sorgen. Die bürgerlichen Parteien lassen sich aber bei ihrer Für-sorge für die Jugend von politischen Tendenzen leiten, siewollen die Jugend in bestimmtem politischen Sinne beeinflussen.tSehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) ES ist auchfalsch, wie die Freisinnigen es wollen, die Verkürzung der Dienst-zeit abhängig zu machen von ungeheuren Umgestaltungen imSchulwesen; nein, heute schon ist die Verkürzung derDienstzeit zu fordern.(Sehr richtig I bei den Sozialdemo-kraten.) Dost austerordentlich viel Unnötiges im heutigen Heerwesenvorhanden ist. hat in der Kommission der Kriegsminister selbst zu-gegeben. Er sagte, viel Ballast ist bereits über Bord geworfen.Dieser Ballast wurde früher stets als„unbedingt nötig" bezeichnet.Weiter sagte der Kriegsminister, Vs der Ausbildungszeit wird benutztzur Heranbildung selbständiger Schützen, nicht mehr zur Heran«bildnng voir Paradesoldaten, wie in früheren Zeiten.(Hört! hört I bei den Sozialdemokraten.) Er gibt also zu, daßVs der Dienstzeit auch heute noch in überflüssiger Weiseverwendet wird.(Widerspruch rechts, Zustimmung bei denSozialdemokraten.) Der Kriegsminister berief sich auch auf dasSchiehreglement der Schweiz und rühmte die SchweizerSoldaten. Er hat übersehen, dast es in der Schweiz nur eineAusbildungszeit von 65 Tagen gibt.(Hört I hört I beiden Sozialdemokraten.)Wenn sogar der KriegSminisier sich auf die Strammheit derSchweizer Wehrmänner beruft, so beweist das doch wahrlich, dast die65 Tage Ausbildung samt den späteren Uebungen genügen!(Sehrgut! bei den Sozialdemokraten.)Drill und Griffckloppen bildet die Soldaten zu Automatenaus— der Krieg braucht aber Selbständigkeit, das erkennenalle Militärs von �Einsicht an. Der Drill beeinträchtigt die Kriegs-tüchtigkeit eher, während die Ausbildung für den Dienst im Geländeauch die notwendige Disziplin gibt. Der Drill macht d i eKörper steif und die Köpfe dumpf, statt die Soldatengeschmeidig zu machen. Auf tadellose Gewehrlage und Präsentieren,Kniedurchdrückcn usw. wird heute das Hauptgewicht gelegt und sogarein stramm konservativer Ober st erklärt, daß dies a u fKosten der Krieg Smästigkeit geht. Im Offiziersreglementerfordern die Vorschriften über Präsentieren, Frontmachen»tw. denRaum von Seiten.(Rufe bei den Sozialdemokraten: Hört I hört!Reiner Blödsinn!) Beim 1. Garderegimcnt z. F. in Potsdam wirdder vor 156 Jahren üblich gewesene friderizianischeP a r a d e g r i f f g e ü b t.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.)Wochen sind nötig, um das einzudrillen.(Rufe bei den Sozial-demokraten: Skandal! KriegSmästigkeit!) Ich frage den Kriegs-minister, ob das zur KriegSmästigkeit gehört und ob dasetwa bei der ganzen Garde eingelernt wird ZWenn daS so ist, so ist das ein klassisches Beispiel dafür, wievielTörichtes und Unsinniges im heutigen Heerwesen nochherrscht. In diesem ungesunden Drill liegt auchdie Wurzel der scheußlichen Soldatcnmißhandlungen,die Sie nicht los werden, wenn Sie die Axt nicht an die Wurzeldes UebelS legen. Bei den Geländeübungen, wo nicht auf Parade-drill gesehen wird, kommen Soldatenmisthandlungen nicht vor. Mansagt, der Drill ist nötig, um die Disziplin aufrecht zu erhalten.Dadurch erzielen Sie nur eine mechanische Disziplin, die durch Furchtund Schrecken die Soldaten zu willenlosen Figuren erzieht. Wiraber wollen eine Disziplin, die auf Fr e i w i l l i g k e i t und Berufs-s r e u d i g k e i t beruht. Sie wollen die Soldaten in der Kaserne vondem übrigen Volk abschliesten, namentlich von einem freiheitlichenVolksleben wollen Sie die Soldaten loslösen. Um dies Ziel zu er-reichen, dazu freilich braucht man den heutigen AuSbildungsmodus.Mit dem i n n e r e n Feind hat die Vorlage nichts zu tun, sagteder Kriegsminister, dazu genüge die Polizei, meinte er. Auf unsereZurufe über Mansfeld und das Ruhrrevier korrigierte er sich undmeinte, zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sei unterUmständen Militär notwendig. Manche Leute sehen die vffent-liche Ruhe schon gefährdet, wenn irgendwo ein kleiner Streik aus-gebrochen ist. In Mansfeld und im Rnhrrevier haben dieArbeiter die öffentliche Ordnung nicht gestört, und die Verwendungder Soldaten dort war verwerflich, ist eine Schwäche undSchande.(Lebhaste Zustimmung bei den Sozialdemokraten.)Natürlich behaupten wir nicht, dast diese neugeforderten115 666 Soldaten gegen Volksunruhen gebraucht werden—aber man will einen immer grösteren Teil deS Volkes in der Armee„brav" machen und zum Gehorsam erziehen. Diese„ErziehungS-absicht" zu„guten, patriotischen Männern" hat der Kriegsministerselbst als einen Hauptzweck dieser Vorlage erklärt.(Hört I hört!bei den Sozialdemokraten.)Patriotisch und national hat bei der Armeeverwaltung nicht denSinn, in dem wir alle Freunde unseres Vaterlandes sind, sondernman versteht darunter die Ausrechterhaltung aller heute herrschendenUngerechtigkeit und den Gehorsam dagegen! Man will die Soldatenauch nachher noch in der Hand behalten gegen die Bestrebungenund das freiheitliche Aufsteigen des Volkes. Nichtwir haben doch daS Wort vom„inneren Feind" geprägt, sondernder sein Jubiläum feiernde oberste Kriegsherr, der die Soldatenaufforderte, gegen den inneren Feind vorzugehen.Es jährt sich auch bald das Jubiläum jener Kaiserrede vom23. 11. 18S1 im die Garderekruten, dast sie auf seinen Befehlauch auf Verwandte und Brüder, auf Geschwister und Eltern— nacheiner damals vom konservativen„Volk" verbreiteten Lesart— schießenmüßte».(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Diese Worte, diein Millionen Arbeiterherzen widerhallten, zeigen unsdas wahre Wesen des heutigen Militarismus und seiner„ErziehungS-arbeit!"(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.)Ein klassisches Zeugnis dafür, daß die Dienstzeit verkürzt werdenkann, ist dasPrivileg der Einjahrig-Freiwilligen.Wenn Sie die Dienstzeit nicht verkürzen wollen, ist es Ihre Pflichtund Schuldigkeit, mindestens dieses Privilegium zu beseitigen. InItalien besteht eine starke Bewegung datür, und in Frankreichwürde bei der Wiedereinführnng der dreijährigen Dienstzeit dasPrivileg sicher nicht wieder eingeführt werden. Wenn jetzt 115 000junge Leute mehr als früher eingestellt werden, ist e« unvermeidlich.daß viele Leute, die mindestens an der Grenze der Tauglichkeitstehen, 2 und 3 Jahre dienen müssen, während sehr kräftige und ge-sunde junge Leute der besitzenden Klasse nach wie vor nurein Jahr zu dienen haben.Die Resolution des Zentrums fordert die Einleitung von Re-formen, wonach auf Grund einer besseren Fachausbildung Leute zumeinjährigen Dienst zugelassen werden. Das ist keine wirklicheReform. Auf Grund des sogenannten Kunstparagraphen ist dasheute schon möglich. Die betreffenden jungen Leute haben sowohl imHeer wie auf den Kunstschulen eine schwere Stellung. Diese ganzeResolution bedeutet nur S a n d i n die Augen des Volkes.In der Kommission sagte der Kriegsminister, die Einjährigen würdennicht genügend ausgebildet. Diesen Nachteil müsse man aber hin-itehmen. weil man den besitzenden Klassen diezweijährige Dien st zeit alszu große Belastungnicht zumuten dürfe.(Lebhaftes Hört I hört! bei denSozialdemokraten.) Und das sagt man angesichts einer Vorlage, diedem Volke so ungeheure Opfer zumutet. �Das beweist beut-lich, wie der Patriotismus jener Kreise um so höher steigt, je mehrVorrechte sie haben.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)Hier gibt es nur ein Entweder— Oder. Entweder können dieEinjährigen richtig ausgebildet werden, dann ist die Verkürzung derDienstzeit für alle möglich. Oder die einjährige Dienstzeitreicht zur Ausbildung nicht auS, dann muß das Privilegaufgehoben werden.(Lebhaftes Sehr richtig! bei den Sozial-demokraten.) Würden die Söhne der Besitzenden dann mit denanderen zusammen in der Kaserne leben müssen, dann würde derRuf nach Verkürzung der Dienstzeit auch von diesen Kreisen mitEnergie erhoben werden.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozial«demokraten.) Wir fordern gleicheSRecht für Alle und habendabei die Mehrheit des deutschen Volkes auf unserer Seite. LehnenSie unsere Anträge ab, so geben Sie uns Gelegenheit, Ihre Volks-feindlichkeit vor dem ganzen Lande zu zeigen.(Lebhafter Beifallbei den Sozialdemokraten, Zischen rechts, erneutes Bravo! bei denSozialdemokraten.)Hierauf vertagt das Haus die Weiterberatung auf Sonn-abend 11 Uhr.Schluß 5% Uhr._Mus der Partei.Aus den Organisationen.Ter Sozialdemokratische Verein für die beiden Reichstags-Wahlkreise B r e s l a u- O st und-West hielt am Donnerstag seineGeneralversammlung ab, in der der Bericht über die neun Monatedauernde Geschäftsperiode gegeben wurde. Mit Beginn der Be-richtsperiode wurde das Vertreter-System eingeführt, daß sich bishergut bewährt hat. Der Verein mit seinen 24 Distrikts- und über300 Bezirkssührern zählt zurzeit 3579 Mitglieder, darunter 1597weibliche. Ein zeitweiser Rückgang von 445 Mitgliedern ist in-zwischen schon wieder ausgeglichen. In 9 monatlichen Distrikts-Versammlungen wurden regelmäßig belehrende Vorträge gehalten.Außerdem fanden statt 1 Generalversammlung, 4 Vertreter- und3 allgemeine Mitgliederversammlungen und eine Anzahl öffentlicherVolksversammlungen. Flugblätter wurden insgesamt 364 500 und1500 Broschüren verteilt. Auf dem Gebiete der Frauenbewegungwurde eine rege Agitation entfaltP. In 6 Frauenabenden, vondenen jeder 6— 8 Versammlungen umfaßte, wurden eigens für dieFrauen geeignete Tchemen behandelt. Bei den Stadtverordneten-Wahlen konnten drei Mandate behauptet und vier neue dazu ge-Wonnen werden. Die Kosten der Stadtverordnetenwahl betragen6141,12 M. Die Bibliothek erfreute sich steigender Benutzung. Jetztist eine Zentralbibliothek für Breslau mit einem besoldeten Bib-liothekar errichtet worden. Die polizeilichen und gerichtlichen Ver-folgungen gegen Angehörige der Breslaucr Arbeiterbewegung sindenorm. Insgesamt wurde erkannt auf 40Monate, 20Wochenund drei Tage Gefängnis und 2002 M. G e l d st r a f e.Die Vereinskasse vereinnahmte in der Berichtszeit 32 132,53 M.und verausgabte 29 555,06 M., so daß ein Bestand von 2577,47 M.verbleibt. Für den Wahlfonds gingen extra 5893,37 M. ein. Tie„Volkswacht" konnte in der neunmonatigen Berichtszeit 17 000 M.erübrigen und ihren Abonncntenstand trotz der großen Arbeits-losigkeit in Breslau halten. Ihr Strafkonto wurde durch dieJustiz mit 2 7 0 0 M. und drei Monaten Gefängnis be-lastet. Ter Bildungsausschuß veranstaltete in der gleichen Zeit1 wissenschaftlichen Vortragskursus über drei Abende, 2 Wissenschaft-liche Einzelvorträge, 19 Volksvorstcllungen mit den besten Kräftender Breslauer Theater, einen Unterhaltungsabend und eine Führungdurch eine Bilderausstellung und eine Wandschmuckausstellung.Außerdem wurden auf Veranlassung des Bildungsausschusses 25 000Merkblätter zur Aufklärung über Verhütung von Geschlcchtskrank-heiten verbreitet.An die Berichte schloß sich eine längere sachliche Debatte. DieVorstandswahlen wurden wegen vorgerückter Zeit vertagt.Eine Wahlkreiskonferenz für den ReichstagswahlkreisKattowitz-Zabrze tagte Sonntag in Kattowitz. Vertretenwaren Kattowitz durch 7, Zabrze 4, Zaborze 3, Paulsdorf, Laura-Hütte und Neudorf durch je 2 Delegierte. Der Bericht der Kreis-leitung hebt hervor, daß die Abhaltung von öffentlichen Ver-s a m m l u n g e n so gut wie ausgeschlossen ist, selbst in denOrten, wo sogenannte„liberale" Bürgermeister als Polizeicheisdie Verfügung darüber haben. Deshalb haben in der Berichtszeitim ganzen nur 23 öffentliche Versammlungen stattgefunden. DieAgitation ist dadurch ungeheuer erschwert und in der Haupt-fache nur auf die Verteilung von Druckschriften und den per-sönlichen Verkehr angewiesen. Verteilt wurden 140000 Flugblätterund 25 000 Volkskalender. Der Zuwachs an Mitgliedern ist wegender großen Arbeitslosigkeit gering. Der Mitgliederwechsel aus demgleichen Grunde sehr stark. Gegenwärtig zählt der Kreis 671 Mit-glieder. Die Einnahmen und Ausgaben betragen bei 112,12 M.Kassenbestand 3284,64 M. Die Ausstellung des Reichstags-k a n d i d a t e n wurde wegen der Schwierigkeiten mit der P. P. S.bis nach dem Parteilag in Jena vertagt, dem bekanntlich ein Antragaus Beuthen-Tamowitz wegen Schaffung einer Einheitsparteivorliegt.Als ReichstagSkandidat für den �Wahlkreis OelS— Groß-Wartenberg wurde von der am Sonntag stattgefundenen Wahl-ireiskonferenz Genosse Redakteur Karl OlonSky- Breslau auf-gestellt.Der erste braunschweigische ReichStagSwahl-kreis, Braunschweig- Stadl und Land und Kreis Blanken«bürg a. H.. zählte am 31. März d. I. 9927 Mitglieder, darunter1681 weibliche, gegen 9486 Mitglieder am 30. Juni v. I. mit 1604weiblichen. Die Stadt Braunswiveig zählt 7779 Mitglieder gegen7616 im Borjahre, das Land 2148 gegen 1870 im Vorjahre. Der.Volksfreund" hat im Kreise 10 985 Abonnenten, die„Neue Zeit"87, die Gleichheit" 464. der„Wahre Jacob" 2861. Der Volks-freund-Kalender" wie die Monatsschrift„Empor" wurde unentgelt-lich verbreitet. Sozialdemokratische Gemeindevertreter zählte derKreis 73 in 33 Orten gegen 59 in 26 Orten im Vorjahre.Sei' Zahrzzbericht<>e§ Zentralverbandesdeutscher Konsumvereinefür das Jahr 1912 ist in Form eines dicken Buches von 768 SeitenStärke erschienen; er wurde außerdem auch der„Konsumgenossen-schaftlichen Rundschau" einige Nummern hindurch als Beilage ge-geben. Wir fürchten, daß die unheimliche Stärke des Jahresbe-richts die meisten Interessenten abhalten wird, ihn auch nur teil-weise zu lesen. Etwa 250 Seiten werden allerdings von umfang-reichen und vielgestaltigen Tabellen eingenommen, die in der üb-lichen Weise umfassende Auskunft nicht nur über den Stand und dieEntwicklung der Konsumvereine, sondern über das Genoffenschafts-Wesen überhaupt geben. Die Sammlung und Bearbeitung umfäng-lichen Tatsachenmaterials gibt diesem Jahresberichte den Haupt-wert; er wird dadurch zu einem sehr brauchbaren Gcnossenschafts-Handbuche. Einige Textkapitel aber sind entschieden zu sehrin die Breite gehend gehalten, sie könnten kürzer, weniger um-schweifig sein, ohne daß das Werk an praktischem Wert einbüßte,an Raum würde aber gewonnen, dadurch sicher eine bessere Lesbar-keit erzielt und dem Buche wird der Charakter eines„Berichtes"nicht allzusehr genommen.So steht z. B. daS erste Kapitel: NahrungSmittelteucrung undKonsumgenossenschaften mit einem„Jahresbericht" doch nur in einemganz losen Zusatnmenhange. An sich ist daS Thema(bearbeitet vonDr. A. Müller) selbstverständlich äußerst wichtig und aktuell. SolcheFragen könnten und sollten jedoch in besonderen Broschüren be-handelt werden, die sich als selbständige Arbeit darstellen, für die derVerfasser auch persönlich die Verantwortung zu übernehmen hat.Im Jahresbericht können sie aber leicht als offizielle Meinung desZentralverbandes angeschen werden, was bei Meinungsverschieden.heiten über diese und jene Frage innerhalb der Konsumvereins-bewegung leicht zu Irrtümern und Differenzen führen kann, dieanders leicht zu vermeiden find. Wenn man schon Gelehrsamkeitbeweisen will, braucht daS ja nicht unbedingt im Jahresbericht zusein, der schwierige theoretische Arbeiten nicht gut verträgt, wenner seinem eigentlichen Zwecke entsprechen soll.Nur für sich genommen stellt das an erster Stelle stehende Ka.pitel eine sehr eingehende und vielseitige Untersuchung der wichtigenFrag« dar. Auch hier ist viel Tatsachenmaterial mühsam zusammen-getragen und übersichtlich bearbeitet, ohne wohl den Anspruch zuerheben, lückenlos zu sein. Die Arbeit ist in der Hauptsache einestatistische. Sie zeigt die verschiedenartigen Einflüsse, die bei derPreisbildung und der Teuerung der Waren mitwirken. Die Zahlender amtlichen Statistiken verschiedener Großstädte, nationaler undinternationaler Länder usw. werden verglichen und beleuchtet,woraus der Schluß gezogen ist, daß die Teuerung seit 1895 eineinternationale Erscheinung ist, die in den meisten Kulturländernwirkt, wenn auch in den einzelnen sehr verschieden. Für die Ur-fachen der Teuerung werden meist Auslassungen aus amtlichenQuellen benützt, die aber wohl doch nicht ohne größte Vorsicht zugebrauchen sind.— Als eine der Ursachen der Teuerung werden diewirtschaftlichen Kartelle und Trusts angegeben. Das ist ja bekanntund es kann nicht bestritten werden, daß ihnen gegenüber auf demGebiete der Warenverteilung eine gute KonsumentenorganisationNützliches für die Warenverbrauchcr zu leisten vermag. Hinge-wiesen wird auch darauf, daß die Lohnerhöhungen für Arbeiter undBeamte meist nicht die Ursache der Teuerung mancher Produktesind— wie die Unternehmer oft behaupten—, sondern umgekehrteine Folge derselben. Die Rolle, die die Schutzzölle gerade bei derTeuerung der wichtigsten Lebensmittel spielen, ist recht knapp be-handelt. Soweit es sich um gesetzliche Maßregeln gegen die Teue-rung handelt, hätten sich die Konsumvereine nickst darum zu küm-mern, sagt der Verfasser; das sei Sache der politischen Parteien.Hier kommt der bekannte überspannte Neutralitätbstandpunkt zumAusdruck. So ganz gleichgiltig kann es den Konsumvereinen dochwohl nicht sein, ob nach der Richtung hin etwas und was geschieht.Der Verfasser meint aber, für sie genüge es, wenn ein Genossen-schaftsgesetz bestehe, das den Konsumvereinen weitesten Spielraumgewährt und sie vor ungerechtem Steuerdruck schützt. Wenn er sichjedoch unter den politischen Parteien, auf die er verweist, umsieht,so wird er finden, daß in Deutschland nur eine Partei für dieseForderung eintritt: die sozialdemokratische. Und die Konsumvereinewerden es in Zukunft vielleicht noch oft nötig haben, sich zur Ver-tretung ihrer Interessen in den Parlamenten auf die wirksame Hilfeder Sozialdemokratie zu stützen. Andere Wirtschaftsgruppen— z. B. dieLandwirte und ihre Genossenschaften— verstehen in dieser Hinsichtihre Interessen viel besser zu wahren und sie sind weniger schüchtern,wenn es gilt, die Partei in Anspruch zu nehmen, die ihnen amnächsten steht. Damit reden wir keineswegs parteipolitischer Be-tätigung der Konsumvereine das Wort. Wenn es aber ein Gebietgibt, wo politische und wirtschaftliche Interessen der Mindcrbe-mitteltcn eng ineinanderstrahlen, dann ist es das der Lebensmittel-teuerung. Das muß natürlich auch zum Ausdruck kommen in denbeiderseitigen Organisationen.Ueber„Wirtschaftliche Kämpfe der Genossenschaften" schreibtebenfalls Dr. Müller. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte,daß die Konsumvereine geradezu von Feinden umringt sind, dannwird er in diesem Kapitel geliefert. Die Feindschaft in bürgerlichenKreisen gegen sie wächst mehr und schneller, als die zu bemerkendeEinsicht und Toleranz gegenüber den Arbeitergenossenschaften. Inder Hauptsache gipfelt die Betrachtung in eine Auseinandersetzungmit den mittelstandsretterischen Bestrebungen weiter Kreise desBürgertums. Es enthält auch einen Abschnitt über die„Stellung-nähme der politischen Parteien zur Genossenschaftsbewegung". Dasteht u. a. folgender sonderbare Satz(Seite 179):„Nichts kann denKonsumvereinen angenehmer sein, als die Feststellung der Tatsache,daß die politischen Parteien sich wenig oder gar nicht mit dem Kon-sumvcreinSwesen beschäftigen." Es dürfte doch auch dem Heraus-geber des Jahrbuchs nicht unbekannt sein, daß sich die sozialdemo-kratischen Organe: die Presse, die Organisationen, die parlamen-tarischen Fraktionen, fast ununterbrochen mit den Konsumvereinen„beschäftigen". Und zwar indem sie für deren Weiterentwicklungunter den organisierten Arbeitern arbeiten, sie den Behörden undder Gesetzgebung gegenüber schützen und vertreten usw. Man wirddoch aber nicht etwa die groteske Behauptung aufstellen wollen, daßdies den Konsumvereinen nicht angenehm oder auch nur gleichgiltigsein kann. Es würde der nötigen Neutralität kaum schaden, demgegenseitigen guten Einvernehmen aber nur nützen, wenn endlicheinmal auch in der Literatur des Zentralverbandes mit ein paaranerkennenden Worten auf diese Tatsache hingewiesen würde, stattsie fort und fort indirekt zu verleugnen. Umsomehr. da eine der-artige Vogelstraußpolitik ganz zweck- und wirkungslos bei denenbleibt, auf die sie berechnet ist. Wird doch neuerdings der„sozial»demokratische" Charakter der Konsumvereine auch daraus konstruiert,daß sie mit den„sozialdemokratischen" Gewerkschaften in engerFühlung sind. Daß der„Jahresbericht" z. B. auf Seite 171 und295 dem„Vorwärts" und der„Neuen Zeit" eins auszuwischensucht, läßt fast eine Voreingenommenheit des Verfassers gegen dieSozialdemokratie vermuten.Gegenüber den ersten beiden Kapiteln ist das dritte vonDr. Maier über»Die Besteuerung der Konsumvereine" zu kurz ge-kommen. Für dieses außerordentlich wichtige und stark aktuelleGebiet wäre etwas mehr Ausführlichkeit wohl am Platze gewesen.Neu organisiert ist die BerlagSanstalt des Zentralverbandes,worüber näheres gesagt ist. Im übrigen handelt es sich um Be-richte über die Unterstützungskasse, die Tätigkeit des Tarifamts,der Fortbildungskommission und ähnliches. Die wichtigsten Zahlenüber die Entwicklung deS Zentralverbandes und seine einzelnenEinrichtungen im Berichtsjahre wurden bereits früher bekanntgegeben.Die Bewegung marschiert kräftig vorwärts, dank dem Interesse,das ihr die organisierte Arbeiterschaft in der neueren Zeit entgegen-bringt. Tie Konsumvereine des Zentralverbandes find proletarischeOrganisationen durch und durch. Gerade dieser Umstand gibt ihneneinen hohen sozialen Wert und die Gewähr weiterer guter Eni»Wicklung.__Iftderflrbeiterturnerbund ein politischerverein?Von weittragendster Bedeutung für alle dem Arbeiterturner-bunde angeschlossenen Arbeiterturnvereine ist ein Prozeß, der amTonnerstag zum wiederholten Male das preußische Oberverwal-tungsgericht beschäftigte. Mehr als 69 weitere Prozesse von Ar-beiterturnvereinen schweben beim Oberverwaltungsgericht.sind vorläufig zurückgestellt. Bei allen handelt es sich um d>e,elbegroße Frage, nämlich darum, ob der Arbeiterturnerbund(Zentral-sitz Leipzig) ein politischer Verein sei und ob schon deshalb Sie U)mzugehörigen Arbciterturnvcrcinc als politische Bereine anzusehenwären. Das wird nämlich von den Polizei- und VerwaltungS-behörden behauptet. Und auch der Regierungspräsident zu-v?'»-dam hatte das behauptet und hatte in den beiden jetzt zur Ver-Handlung gelangten Sachen gebilligt, daß die zuständigen Amts-Vorsteher die„Freie Turnerschaft Staaken" und den Turnverem„Borwärts" zu Trebbin für politisch erklärt hatten, um sie denVorschriften des Reichsvereinsgesetzes über politische Vereine zuunterstellen. Dazu gehört bekanntlich außer der Einreichung vonStatuten und Verzeichnis der Vorstandsmitglieder auch, daß keinejugendlichen Personen in politische Vereine aufgenommen werdendürfen. Das charalterisiert besonders die Bedeutung der Prozesse.Die Vorsitzenden Schilling«Ttaakca) und Knorr(Trebbin)klagten gegen den Regierungspräsidenten. Es ist schon einmalverhandelt worden, eine ganze Anzahl von Nebenalten jlnb heran-geholt und sehr ausführliche Schriftsätze getvechlelt worden. EinKommissar, zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses v«M