müsse, daß es ein Gesetz für Herren mit großem Einfluß und ein anderes Gesetz für gewöhnliche Arbeiter gebe.(Rufe: Fälscher.) Staatssekretär M c K e n n a erwiderte, er verstände nicht die Wich- tigkeit dieser Frage.(Beifall.) Portugal . Ter Revolver im Senat. Lissabon , 26. Juni. Im Verlaufe der gestrigen Sitzung des Senats kam es zu einem heftigen Wortwechsel zwischen den Sena- toren C o st a und F r e i t a s. Schließlich stürzte sich Costa auf Freitas, der einen Revolver zog und auf Costa schießen wollte. Die Senatoren entwaffneten Freitas. Die Sitzung wurde für kurze Zeit unterbrochen. )Zus der Partei. Aus den Organisationen. Die Kreisversammlung deS2. württembergischen Wa hl« k r e i s e S, der die Oberämter Cannstatt, Ludwigsburg , Waiblingen und Marbach umfaßt, fand letzten Sonntag in Cannstatt statt. Der Kreisverein umfaßt jetzt 54 Ortsvereine mit 7281 Mitgliedern. In der Berichtsperiode von neun Monaten hat sich die Mitgliederzahl um 543 gesteigert. Neben 6721 Genossen sind im Wahlkreis 566 Genossinnen organisiert. In diese Periode fielen die Württemberg !- scheu Landtagswahlen, die eine rege Agitation brachten. In den Bezirken Cannstatt und Ludwigsburg wurden die Genossen Tau- scher and Keil wiedergewählt, in den Bezirken Waiblingen und Marbach mußten wir uns mit erfreulichen Stimmengewinnen begnügen. Die Geschäfte.des Kreises wurden bisher vom Kreisvorsitzenden Genossen Fischer im Nebenamt verwaltet; die Kreisversammlung be- auftragte iedoch den neugewählten Kreisvorstand, die Frage der An- stellung eines Kreissekretärs zu prüfen und der nächsten Kreis- Versammlung Vorschläge zu machen. Beschlossen wurde, das Dele- gationsrecht zum Parteitag voll auszunützen, also vier Delegierte zu wählen, die Wahlen aber durch Urabstimmung vorzunehmen. Die Durchführung des Zehnpfennig- Wochenbeitrags soll vom Kreis- vorstand nach Möglichkeit gefördert werden. Der verschärfte Kampf der württembergischen Schulbehörden gegen den Arbeiterturnerbund rief allgemein den Wunsch nach verschärften Gegenmaßnahmen her- vor. Diesem Wunsche entspricht eine von der Landtagsfraktion be- reits eingebrachte Interpellation, die den Kultusminister fragt, was er gegen das ungesetzliche Vorgehen der ihm unterstellten Behörden zu tun gedenkt._ Wieder ein Nichtbestiitigter. Der in Wildenspring(Schwarzbura- Rudolstadt) zum zweiten Male als Vizeschulze gewählte Genosse Klett ist auch diesmal vom Landrat in Königsee wegen seiner Zugehörigkeit zur sozialdemokratischen Partei nicht bestätigt worden. Das Selbst- verwaltungsrecht der Gemeinde Wildenspring soll nun seitens der Behörde dadurch illusorisch gemacht werden, daß die letztere einen ihr genehmeren Vizeschulzen einsetzen will. Presseverfolgungcn in Bosnien . In dem österreichisch- ungarischen Neichslande ist jetzt die Ver- folgung der sozialdemokratischen und sonstigen oppositionellen Presse auf einem Höhepunkt angelangt. Man konfisziert Rachrichten aus Wiener Blättern, Reden aus dem österreichischen Parlament, kurz, alle« mögliche, woran selbst die österreichische Staatsanwaltschaft nicht herankommen konnte oder wollte. Man begnügt sich damit aber nicht, sondern eS werden auch Preßprozesse geführt, die in den letzten 14 Tagen zwei Redakteuren unseres Parteiblattes je drei Monate Kerker eingebracht haben. Der Verantwortliche eines serbischen Blattes wurde vor kurzer Zeil zu sechs Monaten Kerker verurteilt, und die Liste der kleineren Haststrafen von zwei bis sechs Wochen und der Geldstrafen von 166 bis 566 Kronen läßt sich gar nicht aufzählen.— So wird die unabhängige Presse planniänig zugrunde gerichtet. polireilicde», GmcbUicdes ulw. Das Ende einer Reichsverbandslüge. Der ReichsverhandSsckretär Taube in Königsberg hatte am 4. März 1S12 in einer Versammlung erklärt, der sozioldemo« kratische Redakteur Marikwald habe am 26. Januar 1666 in der Märkischen.Volksstimme' in Forst einen Artikel veröffentlicht, in dem er wörtlich erklärte, daß Religion zwar Privatsache sei. aber die Sozialdemokraten seien Atheisten, es gebe keinen Gott, kein Gewissen. Marckwald ließ der konservativen Zeitung, die darüber einen Bericht gebracht hatte, eine Berichtigung zugchen, daß er das alles nicht geschrieben hätte. Taube hielt die Behauptung aber trotzdem aufrecht. Marckwald strengte nunmehr gegen Taube die Beleidigungsklage wegen der Behauptung an, er hätte geschrieben, daß es kein Gewissen gebe. Das Schöffengericht sprach den Reichs- verbändler mit der Begründung frei, aus dem Artikel MarckwaldS könnte man.herauslesen', er habe der Ansicht Ausdruck gegeben, daß eS kein Gewissen gebe. In der Berufungsinstanz wurde der ReichsverbandSangestellte wegen Beleidigung zu 36 Mark Geldstrafe oder vier Tagen Gefängnis verurteilt. Das Gericht hat festgestellt, daß man aus dem Artikel auch nicht.herauslesen' könnte, was Taube behauptet habe. Der Schutz des§ 193(Wahrnehmung berechtigter Jntercisenj wurde dem Beklagten nicht zugebilligt. ES wurde auf Publikation des Urteils in der sozialdemokratischen und konservativen Zeitung erkannt. Damit ist wieder einmal gerichtlich nachgewiesen worden, daß der Reichsverband mit völlig erlogenen Zitaten gegen die Sozialdemokratie kämpft. Ter Teuher Landfricdcnsbruchprozeß vom� März 1911, in dem gegen streikende Bauarbeiter ungefähr 23 Jahre Gefängnis verhängt wurden, darunter gegen den Kölner Lokalbeamtcn des Deutschen Bauarbeiterverbandes F r ö HTTch wegen angeblicher Anstiftung zum Landfriedensbruch zwei Jahre und 8 Monate Gefängnis, wurde jetzt in Köln wieder in Erinnerung gebracht. Vor der dritten Strafkammer des Kölner Landgerichts standen zwei Redakteure unseres Kölner Parteiblattes, der„Rheinischen Zeitung ', unter Anklage wegen Beleidigung eines Agenten Robert Hauptmann. Hauptmann war in dem Deutzer Landfriedensbruchprozeß einer der Hauptbelastungszeugen und er hatte nach Ansicht aller Beteiligten, insbesondere in der Verhandlung gegen Georg Fröhlich den Aus- schlag gegeben. Bald nach dem Prozesse stellte eS sich heraus, daß Hauptmann ein ubel beleumundeter Mensch sei, der wegen Be- truges, wegen Urkundenfälschung und wegen Untreue ganz erheb- liche Gefängnisstrafen verbüßt hatte. Auch später kam er mit dem Strafgesetzbuch wiederholt in Konflikt. Unser Kölner Parteiorgan, die„Rheinische Zeitung ', hat nun wiederholt Gelegenheit genommen, auf die moralischen Qualitäten des seinerzeitigen Kronzeugen des Staatsanwalts hinzuweisen. Das geschah auch im April d. I. in zwei Fällen. In einem Ar- titel, überschrieben:„Die„Gattin' des Kronzeugen', war Bezug genommen auf eine Verhandlung des Kölner Kaufmannsgerichts. vor dem die Frau des Hauptmann gegen die Firma„Urama" auf Ausstellung eines Zeugnisses klagte. Die Firma hatte die AuS- stellung eines Zeugnisses abgelehnt, weil das Verhalten der Frau in mehreren Fallen nicht einwandfrei gewesen sei. In einem zweiten Artikel, überschrieben:„Ter Teutzer Land- sriedensbruchprozeh', war über eine Gerichtsverhandlung auSführ- l'ch berichtet, in der gegen einen Eisenbahn schafft, er L. verhandelt wurde, gegen den die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hatte, weil er zu Hauptmann gesagt hatte:„Ich lasse Sie sofort ver- hasten, weil Sie falsch geschworen haben!" In dieser Verhandlung war erwiesen worden. Frau Hauptmann habe einer anderen Frau oft erzählt, daß sie mit ihrem Manne viel durchzumachen habe. Hauptmann sei ein schlechter Mensch und habe im Deutzer Landfriedensbruchprozeß einen Meineid ge- schworen. Der arme Fröhlich sitze unschuldig im Gefängnis. Eine Zeugin sagte in diesem Prozesse ans, sie habe bestimmt gehört, wie Frau Hauptmann gesagt habe, seit dem Meineide ihres Mannes im Deutzer Land- friedensbruchprozeß hätten sie kein Glück und keinen Segen mehr. Die„Rheinische Zeitung ' hatte selbstverständlich m beiden Artikeln auf die Rolle hingewiesen, die Hauptmann in der Ver- Handlung gegen Fröhlich und Genossen gespielt hatte; sie hatte im allgemeinen auch auf die vielen Bestrafungen des Hauptmann hin- gewiesen. Hauptmann stellte nun Strafantrag bei der Staats- anwaltschaft und diese erhob gegen die beiden Redakteure, die die Artikel verantwortlich gezeichnet hatten, die Genossen Beyer und Franke, Anklage. Trotzdem in der Beweisaufnahme sich alles bestätigte, was in den Berichten gesagt war, kam das Gericht zu der Verurteilung der beklagten Redakteure. Beyer erhielt 266 Mark Geldstrafe, Franke 6 Wochen Gefängnis. Hauptmann, der als Nebenkläger zugelassen war, hatte 1166 Mark Entschädigung verlangt, weil er durch den Artikel an- geblich eine Stellung verloren habe. Er wurde abgewiesen. Hm Industrie und Handel Die Lage des deutschen Kohlenbergbaues. Infolge des ober- fchlesischen Bergarbeiterstreiks ist die Gewinnung von Steinkohle im Monat Mai 1913 gegen das Vorjahr etwas zurückgegangen. Sie betrug 14 263 674 Tonnen gegen 14 734 698 Tonnen im Mai 1912. Die Abschwächung erstreckt sich natürlich nur auf den O.-B.-A.-B. Breslau. In den übrigen Bezirken ist die Produktion kräftig ge- stiegen. Im Mai sowie in den Monaten Januar bis Mai betrug die Kohlegewinnung in Tonnen: Mai Januar bis Mai 1912 1913 1912 1913 Steinkohle.. 14 734 698 14 268 674 76 817 532 77 643 126 Braunkohle. 6 442 672 6 865 433 33 212 644 35 641 459 Koks.... 2 378 226 2 673 164 11 439 556 13 333 419 Preßkohlen. 1827 646 2 161 692 9 683 358 16 965 655 Die Einfuhr von Stein- und Braunkohle sowie von Koks ist im Berichtsmonat merklich gesttegen, während der an sich unbedeutende Import von Preßkohlen etwa« zurückgegangen ist. Die Ausfuhr von Steinkohle ermäßigte sich im Mai d. I. von 2 486 522 Tonnen auf 2 288 587 Tonnen. Auch der Braunkohlenexport erfuhr eine geringe Abschwächung. Die Ausfuhr von Koks stieg hingegen von 512 626 Tonnen auf 596 424 Tonnen. Luch der Export von Preß- kohlen weist eine Zunahme auf. Steigender Güterverkehr. Die Bewegung der Einnahmen der deutschen Eisenbahnen aus dem Güterverkehr spiegelt m,t einiger Sicherheit die Lebhaftigkeit des Warenaustausches im Jnlande. Nach den vom Reichseisenbahnamt für den Monat Mai - dieses Jahres veröffentlichten Ausweisen ist der Berkehr im Ver- gleich zum Vorjahre wieder etwas gestiegen. Die Zunahme deS Güterverkehrs ist nicht gerade bedeutend. Immerhin ist noch kein Rückgang der Umsätze am deutschen Warenmarkte eingetreten. Im Monat Mai der Jahre 1967 bis 1913 betrug die durchschnittliche Einnahme auS dem Güterverkehr pro Kilometer in Marl : Die starke Differenz in der Zunahme im Monat Mai 1911 und 1912 erklärt sich ans der verschiedenen Lage deS PfingstfesteS. Die Einnahmen ans dem Personenverkehr betrugen im Mai 1913 1722 M. pro Kilometer, daS find 7,56 Proz. mehr als im Vorjahre. Soziales. Reichseinkvmmcnstcuer gegen Arbkiter. Die bürgerlichen Parteien preisen es als eine besonders „patriotische" Tat, daß auch die Besitzenden als„Versiche- rungspränne" zu den Militärlasten etwas beitragen sollen, da die bösen Sozialdemokraten die Aufpackung der gesamten Kosten auf die Arbeiterklasse verhindere. Sie raufen untereinander. Die Parteien zur Vertretung der Interessen des Grundbesitzes möchten dem mobilen Kapital die alleinige oder die Hauptlast aufpacken. Einig sind sie darin, daß diese Last recht klein sein solle und erstaunlich viel Vorschriften sind getroffen worden, um den Großgrundbesitzer allerhöchstens mit— alles in allem gerechnet— kaum einem Prozent feines Einkonimens zu besteuern. Außerdem soll die Besteuerung zum übergroßen Teil nur vorübergehend er- folgen. Es erscheint gegenüber dem Getratsch der bürgerlichen Parteien über das„patriotische Opfer" am Platz, in Erinne- rung zu rufen, wie hoch die dem Arbeiter durch die Reichs- Versicherungsordnung aufgepackte Reichseinkommensteuer»st. Die Beiträge zur Versicherung werden ja nominell zum Teil(bei der Alters- und Invalidenversicherung zur Hälfte. bei der Krankenversicherung zu einem Drittel) vom Arbeit- geber getragen. Tatsächlich trägt, wie Nationalökonomen aus allen Parteien zugegeben haben, auch diesen Arbeitgeberanteil der Arbeiter. Der vom Arbeitgeber zu zahlende Beitrag ist ein im voraus feststehender Teil des Lohnes. Wir wollen aber bei unserer Rechnung nur den Teil zu Kosten des Arbeiters stellen, den er nominell zu zahlen hat, also die Hälfte der Klebemarken und zwei Drittel der Krankenkassen- beiträge. Es beträgt der Klebemarkenbeitrag für die Arbeitereinkommen: in Höhe bis 356 M. 16 Pf. wöchentlich .. von 356-556. 24. .,, 556—856. 32. ... 856-1156. 46. > über 1156. 43,, bei Einkommen bis 356 M. 1,35 Proz. von 356—556. 1.78—1.13. . 556—856. 1,42-6,92, , 856—1156. 1,22-6,96. „. über 1156, von 1,13 Proz. beginnend. Die Alters- und Invalidenversicherung besteuert also das Einkommen des Arbeiters durchschnittlich init über ein Pro- zrnt. Hierzu tritt die Krankenversicherung. Die Beiträge hierfür betragen 4% bis 6 vom Hundert des Arbeitereinkoin- mens; es können noch höhere Beiträge festgelegt werden. Als sehr niedriger Durchschnitt mag 4y2 vom Hundert unserer Rechnung zugrunde gelegt werden? Hiervon hat der Arbeiter zwei Drittel, also drei Prozent seines Einkommens, zu zahle«. Es erhebt das Reich also vom Arbeiter, und zwar auch vom allerärmsten, über vier Prozent seines Einkommens als direkte Reichseinkommensteuer. Warum iverden die Wohl- habenden nicht dauernd und nicht mit annähernd gleichhohen Prozentsätzen zu einer Rcichscinkommcnstcuer sür die militä- rische„Versicherungsprämie" herangezogen? Rationale Krankrnkassentagung. Der auf nationalem Boden stehende Gesamtverband deutscher Krankenkassen hielt am Montag und Dienstag in Essen unter Bor- sitz der Herren Franz Behrens und Architekt Poth seinen ersten „Kongreß " ab. Reichskanzler, Staatssekretär des Innern, Reichs- versicherungsamt, Minister für Handel und Gewerbe, Regierungs- Präsident und eine Reihe anderer Behörden hatten Vertreter ent- sandt. Der Zweck des Kongresses war offenbar, Propaganda für den Verband zu machen, der nach dem Eingeständnis des vom Zentrumsabgordneten Becker redigierten Verbandsorgans Ende vorigen Jahres„unter Mitwirkung aller bürgerlichen Parteien� gegründet worden ist, um dem„unter sozialdemokratischer �Leitung" stehenden Verband deutscher Ortskrankenkassen das Wasser abzu- graben. Zum Punkt Geschäftsbericht wußte Herr Behren? nichts anderes zu sagen, als daß dem Verbände bereits„186 bis 266 Kassen mit etwa 666 666 Mitgliedern" angeschlossen seien und daß 866 Briefe und Postkarten sowie zirka 1666 Drucksachen ausge- gangen seien. Nicht nur im Westen, sondern auch in Ost- und Noriodeutschland, im Herzen des deutschen Vaterlandes, und bc- sonders auch in Süddeutschland (Bayern und Baden) habe der Verband Wurzel gefaßt. Der Verband sei notwendig� geworden, weil die Interessen der Versicherten„von anderer Stelle" nicht mit dem wünschenswerten Erfolge gegenüber den maßgebenden Stellen habe vertreten werden können. Das habe sich besonders bei Be- ratung der Reichsversicherungsordnung gezeigt. Der neue Verband stehe auf nationalem Boden, werde sich aber vor der Abhängigkeit von politischen Parteien zu hüten wissen. Eine Prüfung von Mandaten wurde nicht vorgenommen. Es erfolgten auch keinerlei Angaben über die Zahl der Delegierten und der vertretenen Kassen. Das beweist am besten, daß man Grund hatte, sich darüber auszuschweigen. Dem Anschein nach waren meist kleine Kassen vertreten, die zu einem großen Teile der Auflösung geweiht sind.. Was in den Referaten behandelt wurde— Justizrat Fuld (Mainz ) sprach über das Verhältnis der Krankenkassen zu den Äerzten, Zentrumsabgordneter Becker über das Verhältnis zu den Angestellten— deckt sich im wesentlichen mit dem. was_ der verlästerte„sozialdemokratische" Ortskrankenkassenverband längst vertreten hat. Stadtrat v. Frankenberg (Braunschweig ) sprach über das Streitverfahrcn nach dem neuen Rechte. Die Arbeiten des Kongresses wurden insgesamt in fünf Stun- den erledigt. Abgeordneter Becker aber rechtfertigte den höheren Verbandsbeitrag gegenüber dem Beitrag des sozialdemokratischen Verbandes mit der größeren Tätigkeit. Hetzte Nadmdrtcn. Die dreijährige Dienstzeit in Frankreich . Paris , 26. Juni. (W. T. B.) Die Deputiertenkammer setzte heute die Beratung über den Gesetzentwurf betreffend die drei- jährige Dienstzeit fort. Marin(sozialistisch Radikaler) verteidigte den Gegenentwurf Augagneur und entwickelte Gründe für die Aufrechterhaltung des streng anzuwendenden Gesetzes von 1965. Georges L e y g u e S bekämpfte den Gegenentwurf und wies darauf hin, daß Deutschland , der eventuelle Gegner, nun einmal durch seine Tradition der gewaltsamen Vorherrschaft gebunden sei. Frankreich müsse sich also in acht nehmen.� Die Wiederein- sührung der dreijährigen Dienstzeit sei um nichts reaktionärer, als Englands Baü zweier Schiffe gegen jedes deutsche Schiff. (Lebhafter Beifall rechts, im Zentrum und auf verschiedenen Bänken der Linken.) Der Redner warnt vor den Fehlern des Kaiserreichs von 1876, das sich durch unentschuldbare Weltfriedens- träume habe einschläfern lassen. Frankreichs Verbündete könnten nur ihre und nicht auch noch Frankreichs Pflichten erfüllen(Be- wegung), zurzeit könnte Frankreich den demnächst in Deutschland aufzustellenden 966 666 Mann nur 476 666 entgegenstellen. Deutschland hätte durch seine Eis e-n bahnen eine er- drückende Uebermacht, denn alle Linien würden� an der Grenze wahre Menschenströme ausspeien. Genüge das Heer der zweijährigen Dienstzeit demgegenüber?(Hörtl hört! auf vielen Bänken.) Selbst wenn Frankreich fünf Armeekorps auf den Essel - tivbestand der Grenztruppen brächte, so würden diese über mehr als tausend Kilometer verteilt stehen, während die entsprechenden fünf deutschen mit drei weiteren als Reserve sich nur über 366 Kilometer verteilen würden. Mit der vorgeschlagenen Reform allerdings würden die französischen Grenztruppen einem gewalt- samen Angriff lange und kräftig widerstehen können, allerdings ist unsere Grenze von Longwy bis Maubeuge offen und Paris ist fern von der Grenze. Da aber sogar die äußerste Linke dafür sei, diese Lücke zu schließen, so wäre man ja allerseits einig, seine patriotische Pflicht zu tun.(Allgemeiner Beifall.) Guesde ruft dazwischen: Ja, über das Prinzip! Leygues: Das ist schon sehr viel. Man müsse auf einen kurzen, aber rücksichtslosen Feldzug gefaßt sein. Es sei zweifellos ein Unglück für die Welt, daß Frankreich und Deutschland uneinig seien. Welch Glück wäre ihre Ei n ig- keit!(Lebhafter Beifall ans der äußersten Linken.) Eine Verbindung ihres Geistes und ihrer Kraft wäre ein unschätzbarer Gewinn für die ganze Welt, aber die geschichtlichen Erinnerungen lasteten auf Frankreich »»»it allen ihm durch Generationen vererbten Pflichten.(Beifall im Zentrum und auf verschiedenen Bänken.) Man werde zweifellos eine Verständigung über die Frage der Dienstzeit finden.(Leb- hafter Beifall links.) Die Kammer müsse entscheiden, ob Frank- reich nach dem Wunsche des Generals von Bernhardt als europä- ische Macht verschwinden solle.(Lebhafter Beifall rechts, im Zentrum und auf verschiedenen Bänken links.X Nciier Kampf zwischen Serben und Bulgaren . Belgrad , 26. Juni. (P. C.) Heute kam es abermals bei I st i p zu einem blutigen Zusammenstoß zwischen serbischen und bulgarischen Truppen. Eine ganze bulgarische Division soll an dem Kampfe beteiligt gewesen sein. Das Gefecht dauerte mehrere Stun- den und endete mit dem Rückzüge der Bulgaren . Streik der Ladungsarbeiter»n Bremerhaven . Bremen , 26. Juni. Heute mittag haben die Ladungs- arbeiter der Firma H. I. H i n s ch in Bremerhaven , die den Stauereibetricb des Norddeutschen Lloyd versieht, die Arbeit nieder- gelegt. Hartes Urteil. Przemysl , 26. Juni. (P. C.) Heute wurde das Militärgericht- licye Urteil über diejenigen tschechischen Dragoner gefällt, welche anläßlich des Transportes des Pardubitzer Dragonerregiments an die galizische Grenze im Herbst vorigen Jahres aus dem Bahnhof und während der Fahrt demonstriert und sich in hochverräterischen Rufen wie: Hoch Serbien ! Hoch Rußland ! ergangen hatten. Die Hauptverhandlung hatte bereits Ende März d. I. stattgefunden, doch war das Urteil vom Gcrichtsherrn nicht bestätigt und die Akten an den obersten Militärgerichtshof nach Wien weitergegeben worden. Das erste Urteil hatte zwei Reservisten als die eigentlichen Rädels- führer zum Tode durch Erschießen verurteilt. Heute nun sind diese beiden Strafen in schwere Kerkerhaft don B'A bczw. 8 Jahren umgewandelt worden. 19 weitere Dragoner erhielten Kerkcrstrafen von 7, 6 und 4 Jahren. Alle übrigen Angeklagten, die sich in voller Betrunkenheit zu den Exzessen hatten hinreißen lassen, wurden zu schwerer mehrmonatiger Kerkerhaft verurteilt. Die Untersuchungshaft hat über 7 Monate gedauert. Im ganzen sind über 46 Soldaten mit einer Gesamtstrafe von 126 Jahren belegt worden. Explosion in einer französischen Militärwerksiätte. Tarbcs, 26. Juni. (W. T. B.) In der Werkstüttc des 24. Ar- tillerieregiments explodierte eine nicht krepierte Granate, mit deren Auseinandernähme einige Soldaten beschäftigt waren. Zwei Soldaten wurden in Stücke zerrissen, zwei andere erlitten schwer? Verletzungen; die Werkstätte wurde teilweise zerstört,
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten