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Hus der Frauenbewegung. Clas erwarten wir vom frauenwablrecht? Angesichts der furchtbaren Mittel, mit denen gegen- Wörtig in England um das Frauenwahlrecht gekämpft wird und im Hinblick auf die aktuelle Bedeutung, die der Kampf um dieses Recht in zahlreichen europäischen Parlamenten bekommen hat, erscheint es uns doppelt notwendig, keine Un- klarheit darüber bestehen zu lassen, was die Sozialdemokratie von der Erringung des Frauenstimmrechts erwartet. Im Gegensatz zu dem größten Teil der bürgerlichen Frauenrechtlerinnen gilt uns das allgemeine Wahlrecht wohl als eine der wichtigsten Waffen im Kampf um die Befreiung der Arbeiterklasse und damit auch der proletarischen Frau, nichr aber als diese Befreiung selbst. Die Erlösung der Arbeiterin von dem dreifachen Joch, unter dem sie gegen- wärtig seufzt, erwarten wir durchaus nicht einzig und allein von ihrer politischen Gleichberechtigung mit dem Manne. Ein Blick auf die Tätigkeit des Deutschen Reichslags, sowie aller anderen bürgerlichen Parlamente, die, wenn auch nicht unter dem allgemeinen, so doch unter dem Wahlrecht aller Männer gewählt worden sind, kann uns darüber be- lehren, wie wenig der bürgerliche Parlamentarismus ein wirklich demokratischer ist und wie wenig von ihm eine Ge- setzgebung erwartet werden darf, die den Interessen der arbeitenden Klassen in vollem Maße entspräche. Duldet er doch neben sich ein Oberhaus ernannter Mitglieder, eine Verwaltung durch dem Volkswillen entrückte und volkssremde Beamte und das Entscheidungsrecht der Krone in den wich- rigstm Angelegenheiten des Staates! Trotz alledem verdankt die Sozialdemokratie, und ganz besonders die Deutsch- lands, einen guten Teil ihrer Kraft und Ausdehnung der Teilnahme an den Wahlen und an den Arbeiten der gesetz- gebenden Körperschaften. Aber durch die gesetzgeberischen Taten der deutschen Parlamente ist dieses Wachstum lange nicht so sehr gefördert worden, als durch die Gelegenheit zu politischer Schulung und Organisierung. Tie Reden, die unsere Vertreter im Parlament halten, erlangen durch die Zeitungen eine ungleich größere Ver- breitung als die Reden in unseren Versammlungen, welche die bürgerliche Presse in der Regel totschweigt. Sie wirken dadurch in viel höherem Maße aufklärend und werbend auf den noch indifferenten Teil der arbeitenden Bevölkerung. Zugleich aber sind im Parlament unsere Gegner gezwungen. den Vertretern der Sozialdemokratie Rede zu stehen und auf ihre Anklagen zu erwidern. Nichts könnte besser dazu ge- eignet sein, die moralische Schwäche des Bürgertums und die sittliche Ucberlegenheit der aufsteigenden Arbeiterklasse den breikesten Massen darzutun, als die Debatten in den ver- schiedenen Parlamenten. Was wir an Gesetzesreformen in den Parlamenten er- reichen können, das ist uns hochwillkommen, weil sede halbe Stunde gesetzlich verkürzter Arbeitszeit, sede Maß- nähme zum Schutz des Lebens und der Gesund- h e i t der Arbeiterschaft und jede Verbesserung des Volks- Unterrichts die Widerstandskraft des Proletariats gegen .Ausbeutung und Unterdrückung erhöht. Wie selten aber und unter welch harten Mühen gelingt es, den bürgerlichen Parlamenten solche Reformen abzuringen, und selbst das Wenige wäre gar nicht möglich, wenn nicht unter den bürger- lichen Abgeordneten sehr viele ihr Mandat auch Arbeiter- stimmen zu verdanken hätten. Sie wollen ia immer wieder gewählt werden und möchten es darum mit keiner Wählerschicht ganz verderben. Darum sind es einmal die Staatsbeamten, einmal die Landwirte, dann wieder die .Kaufleute und Gewerbetreibenden und einmal sind es auch die Arbeiter, für deren Interessen sie sprechen und stimmen. Nur an die Interessen der arbeitenden Frauen denkt kein bürgerlicher Abgeord- neter. Wozu sollte er auch? Werden die Frauen ihn bei den nächsten Wahlen zur Ver- antwortung ziehen und ihm eventuell eine Niederlage bereiten können? Unmöglich! Sie haben ja kein Wahlrecht! Wozu also auf ihre Bedürfnisse und Forderungen Rücksicht nehmen? Tie sozialdemokratischen Abgeordneten treten selbstver- ständlich für die Interessen der proletarischen Frauen und Kinder geradeso gut ein, wie für den männlichen Proletarier, aber allein vermögen sie nicht bei der Abstimmung zu ent- scheiden und bürgerliche Stimmen sind für die Forderungen von NichtWählerinnen nicht zu haben. Darum will es auch so gar nicht vorwärtsgehen mit der Verbesserung des Mutter- schuves und des Kinderschutz es. der Mutter- schaftsversicherung, der Witwen- und Waisen- v e r s o r g u n g und all der Gesetzesmaßnahmen, die geeignet wären, die drückendste Not der ärmsten Frauen und Kinder zu lindern. Aber auch der anderen Vorteile, die das Wahlrecht den Arbeitern bringt, entbehren die Proletarierinnen schmerzlich. Sie werden nicht gleich den noch indifferenten Männern während der Wahlzeit aus ihren dumpfen Wohnungen herausgeholt und geradezu gezwungen, über ihre Not und ihre Bedürfnisse nachzudenken und zwischen Freund und Feind der Arbeiterklasse unterscheiden zu lernen. Sie erhalten nicht so, wie wenn sie Wählerinnen wären, die Anregung, die Reden und die Zeitungen der verschiedenen Parteien mit- einander zu vergleichen und sich über sie ein Urteil zu bilden. Es fehlt ihnen auch die Gelegenheit, sich gleich den männ- licheo Anhängern der Sozialdemokratie mit Hilfe der Wahlen zu Khlen. Noch viel mehr als von unseren männlichen Anhängern gilt es von den weiblichen, daß ihre Zahl um ein Mehrfaches größer ist, al? die Zahl der eingeschriebenen Parteimitglieder, denn die Frauen, die es eingeschüchtert durch ihre Vorgesetzten und Familienangehörigen nicht wagen, sich offen zur So- zialdemokratie zu bekennen, obgleich sie ihr im Herzen zu- neigen ist sicher verhältnismäßig viel größer, als die der Männer in gleicher Lage, weil ja das Weib gegenwärtig überhaupt immer um einiges abhängiger ist als der Mann ihrer Klasse. Diese besondere Abhängigkeit der proletarischen Frau bat ihre tiefsten Wurzeln nicht in den politischen, sondern in bon wirtschaftlichen Verhältnissen, die gegenwärtig fa geartet sind, daß ihr die Mutterschaft nicht wie sie sollte. ein Anrecht auf eine gesicherte Existenz gibt, sondern ihr zur wird, mittelst deren sie die kapitalistische Ausbeutung an das Elend der Ueberorbeiwng und Entbehrung schmiedek. Als eine der wirksamsten Waffen gegen diese Bedrückung bedarf sie dringend des Wahlrechts. Im Parlament ioerden nur die Gesetze formuliert, die sich bereits iin wirtschaftlichen Kampf durchgesetzt haben. Jede Gesetzesreform bedeutet den Abschluß eines Waffenstill- standcs zwischen den einander bekämpfenden Parteien auf dem Felde der Produktion und des Handels. Darum ist es für die Frauen gleich notwendig, in der Werkstätte und der Gewerkschaftsorganisation um bessere Lohn- und Arbeits- Verhältnisse zu ringen, in der genossenschaftlichen Organi- sation gegen die furchtbare Teuerung anzukämpfen, die den Lohngroschen entwertet, und das Recht zu erobern, dabei mitarbeiten zu dürfen, wenn die Vertretung der Sozial- demokratie im Parlament das durch Gesetze festzuhalten sucht, was die organisierte Arbeiterschaft durch ihre Wirtschaft- lidhen Kämpfe dem Kapitalismus an Konzessionen abgezwun- gen bat. Nur wenn auf allen Gebieten zugleich und von Männern und Frauen des Proletariats einhellig mit allen Kräften gegen die kapitalistische Ausbeutung angekämpft wird, kann sie überwunden werden und an ihre Stelle die Herrschaft des Sozialismus treten. TIeilk Sklavinnen imfch warzen Lande". London , 9. Juni. lEig. Ber.j Um die große englische Stadt Birmingham herum liegt ein Industriegebiet, dem man den Namen das schwarze Land" gegeben hat. Die Metallverarbeitungsin- dustrie ist hier zu Hause. Hier schmieden Frauen Ketten und hier stellen fromme Fabrikanten Götzenbilder her, die sie an die Heiden in fernen Ländern verkaufen wahrscheinlich, um den von ihnen unterstützten christlichen Missionären etwas zu tun zu geben. Seit eingen Wochen tobt imschwarzen Lande" ein heftiger Kampf. Die ungelernten Arbeiter haben sich aufgerafft, um ihre elende Lage etwas zu verbessern. Sie verlangen einen Mindestlohn von 23 Schilling die Woche wahrlich bescheiden genug! Ein Mindest- lohnkomitee hat sich gebildet, das den Kampf von einem Betrieb zum andern trägt. Schon haben viele tausend Arbeiter den Min- destlohn bewilligt erhalten. Viele streiken jedoch noch und einige Tausend sind ausgesperrt. Vor einigen Tagen haben sich 1009 Zie­geleiarbeiter und 1300 Ziegeleiarbeiterinnen der Bewegung ange- schlössen. Sie sind in den Streik getreten, nachdem ihre Forderungen eine lOprozentige Lohnerhöhung für Männer und ein Mindestlohn von 10 Schilling die Woche für Frauen nicht bewilligt worden waren. DerDaily Citizen" hat einen Berichterstatter nach Worcestershire geschickt, um die Arbeit und Arbeitsverhältnisse der Ziegeleiarbeiter zu erforschen. Geradezu haarsträubend sind die Arbeitsverhältnisse der Frauen in den Ziegeleien, von denen der Korrespondet berichtet. Ziemlich allgemein ist die Ansicht verbreitet, daß die Frau in England nicht zu so schweren und schmutzigen Arbeiten herange- zogen wird wie auf dem Festlande. Vielleicht ist dies im Großen und Ganzen richtig. Auf unseren Reisen in Europa haben wir uns stets besonders bemüht, zu erfahren, wie die Frauen in der. Industrie und Landwirtschaft beschäftigt werden. Wir haben gesehen, wie in Schlesien und Süddeutschland Frauen als Eisenbahnarbeiter ver- wendet werden; wie sie in Böhmen große Lasten Kohlen in einer Kiepe auf dem Rücken tragen; wie sie am schönen Rhein mit schweren Lasten auf dem Kopfe zum Markte eilen; wie sie in Frank- reich Kohlen laden und in Belgien gar lbis vor noch nicht langer Zeit) unterirdisch vor der Kohle schafften. In England fällt die Verwendung der Frau zu schweren Arbeiten nicht so sehr auf. Man muß sich schon von den großen Verkehrswegen abwenden und in die Gegenden gehen, wo die Schwitzindustrie herrscht, um zu sehen, wie der Kapitalismus die Frauen als Lasttiere verwendet. Aber dort findet man dann auch Zustände, die an die Barbarei mahnen. Was der Berichterstatter desDaily Citizen" über die Arbeit der Ziegeleiarbeiterinnen in Worcestershire schreibt, hat man bisher in England kaum für glaublich gehalten. In diesen Ziegeleien ar- beiten Frauen und Mädchen für 7 Schilling die Woche und schleppen täglich zehn und eine halbe Stunde lang Lasten, die kein Mann regelmäßig tragen kann. Um den Leib tragen sie ein Polster; auf diesem Polster tragen sie dann mit der Hüfte hohe Stöße Ziegel- steine. Ein Mann sagte dem Korrespondenten:Ich verrichtete die Arbeit drei Monate lang, als ich jung war, und viele Male war mein Rücken davon blutig." Doch hören wir die nähere Beschrei- bung der Arbeit: Ich sah heute Mädchen von 16 bis 18 Jahren, die mit Stößen von 10 und 12 neunpfündigen Ziegelsteinen beladen, einhergingen. Sie trugen Lasten, die zwischen 90 und 108(englische) Pfund(40 bis 48 Kilo) wogen, 26 Meter weit von der Darrstube bis zum Brennofen, und zwar nicht langsam, sondern mit den kurzen, schnellen Schritten der Gewichtheber, die bis zum äußersten beladen sind. Die Sonnenstrahlen fielen glühend auf sie herab; die Gesichter einiger der Trägerinnen waren dunkelrot. Ich sah andere Mädchen, die gebeugt mit gewaltigen Blöcken auf dem Rücken heißen Guß- formcn von einem Brennofen eilten. Es war auch eine grau- haarige Frau dabei.Die müssen doch sicher beinahe zwei Zentner wiegen", sagte ich.Sie sind viel schwerer, ehe sie gebrannt sind," erwiderte mein Führer.Beim Trocknen und Brennen verliert die Erde etwa ein Viertel ihres Gewichts." Blöcke dieser schweren Sorte lagen in dem Hofraume zum Versand bereit. Beim Wiegen betrug das Gewicht von einem 196(englische) Pfund(88 Kilo); daher mutz sein Gewicht als Ton ungefähr 260(englische) Pfund(117 Kilo!) betragen haben. Als Ton sind diese Blöcke alle von den- selben Mädchen und Frauen getragen worden. Die Männer tragen sie nicht; sie heben die Blöcke nur auf die gebeugten menschlichen Lasttiere." Ein Arbeiter der Ziegelei hat ausgerechnet, was diese Frauen und Mädchen im Laufe eines Arbeitstages heben müssen. Bei der oben beschriebenen Arbeit transportieren die Trägerinnen eine Tonne Ziegelsteine für ungefähr 2 Pence(17 Pf.). DaS Gewicht, das die Frauen, die die Ziegelsteine machen, im Laufe eines Zages heben, beträgt 28 Tonnen. Dafür erhalten sie 2 Schilling und 8 Pence(2,70 M.). also nicht einmal 10 Pf. pro Tonne Ton. Es ist wohl kaum nötig, hinzuzufügen, daß man die Ziegeleiarbeite- rinnen ohne weiteres an ihrem verkrüppelten Körper erkennen kann. Die Ursache dieser schändlichen Ausbeutung der Frauen und Mädchen ist darin zu suchen, daß ihre Arbeit so billig ist. Arbeiteten die Pferde billiger, so würden sie bald diese menschlichen Konkurren- tcn ersetzen. Aber das Pferd kostet an Unterhalt in England immer- hin 2 Schilling den Tag. Und die Frauen und Mädchen arbeiten für einen Schilling. Die Degradicrung der Frauen und Mädchen des Volkes bedeutet für den Kapitalisten eine Ersparnis von 100 Prozents franenftimmreAt Frauen bei der vahlarbeit. tBU die Kallfornierst»« t* CaH FranziSco ihr Stimmrecht ausüben, darüber hat das Ehepaar Lelm» Edwin TheiS genaue Beobachtungen angestellt, deren Resultate m derPictorial Review" mitgeteilt werden. Die Ruhe und Kalt- blütigkeit, gepaart mit Tatkraft und zielsicherem Streben, die die Frauen bei den einzelnen Wahlhandlungen auszeichnen, sind auf den ersten Blick überraschend. Innerhalb der Wahlabteilungen herrscht die größte Ruhe und Ordnung. Eifrig strömen die Frauen herbei und schwärmen um die Wahllokale, wie Bienen um ihren Stock, aber ohne die geringste Nervosität. So friedlich geht alles vor sich wie bei einem Gottesdienst. Bei den lehten Wahlen gaben 1200 Frauen ihre Stimme ab und eine war Wahlleiter. Die Frauen entfalten eine umfangreiche Propaganda, um einige Gesetze, so die Abschaffung der Spielhöllen und die kostenlose Verteilung von Schulbüchern an arme Kinder durchzusetzen. Stundenlang setzten sie sich der Kälte aus und versuchten mit großer Hartnäckigkeit, die Wähler für ihre Kandidaten zu gewinnen. Diese Haltung wird erreicht durch eine gewisse politische Erziehung. Zahlreich sind die Frauenvereine, die eine kleine organisierte Armee von 50 000 Per- sonen darstellen. Das Ziel ihrer Bestrebungen ist die Erreichung weiterer politischer Rechte und die Durchsetzung sozialer Reformen. In den verschiedensten Teilen von San Franzisco haben die Frauen Wahlbureaus eingerichtet, von denen aus die Wählerinnen systematisch bearbeitet und der allgemeinen Bewegung zugeführt werden. Diese Tätigkeit hat bereits große Erfolge gezeitigt. So ist die Zahl der Wählerinnen, die bei der letzten Wahl nur 1200 betrug, jetzt schon auf 26 000 gestiegen. Der Frauenfortschritts. verein von Los Angeles hat es bereits auf 83 284 Mitglieder gebracht. Frauenarbeit. Ausbeutung der Arbeitskraft. Im»Kasseler Tageblatt" findet sich folgendes-baralteristischeS Inserat: Junges Mädchen aus guter Familie, mit abgeschl. höherer Töchterschulbildung und musikalisch, gesucht. daS viermal wöchentlich je 4 Stunden die Schularbeiten zweier größerer Mädchen und deren Klavierübungen überwacht sowie dieselben auf Spaziergängen Begleitet. Fertigkeiten in Handarbeiten erwünscht. Monatliche Vergütung 10 Mark. Angebote unter B. C. 3995 an die Geschäftsstelle." 16 Stunden Schulunterricht, Klavierunterricht und Handarbeit pro Woche, 66 Stunden pro Monat, für 10 M. oder 14 Pf. pro Stunde- das ist der Lohn, den man dem jungen Mädchen aus guter Familie mit abgeschlossener Bildung anbietet. Auch das ist durchaus keine Ausnahme, die Löhne der Erzieherinnen,' Stützen der Hausfrau, Privatlehrerinnen usw. stehen allgemein auf diesem Niveau. Ein Stück aus dem traurigen Schicksal derMädchen aus guter Familie". Soziale flirlorge. Unentgeltliche Hcbammenhilfe. Pommern wird im allgemeinen 'mmer für eine recht rückständige Provinz angesehen. In Ausnahme- fällen weist sie aber auch manchen Fortschritt auf. So z. B. wurde in der letzten Stadtverordnetenversammlung in Stolp eine Neu- regelung der Geburtshilfe vorgenommen. Um der ärmeren Bc- völkerung die Geburtshilfe unentgeltlich zu leisten, hat die Stadt mit sämtlichen Hebammen einen Vertrag, geschlossen, wonach sich die Heb- ommen verpflichten, ihre Hilfe bei der ärmeren Bevölkerung nach den Mindcstiätzen der Gebührenordnung zu berechnen. Die Kosten, die 10.60 M. betragen, werden dann von der Stadt bezahlt. Etwaige durch den Arzt angeordnete Tätigkeit wird besonders ver- gütet. Außerdem wurde die freie Wahl eingeführt. Eine be- sondere Entschädigung dürfen die Hebammen von den Wöchnerinnen oder deren Angehörigen nicht verlangen. Tuberkulose und Wohuungshygiene. Ueber die Nachkommenschaft von 442 tuberkulösen Arbeiterfamilien haben französische Aerzte Unter- suchungen angestellt. Ohne die günstigen Einflüsse von Säuglings- fürsorge, Mutterschutz, Beratungsstellen negieren zu wollen, ist nach den Feststellungen der Aerzte die Wohnungshygiene der springende Punkt. So zerstört man die alten Herde der Tuberkulose und sorgt zugleich dafür, daß keine neuen geschaffen werden. Das ist um so wichtiger, als nach jenen Feststellungen gerade die tuberkulösen Est««« eine besonders zahlreiche Nachkommenschast haben. Butter und Kind. Bei Benutzung eines Gummituches für den Säugling ist Vorsicht am Platze. Das beweist folgender Fall: Ein gesunder, kräftiger Säugling von sechs Monaten, ausschließlich an der Brust ernährt. beginnt ziemlich plötzlich an Gewicht abzunehmen. Es wird nach allen Richtungen nach weiteren Krankheitsäußerungen gefahndet, aber vergeblich. Die Abmagerung nimmt weiter zu und bringt das Kind in drei Wochen in einen recht elenden Zustand. Jetzt tritt plötzlich ein neues Symptom auf, die auf die Möglichkeit einer Bleivergiftung hinweist. Aus der Umgebung des Kinde? wird nun vor allem was irgendwie Bleigehalt haben könnte, eine Probe zur chemischen Unter- suchung entnommen. Am nächsten lag die Vermutung, daß der weiße Anstrich des BettchenS oder des Kinderwagens aus bleihaltiger Farbe bestehe. Diese Vermutung bestätigte sich aber nicht, die Farben er- wiesen sich als keimfrei. Bleihaltig aber war das Gummituch, daS als wasserdichte Betteinlage diente. Eine weitere Behandlung er- übrigte sich nach derMünch, med. Wochenschrift", denn nach Ent- fernung des verhängnisvollen Wäschestückes setzte sofort die Besserung ein, die nach wenigen Wochen zur völligen Genesung führte. Lernunft wird Unsinn, Wohltat Plage" dieses Dichterwort illustriert treffend die Zwangslage, in die das neue Gesetz für An- gestelltenversicherung eine große Zahl arbeitender Frauen versetzt. Die Ausnahme- und Versicherungskarten tragen den Vordruck, daß etwa vorhandene uneheliche Kinder weiblicher An- g e st e l l t e r auf den Karten anzugeben seien. Eine starke Zu- mutung, so lange die in der bürgerlichen Gesellschaft herrschende doppelte Moral dem Weibe uneheliche Mutterschaft als Makel und Schande anrechnet! Wird die vorgedruckte Rubrik fälschlich ausgefüllt, so tritt Bestrafung ein. DaS Gesetz beabsichtigt in Wirklichkeit durchaus keine wirtschaftliche oder moralische Schädigung eines Teiles der ihm unterstellten weiblichen Angestellten, sondern es will die geringen Rechtsansprüche der unehelichen Mütter und Kinder wahren helfen. Um so dringender ist eine Abänderung der Vordrucknotiz. Auf Anregung des Bundes für Mutterschutz haben eine große Zahl von bürgerlichen Frauenorganisattonen. darunter auch viele OrtS- verbände der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger , der Kauf- männische Verband für weibliche Angestellte, der Verband akade- misch gebildeter und studierender Lehrerinnen, ferner der Bund der technisch-industriellen Beamten, dem Reichstage eine Petitton überreicht, in der Fortsall der Verpflichtung zur Angabe unehelicher Kinder weiblicher Angestellten gefordert wird. Dagegen soll in die Karten ein Vermerk ausgenommen werden, daß die weibliche Angestellte verpflichtet sei, etwa vorhandene uneheliche Kinder der Versicherungsbehörde selbst anzugeben. Damit wäre es Unbefugten unmöglich gemacht, in die intimsten Privatangelegen- heiten einer arbeitenden Frau einzudringen und unlauteren Gebrauch davon zu mache«.