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Die Kommission trat hierauf in die zweite Lesung deS Entwurf« über den Wehrbeitrag ein. Di« Konservative» beantragen, die durch Kompromiß beschlossene Abgabe bei den größten Vermögen von Ich Proz. auf IchS Proz. herabzusetzen. Schatzsekretär Kühn trat für den konservativen Antrag ein. Genosse David trat dem Schatz- sekretär scharf entgegen, dessen Haltung geradezu unglaublich sei. Lorhin habe der Schatzsekretär dargelegt, ein wie hohe« Defizit klafft, und Ida noch die großen Vermögen zu entlasten, sei unverantwortlich, zumal die wirtschaftliche Konjunktur sich verschlechtere, also die Einnahmen des Reichs zurückgehen werden. Abg. Gröber wandte sich ebenfalls gegen den konser- vatwen Antrag, ebenso Abg. G o t h e i n. Der Pole Graf MielzinSki trat für den konservativen Antrag ein, um zu ver- hindern, daß große Kapitalisten wegen ldeS Wehrbeitrags aus- wandern. Die Natioualliberalen erklärten sich für den konservativen Antrag, der dann gegen die konservativen und nationalliberalen Stimmen sowie die Stimme des Zentrumsabg. Herold abgelehnt wurde. Ein« längere Debatte zeitigte die Besteuerung der Aktiengesellschaften, die nach einem konservativen Antrag schärfer angefaßt werden sollen, wäh- rend ein volksparteilicher Antrag Milderungen forderte. Der konservativ« Antrag wurde gegen die Stimmen unserer Genossen angenommen und die Weiterberatung dann auf nächsten Montag vertagt, llach dem tnailändcr Generalstreik Rom , 18. Juni. {©ig. Ber.) Vielleicht ist es noch zu früh, um der Mailänder General- streikbewegung, die am Sonnabend einsetzte, um am Dienstag- abend z« enden, ein Nachwort zu schreiben. Sowohl was den Anlaß als was die Leitung betrifft, hat der Streik unter wesentlich anderen Bedingungen stattgefunden als die frühe- ren politischen Streiks in Italien . Noch nie hat man zur Waffe des Generalstreiks gegriffen, um gegen ein Gerichts- urteil zu protestieren; noch nie hat eine derartige Bewegung in Händen eines Komitees gelegen, das zwei ganz wider- strebende Richtungen einschloß. Diese beiden Umstände waren offenbar der Bewegung nicht günstig. Man wußte von vorn- herein, daß es unmöglich sein würde, die Aufhebung des Urteils gegen Bacchi und Genossen zu erzwingen. Das Ein- vernehmen zwischen Sozialisten und Syndikalisten, das die Gefahr gezeitigt hatte, konnte natürlich nicht mit einem Schlage das Mißtrauen aus der Well schaffen, das die Ar- beiterorganisationen der einen Richtung denen der anderen entgegenbringen. Der Streik wurde gleich nach dem Bekanntwerden des Urteils von den Syndikalisten erklärt, dann aber auch von der Arbeiterkammer gutgeheißen und von ihr gemeinsam mit der Unione findicale geleitet. Ein Generalstreik wie der vom Jahre 1904 war es nicht, immerhin umfaßte er am Montag und Dienstag den größten Teil der Arbeiterschaft, schätzungs- weise etwa drei Viertel. Bäcker, Gasarbeiter, Metallarbeiter, Buchdrucker sowie die Arbeiter der meisten Fabriken haben dem Aufruf zum Streik Folge geleistet. Von den Tram- bahnern hatten sich in den beiden letzten Tagen etwa der achte Teil zum Dienste gemeldet. Im großen ganzen hat sich die Arbeiterschaft wacker gehalten und auch gegenüber den schweren Provokaftonen der Polizei eine bewundernswerte Ruhe be- >vahrt. In Regierungskreisen hat der Streik vor allem des- halb Besorgnis erregt, weil man sein Ueberspringen auf andere Städte befürchten mußte. In der Tat hatte sich die Arbeiterschaft Roms, Turins und anderer Städte sowie vieler kleinerer Städte berell erklärt, auf Wunsch der Mailänder Streikleiwng den allgemeinen Ausstand zu proklamieren. In Mailand selbst bestand dagegen von feiten der Behörden offen- bar keinerlei Bestreben, den Streik schnell und gelinde zu be- endigen. Sie haben vielmehr alles darauf angelegt, he Ar­beiter zum äußersten zu treiben, sicher weil sie sich davon eine reiche Ernte der Reaktwn versprachen, die man bei den nächsten Parlamentswahlen in die Scheuern zu bringen hoffte. Die Arbeitsaufnahme wurde beschlossen, nachdem den Streikenden die folgenden Zugeständnisse der Behörden mitgeteilt worden waren: sofortige Freilassung aller während der drei Streik- tage Verhafteten rmd Verhandlung des Prozesses Bacchi und Genossen in zweiter Instanz vor Ablauf eines Monats. Diese Zugeständnisse gaben den Ausschlag für die Einstellung des Streiks. Heute sagt nun dieTribuna", daß die Präfektur diese Zugeständnisse nicht gemacht habe und nicht habe machen können. Man muß eine ruhigere Stunde abwarten, um ent­scheiden zu können, ob jetzt dieTribuna" ihre Leser irre- geführt hat. Auf alle Fälle bleibt die Tatsache, daß die Be- wegung erst eingestellt wurde, nachdem die Streikenden ein« ihren Forderungen entsprechende Genugtuung erzielt zu haben glaubten. Di« Bewegung ist nicht abgeflaut, sondern aus einen Mehrheitsbeschluß hin einmütig und diszipliniert ein- gestellt worden, in Ertvartung des Urteils der zweiten In- stanz, von dem man schon jetzt sagen kann, daß es nicht den Charakter der Klassenrache tragen wird, wie das Schandurteil der ersten. Ein Ruckblick auf die Streiktage würde kaum etwas anderes bieten, als die Aufzählung einer langen Reihe von Polizeiexzessen. Sogar Frauen und Kinder sind mißhandelt worden, und bei den Verhaftungen ging man so blindwütig zu Werke, daß sogar ein Geheimpolizist arretiert wurde. Ernste Exzesse von seiten der Streikenden sind nicht vorge- kommen. Ein Polizeileutnant wurde durch einen Messerstich verwundet, aber der Schuldige ist kein organisierter Arbeiter. Immerhin zeigt auch dieser Streik, wie nötig es ist, daß die Organisaftonen in derartigen Situationen selbst auf Ordnung halten und die nicht zur Arbeiterschaft gehörenden Elemente tunlichst aus ihren Reihen entfernen. Ob übrigens die Zahl der Exzesse während des Streiks größer war(von denen der Polizei natürlich abgesehen) als sonst in vier Tagen normalen Lebens, bleibt dahingestellt. DerAvanti" läßt die Frag« offen, ob der Streik als ein Sieg oder als eine Niederlage aufzufassen ist. Die Tat- fache des Streiks allein sei ein Sieg, und ein großer Sieg, auch wenn die Bewegung die Behörden nicht zu Zugeständ- nissen gezwungen hätte. Der Streik sei nur das erste Gefecht in einem größeren Kampfe, nur das Vorspiel der großen Sinfonie, die kommen würde. Die Wiederaufnahme der Arbeit ist ohne Zwischenfälle erfolgt, doch darf man nicht vergessen, daß Mailand nach offtzieller Statistik 43 000 Arbeitslose zählt. Diese brauchten keine Fabrik zu verlassen, um protestierend die Straßen zu durchziehen: fiir sie gibt es auch nach beendetem Streike keine Arbeit. Die Existenz dieses großen Heeres von Arbeitslosen hat die Streikleitung während der ganzen Bewegung mit Be- sorgnis erfüllt: wer hungert, neigt zum Exzeß, wer hungert, ist leicht versucht, seine Gefährten zu verraten. Wenn aber das Vorhandensein von 43 000 Arbeitslosen für den Streik eine Drohung war, so ist es eine viel größere und ernstere Drohung für die Regierung und für die von dieser angestrebte Ordnung". Hoffentlich haben die Streiktage von Mailand etwas dazu beigetragen, die Regierung auf diese Tatsache auf- merksam zu machen._ pol'tifcbc QcberHcbt» �ortschrittler und Militärboykott. Der sozialdemokratische Antrag, in das Wehrgesetz einen Ar- ftkel aufzunehmen, durch den die Verhängung des Mili- tärboykotts lediglich aus politischen Gründen unmöglich gemacht werden sollte, ist im Reichstag mit 201 gegen 127 Stimmen abgelehnt worden. Für den Antrag stimmten die Sozialdemo- traten, Polen , die Elsässer Dr. Haegy, Thumann und Windeck , der Däne Hansen, der Zentrumsabgeordnete Birkenmayer, der Nationalliberale Kölsch und die Fortschrittler Ahlhorn, Gunszer, Dr. Neumann-Hofer und Röser, während der Abg. Gothein sich der Stimme enthielt. Die übrigen Fortschrittler stimmten gegen den Antrag und begnügten sich mit der die Militärver- waltung zu nichts verpflichtenden Resolution der Budgetkommission. Zu diesem skandalösen Verhalten der Fortschrittler schreibt die Berliner Volks-Zeitung": Die Haltung der Fortschrittlichen Volkspartei , die in der gestrigen Reichstagssitzung Seite an Seite mit dem Rückschritt, mit Konservativen, Zentrum und Nationalliberalen, gegen das von den Sozialdemokraten geforderte gesetzliche Verbot des Mili- tärboykotts stimmte, wird im Lande ein allgemeines Kopf- schütteln erregen. Eine solche Haltung ist um so verwunder- licher bei einer Partei, die selbst unter dem politischen Boykott der Gegner, der Konservativen, unterstützt durch den amtlichen Regierungsapparat, bei allen Wahlen schwer gelitten hat und noch leidet. Haben die Herren von der Reichstagsfraktion schon die Ergebnisse und Feststellungen der Bcckerprozesse in Greifs- wald vergessen? Der wirtschaftliche Boykott auf dem politischen Kampfplatz ist immer verwerflich, mag er nun von einer ein- zelnen Partei oder von einer Behörde ausgeübt werden. Die Volkspartei hätte klüger gehandelt, wenn sie gegen die weitere Duldung dieses Kampfmittels gestimmt hätte." Diewuchtigen" Reden, mit denen die Abgeordneten Müller- Meiningen und Gothein so oft den Militärboykott bekämpft haben, sind einfach sinnlos, wenn die Fortschrittler nicht den Mut haben, die einzig mögliche Konsequenz aus ihren Worten zu ziehen. Diesen Mut besitzen sie aber nicht, wie die Abstimmung am Frei­tag klar bewiesen hat. Arbeiterbildung und Geldsackinteressen. DaS hessische Ministerium des Innern hat sich dieser Tage wieder einmal als Vertreterin nacktester Unternehmerinteressen erwiesen. Es hat eS nämlich fertig gebracht, der von der Stadtver- ordnetenversammlung m Offenbach a. Main beschlossenen obligatorischen Mädchenfortbildungsschule die Genehmigung zu versagen. Offenbach war als eine der ersten Städte dabei, die nach der Aenderung der Reichsgewerbeordnung gegebene Mög- lichkeit zur Schaffung einer obligatorischen Mädchenfortbildungs- schule zu benutzen. Nicht nur die sozialdemokratische Mehrheit, sondern die gesamte Stadtverordnetenversammlung beschloß die Errichtung dieser so wichtigen Schule, und ebenso ein- stimmig waren Schulvorstand und Kreisschulkommission in der Be- fürwortung de» Projekts. Dagegen erhoben aber die F a b r i- kanten Offenbachs , vertreten in der Handelskammer und in pri- vaten Organisationen, lebhaften Protest. Die Offenbacher Unter- nehmer, die in Schuh- und Lederwaren-, Seifenfabriken usw. mehrere tausend jugendliche Arbeiterinnen beschästigen, fürch- teten, wöchentlich vier Arbeitsstunden opfern zu müssen, ohne diese vom Lohn abziehen zu dürfen. WaS selbst von bürgerlicher Seite kaum für möglich gehalten wurde, trat ein: das Ministerium de« Innern trat den Gründen der Unternehmer bei und versagte die Genehmigung mit der AuS- rede, die Errichtung von Mädchenfortbildungsschulen könne nicht durch Sonderregelung in einzelnen Gemeinden, sondern nur durch landesgesetzliche Regelungen erfolgen. Diese Regelung aber sei bei der bevorstehenden Revision des VolksschulgesetzeS zu erwarten. Diese Revision steht steilich schon seit einer Reihe von Jahren im Hessenlandebevor" und wird, wie jeder weiß, noch weitere Jahre, vielleicht ein Jahrzehnt, auf sich warten lassen. Hessen wird also trotz der nun reichsgesetzlich gegebenen Möglichkeit noch auf lange Jahre dank der.bildungsfreundlichen" Regierung vor der obliga- torischen Mädchcnfortbildungsschule bewahrt bleiben. Noch während das Ministerium sich gleich den Ossenbacher Unternehmern auf die von Frankfurt drohende wirtschaftliche Kon- kurrenz berief, kam wie zum Hohn von dort die übrigens längst erwartete Nachricht, daß der Frankfurter Magistrat der Stadtver- ordnetenversammlung die Errichtung einer obligatorischen MädchenfortbildungSschulc vorschlage, die in ihren Leistungen(Zahl der Schulstunden usw.) noch erheblich über die Ossenbacher Ab- sichten hinausgeht. In Offenbach aber bleibt es bei der Nicht- genehmigung. Die verloren gegangene Wahlbekanntmachung. Im Dorfe Diehlo bei Fürstenberg a. O. wurde die Land- tagSwahl gar nicht erst bekannt gemacht. Jedenfalls glaubte der dortige Gemeindevorsteher, es sei besser, den Wählern den Serger über, die Dreillassenschmach zu ersparen. In dem Dorfe hat somit nur ein kleiner Bruchteil der Wähler, der vom Ziegelmeister der Ziegelei kommandiert wurde, bei den Wahlen am 16. Mai gewählt. Auf eine Beschwerde ging vom LandratSamt folgender Be« scheid ein: Der kgl. Landrat deS Landkreises Guben . Journ. Rr. 2432. Guben , den 9. Juni 1913. Auf Ihre Beschwerde vom 19. v. MtS. gegen den Gemeinde- Vorsteher kann ich nichts mehr veranlassen, da die Wahlmänner- wählen zum«bgeordnetenhause bekanntlich am 16. v. M:S. statt- gefunden haben. Nach dem Bericht deS Gemeindevorstehers scheint der UmlausSzettel auf unaufgeklärte Weise verloren gegangen zu sein. Unterschrift unleserlich. Man wird natürlich schwer das Gegenteil dieser Behauptung beweisen können, daß der Umlaufzettel, der die Bekanntmachung der Wahl enthielt, auf..unaufgeklärte Weise" verloren ging. Dieses Wahlkuriosum" eröffnet aber für konservative ländliche Wahlbezirke ganz angenehme Ausfichten. Man läßt die Bekanntmachung während des Umlaufs einfach.auf unaufgeklärte Weile verloren" gehen und kommandiert am Wahltage kürzweg eine Anzahl Wähler zur konser - vativen Stimmabgabe. Schwere Anschuldigungen. Gegen die Polizei im Ruhrrevier werden in dem in Bochum erscheinenden polnischen BlattWiarus Polski" und in unserem Bochumer Parteiblatt schwere Vorwürfe erhoben. Der frühere ReichStagSabgeordnete Johann B r e j S t i, Besitzer de« polnisch« Blatte», teilt mit, daß er gegen den Kriminalkommissar Klann bei der Staatsanwaltschaft wegen Verleitung zum DiebstaM und zum Verrat von Geschäftsgeheimnissen unter Aufwendung vo» Geldern aus der Staatskasse Anzeige erstattet habe. Außerdem habe er(Brejski) auf Grund des 8 826 des Bürgerlichen Gesetz­ buches eine Zivilklage gegen Klann angestrengt und beantragt. das Gericht möge dem Kriminalkommissar unter Auswerfung einer Strafe verbieten, fernerhin Bemühungen anzustellen, um das Personal des polnischen Blattes in der Absicht, GeschäftSge- Heimnisse zu erfahren oder Manustripte zu erhalten, zu bestechen. Unser Bochumer Parteiblatt sagt zu dieser Erklärung BrejskiS: Wir fteuen uns besonders auf den nunmehr in Aussicht stehen- den Prozeß, um so mehr, als Beamte der Kriminalpolizei vor längerer Zeit auch Laufburschen, also jugendliche Arbeiter des ..Volksblattes", zum Diebstahl von GeschästSeigentum gegen Bezahlung von Bestechungensgeldern zu ver» leiten versucht haben." Nach den Vorgängen bei der Essener Polizei ist man ja an manches gewöhnt. Die hier erhobenen Beschuldigungen sind aber so schwer und bestimmt, daß die preußische Regierung schleunigst dafür wird sorgen müssen, daß die Untersuchung gegen die be- schuldigten Polizeibeamten eingeleitet wird. Bestrafte Gesetzesverächter. Die zweite Strafkammer des Landgerichts I , Berlin , ver­urteilte am Sonnabend den Grafen Albrecht v. Königs- m a r ck wegen Zweikampfes mittels Pistolen, der jedoch uu- blutig verlief, zu sechs Monaten Festung, dessen Gegner, den Rechtsanwalt Dr. Staman n- Hamburg, zu drei Monaten Festung und den Major a. D. v. Goßlar wegen Kartelltragens zu drei Tagen Festung. Da? Duell war die Folge eines Zusammen- stoße» auf einem Hamburger Rennen. Die deutsche Regierung und die Fremdenlegion. Anscheinend will sich das Reichsamt des Aeußern noch ein- gehender mit dem Fall des Usedomer Bürgermeisters Trommel beschäftigen, der Amt und Familie im Stiche ließ, um in die Fremdenlegion einzutreten. Trotz der Behauptungen der fran- zösischen Behörde und des Kommandos der Fremdenlegion, daß Trömmel geistig völlig intakt sei und mit vollem Bewußtsein der Tragweite seiner Handlung seinen Eintritt in die Fremdenlegion vollzogen habe, glaubt offenbar die deutsche Regierung nicht an die völlige geistige Gesundheit Trömmels und dürste entsprechende Schritte bei der ftanzösischen Regierung unternehmen. Es wird soeben bekannt, daß das Auswärtige Amt sich vom Oberpräsidenten der Provinz Pommern die Akten des Falles Trömmel und die Photographie des jetzigen Fremdenlegionärs einfordern lieh. Barbarische Militärjustiz. Zu einem Jahre und drei Monaten Gefängnis hatte das Kriegsgericht in Breslau den Grenadier Karl M a s u r vom Regiment 11 verurteilt wegen tätlichen Angriffs auf eine militärische Wache. Er hatte angetrunken einem Korridorposten einen Schlag mit der geballten Faust ins Gesicht gegeben, weil der Posten zur Nacht gemäß seiner Instruktion Mannschaften, die in die Retirade gehen wollten, zurück- gewiesen hatte, da sie nicht vorschriftsmäßig angezogen waren. Die Berufung von M. verwarf jetzt das O b e r tri e g s g e r i ch t (weil ein Posten für einen Soldaten eine geheiligte Person sein müsse), recknete aber zwei Monate UntersulbungShafl an. Fünf Jahre Zuchthaus alsMindeftstrafe" verhängte das Kriegs« gericht der 16. Division in Trier gegen einen Musketier vom 69. Jnfanterie-Regiment. Der Angeklagt«, der bereits im Jahre 1993 alS Unsicherer eingestellt wurde, war von Beruf Korbmacher und ist vor seiner Militärzeit ständig im Lande herumgereist; er ist also, wie der Vertreter deS Angeklagten ausführte, sozusagen auf der Land- straße groß geworden, ohne irgendwelche Erziehung zu genießen. ES war daher auch nicht verwunderlich, daß ihm daS Soldatenleben nicht behagte. Zweimal hat er bereits 8 Monate Gefängnis und 1 Jahr 6 Monate Gefängnis wegen Fahnenflucht verbüßt; ei» drittes Mal bekam er wegen unerlaubter Entfernung 14 Tage strenge» Arrest. Und nun muß er fünf lange Jahre ins Zuchthaus. Die neue ßalkanlmCe. Der diplomatische Notenwechsel zwischen den Balkan - staaten nimmt seinen Fortgang. Aus beiden Seiten macht man sich bittere Vorwürfe über allzu weitgehende Ansprüche und über Vergewaltigung der Angehöngeu der eigenen Nation durch die anderen. So hat Bulgarien den Noten an Serbien auch ähnlich lautende an Griechenland folgen lassen. Von einem Nachgeben ist noch nirgends etwas zu spüren, was in Petersburg merklich verstimmt. Neben der diplo- matischen Aktion dauern die strategischen Anfmärsche, die von einzelnen Grenzscharmützeln begleftet sind, fort. Serbisch-bulgarische Zusammenstöße. Belgrad , 21. Juni. Nach amtlichen Benchten kam es in den letzten Tagen an der serbisch - bulgarischen Demarkationslinie an drei Stellen zu Geplänkeln zwischen serbiichen und bulgarischen Patrouillen. Auf seilen der Serben wurden ein Unteroffizier und zwei Soldaten getötet und ein Unteroffizier ver- w u n d e t. Die bulgarischen Verluste find unbekannt. Nu neuer DemobilifiernngSauttag Serbiens . Belgrad , 21. Juni. Die serbische Regierung hat durch ihren Gesandten in Sofia der bulgarischen Regierung eine Note überreichen lassen, in welcher ihr Demobilisierungsanttag erneuert und die bulgansche Regierung zur Beschickung der Konferenz eingeladen wird. Serbien lehnt ad. Sofia , 21. Juni. Wie dieAgence Bulgare" meldet, hat der serbische Gesandte Spalaikowitsch heute nachmittag die A n t- wort der serbischen Regierung überreicht, in der die Vorschläge Bulgariens , betreffend die Demobili. s i e r u n g abgelehnt werden. KriegSentschädigungSansprüche deS BalkanbundeS. Paris , 21. Juni. DasEcho de Paris" will wissen, daß die Ballanverbündeten ihre KriegSenlschädigungsiorderungen bedeutend ermäßigt haben. Bulgarien habe ursprünglich IM« Millionen ver- langt, dann habe e« seine Forderung auf 800 Millionen herabgesetzt, während Serbien und Grieckenland je 6700 Millionen verlangten. Gegenwärtig betrügen die von den Balkonverdündeten der inter - nationalen Finanzkommission übermittelten Beldreklamattonen zu- sammen etwa eine Milliarde. Oeftemicb. Das Parlament und Wilhelm lt. Wien , 20. Juni. (Eig. Ber.) Einige Berliner Chauvinisten- blätter regten sich darüber auf. daß einige Worte zum Ruhm Wilhelms H, die der deutschuationale Budgetbericht. erstatter Dr. Stcinwender im Wiener Abgeordnetenhaus sprach. mit wüstem Skandal aufgenommen würden. Es ist sestzu- stellen, daß die allerdings sehr stürmischen Protestrufe der slawische« Abgeordneten sich dagegen wandten, daß Uhg.