Streik der Friseurgehilfen! Wegen Maßregelung eines Ver-bandskollegen sind sämtliche bei der Firma Nrndt-Martini,Bergmannstr. 112 und Luisen Ufer 21, beschäftigten Gehilfen inden Streik getreten. Herr Martini, welcher als Pächter derbeiden Geschäfte den Tarifvertrag der Organisation unterzeichnete,lehnt jede Beilegung der Differenzen ab. Tie Betriebe sind bisauf weiteres für organisierte Kollegen gesperrt.Verband der Friseurgehilfen.Deutlchcs Reich.Die Leipziger Metallarbeiter sind über die Ausschließung ihrerVertreter vom Verbandstag in Breslau sehr erregt. In einer starkbesuchten Versammlung, die sie am Mittwoch abhielten, nahmensie eine Resolution an, in der gegen die Kassierung der LeipzigerMandate in allerschärfster Form protestiert wird. Dem Zentral-tvahlkomitee von Leipzig wird vorgeworfen, daß es für den Wahl-Protest erst dann gestimmt habe,'als sich herausgestellt habe, daßdie Gegner der Parteischule und der Selbstverwaltung der Zahl-stellen bei den Wahlen unterlegen waren. Es wird verlangt, daßdie Mitglieder des Komitees ihre Aemter in der Organisationniederlegen. Zum Schluß erklären die Leipziger, an ihrer Auf-fassung aber auch an der Organisation treu festhalten zu wollen.SlacktverokMen- verlammluiig.23. Sitzung vom Donnerstag, den 2S. Juni 1913,nachmittags 5 Uhr.Borsteher M i ch e le t eröffnet die Sitzung ö'/z Uhr.Der Ausschuß für die Vorberatung der Vorlage betreffend dieAngestelltenversicherung der Viktoriaschwestern ist gewählt und hatsich konstituiert! die sozialdemokratische Fraktion ist vertreten durchBasner, Glocke, Ritter. Schneider und Dr. Wehl;letzterer ist zugleich Vorsitzender de? Ausschusses.Zur Errichtung von kleine»'städtischen Badeanstaltenlohne Schwimmbassins) hatte der Magistrat den Ankauf des Grundstückcs Petersburger Platz 4 für 2S<Z 000 M. und des Grundstücke« S ch ö n h a u s e r A l l e e 79 für 260000 M. in Vorschlaggebracht. Diese Preise wurden in der ersten Beratung am 29. Maials unverhältnismäßig hoch beanstandet. In der Ausschußberatungist schließlich der Ankauf des ersteren Grundstücks mit Stimmen-gleichheit abgelehnt worden! der Ankauf des zweiten wird empfohlen,und zwar zu dem um 5000 M. ermäßigten Preise von 255 000 M.Referent ist Stadt. Frick<N. L.).Stadtv. Hildebrnndt(N. L.): Nirgends ist eine neue Badeanstaltnotwendiger als im Osten. Die dortigen Bewohner müssen, wennsie baden wollen, mehrere Kilometer loeit bis zur Schillingsbrückegehen. Leider hat der Ausschuß den Ankauf des Grundstücks in derPetersburger Straße abgelehnt. Ich empfehle die Annahme desMagistratsvorschlages.Stadtv. Zubcil<Soz.): Ich richte die gleiche Bitte an Sie. SeitJahren stagniert der Weiterbau von städtischen Badeanstalten undist dieses wichtige Interesse der Arbeiterbevvlkerung nicht einen Schrittweiter gefördert worden. Mit der Annahme des AuSschußantragcSwürde abermals eine längere Verzögerung eintreten. Mankann Badeanstalten, wenn sie von großen Massen besucht werdensollen, nicht in stille Nebenstraßen legen; es muß der Arbeiterschaftleicht gemacht werden, von der Arbeitsstätte kommend, so schnell wiemöglich sich zu reinigen, bevor sie in ihre Wohnungen zurückkehrt.Dem Ankauf des Grundstücks in der Schönhauser Allee, wo dieselbenBedenken geltend gemacht worden sind, hat ja auch der Ausschußmit 5 gegen 3 Stimmen zugestimmt. Der Besitzer des Grundstücksim Osten hat sich ebenfalls zu einer Ermäßigung, wenn auch nurum den kleinen Betrag von 2000 M., bereit finden lassen.Auch der Ilmstand, daß die Badeanstalt neben einer Schuleerrichtet werden würde, kommt vorteilhaft in Betracht. Wirbeantragen deshalb, die Vorlage in ihrem ganzen Um-fange anzunehmen. Im Ausschuß hat mein KollegeZadel auch die Frage angeschnitten, ob nicht eine Badeanstalt,wenn auch vorläufig nur probeweise. Licht« und Luftbäder an«geschlossen werden können. Wir empfehlen dringend diese von denärztlichen Autoritäten warm empfohlene Anregung zur Erwägung,auch unserem städtischen Medizinalrat.(Beifall.)Stadtv. Reimann iA. L.) erklärt, nach dieser ausführlichen Be-fürwortung des Magistratsantrages mit seinen Freunden für den-selben eintreten zu wollen.(Beifall.)Die Vorlage wird hierauf entgegen dem Ausschußantrage inihren beiden Teilen angenommen.Zur weiteren Durchführung der Verbreiterung der Lands-berger Straße soll der Erwerb der G r u n d st ü ck e Nr..56— 59angesichts der viel zu hohen Forderungen der Eigentümer imEnteignungswege durchgeführt werden.Die Versammlung gibt ohne Debatte ihre Z u st i m m u n g.Der Deutsche» Gartcnbaugcscllschaft, die sich u. a. die Pflegedes Balkonschmucks durch Prämiierung usw. angelegen seinAnsteckung droht, sofort entfernt wird. Aber Georges und seineMutter, die um das Geheimnis weiß, weigern sich. Das schwacheKind würde sonst sterben. Die Amme ließe sich imNotfall auch mit Geld abfinden. Kein Mittel der VerHeim-lichung und des Betruges ist dem sauberen Paar zu diesemZwecke zu schlecht. So eine kann doch später unmöglich prozessierenund, wenn sie's tut, so wird man sicher einen guten Anwalt finden,der vor Gericht den Sachverhalt ins Gegenteil verdreht! ES sindSzenen von aufpeitschender Gewalt der Anklage. Die Amme, diegelauscht hat, schreit im Streite den beiden die Wahrheit ins Gesicht,und so erfährt die junge Frau das Furchtbare.Der Schlußakt wendet sich vom Einzelschicksal ganz zum Allge-meinen. Der Schwiegervater, ein einflußreicher Politiker, verlangtvom Arzt Alteste, um in dem Ehescheidungsprozesse George« zukompromittieren. Der Doktor rät zum Frieden und rüttelt den Ent-rüsteten aus seinem Wahn der Selbstgcrechtigkeit heraus. Wenn erdie Krankheit Georges für eine solche Schmach hält, hat er selbst sogelebt, daß er vor dieser Krankheit sicher war? Und warum.wenn er Erkundigungen hinsichtlick des Vermögens des Freierseinzog, hat er nicht auch ein ärztliches Gutachten über dessen Ge«sundheit verlangt. Gesetze täten not, das fressend? Unheil einzu«dämmen! Nicht aber, wie der Deputierte meint, verschärfte Straf-bestimmungen gegen die Prostituierten, die selber Opfer sind I DerAufzug gipfelt in der Vorführung eines dieser armen schütz- undgedankenlosen Wesen aus der Klinik, die in herausforderndvulgärem Straßenton dem Herrn Abgeordneten von ihrer Verführungund Erkrankung erzählt. Der Politiker schüttelt dem Arzte, der ihnüberzeugt hat, die Hand. Er will in dessen Sinn von der Tribünedes Parlaments wirken.Die tragende Rolle des ArzteS wurde von Herrn Pick in aus-gezeichneter Individualisierung verkörpert. Beim Fallen des Vor-hang? erscholl langanhaltendcr demonstrativer Beifall des vollbesetztenHauseS._ dt.Notizen.— Die Freie Volksbühne wird im Herbst das Drama:.Familie Selicke* von Arno Holz und Johannes Schlaf wiederbeleben in einer Einstudierung von Fntz Witte-Wild. Für die weib-liche Hauptrolle der F r a u S e l i ck e ist Frau Martha Alten-b e r g gewonnen worden.— Das Jahrhundertfestspiel Hauptmannswird am Dienstag, den 1. Juli, abends 8 Uhr in der„Philhar-monie" von Rudolf Christians vorgelesen werden.— Eine Freie Volksbühne in Kopenhagen. Nachdem Muster der Berliner Neuen Freien Volksbühne soll, wie die.Voss. Ztg." erfährt, in Kopenhagen im kommenden Fahre eineTheatervereinigung gegründet werden, die der zahlreichen Arbeiter-bcvölkerung und den kleinbürgerlichen Schichten in der dänischenHauptstadt zu erschwinglichrn Preisen gute Theateraufführungen bietensoll. An der Spitze steht Peter Nansen. Man will auch versuchen,der zukünftigen Volksbühne ein eigenes Theater zu schaffen._ 1> Verantwortlicher Redakteur: Slbrrt Wachs, Berlin. Für de»'läßt, soll eine Beihilfe von 599 M. und 5 silberne Medaillen zurVerfügung gestellt werden.Die Versammlung stimmt dem zu.Für die Vergrößerung der Flcischkammer für Schweine aufdem Seuchenhofe des städtischen Viehhofes sind 20 500 M. er-forderlich; die Summe wird ohne Debatte bewilligt.Der spezielle Entwurf und der Kostenanschlag(1� MillionenMark) für den Neubau der landwirtschaftlichen Erziehungsanstalt„Struveshof" zwecks Durchführung von Reformen auf demGebiete der Fürsorgeerziehung liegt vor.Die Genehmigung erfolgt ohne Diskussion.Der Magistrat legt die speziellen Entwürfe zum Neubau desGymnasiums in der A st a d e r Straße, zum Neubau derXV. Realschule an der Carmen-Sylva-Straße vor.Kirschner-Ober-Rcalschule in der Z w i n g l i st r a ß e 2, sowie derStadtv. Cremer(A. L.) bemängelt, daß eine solche Zahl vongroßen Bauten am letzten Sitzungstage der Versammlung vor-gelegt wird; es bleibe zur Ausschußbcratung keine Zeit.Im Anschluß an den Entwurf für die Kirschnerschule befür-wartet Stadtv. Körte(Fr. Fr.) eine Resolution auf Prüfung derFrage durch den Magistrat, ob sich für die Schulen die elektrischeoder die Gasbeleuchtung wirtschaftlich mehr empfehle. Es solleprobeweise eine höhere und eine Gemeindeschule mit elektrischemLicht ausgestattet werden.Stadtrat Rast: Die Frage ist noch keineswegs geklärr. In derKirschnerschule sollen die Aula elektrisch, die übrigen Schulräumemit Gas beleuchtet werden. Es möchte sich gerade jetzt, wo wirin Verhandlungen wegen Uebernahme der B. E. W. stehen, nichtempfehlen, auf den Antrag einzugchen.Auch Stadtv. Cassel(A. L.> spricht sich gegen die ResolutionKörte aus, während Stadtv. Hildebrandt den Versuch mit derelektrischen Beleuchtung dringend befürwortet.Stadtv. Mommsen(Fr. Fr.): Ein Versuch muß doch einmalgemacht werden; in ein finanzielles Risiko laufen wir nicht. Ausder Besorgnis, daß unsere Gaswerke dadurch benachteiligt werdenkönnten, solle man der Resolution nicht entgegen sein.Stadtv. Dr. Arons(Soz.): Auch ich habe in der Deputationfür das Kompromiß in betreff der Kirschnerschule gestimmt. Wennnun hier die Resolution Körte vorgeschlagen wirb, so meine ich,wir sollten unbekümmert um die Bedenken des Kollegen Casseldarauf eingehen. Meine Freunde werden dafür stimmen.Nach einer weiteren Debatte, an der die Stadtv. Cassel,M i ch e l e t, Gen. Arons und Stadtrat R a st teilnehmen,wird die Resolution Körte mit erheblicher Majoritätangenommen; die aufgeführten speziellen Entwürfe genehmigt,ebenso die für eine Gemeindedoppclschule nahe der B e h m st r a ß e,über einen Neubau für die Blindenbeschäftigungsanstalt, Oranien-stratze 26, und für den Um- und Erweiterungsbau der Haupt-seuerwache.Der Berliner Medizinischen Gesellschaft willder Magistrat zum Betriebe des Rudolf-Birchow-Hauses auf demGrundstück Luisenstraße 58/59 auf 5 Jahre vom 1. Oktober 1913ab einen jährlichen Zuschuß von 19 999 M. leisten; außerdem suchter die Ermächtigung nach, der Gesellschaft auf ihr Verlangen nachFertigstellung des Baues, jedoch nicht vor dem 1. Oktober 1914, einmit 4 Proz. verzinsliches hypothekarische? Darlehen biszum Betrage von einer Million Mark aus einer später auf-zunehmenden Anleihe zu gewähren.Stadtv. Stapf(A. L.>: Der Berliner Medizinischen Gesell-schaft, dieser im In- und Auslande hoch angesehenen Körperschaft.zu einem eigenen Heim zu verhelfen, erscheint auch uns als eineAufgabe, kür die die Aufwendung städtischer Mittel nicht nur zu-lässig, solwern auch wünschenswert ist. Der Vorlage aber fehlennähere Angaben über die Aufbringung der Mittel für den Baudes Hauses über da? hinaus, was wir hergeben sollen. Es handeltsich um eine Million, die wir uns selbst erst borgen müssen; inwelcher Zeit wir sie zurückbekommen, ist nicht zu ersehen. Wirwünschen deshalb Ausschuhberatung.Stadtv. Dr. Weyl(Soz.): Der Zuschuß, den wir tragen sollen,scheint unS völlig abgegolten zu werden durch die Hergabe derVersammlungssäle, wie durch die Vorträge, die gehalten werdensollen. Die Stadt hat schon häufig das Vielfache dieser19 000 Mark für unserer Ansicht nach unproduk-tive Zwecke ausgegeben. Wir hoffen, daß die Vorlage ausdem Ausschuß ohne jede Aenderung an das Plenum zurückkommenwird.Nach weiterer Debate wird nach dem Antrag Stapf be-schlössen.Schluß der öffentlichen Sitzung �8 Uhr.InternationalerFrauenftiirnnrechtshongroß in Budapest.Der dritte Tag des Kongresses brachte auf die Tagesordnungdie wichtige Frage des Verhaltens der Frauenstimmrechtsorgani-sationen den politischen Parteien gegenüber. Aber sie verschwand,kaum daß sie gekommen war. Die Referentinnen Anna W i ck s e l l-Schweden und MrS. M a r s h a l l- Großbritannien erklärten, daßdie sozialdemokratischen Parteien ihrer Länder dieeinzigen seien, aus die sie bauen könnten. Die politische Neu-tralität bedeute für die Frauen soviel, daß die Kämpfenden allerParteien, aller Konfessionen aufgenommen werden, aber die Kan-didaten jeder Partei, die das Frauenstimmrecht ablehnten, müßtenentschieden bekämpft wetden.Darauf stellte Frau Stritt- Dresden eiligst den Antrag, auseine Diskussion zu verzichten— und man verzichtete. Es bliebunerörtert, daß die liberalen Frauen Teutschlands für Parteienarbeiten, die das Frauenstimmrecht nicht in ihr Programm auf-genommen haben. Ein Amendement zu dem Antrag Stritt, daßeine Definition des Begriffes„politische Neutralität" oem Kongreßgegeben werde, fand Annahme, die Definition selber aber wurdeaufgeschoben und ausgehoben.„Hüh" und„hott" wird bei denWahlrechtSkämpfen in den Reihen der bürgerlichen Frauen weiterherrschen; die einen werden die Konservativen ihres Herzens, dieanderen die Liberalen aller Schattierungen unterstützen, keine wirdes wagen, gleich den politisch reiferen skandinavischen und eng-lischen Schwestern, für die Arbeiterpartei einzutreten, die alleindas Frauenstimmrecht auf das Programm gesetzt hat.Der fünfte Tag brachte die Frage des Mädchenhandels. S h a p-m a n- C a t hatte das Referat. Sie schlug die Einsetzung internationaler Kommissionen in jedem Lande zur Untersuchung derQuellen der Prostitution vor. Sie stellte in ziemlich scharfenWarten klar, wie die westlichen zivilisierten Nationen alljährlichKolonisatoren aller Art in die unzivilisierten Weltteile entsenden,und gerade diese Armee die Demoralisation in die Reihen derBevölkerung der Kolonien trage. Ter Einheimische lerne, seineTochter an den fremden Eroberer zu verschachern.Miß R o gd en- Großbritannien geißelte die Grausamkeit derwohlhabenden, sogenannten tugendhaften Frauen, die den Körverder armen unterdrückten Frauen preisgeben, um die Keuschheit deseigenen Körpers zu bewahren.—„Wenn wir," rief sie aus,„eineMoral für die Herrschenden und Beherrschten haben, so ist das eineunmoralische Moralität zu nennen."Im großen ganzen ging es auch bei dieser Frage lendenlahmzu. Nur die letzten zwei Tage brachten etwas Leben: ein Duellmit den besten, leidenschaftlichsten Worten zwischen den Suffra-gettcs und Chapman-Cat. Mrs. D e s p a r e verteidigte die Kampf-Methoden der Sufftagettes, und Mrs. C o b d e n rühmte derenHeldentaten....„Es sind keine Heldentaten," entgegnete Chap-man-Cat. Alle die Unbekannten und Ungenannten, die für dieSache still arbeiten, seien nicht geringere Heldinnen.— Wen meintesie mit den Ungenannten? Meinte sie die große Masse der ar-beitenden Frauen des Volkes? Oder meinte sie sich und ihre An-Hänger, die wohl nicht als Suffragettes gelten, aber genug gekanntund genannt, empfangen und geehrt werden?Die Suffragettes ernteten stürmischen Beifall, und das trugneue Furcht in die Reihen der ängstlich Bedachten. Sie berietenam letzten Tage wieder über die Frage, die sie am ersten Tage schonerledigt hatten, und faßten eine Resolution. Sie taten freilich,als wenn es keine wäre, aber was sonst ist es, wenn man sagt:„Nachdem die militanten Frauen gestern lebhaften Beifall gefundenhaben, so könnte das in der Oeffentlichkeit den Anschein erwecken»als hieße der Bund die Kampfesmethode der„Tax Resistance So-cicty" gut. Es wird daher jeder nationalen Frauenpartei emp-fohlen, sich dieser Methode gegenüber neutral zu erklären."So haben sie also glücklich den Begriff„politische Neutralität"den eigenen Schwestern gegenüber erklärt.Dies sind im großen ganzen die Resultate des Frauenstimm-rechtskongresses. China wurde in den Bund aufgenommen. Polenund Galizien. Die Militanten blieben draußen. Bericht wurdeüber die Wirkung des Frauenstimmrechts in den verschiedenenLändern gegeben.„Es kann nicht viel sein," sagte sogar diefinnische Vertreterin des Landtages. Ein internationales Presse-bureau soll gegründet werden.„Jus suffraggi", das Frauen»stimmrechtsorgan des Bundes, erhält eine andere Redaktrice.Statutenänderungen, Wahlen wurden vorgenommen. Chapman-Cat ist geblieben. Das ist alles. Dazu der Riesenrahmen, derRiesenaufwand.Man fand nicht einmal den Mut zum Bekenntnis— der politischen Neutralität den Parteien gegenüber.Gerickts-Leitung.Anstiftung zum Austragen der Zeitung„Proletarier".Die gegen die Arbeiterklasse und gegen die Glcichberechtt-gung der Arbeiter gerichtete Anklagerichtung treibt immerwunderlichere Blüten.Bekanntlich hat das Kammergericht früher in beinaheständiger Praxis entschieden, die Annahme, das Austragenvon Flugblättern oder von Zeitungen am Sonntag sei keineöffentlich bemerkbare Arbeit und könne deshalb ebenso wenigwie das Tragen eines Gewehrs, eines Aktenstücks, einer Bibel,eines Pakets eingekaufter Waren oder eines Rucksacks alsstrafbare Sonntagsarbeit erachtet werden. Es hat in einergroßen Reihe von solchen Fällen auch die Kosten der Ver-teidigung der Staatskasse auferlegt. In einer Reihe andererFälle hat es die Ueberbürdung solcher Kosten auf dieStaatskasse abgelehnt, weil der Angeklagte im Vertrauen aufdiese ständige Rechtsprechung habe annehmen können, daß einFreispruch erfolge. Die Rechtsprechung änderte sich aber all-mählich, nachdem der Kammergerichtsrat Häven st eingegen seinen. Willen wegen seiner Stellungnahnie gegen diefalschen Ansichten der Polizei und Staatsanwaltschaft aus demStraffenat ausgeschifft war. Das Kammcrgericht nahm nunan, es sei von ihm nicht zu prüfende„tatsächliche Feststellung",ob Flugblattverbreiten eine Arbeit sei. Es bestätigte frei-sprechende wie verurteilende Erkenntnisse, letztere, wie-wohl die Verfolgungsbehörden, nur Flugblätter mit sozial-demokratischem Inhalt verfolgte, wiewohl andere Flugblatt-und sonstige Pakete weit schwerer waren. Aus dieser Praxismuß gefolgert werden, daß die Verfolgungsbehörde von derden physikalischen Gesetzen ins Gesicht schlagenden Ansicht aus-ging, die Schwere eines Pakets richte sich nichtnach seinem Gewicht, sondern nach seinempolitischen Inhalt. Die Staatsanwaltschaft bekehrteJuristen einiger Landgerichte zu ihrer Anschauung. DasKammergericht meinte achselzuckend: das Urteil mag Physika-lische und naturwissenschaftliche Normen verletzen, es verletztaber keine„Rechtsnorm des materiellen Rechts".Jüngst ist das Kammergericht aber noch weiter gegangen.Es hat eine Entscheidung bestätigt, die den Auftraggeber zurVerteilung einer gewerkschaftlichen Zeitung wegen— A n-st i f t u n g zur Sonntagsentheiligung verurteilte. Man darfgespannt sein, ob nun nicht gar noch Verurteilungen wegenAnstiftung gegen Drucker, Setzer, Verleger, Schriftsteller,Schriftgießer ergehen werden. Eine Verurteilung wärenicht minder ungerecht, aber auch aus denselben Gründen zurechtfertigen, wie die geschilderte. Den Vorfall selbst orientiertfolgender Bericht.Der Borsitzende der Ortsgruppe Brieg des� Deutschen Fabrik-arbeilerverbandcS, Kokott, sollte durch Anstiftung zu eineröffentlich bemerkbaren Arbeit am Sonntag die fürdie Provinz Schlesien vom Oberpräsidenten erlassene Polizeiverord«nung vom 14. Februar 1912, betreffend die äußere Heilighaltung derSonn- und Feiertage übertreten haben. Kokott ist angestellter Be-amtcr der Ortsgruppe. In sein Bureau gelangen wöchentlich diefür die Mitglieder in Brieg bestimmten Exemplare des Organs desVerbandes, deö„Proletarier". Die von der Zahlstellen-Versammlung gewählten Funktionäre, deren Susgabe eS ist, dieZeitungen an die Mitglieder auszutragen, holen sich hier dieZeitungen ab. So holte sich auch der Funktionär Mandel einesSonnabends seine Blätter. Es war gegen 8 Uhr abends. Einigetrug er noch an, Sonnabend aus, die anderen amSonntagvormittag. Er wurde dabei von einem Beamtenbeobachtet. Die Behörde fand in seinem Tun eine öffentlich be-merkbare Arbeit und veranlaßt« die Anklage gegen Kokott, alsseinen Auftraggeber wegen Anstiftung dazu.Die Strafkammer in Brieg verurteilte auchKokott und führte aus:„Zweifellos" handle es sich um eineöffentlich bemerkbare Arbeit, die durch die Verordnung für die Sonn-und Feiertage verboten fest Das Publikum habe sehen können, wieMandel mit seinem Packen von Haus zu Haus gegangen sei. DieTätigkeit deS Mandel sei auch mit einer gewissen Anstrengung ver-Kunden gewesen, so daß sie als Arbeit anzusprechen sei. ES seiferner anzunehmen, daß Kokott ihn angestiftet habe. Dazu sei nichterforderlich, daß er ihm gerade an dem fraglichen Sonnabend einenAuftrag gegeben habe: es genüge, daß er ihm überhaupt einmalseine Anzahl Exemplare für die von ihn zu besorgenden Mitgliederüberwiesen habe. ES se, ferner anzunehmen, daß sich Kokott habesagen müssen und daß er sich gesagt habe, Mandel werde in derspäten Stunde am Sonnabendabend nicht fertig werden mit demAustragen und werde es am Sonntag fortsetzen.Der Angeklagte legte Revision ein.Das jl am m erger i cht verwarf die Revision desAngeklagten, weil die Strafkammer ohne Rechtsirrtum eineAnstiftung zu einer öffentlich-bemerkbaren Arbeit am Sonntag an-genommen habe.Es geht doch nicht« über„tatsächliche Feststellungen' und dieEventualdolustheorie. Bemerkt sei, daß das Austtagen von Zei-tungen zu den Zeiten, wo die Post Zeitungen austrägt, reichs-gesetzlich gestaltet ist.Verurteilung eines Rechtsanwalts.Wegen Unterschlagung und Urkundenfälschung hatte sich gesternvor der Dortmunder Strafkammer der frühere Rechtsanwalt undNotar Hubert Bonzel zu verantworten. Er soll Stempelgelder inHöhe von 630 000 M. unterschlagen haben. Das Gericht er-achtete nur Unterschlagung für vorliegend und erkannte auf zehnMonate Gefängnis.Anklage wegen 12 Pfennig.Bei dem Schöffengericht in Gotha ist ein Strafprozeß anhängig,der sich um 12 Pfennig dreht. Ein Pferdehändler hat an einerChausseegeldeinnahmestelle statt der geforderten 16 Pf.(Taxe fürLuxuswagen) nur 4 Pf.(Taxe für einen Geschästswagen) gezahlt.Er behauptet, fein Wagen fei ein Geschäftswagen geweien und alssolcher benutzt. Das Gericht beschloß Zeugen und Sachverständigezu vernehmen. Da? kann ein recht teurer Prozeß werden.gnjeratenteit verantw.: Ttz. Glocke, Berliti. Druck u. Pertag: Porwart» gstichdruckere, u. PerlagSanstalt Paul«mger u-ifo« Berlin SsK,