Aber der Ilmsrand, daß diese Zusammenbrüche ver- hältnismätzig lange nach dem Abschluß des Vorfriedcns erfolgt sind, beweist, in welch schwacher Verfassung sich ein Teil der Börsen- spekulation noch immer befindet. Es ist nicht ausgeschlossen, daß wir unter diesen Umständen noch manche unangenehme Ueber- raschung erleben, und zwar nicht nur in London , sondern auch an deutschen Börsen._ Zechcnlegen. Nun soll das Zechenlegen auch der Kali- i n d u st r i e Heil und segen bringen. Der mit dem Kaligesetz ver- bundene Gedanke, in dieser Industrie eine weitere Zunahme der Werke zu verhindern, hat sich als trügerisch erwiesen. Die neuen Unternehmen schössen vielmehr wie Pilze nach einem warmen Regen bervor. Die allen Werke sehen dadurch ihre Gewinne gefährdet. Darum soll nun die Gesetzgebung die Handhabe zu der Stillegung von Kalizechen liefern. Das Kalishndikat hat sich nach' dieser Richtung bereits mit einer Anzahl von Werken verständigt. Mit solcher Aktion ist bei vielen Gründungen von vornherein gerechnet worden. Auf Kosten der Allgemeinheit soll dem spekulativ an- gelegten Kapital eine dauernde gute Rente gewährt werden. Barer Staat muß überall den Nachtwächter kapitalistischer Interessen spielen. Bus aller Melt. Brindejoncs neuer Distanzrekord. DaS ebenso kühne wie zähe Wagnis des französischen Fliegers Brindejonc, auf seinem Morane-Saulnier-Eindecker einen neuen Distanzrekord im Wettbewerb um den Pommery-Pokal aufzustellen, ist geglückt: Brindejonc hat noch am Dienstagabend gegen 7 Uhr Warschau erreicht! Er hat damit an einem Tag die Strecke Paris Berlin Warschau zurückgelegt, eine Entfernung von 1420 Kilometer, während der von seinem Landsmann Guilleaux aufgestellte Rekord*nur" 1250 Kilometer betrug. Brindejoncs Unternehmen wurde begünstigt durch den stürm- artigen Rückenwind, der streckenweise die Eigengeschwindigkeit seiner Maschine erreichte und damit die Fluggeschwindigkeit verdoppelte, nämlich auf 225 Kilometer in der Stunde brachte. Aber freilich: welcher Mut, welch' felsenfestes Vertrauen aus das eigene Können und die Leistungsfähigkeit der Maschine, welch' kolosiale Energie gehörte dazu, bei einem Sturm, der in Berlin Bäume entwurzelte, überhaupt zu starten und trotz rüttelnder Böen zehn Stunden Flug- zeit durchzuhalten l Die deutsche Presse ist denn auch ehrlich genug, einzugestehen. daß es zurzeit auch nicht einen einzigen deutschen Flieger gebe, dem eine solche Leistung zuzutrauen sei. Dabei ist Brindejonc in Frankreich keineswegs eine Klasse für sich, sondern nur ein Ebenbürtiger der Vedrines, Garros, Sludemars, Guilleaux und mancher anderer. Man wirft auch die Frage auf, woher daS komme. Man meint, zum Teil wohl von der Pedanterie und Reglementiererei der deutschen Fliegerei. Das mag bis zu einem gewissen Grade stimmen. Eine Aenderung wird aber erst dann eintreten, wenn man endlich die Konkurrenz des Auslandes nicht mehr wie bisher peinlich ausschließt, sondern nach Kräften heranzuziehen sucht! Ganz unrichtig ist die Behauptung eines Blattes, daß in Deutschland nichts zum Anreiz für größere Ueberlandflüge getan würde. Im Gegenteil: So hoch- dosierte Preise für Distanzflüge, wie die von der National- stügspende ausgesetzten, gibt es' selbst in Frankreich nicht! Dort ist eben der sportliche Ehrgeiz größer und die Konkurrenz innerhalb der Flugzeugindustrie schärfer, während deutsche Flugzeugunternehmer schon dann bei guten Konnexionen Austräge in der Tasche haben, bevor ihre Gründung überhaupt per- fett geworden ist: stehe AtlaSwerke! Bleibt hier alles beim alten und fährt man fort, bei Mug- Wochen durch Mätzchen, wie daS sogenannteWettrennen" über 20 oder 30 Kilometer(!) daS Publikum zu narren oder durch Anlauf- und Aus> laufkonkurrenzen, die selbst vom militärischen Standpunkt aus nur höchst problematischen Wert haben, anzuöden, so wird der aviatische Vor- sprung anderer Länder nicht nur vermindert, sondern sogar noch vergrößert werden! Neues von den Tpitzbergen-Expeditionen. Die Mitglieder der Schröder-Stranz-Expedition. Raab«, Rüdiger und R i t s ch e r, sind nach einem Telegramm der Tidn Tegn" aus T r o m s ö am Dienstagabend dort eingetroffen. Raabe ist vollkommen gesund, Rüdiger und Ritscher werden in Tromsö wegen ihrer erfrorenen Gliedmaßen behandelt. Ebenso sind sämtliche Norweger der Expedition, mit Ausnahme StenegerS, dort eingetroffen, der in der Treurenberg-Bai das Expeditionsschiff .Herzog Ernst" überwacht. Von der S t r a n z- E x p e d i t i o n ist Beckmann gleichzeitig in der Treurenberg-Bai eingetroffen. Stranz selbst mit vier Gefährten sind am 2. Juni in Begleitung von 16 Hunden nach dem Nordostlande in der Richtung auf die Treuren- berg-Bai aufgebrochen. Dort werden sie auf einen Walfischfänger gehen, um die Henlopstraße zu durchqueren, und marschieren dann weiter über das Festlandeis nach der Rijks-Bai. In den nächsten Tagen wird in Tromsö eine gerichtliche Unter- suchung über die Vorkommnisse bei der Schröder-Stranz-Expedition eingeleitet._ Ein dreister Ueberfall. In der vergangenen Nacht ist im Hause deS WeingutSbesitzerS Bronner in W i e S l o ch ein frecher Raubanfall verübt worden. Wie dieOberrheinische Korrespondenz" meldet, drangen Diebe mit Dolchen und Knüppeln bewaffnet in das Schlafzimmer des Wein- gutsbesitzers ein und verlangten Geld. Bronner erklärte, daß er in der Villa kein Geld habe. Darauf forderten die Räuber ihn auf, aufzustehen und mit ihnen ins Geschäft zu gehen. Einer der Komplizen blieb bei der Frau Bronners, ein zweiter stellte sich unter dem Fenster, während zwei Banditen mit Bronner nach dessen Geschäft gingen, wo sie sich den Kassenbestand von 500 M. aushandigen ließen. Die Räuber drohten Bronner falls er Lärm schlagen wolle mit ihren angeblich vergifteten Dolchen niederzustechen. Vorsichtshalber hatten sie auch die Telephonleitung durchschnitten. Sie nahmen Geld. Schmuckiachen und mehrere Uhren an sich und fuhren auf Fahrräder davon. Bis jetzt ist es noch nicht gelungen, die Räuber zu verhaften. Kleine Notizen. Ein tödlicher Absturz. Der 18jährige Wiener Kontorist Grossinger ist bei einer Partie in der Rettenbacher Kuwun abgestürzt und so s o r t t o t l i e g« n geblieben. Ermordung eines Professor? Mittwoch vormittag feuerte der Hörer des 3. Jahrgangs an der Landeshöranstalt in?berg der I8jähriae Ruthenc Elias Tzeqala gegen den polmi-hen Pro- fessor Gutkowskl fünf Revolverschüsse ab. wodurch der-Professor sofort getötet wurde. Tie rulhenischen Studenten schützten den Attentäter vor der Lynchjustiz der Polen . AIS die Polizet in das Seminar eindrang, kam es zu einem Kampfe zwischen polnischen und ruthenischen Studenten. Schließlich gelang si aber doch, den Attentater zu verhasten. Er verweigert zedc Avskunst über daZ Motiv seiner Tat.