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kenn!, welch wichtigen Fortschritt die Durchsetzung direkter Reichssteuern in sozialpolitischer und staatsrechtlicher Be- ziehung bildet.. * ..Die Sozialdemokraten haben auf der ganzen Linie ge- stegt." so stöhnte vor einigen Tagen der Reichsparteiler Schultz. Leider ist dieser Schmerzensruf nicht ganz richtig. Wir sind mit dem Erreichten noch lange nicht zufrieden. Aber etwas Wahres ist doch an der Klage. Daß eine Steuergesetzgebung im Deutschen Reiche in die Wege geleitet worden ist, der die starrsten Reaktionäre grollend und zorn- bebend ein schroffes Nein entgegensetzten, während ihr die Sozialdemokratie, wenn auch nicht freudig und wenn auch mit Vorbehalten, zustimmen konnte, und daß der deutsche Reichs- kanzler, der soeben noch der Sozialdemokratie den ernsten Willen zur Besserung der Mißstände im Heereswescn absprach. einige Stunden darauf einem Gefetzentwurfe zustimmen mußte. der allein dein ernsten Willen der Sozialdemokratie zur Besserung sein Dasein verdankt das sind Zeichen der Zeit! Anfänge sind es, bescheiden nur. aber doch Anfänge! Vävant segueutes! Beginn der Feindseligkeiten auf dem Balkan  . Die Erbitterung der Balkanstaaten gegeneinander hat sich durch das Hin und Her der diplomatischen Verhandlungen sowie durch die innerpolitischen Krisen derart verschärft, daß die Militärpartei in beiden Lagern die Oberhand bekam. Und da der Aufmarsch der feindlichen Armeen nicht eingestellt wor- den war, mußte es bei der gespannten Situation zu einem ernsten Zusammenstoß kommen, nachdem schon eine ganze An- zahl Scharmützel vorangegangen waren. Nach den heute vorliegenden Nachrichten ist eS zwischen den Bulgaren   auf der einen'und Serben und Griechen auf der anderen Seite zu mehreren ernsten Gefechten gekommen. Jeder beschuldigt den and»ren, angefangen zu haben. Wider alles Erwarten ist damit ein neuer Balkankrieg in greifbare Nähe gerückt, dessen Konsequenzen gar nicht abzusehen wären. Die Kämpfe. Sofia  , 29. Juni. iMeldung der Ageuce Bulgare.) DaS Hauptquartier erhielt heute abend die Meldung, daß die Ter- den starke Infanterie- und Artilleriemafsen auf ihren vorgeschobe- ncn Linien bei der Bahnstation Kriwolah, nicht weit von Köprülü und bei der Station Ondowo zusammengezogen haben. Die zwischen Slatowo und Jschtip aufgestellten serbischen Truppen rrLffneten heute ein wohlgenährtes Feuer auf die bulgarischen Iorposten. Man konnte auch bemerken, daß starke serbische In- fanteriemassen in die erste Linie geschoben wurden. Die Bulgaren  erwiderten das Feuer. Das Ergebnis des Gefechts ist»och nicht bekannt. Ein andere? Gefecht wurde heute nördlich vou Leftera ge- liefert» wa die Griechen, die bedeutende Berstärkungeu erhalte» hatten, ein besonders heftiges Feuer auf Abteilungen bulgarischer Truppen eröffneten» welche dir bei Chemaltos und Tonzlateiflik aufgestellte» Mannschaften ablöse» wollten. ES entspann sich ein hartnäckiges Gefecht, dessen Ausgang man noch nicht erfahren hat. Die serbische Tarstelluug. Belgrad  , 30. Juni.  (Meldung der Serbischen Presse- bureaus.) Ein Bericht aus dem Hauptquartier von Uesküb  lautet: Die Bulgaren   haben auch mit dem Angriff auf der ganzen griechischen Front begonnen. Auf serbischer Seite dauert der heute nacht von den Bulgaren   begonnene Kampf auf der ganzen Linie, vom Ursprug des Zletovkaflusses bis Jstip fort. Einzelheiten sind noch nicht bekannt. An den Kämpfen nahmen auf beiden Seiten größere Jnfanteriemassen und Artillerie teil. Die griechische Meldung. Athen  , ZV. Juni. DaS amtliche Presscbureau veröffentlicht folgende Depesche auS Saloniki  : Die bulgarische Armee hat den allgemeinen Angriff gegen die griechischen und serbischen Streitkräfte begonnen. In der durch die Serben besetzten Region hat sie die durch das Protokoll festgesetzte Greozliuic überschritten und ist gegen Mezikoos, Bogdautza und Gewgheli vorgerückt. In der Annahme, daß Gewgheli von den Bulgaren   besetzt fei, hat die bulgarische Armee gleichfalls die im griechisch-bulgarischen Protokoll festgesetzte Grenze bei dem Pangaeongebirge überschritte» und marschiert auf Aeleftherai und auf Eleftherai. Eine in Eleftherqi stationierte Kompagnie ist abgeschnitten. Eine griechische Abteilung im Tale Musteni wurde angegriffen und zog sich auf Tzvest zurück. Bon der Kompagnie in Eleftherai liegen keine anderen Nachrichten vor, als daß gestern abend 6 Uhr 5V Minuten zwanzig Kanonen- schösse gegen den Ort abgegeben worden sind. Heute früh 4 Uhr wurde nördlich vo« Bogdautza auf dem linken Ufer dcS Wardar Geschützfeuer vernommen. Drei bulgarische Regimenter aus Doirane haben auf dem linken Ufer dcS Wardar bei Metzikoov die serbische« Borposteu angegriffen. Die bulgarische Artillerie be- schießt die auf dem rechte« Ufer befindlichen Befestigungen. Um 5 Uhr früh wurde eiu griechischer Poste«, der 12 Kilometer von Karassuti entfernt, i« der Nähe vou Kilindra stand, angegriffen; 7 Uhr 4S Minuten morgens griff ciu bulgarisches Bataillon eine» griechischen Posten bei Nigrita an; 8 Uhr ZV Minuten rückten die Bulgaren   gegen den Bagolitzasee vor. Eine verspätete Erklärung. Belgrad  , 30. Juni. In der S k u p s ch t i n a erklärte der Ministerpräsident, daß die Regierung dem russischen Schiedsgerichte unter Festhalten an den bekannten Be- schlüssen der Skupschtina z u st i m m e. Nachdem die Jnter- vellanten Riberac, Marinkovic und Draskovic gesprochen hatten wurde die Debatte auf morgen vertagt. lioch einmal dasrfurtcr Schreckensurteil. Aus Erfurt   wird uns geschrieben( Nachdem sich der Reichstag   am Sonnabend mit dem dra- konischen Urteil des Kriegsgerichts in Erfurt   beschäftigt hat. ver- sucht jetzt die Reichsverbandspresse, die Sozialdemokratie für die von den sieben Landwehrleuten und Reservisten verübten Exzesse verantwortlich zu machen. Ter Erfurter.Allgemeine An- zeiger" bringt in seiner Sonntagnummer einen Artikel, betitelt: ..Die Sozialdemokratie auf der Anklagebank." In diesem Artikel wird unter anderem die alberne Behauptung aufgestellt, daß das ..System der Sozialdemokratie" die Arbeiter bis zur BesinnungS- losigkeit gegen jede staatliche Autorität aufhetze und dann ihrem Schicklas überlasse. Die Verurteilten hätten bei den Exzessen das Gift von sich gegeben, das die sozialdemokratische Hetzpresse ihren Lesern einflöße. Die sozialdemokratischen Redner im Reichstage hätten die Verantwortung für das Erfurter   Urteil dadurch von sich abzuwälzen versucht, daß sie dem ganzen Land glauben machen wollten, es handele sich um einebetrunkene Geschichte". Tiesem verlogenen Gewäsch gegenüber sei folgendes festgestellt: Die Verhandlung hat mit voller Bestimmtheit ergeben, daß die An- geklagten nicht nur große Diengen Bier, sondern auch Schnaps ge- trunken hatten. Vor Gericht entwarfen sie von den Vorkommnissen ganz verworrene Bilder, weil sie sich infolge totaler Trunkenheit bei den Exzessen keine klare Vorstellung mehr von den Vorgängen machen konnten. Auch die Beweisaufnahme bestätigte diese An- nähme. Der Verteidiger Rechtsanwalt Justizrat Schweichel wies dann auch in seinem Plädoyer darauf hin, daß es sich eigentlich nur um einebezechte Sache" gehandelt habe. Es könnten sich Wohl wenige Menschen davon freisprechen, daß sie nicht schon einmal in ihrem Leben in Alkoholstimmung etwas Unvernünftiges getan hälten, ohne daß sie sich dessen so recht bewußt gewesen seien. Wenn man als Nüchterner in eine bezechte Gesellschaft gehe, so komme einem das Tun und Treiben dort immer unvernünftig vor, doch seien sich die Beteiligten dessen nicht bewußt. Man müsse mit einem recht fühlenden menschlichen Herzen den Fall beurteilen und sich in das Seelenleben der Angeklagten hineinversetzen, um gerecht zu urteilen. Gegenüber der tendenziösen Darstellung des Falles im G>.- richtsbericht desErfurter Allgemeinen Anzeigers", der im Reichs- tag Gegenstand der Erörterung war, sei ferner festgestellt, daß das Blatt in demagogischer Weise alle Stellen in dem Bericht unter- schlagen hat, die den Fall als menschlich begreiflich erscheinen lassen, nur zu dem Zweck, um einen angeblich von sozialdemokratisch verhetzten Arbeitern verübten Exzeß daraus zu fabrizieren. Nach den Informationen, die das Gericht über den Charakter und die sonstige Führung der Angeklagten eingezogen hatten, sollten einige von ihnen aufsässige und gewalttätige Personen sein, eine An- nähme, die durch die klaren und bestimmten Aussagen des Ge- meindcvorstehers von Wolkramshausen  , dem Wohnorte der Ange- klagten, sich, als vollständig falsch erwies. Der Mann sagte vor Gericht, nachdem ihn der Vorsitzende über diesen Punkt befragt hatte:Nein, meine Herren, so schlimm ist das denn doch nicht. Die Leute sind alle lobenswerte, gute Charaktere und ihre unüber- legten Taten müssen nur auf die Wirkungen des Alkohols zurück- geführt werden." Ferner wurde die vom Vorsitzenden während der Verhandlung wiederholt geäußerte Meinung, als ob die An- geklagten Opfer derEinflüsse und Belehrungen von außerhalb" seien, durch nichts bestätigt. Alle Fragen in dieser Richtung an die Zeugen und Angeklagten wurden klar und bestimmt mit N e i n" beantwortet. Ferner erwies sich die Annahme des An- klagevertreterS, als ob die Angeklagten eine am Ausschank be- schäftigte Frau über das Büfett gezogen hätten, während sie sich Bier einschenkten, als falsch. Die Frau sagte aus, daß sie wohl belästigt worden fei, doch fei daS nur Scherz und Unsinn gewesen. Alle diese gerichtlichen Feststellungen hat das Blatt unterschlagen. Schließlich sei noch erwähnt, daß weder der Gendarm Stock noch der Polizist Müller bei dem Tumult Verletzungen erlitten haben. Die Landwehrleute und Reservisten sind nicht etwa über den Gendarmen und den Dorfpolizisten hergefallen, sondern sie haben sich in.per Hauptsache gegen den Hinauswurf aus dem Lokal gesträubt, wöbet es zu Püffen und Schlägen kam. Eine ernste Ge- fahr bestand für die Beamten überhaupt nicht, weil sie gegenüber den nur zum Teil mit Spazierstöcken bewaffneten Angeklagten von chren Waffen Gebrauch machten, wobei ein Angeklagter einen Säbelhieb auf den Arm erhielt. Bei den Versuchen der Angeklagten, wieder in das Lokal einzudringen, aus dem sie eben hinausgeworfen waren, war es hauptsächlich der Lärm, den die Leute verursachten, der den Exzeß gefährlicher erscheinen ließ, als er in Wirklichkeit war. Die Beamten bekundeten als Zeugen, daß sie Säbelhiebe ausgeteilt und einige Püffe und Swckschläge erhalten hätten. Be- merkenswert ist die Feststellung des Vorsitzenden am Schluß der Verhandlung vor der Urteilsberatung, daß die vorgesetzte Behörde des Gendarmen Anzeige von dem Fall erstattet habe, weil sie die dem Beamten zugefügten Beleidigungen gesühnt wissen wollte. DaS Verfahren wegen aufrührerischer Zusammenrottung muß also auf Grund anderer Einflüsse entstanden sein. Diejenigen Personen, die als Unbeteiligte der Verhandlung beiwohnten, konn- ten sich des Eindrucks nicht erwehren, daß sich da vor ihren Augen ein Drama abspielte, wie es sich schrecklicher nicht gedacht werden kann. Das Weheklagen der anwesenden Eltern und Frauen der Angeklagten, die Verzweiflungsschreie von der Anklagebank sollten den Herrschenden Ermahnungen sein, ein Strafsystem zu beseitigen, das an das barbarische Mittelalter erinnert. Gewiß, die Ange- klagten haben sich vergangen, aber das waS sie taten, hätte vor einem bürgerlichen Zivilgericht mit einigen Monaten Gefängnis eine genügende Sühne gefunden. Und wenn in der jetzigen Situation dienationale" Presse anstatt angesichts eines solchen grauenvollen Urteils energisch die Beseitigung solcher drakonischen Gesetzesbestimmungen zu fordern, die Sozialdemokraten verant- wortlich für die Taten der Verurteilten macht, dann ist sie mit- schuldig an der Erhaltung eines kulturwidrigen Systems. pol'tifcke(leberllcdt. Graf Kanitz gestorben. Montag nachmittag ist der konservative Führer, Graf v. K a n i tz- Podangen nach kurzer Krankheit gestorben. Kanitz ist geboren am 17. April 1341 in Mednicken in Ost- Preußen. Neben unserem Bebel ist er der einzige Reichstags- abgeordnete gewesen, der noch dem Norddeutschen Reichstag in den Jahren 1868 bis 1870 angehört hatte. Mitglied des deutschen   Reichstages war er ununterbrochen seit 1889. Dem preußischen Abgeordnetcnhause gehörte er seit 1886 an. Graf Kanitz hatte ursprünglich die Landratskarnere ein- geschlagen und war Landrat des Kreises Sprottau  . Später widmete er sich ausschließlich der Politik und war nament- lich in allen wirtschaftspolitischen Fragen der Wortführer der Konservativen, bei denen dergelehrte Graf" hoch im An- sehen stand. In der Form konziliant, war er ein konsequenter und energischer Verfechter der agrarischen Interessen. Sein Name wurde zum Schlagwort durch den bekannten Antrag, der ein Staatsmonopol zun: Ein- und Verkauf des aus- ländischen Getreides mit Einschluß der Mühlenfabrikate forderte. Für den Verkauf durch das Reich waren in dem Antrag, der zuerst im April 1894 eingebracht worden war, Mindestpreise festgesetzt, die für Weizen 215 und für Roggen 165 M. betragen sollten. Der Antrag wurde in der damaligen und in der nächstfolgenden Session abgelehnt. Die Wucher- zolle haben dasselbe Ziel auf andere Weise erreicht und heute genießen die Agrarier wirklich jene Preise, die damals phan- tastisch erschieuen und deren Forderung als Brotwucher be- zeichnet wurde. Aus jener Zeit stammt auch das Wort:«Ohne Kanitz keine Stöhne". Damit sollte gesagt sein, daß, wenn bis Regierung die Forderung der Agrarier nicht bewillige, diese auch die Forderung für die Flotte ablehnen würden. Graf v. Kanitz vertrat im Reichstag   den 2. Wahlkreis des Regierungsbezirks Gumbinnen Ragnit-Pillkallen. Er wurde mit 10032 konservativen Stimmen gewählt. Der nationalliberale Kandidat erhielt 6216, der Genosse Hofer 2964 Stimmen. Die gesetzgeberische Arbeit des Reichstage». Der Reichstag hat von Ende November bis Ends Juni getagt. In dieser Zeit getrennt durch die Osterferien, hat er hauptsächlich zwei Aufgaben gelöst, vor Ostern beriet er die Hauptteil« des neuen Etats, der allerdings mit einer Verzögerung von vier Wochen nach dem verfassungsmäßigen Termin verabschiedet werden konnte. Die Arbeit der Zeit von Himmelfahrt bis End« Juni war Wehrvorlage und den Decküngsgefetzen gewidmet. I« acht Wochen sind die Vorlagen verabschiedet worden. Erledigt sind außer dem Etat, der Wehrvorlage, den Entwürfen über den Wehrbeitrag, über das Reichsstempelgesetz und dem Eni- würfe über die Aenderungen im Finanzwesen sBesitzsteuergesetze) das Reichs, und Staatsangehörigkeitsgesetz, die SchutzgebietSnovelle über die Rechtsfähigkeit kolonialer Vereine, der Entwurf über die Entschädigung der Schöffen und Geschworenen, die Aenderung des Wahlreglements(Wahlurnen einheitlicher Art), der Entwurf über die Zollerleichterung bei der Flcischeinfuhr, die Uebereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentum», das Abkommen über ein einbeitliches Weltwechselrecht, ein Entwurf über die Aenderung von Reichstagswahlkreisen. Nachtragsetats, der Entwurf über den UnterstützungSwohnsitz in Bayern   und einige andere kleine Gesetze. Unerledigt geblieben sind: das Postscheckgesetz, das Petroleum- Monopolgesetz, der Entwurf über die Jugendgerichte, das Kon- kurrenzklauselgesetz(alle sind von Kommissionen vorberaten). ferner daS neu vorgelegte Spionagegesetz(noch gar nicht beraten) und drei kleine Gesetze, schließlich das Literaturabkommen mit Ruhland. Abgelehnt wurde von der Kommfffion das Kindersaugflafchen- gcsetz- Außer den Entwürfen wurden noch einige Interpellationen (Fleischteuerung, Wagenmangel in Westfalen  , reichsländische Dik- taturgesetze), wenige Initiativanträge und etwa 100 bis 120 Peti- tiensberichte beraten. An Wahlprüfungsberichten bleiben 10 un- erledigt. Schließlich wurden 79 kleine Anfragen gestellt und be- antwortet. Zu den Reichstags-Ersatzwahle». Im Wahlkreis D r e s d e n- N e u st a d t hat die Fortschrittlich« Volkspartei am Sonntag ihren früheren Kandidaten Rechtsanwalt Klöppel wieder aufgestellt. Die übrigen Parteien sind noch auf der Kandidatensuche. Bon reaktionärer Seite ist versucht worden, ein Bündnis der sämtlichen bürgerlichen Parteien zustande zu bringen. Die Versuche sind gescheitert, da sie ja doch am Resultat nichts ge- ändert hätten. Für die RkichstagS-Ersatzwahl in Weilheim   hat eme Ver« trauenSmännerversammlung des Bayerischen Bauernbundes den Land- tagsabgeordneten Bürgermeister Eisenberg er als Kandidaten aufgestellt._ Tie Welfeupartei ruht nicht. Durch die neu aufgerollte hannoversche Frage haben sich die Hauptschreier in den Wahn verrannt, die Partei werde nochmals einige Bedeutung erlangen. Sie zeigen sich als die einzigen und wirklichen Patrioten, und deshalb kämpfen sie um so mehr für ihren hannoverschen König, je weniger die interessierten Kreise Ansprüche auf diesen Königsthron erheben. Am Sonntag trat nun in Hannover  dasDirektorium" der kleinen Deulsch-hannoverschen Partei zu einer Ausschußsitzung zusammen, in der folgender Beschluß gefaßt tuutb»-* Der GesamrauSichuß der Deutfch-Hannoverichen Partei, be» stehend aus Bertrelern aus allen Teilen des Landes, entnimmt dem Bericht des Direktoriums, daß kein Verzicht des Herzogs oder des Prinzen Ernst August auf die hannoverschen Rechrs- anspräche weder direkt noch indirekt vorliegt. Es besteht demnach für die Deutsch-hannoversche Partei kein Anlaß, ein: Aenderung ihres Verhaltens und ihrer politischen Betäiigung vorzunehmen." Man kann neugierig sein, ob dieser Appell das Leben dieser ucreaktionären Gruppe noch verlängern kann, nachdem ihr geliebter König  " den Frieden mit denUsurpatoren" geschlossen hat. Die Entschädigung für Schöffen und Geschworene. Einer Korrespondenz zufolge hat jetzt der Bundesrat die T a g e S s ä tz e für Schöffen und Geschworene auf S M. festgesetzt. Die Kosten, die dem preußischen Staat durch die neuen Fest- setznngen entstehen dürften, sind auf etwa eine Million Mark pro Jahr zu berechnen. Ein Entwurf über die Neuregelung der Ge- bühren für Sachverständige und Zeugen ist dem Bundesrat zu« gegangen und dürfte nach dessen Beschlußfassung dem Reichstage voraussichllich im Herbst vorgelegt werden. In diesem Entwurf ist eine Erhöhung der Gebühren für Sachverständige im Durchschniit um ö0 Proz. vorgesehen und auch die Sätze für den Aunvand und Nachtquartiere haben in den Lorschlägen des Entwurfes eine Steige» rung erfahren._ Zur Praxis des neuen Vereinsgesctzes. Die Bochumer   politische Polizei scheint der Ruhm, mit dem ihre Essener   Kollegin sich in letzter Zert aus den verschiedenneu Gebieten bekleckert hat, nicht schlafen lassen. Mit ihren HauS« suchungen und Engagements von Polizeispitzeln hat sie allerdings bisher ebensoviel Pech gehabt, als Erfolgws�ertbe. den Versuche». jugendliche Arbeiter des Bochumer  VolksblattS durch Geld- angebote zur Auslieferung bestimmter«achen zu veranlagen. Jetzt hat sie einen Hereinsall bei d-mVersuche, das neue Vereins» und Versammlungsrecht nach ihrer Weise auszulegen, erlitten. Gegen neun Nationalpolen hatte sie die Einleitung eines. Strafverfahrens veranlaßt weil sie während der Landtagswahl. kampagne Versammlungen veranstaltet bzw. in solchen gesprochen haben sollen, die als Wahlversammlungen im Sinne des Vereins- gesetzes einberufen und folglich nicht angemeldet worden waren. Da in diesen Versammlungen aber auch über Dinge gesprochen worden sei. die mit der Wahl nichts zu tun gehabt hatten, so läge eine Umgehung des Gesetzes vor. So wäre u. a. zur Einigkeit der Polen   zum r-esen polnischer Zeitungen, zur Anlage der Spargelder in polnischen Banken usw. aufgefordert worden. In der Ver- Handlung vor dem Bochumer   Schöffengericht fügte der Vertreter der Staatsanwaltschaft dem noch als besonders erschwerendes Moment hinzu daß zu den Versammlungen auch Frauen ein. geladen wären, und daß solche auch an den Versammlungen tell. genommen hätten. Das Gericht erkannte jedoch auf Frei. sp r e ch u n g. In der mündlichen Begründung wurde gesagt, daß den Angeklagten nicht nachzuweisen sei. daß sie die Versammlungen zu anderen als zu Wahlzwecken einberufen haben. Wenn hier und da die Redner von den Wahlen abgeschweift wären, so sei dos noch nicht geeignet, den beabsichtigten Zweck der Versamm- lungen derart in den Hintergrund zu drängen, daß eine grund- lliche Veränderung im Charakter der Versammlung vorliege. '' Ta diese Auffassung auch der der oberen Instanzen entspricht. dürste der Versuch der Bochumer   Polizei, das Versammlungsrecht nach dieser Seite hin zu verkümmern, als deffnitiv gescheuert au- zusehen sein.