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Wahlen 7 mit Klerikalen und 4 mit Liberalen; damals er oberten wir in der Stichwahl 7 Kreise, und zwar 5 gegen Klerikale und 2 gegen Liberale. Auch jetzt sind uns viele Kreise in der Stichwahl vollkommen gewiß. Von der gegneri schen Presse werden uns als. Mindestzahl schon 11, als Mari mum 18 Mandate zugerechnet; vermutlich wird die Wahrheit in der Mitte liegen. Am Mittwoch der nächsten Woche wird es sich entscheiden. Die Signatur der Wahl ist übrigens eine zerschmetternde Niederlage fiic die bisherige klerikale Mehrheit. Von ihren 69 Mandaten behauptete sie nur 42, und ihre eigene Presse hat keine Hoffnung, daß sie es auf mehr als 46 Mandate bringen wird,»vobei dann noch zwei dissidente Klerikale einbegriffen sind, die zum Beifpiel die Zolltarifvorlage der heutigen kleri- kalen Regierung bekämpfen. Das Abdanken dK Kabinetts ist denn auch schon sicher. Ter Angriff auf den Freihandel. ist abgeschlagen. Das allgemeine Wahlrecht, das auch die liberalen Parteien auf ihr Programm übernommen hatten. hat einen großen Sieg erstanden und wird in der neuen Kammer so gut als gewiß die Zweidrittelmehrheit, zur Ver fassungsrevision notwendig, finden. Auch ist das im letzten Moment von der klerikalem Mehrheit zustande gebrachte Altersversicherungsgesetz von den Wählern verurteilt; das neue Kabinett wird es außer Wirkung lassen müssen und statt dessen die unentgeltliche, prämienfreie Staatspensionierung einzuführen haben. Möchten eventuell die Liberalen in einer dieser Hinsichten ihrem Programm zuwider handeln, so würde ihnen unsererseits die schärfste Bekämpfung bevorstehen. Einige Einzelheiten zu unserem großen Erfolg seien noch mitgeteilt. In Anisterdam brachten wir seit 1999 unsere Stimmenzahl von 13 669 auf 26 536(99 Proz.), in Rotrer dam von 6997 auf 14 137(135 Proz.), im Haag von 3698 auf 8961(169 Proz.), in Utrecht   von 2163 auf 4216 (199 Proz.), in Haarlem   sogar von 989 auf 2766(189 Proz.), IN Rotterdam   besonders ist das Resultat überwältigend. In dieser großen Hafenstadt, wo es uns b isher infolge des schlechten Wahlrechts noch nie gelang, ein Mandat zu er ober», kommen wir jetzt in drei von fünf Kreisen in aussichts volle Stichwahl, während uns in einem vierten Kreise noch keine zweihundert Stiinmen fehlen, um auch da die Stichwahl zu erreichen. Dasselbe war in einer Reihe anderer Städte der Fall, so daß wir jetzt schon mit einer noch viel größeren Ausdehnung unserer Mandatenzahl in vier Jahren rechnen können. Der Vollständigkeit wegen erwähnen wir auch noch die Stinunenzahl der Partei der ausgeschiedenen Linksmarristen. Sie erhielt in den 18 Kreisen, in denen sie kandidierte 1345 Stimmen. Heute abend kommt die Parteileitung(Parteivorstand, Kammerfraktion, Redaktion des Zentralorgans) zusammen, uni die Stichwahlresolution des jüngsten Parteitages aus­zuführen. Sie macht die Stichwahlunterstützung für die Liberalen davon abhängig, ob diese einige Verschärfungen ihres eigenen Programms akzeptieren wollen und uns ihrer- scits auch gegen die Klerikalen, mit denen wir in der Stich- wähl stehen, unterstützen werden. Schon hat am Abend, als das Wahlresultat in einer Amsterdamer Parteiversammlung bekanntgegeben ward, Genosse Troelstra mit aller Deutlich- keit den Freisinn darauf hingewiesen, daß wir nicht gesinnt siud. mit unseren Stichwahlbedingungen.zu feilschen und daß die Liberalen sich ihrer Verantwortlichkeit bei der Beantwor- tung unserer Fragen nicht genug bewußt sein können. Unnötig zu sagen, daß unsere Erfolge am Abend des Wahltages hellen Jubel in der Arbeiterklasse hervorriefen. Es kam in mancher Stadt zu spontanen Straßendemonstratio- nen, die die Polizei vernünftigerweise nicht störte. politilebe Qchcrücht. Begeisterung, die nichts kostet. Unter den Jnteressentengruppen, die für ihr Vaterland nur schöne Worte haben, sonst aber recht energisch die Tasche zuhalten, stehen die Agrarier an erster Stelle. Dem Reichstag sind die Be- schlösse des Ausschusses der Vereinigung der Steuer, und Wirt- schaftsrc former zu den Teckungsfragen der Wehrvorlage zuge- gangen. Unterzeichnet ist das intereffante Schriftstück von dem Herrenhäusler Grafen   v. Mirbach-Sorquitten. Es wird darin versichert, daß die agrarischen Wirtschaftsreformer trotz schwerer prinzipieller Bedenken freudigen Herzens zugestimmt haben, daß ein einmaliger außerordentlicher Wehrbeitrag erhoben wird. Nur stehen sie auf dem Standpunkte, daß hinsichtlich der Einschätzung jede unnötige Belastung vermieden werden muh. Eine unnötige Belastung erblicken die Agrarier be- kanntlich auch darin, wenn sie zur Nachprüfung ihrer Einschätzung ihre Bücher vorlegen sollen. Wenn es nach ihnen gegangen wäre, dann hätte man es jedem Agrarier überlassen müssen, selbst zu bestimmen, wie hoch der Wehrbeitrag sein soll, dem er seinem Vater- lande opfern will. Mit dem Ertrag hätte der Kriegsminister aller- dings wohl kaum auch nur 100 neue Gewehre kaufen könne», denn die Bescheidenheit auf dem Gebiete des Steuerzahlens ist nirgend so ausgeprägt vorhanden, als wie gerade bei den Agrariern. Mehr Wert legen die agrarischen Wirtschaftsreformer auf den weite- ren Ausbau des Systems der indirekten Steuern. Wenn man das Ausland zum Vergleich heranziehe, so wird aus- geführt, so zeige dieses System sehr bedeutende Lücken. Lege man den besitzenden Klassen zu hohe Lasten auf, so unterbinde man eine kräftige- Weiterentwickelung unseres Wirtschaftslebens. Und nun kommt die ungeheuerliche Behauptung, daß manche Grund- besitzer 40 v. H. ihres Einkommens schon heute an Steuern zu bezahlen haben. Daß das nicht wahr ist, liegt auf der Hand. Wenn die Agrarier wirklich einen Grundbesitzer anführen können, der 40 Proz. seines Einkommens an Steuern bezahlt, dann kann es sich nur um Besitzer eigener Gutsbezirke handeln, die die Kom- munalstener, zu der sie veranlagt werden, an sich selbst bezahlen. Da diese Kommunalsteuern, die eigentlich nur auf dem Papier stehen, bei den preußischen LandtagSwahlen angerechnet werden, so kommt es vor, daß Gutsbesitzer, die mit einer direkten Steuer von 3 M. veranlagt sind, trotz alledem Wähler der ersten Klasse werden, eben weil ihnen die Kommunalabgaben, die sie in der eigenen Tasche behalten konnten, als Steuerleistung angerechnet werden. Wenn man dann weiter bedenkt, auf welch feine Weise die Agrarier ihr Einkommen berechnen, dann kann allerdings ein- mal der Fall eintreten, daß die Steuerleistung, sowohl die direkte, als die fiktive, auf 40 Proz. des angegebenen Einkommens steigt. Dieses angegebene Einkommen ist aber nicht das wirkliche Ein- kommen, denn die Agrarier verstehen es, alles was sie in ihrem Haushalt brauchen, ferner Badereisen, Zuschüsse für die Söhne, die bei der Garde dienen usw., unter die Geschäftsunkosten zu schieben, und dann von ihrem Einkommen abzuziehen. Es ist also xin ungeheuerlicher Schwindel, wenn der Eindruck erweckt werden soll, als ob jemand in der Tat ganz glatt 40 Proz. seines Ein- tommens an Steuern zu bezahlen hätte. Der Inhalt der Eingabe läßt sich dahin zusammenfassen, daß die Agrarier für das Reich eine geradezu unschätzbare Begeisterung zur Verfügung haben, daß sie im übrigen aber den Daumen auf den Beutel halten, und der Regierung den Rat erteilen, sie möge weitere indirekte Steuern einführen. Die Amnestie. Zur Ausführung der Bestimmungen des Amnestie- erlasses schreibt dieNordd. Allg. Ztg.":Im selben Moment, wo der Erlaß in Berlin   imStaatsanzeiger" erschien, hatten die Strafvollstreckungsbehörden und die Gefängnisverwaltungen die er- forderlichen Anweisungen in Händen und konnten mithin sofort ans Werk gehen. Wie sehr die Beschleunigung angestrebt wurde, geht daraus hervor, daß eine jede Strafvollstreckungsbehörde, also auch das kleinste Amtsgericht, seine Gnadenanträge unmittelbar an das Justizministerium einzureichen hat. Die Strafvollstreckungs- behörden sind angewiesen, jede bereits begonnene Strafvollstreckung zu unterbrechen, wenn andernfalls der Gnadenbeweis wirkungslos bleiben müßte." An dem Urteil über den ungenügenden Umfang und die anfecht- baren Ausführungsbestimmungen der Amnestie wird dadurch natürlich nichts geändert. Ter TLehrbeitrag. Ueber die endgültige Gestaltung des Wehrbeitrages finden im Reichsamt noch fortdauernd vertrauliche Besprechungen statt, zu denen nunmehr auch die Regierung Stellung genommen hat. Wie derBcrl. Lok.-Anz." hört, hat sie folgende Forderungen aufgestellt: 1. Hinaufsetzung der Höchstgrenze der Einkommen- b e st e u e r u n g auf 10 000 M.; 2 keine Kapitalisierung des Einkommens durch die beschlossene Multiplikation; 3. Er- Mäßigung des Höchstsatzes der Steuer auf 1 Proz., allein- falls auf 1(4 Proz.; 4. bei den Strafen Beseitigung der Ab- erkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, überhaupt eine Milderung der Strafen. Teuerung und Untersuchung dauert fort! Ueber dieTätigkeit" jener Kommission, die einst zur Untersuchung der Verhältnisse im Vieh- und Fleischhandel eingesetzt worden war, berichtet eine offiziöse Korrespondenz: Die Vernehmung der Sachverständigen über die Verhältnisse imVieb- und Fleischhandel ist nunmehr beendet. Es sind im ganzen 180 Salbvcrständige in vier Gruppen, und zwar aus Berlin  , Süddeutschland  , Ost- und Westdeutschland ver« nommen worden. In jeder Gruppe befanden sich Vertreter der Landwirtschaft, des Viehhandels, deS Fleifckergewerbes und von Gemeinden(aber nicht von Konsumenten!). Die Vernehmung jeder Gruppe hat zwei Tage in Anspruch genommen. Zwischendurch fanden durch eine Unterkommission Ermittelungen über die Vieh- preise vom Stall zum Viehhof auf sieben großen Viehmärktcn statt. Das auf diese Weise gewonnene Material wird nun- mehr im Reicksamt des Innern verarbeitet und zu einer systematischen Zusammenstellung verwertet. Im Herbst wird dann die Kommission noch einmal zu- sammentreten und sich entscheiden, ob auf Grund der ge- wonnenen Ergebnisse Vorschläge zur Abstellung vorhandener Mißslände im Vieh- und Fleischhandel zu machen sind. Gleich- zeitig wird auch ein Beschluß darüber gefaßt werden, ob cS angebracht erscheint, das durch die Enquete gewonnene Material zu veröffentlichen." So und davon können die Arbeiter satt werden! Eine Wendung in der Welfeufrage. Nach der Verheiratung der Tochter des Deutschen Kaisers mit dem Sohn de» Herzogs von Cumberland wurde angenommen. daß nunmehr auch der seit dem"Jahre 1866 bestehende Streit zwischen dem preußischen Königshaus und den Cum- berländern beigelegt sei. Die Kundgebungen der Welfenpar- tei deuteten aber auf das Gegenteil hin. Nunmehr scheint doch ein Ausweg gefunden zu fein, auf dem die Streitigkeiten aus der Welt geschafft werden sollen, bei denen es sich in erster Linie um den braun fchweigifchen Thron handelt. DieNord- deutsche Allg, Ztg." vom Dienstagabend veröffentlicht an der Spitze des Blattes einen an den Reichskanzler gerichteten Brief des Prinzen Ernst August  , des Sohnes des Herzogs von Cumberland, olgenden Wortlauts: Eure Excellenz beehre ich mich davon in Kenntnis zu setzen, daß mein Herr Vater, Seine Königliche Hoheit der Herzog von Cumberland, Herzog zu Braunschweig   und Lüneburg  , den Eni- schluß gefaßt hat, in der Voraussicht der Aufhebung der Be- fchlüsse de? Bundesrats vom 2. Juli 1335 und 28. Februar ISO? feine Rechte auf die Regierung in dem Herzogtums Braun- schweig auf mich zu übertragen. Der Uebernahme der Regierung in Braunschweig   durch ein Mitglied unseres Hauses standen bisher die vorbezeichneten Be- fchlüsse des Bundesrats entgegen. Tie bekannten, meine Per- son betreffenden jüngsten Ereignisse, insonderheit meine Ver- lobung mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Viktoria Luise von Preußen  , haben die den Beschlüssen des Bundesrats zugrunde liegende Sach- und Rechtslage geändert. Mit Zustimmung meines Herrn Vaters habe ich meine An- stcllung als Offizier im Königlich preußischen Heere nachgesucht und Seiner Majestät dem Kaiser und Könige Treue und Gehör- sam eidlich gelobt. Tarin liegt das Versprechen, daß ich nichts tun und nichts unterstützen werde, was darauf gerichtet ist, den derzeitigen Be- sitzstand Preußens zu verändern. Diese Sach- und Rechtslage wird in Verbindung mit dem Verzicht meines Herrn Vaters auf den braunschweigischcn Thron nach meiner Ueberzeugung die Aufhebung der früheren Be- fchlüsse de? Bundesrats rechtfertigen. Ich darf mir vorbehalten, eine Verzichterklärung meines Herrn Vaters auf den bvaunschweigischen Thron seinerzeit zu überreichen." Die Welfenfrage entstand bekanntlich dadurch, daß im Jahre 1866 der König Georg V.   von Hannover, der Vater des jetzigen CumberländerS, gestürzt und da? Königreich Hannover   von Preußen annektiert wurde. Im Jahre 1884 starb dann der Herzog Wilhelm von Braunschweig  , ohne direkte Erben zu hinterlassen. Da der Herzog von'Cumberland nächster Thronerbe war, rekla- mierte dieser den braunschweigischen Throüsitz. Am 2. Juli 138S beschloß jedoch der Bundesrat,die Ueberzeugung der Ver- bündetcn Regierungen dahin auszusprechen, daß eine Regierung des Herzogs von Cumberland in Braunschweig   mit den Grund- Prinzipien der Bündnisverträge und der Reichsverfassung nicht vereinbar sei, da der Herzog sich in einem dem reichsverfassungs- gemäß gewährleisteten Frieden unter Bundesmitgliedern wider- treitenden Verhältnisse zu dem Bundesstaate Preußen befinde, und im Hinblick auf die von ihm geltend gemachten Ansprüche«ruf Gebietsteile dieses Bundesstaats". Am 21. Oktober 188S wählte die braunfchweigifche Landesversammlung dann einstimmig den Prinzen Albrecht von Preußen   zum Regenten. Auf loiederholtes Reklamieren und Protestieren deS Herzogs von Cumberland wiederholte der Bundesrat am 28. Februar 1907 seinen Beschluß vom 2. Juli 1886. Nunmehr scheinen die Braunschweiger, wenn ' auch nicht Aussicht auf ein anständiges Wahlrecht, so dafür auf einen richtiggehenden Herzog zu haben. Vom Moloch Militarismus. Infolge der Heeresvermehrung hat der M i li t ä r fi S ku s in der sächsischen Oberlausitz   zwei Rittergüter bei Berthelsdorf   und Großhennersdorf   aufgekauft, um sie zu Remontedepots einzurichten, nachdem er kurz zuvor zu demselben Zweck die Rittergüter Bischdorf und Herwigsdorf bei Löbau   zu demselben Zweck erworben hat. Dadurch werden große seither landwirtschaftlichen Zwecken und der Viehzucht dienenden Flächen fruchtbaren Landes zum großen Teil brach gelegt, denn wo seither landwirtschaftliche Produkte erzeugt wurden, sollen sich jetzt Militärpferde tummeln. Eine große Anzahl Bewohner der betroffenen Gegenden haben gegen diese Ankäufe protestiert und besonders darauf hingewiesen, daß durch die große Anzahl neu errichteter Remontedepots in einem dicht bevölkerten Landesteile S ch w i e r i g» ketten in der Versorgung mit landwirtschaft« lichen Produkten entstehen müssen. die sicher auch wesentlich im Preise steigen würden. Außerdem sei auch die Entziehung so großer Flächen Landes für die landwirtschaftliche Bebauung ein schwerer Nachteil. DaS sächsische Mini st erium des Innern hat darauf seine Ermittelungen veranstaltet und aus Grund der Ergebniffe den zahlreichen Beschwerdeführern in Gestalt eines Bescheides eine Ver» tröstung geschickt, in der bestritten wird, daß eine Verteuerung un- entbehrlicher Nahrungsmittel, wie Kartoffeln und Eier, zu be» fürchten sei; im Anschluß daran aber auch ausgefiihrt: Ander? ist freilich die zweifellos eintretende Verminde« rung der Viehhaltung und hiermit der A u s s a l l von Fleisch, vor allem aber der Ausfall von Milch zu beurteilen. Die beiden Güter(die zuletzt erworben) lieferten mehr als 26 Prozent der in der Genosienschaftsmolkerci Herrnhut   verarbeiteten Milch, nämlich 620 000 Liter im Jahres» durchschnitt. Da jedoch die im Kleinhandel von der Molkerei ver- kaufte Milchmenge immerhin weit hinter den nach Leipzig   und Dresden   versandten Molkereiprodukten zurückbleibt, so geht auch hier die Befürchtung eines eintretenden Milchmangels über das Ziel hinaus. Am meisten begründet sind die Befürchtungen der Orts- einwohner, die jetzt Teile der Rittergutsfluren in Einzelpacht haben und die nun damit zu rechnen haben, nach Ablauf der Vertragszeit die Pachtfelde r entweder her- geben zu müssen oder nur gegen eine erheblich hohen Pacht Wetter bewirtschaften zu können. Als solche Einzel» Pächter, von denen mancher seinen Wirtschafts  - betrieb auf eine Fortdauer dieser Pachtbeträge eingerechnet hat, kämen allein in BerthelSdorf IIS Per» s o n e n mit etwa 180 Hektar Pachtfläche in Betracht. ES er» scheint daher dringend erwünscht, daß auf diese kleinen Pächter Rücksicht genommen werde.... DaS Ministerium deS Innern muß also zugeben, daß der ge- fräßige Militarismus durch das Aufsaugen der Rittergüter in der betroffenen Gegend einen bedenklichen Notstand gezeitigt hat, wenn es auch so weit wie nur irgend möglich zu beschönigen sucht. Doch hat er nur leere Vertröstungen und seine Antwort an die Be- chwerdeführer so eingerichtet, daß er beim Kriegsministerium nicht aneckt und den Militarismus in seiner Gefräßigkeit auf Kosten der Kultur und der BolkSernährung keine chwierigkeiten bereitet._ Eine Zentrumsdemonstration gegen das Regierungs» jubiläum. In C ö S f e l d i. W. wurden einige Jefuitcnpater ausgewiesen. Sie reisten Montag früh ab. Als die Abreise allgemein bekannt war, wurden so meldet die Köln  . Ztg." fast allenthalben Fahnen, die wegen des Kaiserjubiläums aushingen, wie auf Verabredung eingezogen. Von dem festlichen Umzug, der den Glanzpunkt der Jubiläumsfeier bilden sollte, blieben die katholischen Vereine fern. Auch die übrigen Vereine konnten durchweg nur wenige Getreuen um ihre Banner scharen. Sozialdemokratische Betätigung eines Soldaten. Vor dem Kriegsgericht Erfurt   stand am Mittwoch de« Gefreite Otto K. vom 19. Artillerieregiment in Erfurt   unter der Anklage der Betätigung antinationaler Ge- s i n n u n g und der Sachbeschädigung. Diese nmstürzlerischen Taten hatte ein sogenanntervaterländischer" Turner denunziert. Der Angeklagte war schon vom Standgericht des- wegen zu drei Tagen strengem Arrest und 1 M. Geldstrafe ver­urteilt worden, doch hatte der Gerichtsherr Berufung eingelegt, weil die Bestrafung nicht den Bestimmungen des Gesetzes entspreche. Und nun die Ursache der Aktiven: Der Angeklagte war am zweiten Osterseiertage in seinem Heimatsonte Rothenstein   bei Jena   auf Urlaub gewesen und war hier mit Bekannten zusammengetroffen. die früher, wie er selbst, der freien Turnerschaft angehörten, dann aber insvaterländische" Lager binübergewechsclt waren. Der Angeklagte soll ihnen wegen dieses Gesinnungswechsels Vorhaltun- gen gemacht haben und dabei auch ein Abzeichen desnationalen" Turnvereins beschädigt haben. Einteutscher" Turner hatte bei der Vernehmung ausgesagt, es seien deshalb Turner aus der Freien Turnerschaft ausgetreten, iwil ihr so viele Sozialdemo- traten anghörten. Ferner hattent e u t sch e" Turner den An» geklagten denunziert, er habe als Soldat mit Mitgliedern dersozialdemokratischen" Freien Turnerschast verkehrt und aus demsozialdemokratischen Liederbuche" Lieder mit» gesungen. Dem Angeklagten wurde von seinen Vorgesetzten das Zeugnis eines tüchtigen Soldaten mit einwand» freier Führung ausgestellt. Der Anklagevertreter hielt fürerwiesen" daß die Freie Turnerschast sozialdemokratisch sei; das sei auchamtlich bestätigt' worden. Also habe sich der Angeklagte der Betätigung sozialdemokratischer Gesinnung schuldig gemacht. Da? Gericht erkannte wegen U n g e h o r s a auf drei Tage Mittelarrest und 3 M. Geldstrafe. st und 3 M. Geldstrafe. pseue Spannung auf clem Balkan  . ITT S Der Waffenerfolg über die Türkei   hat das Selbstbewußt- sein der Balkanstaaten gewaltig erhöht. Der einstige mächtige Protektor. Rußland, bekommt das jetzt sehr zu fühlen. Sein Konferenzvorschlag ist zwar formell von den einzelnen Regie- rangen angenommen worden.- aber weder Serbien   noch Bulgarien   beeilen sich, ihre Ministerpräsidenten nach Petersburg   zu senden. 5!och größere Schwierigkeiten machen sie aber in der Demobilisierungsfrage. Statt der Abrüstung werden vielmehr strategische Verschiebungen der Truppen vorgenommen, die bei einem etwaigen Ausbruch der Feindseligkeiten in möglichst vorteilhaften Posi. tionen stehen sollen. Dabei operieren die serbische und griechische   Armee offenbar nach einem gemeinsamen Pigj, gegen Bulgarien  . Ein sehr wichtiger Friedensfaktor ist freilich die Tatsache, daß es allen Staaten an dem zum Kriegsjjjjj. so notwendigen Gelde fehlt. Es wäre ein frevelhaftes Spiel. wenn sich die Balkanvölker um nationalistischer und dynastischer Phantome willen zum Verbluten brächten und den Frieden Europas   wieder vor eine Katastrophe stellten.