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niederlegten. Durch Vermittelung der Organisation wurden nach zwei Tagen alle Ausständigen wieder eingestellt. Am meisten schmerzte es dem Unternehmer, daß die bei ihm beschäftigten Aus- länder mit den übrigen Arbeitern gemeinsame Sache machten. Schon bei den Verhandlungen um Wieder- einstellung der Ausständigen ließ er durchblicken, das; eS in s e i n e r Hand liege, die A n s I än der ausweisen zu lassen. Diese Drohung hatte zur Folge, daß einige Ausländer in Strehlen  Arbeit nahmen. Tort war die Arbeit aber nicht von langer Dauer, denn die Firma Sanncr setzte es durch, daß alle seine frü- beren Arbeiter dort wieder entlassen wurden. Um ihre in NaSdorf zurückgelassenen Familien nicht länger hun- gern zu lassen, kehrten die meisten von den Entlassenen wieder nach dort zurück und traten wieder bei Sanner in Arbeit. Einer von den Ausländern blieb ober trotzdem in Strehlen   und kehrte erst später nach Nasdorf zurück. Für dieses Verhalten sollte er die Rache des Unternehmers zu spüren bekommen. Kürz darauf erhielt dieser den Ausweisungsbefehl, der aber auf wiederholtes Verhandeln mit dem Landrat vorläufig außer Kraft gesetzt wurde. Alles schien wieder in Ordnung zu sein. Bis er am 1(3. Juni einen neuen Ausweisungsbefehl erhielt, dem er sofort Folge leisten mußte. Und zwar wurde er, wie jetzt feststeht, auf Grund des Materials ausgewiesen, das sein Ar- beitgeber der Behörde übermittelt hatte. Zehn Jahre lqng war der Ausgewiesene bei dem humanen Arbeitgeber beschäftigt gewesen,' der ihn jetzt mit seiner Familie über die Grenze jagen läßt. Wäre ex ein Arbeitswilliger gewesen, hätte er Streik- Posten wie tolle Hunde niedergeschossen, dann wäre er nicht nur nicht ausgewiesen worden, sondern dann hätten die königlich-preußischen Behörden ihre schützenden Fittige über ihn ausgebreitet. Weil er aber als denkender Arbeiter gc- handelt hatte, mutz er und seine Familie die Rache des Unter- nehmers spüren und das Land verlassen, das ihm zur zweiten Heimat gew  'orden ist. Textilarbeiteraussperrung. In Bocholt   wurden am Sonnabend weitere 3000 Textilarbeiter ausgesperrt. Die.Gesamtzahl der Ausgesperrten beträgt 6000. Hualand. Der Streik der Streikbrecher. Die durchaus undemokratischen brutalenHerren im Hause" kn der Basler Seidenfärberei haben Pech, sie haben mit ihren in Krefeld   abgetakelten und nach Basel   exportierten HiNtzcgardisten einen bösen Reinfall erlebt. Die Herren Streikbrecher waren unterwegs schon unter sich zwischen den Stationen Mülhausen  und Rixheim   in eine blutige Rauferei geraten, so daß der Zug anhalten und Polizei sowie Gendarmerie zur Wiederherstellung der Ordnung und der Eintracht aufgeboten werden mußten. Ein durch Messerstiche schwer verletzter Streikbrecher mußte ins Mül- hausener Spital verbracht werden. Tie Weiterfahrt brachte bis St. Ludwig zwischen dennützlichen Elementen des Staates" neuen Krach, aber sie konnten doch ausgeladen und auf die Auto- mobile der Färbereibesitzer verbracht werden, wobei sie von einer großen Volksmasse alsEmpfangskomitee" begrüßt wurden. Die Herren im Hause" schienen gerettet und den Sieg über die Ar- beiter errungen zu haben. Aber mit des Geschickes Mächten ist kein ewiger Bund zu flechten und das Schicksal schreitet schnell. Die Ärefelder Arbeitswilligen waren mit den ihnen angebotenen Löhnen nicht zufrieden; man hatte sie unter falschen Angaben nach Basel   gelockt, u"d nun weigerten sie sich, die Arbeit aufzunehmen. Die Streikbrecher streikten, und nun kam die Polizei gegen sie! Es soll dann die Hälfte in der Tat abgereist sein, wäh- rend die andre Hälfte, ca. 40 Mann, zwar vorläufig dablieb, aber gleichfalls wieder abzuziehen gedenkt. Unter diesen Umständen werden die Basler Fabrikbarone noch sehr froh sein, wenn ihre alten und bewährten Arbeiter bei ihnen die Arbeit wieder aufnehmen. Da wir diese Zeilen geschrieben, kommt die Nachricht aus Basel  , daß die Färbercibesitzcr den Streikenden Lohnerhöhung und Wiedereinstellung sämtlicher Streikender zugestanden haben, und die Arbeiter am nächsten Montag die Arbeit wieder aufnehmen. Wenn es noch nicht geschehen, wird dann auch der letzte Hintze- gardist wieder verschwinden. Der Färberstreit führte auch zu zwei Interpellationen, einer sozialdemokratischen und einer bürgerlichen, im Großen Rat an die Regierung wegen des Vorgehens der Polizei gegen die Strci- kenden und wegen der Pikettstellung von zwer Kompagnien. Ter sozialdemokratische Polizeidirektor Dr. B I o ch e r stellte dem Ver- halten der Streikenden das beste Zeugnis aus, während er den Unternehmern vorhielt, daß sie die Polizei einseitig nur für ihre Interessen beanspruchen wollten. Er sicherte die neutrale Haltung der Polizei zu. Der bürgerliche Militärdircktor Dr. A e m m e r erklärte, daß ein Beamter eigenmächtig Matratzen aus der Ka- ferne in die Fabrik für die Streikbrecher lieferte, und daß sie wieder zurückgeholt worden sind. Daran knüpfte sich eine leb- hafte Debatte, in der unsere Genossen scharfe Kritik an dem Geld- protzentum der Färöereibesitzer und den schlechten Lohnverhältnissen übten. Em Induftrie und Handel» Ter Tabaktruft in Deutschland  . Der Kampf des deutschen  TabakgewerbeS gegen eine Knebelung durch den amerikanischen  Tabaklrvst wird mit außerordentlicher Heftigkeit geführt. Man findet augenblicklich in einer großen Anzahl deutscher Zigarren- geschäfte ein Flugblatt, das von der Vereinigung, die in Deutschland  gegen den Tabaktrust kämpft, verbreitet wird, in dem es heißt:Der im Jahre 1890 unter Führung der American Tobacco Company ge- gründete amerikanische Tabaktrust, eine der mächtigsten Trustorga- rrisationen der Welt, hat in seinem Heimatland unter Vernichtung fast aller selbständigen Existenzen nahezu die gesamte Zigaretten-, Rauch-, Kau- und Schnupftabakindustrie und einen großen Teil der Zigarrenindustrie in seine Gewalt gebracht. Das rücksichtslose Vor- gehen des Tabaktrustes führte in Amerika   zu einem jahrelangen StaatSprozeß gegen ihn, der ihm aber doch die Möglichkeit, ließ, feine Monopolstellung weiter auszudehnen und auszunutzen. Nach Unterwerfung der amerikanischen   Industrie begann der Tabaktrust seine Macht auch aus andere Länder auszudehnen. Er unterwarf sich fast das ganze Tabakgewerbe Englands, machte der fran- zösischen Regierung, allerdings ohne Erfolg, Pachtangebote auf die Tabakregie, suchte auf Holland  , Schweden   und die«chweiz überzu- greifen, richtete aber bor allem seine Bticke nach Deutschlaud, das unter den europäischen   Ländern, soweit Tabak in Frage kommt, in Industrie, Handel und Verbrauch die hervorragendste Stellung ein- "'""in Deutschland   richtete er seine ersten Angriffe, genau wie in Amerika   und England, auf die Ziga retten in dustrie. Im Jahre 1901 erwarb die American Tobacco Co.. New Jork  , die Zigarettenfabrik Jasmatzi   in Dresden  , wandelte sie um in die Georg A. Jasmatzi Aktiengesellschaft, und suchte durch gewallige Reklame und die schon in Amerika   erprobten Zugabe-, Coupon- und Gutscheinsysteme für diese Gesellschaft eine Machtstellung in Deutsch  - land zu gewinnen. Durch Anschluß weiterer Firmen an die JaS- matzi A.-G. an die British American Tobacco Co., aber auch an andere Tochter- und Enkelgesellschaften, suchte nun der Tabaktrust seine Rächt in Deutschland   zu verstärken und hafte Erfolg bei den ZigarettenfabrikenJoseni" Meier U. Peters G. m. b. H., Berlin  , Sulima" F. L. Wolf, G. m. b. H., Dresden  ,Delta" Tschache u. Benski, G. m. b. H., Dresden  , A. Batschari, G. m. b. H., Baden- Baden  , und Johannes N. Jasmatzi, Dresden  . Schon heute ist ein Viertel der gesamten deutschen   Zigaretten- Produktion nicht mehr trustfrei. Schon jetzt ist die Zeit abzu- sehen, in der der Trust bei Fortdauer dieser Enlwickelung sich die ganze Branche unterworfen haben wird. Damit wird das Schick- sal auch aller anderen Zweige des Tabakgewerbes entschieden sein. Denn mit dem Besitz einer Industrie gewinnt der Trust die volle Macht auch über den Kleinhandel, die ihm, wie die Erfahrung anderer Länder zeigt, um so leichter auch die.Herrschaft über alle anderen Zweige des Gewerbes zuführen wird." Soziales. Mängel in der Arbeiterschutzgesctzxebung. Die am 1. Januar 1910 in Kraft getretene Gewerbeordnungs- Novelle vom 28. Dezember 1908 hat u. a. eine wichtige Aenderung insofern gebracht, als gewisse besondere Bestimmungen, die bisher fürFabriken» in welchen in der Regel mindestens zwanzig Arbeiter beschäftigt werden", galten, nunmehr ausgedehnt sind auf Betriebe, in denen in der Regel mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden". Diese Betriebe unterstehen der Aufsicht der Gewerbeinspektion und für sie gelten die Bestimmungen, durch welche die Dauer der Beschäftigung von Arbeiterinnen und jugend- lichen Arbeitern beschränkt ist. Durch die Einreihung aller Be- triebe mit mindestens zehn Arbeitern in diese Kategorie ist der Kreis der geschützten Personen im allgemeinen nicht unwesentlich erweitert worden. Auf der anderen Seite hat aber die neue Um- schreibung des Begriffes der geschützten Betriebe auch die uner- wünschte Folge gehabt, daß Betriebe mit geringerer Arbeiterzahl, die bisher alsFabriken" den beschränkenden Bestimmungen unter- standen, nunmehr völlige Ausbeutungsfreiheit genießen. Das kommt insbesondere in kleineren Ziegeleien sehr wesentlich in Betracht. Der Jahresbericht der Hessischen   Gewerbeinspektion für das Jahr 1912 enthält hierüber interessante Bemerkungen. Es wird darauf hingewiesen, daß nach dem Inkrafttreten der fraglichen Ge- werbeordnungsnovelle in den Ziegeleien mit weniger als b Arbeitern die Wohltat der 10 stündigen Arbeitszeit den jugendlichen Arbeitern nicht mehr zugute kommt. Diese werden wieder ebensolange und mit den gleichen Arbeiten beschäftigt, wie die erwachsenen Arbeiter. Daß die schwere Arbeit in den Ziegeleien bei einer Arbeitszeit von 5 Uhr morgens bis 8 Uhr abends der Gesundheit der jungen Leute höchst nachteilig ist, dürfte ohne weiteres einleuchten und man kann es nur begrüßen, daß, wie berichtet wird, aus diesem Grunde aus zwei solchen Ziegeleien die Jungen von ihren Eltern von der Arbeit fortgenommen wurden. Die Gewerbeinspektion ist mangels gesetzlicher Bestimmungen außerstande, gegen derartige un- vernünftige Ausbeutung der jungen Arbeiter einzuschreiten. Dabei reizt dieser Zustand die Unternehmer benachbarter Betriebe, die vielleicht nur eine um ein geringes größere Arbeiterzahl be- schäftigen, auch ihrerseits sich über die Arbeiterschutzbestimmungen hinwegzusetzen, denn sie können es nicht begreifen, daß die Gesetzes- Vorschriften für sie, nicht aber für den Betrieb des Nachbarn gelten. Aehnliche Beobachtungen werden in dem gleichen Bericht in bezug auf Wäschereien gemeldet. In einem Ort bei Frankfurt am Main   wurden S Wäschereibesitzer wegen Zuwiderhandlung gegen§ 105b Absatz 1 der Gewerbeordnung(Verbot der Sonntags- arbeit) bestraft. Sie hatten ihre Arbeiterinnen am Sonnabend- abend bis in den Sonntag hinein beschäftigt, wobei Arbeitszeiten bis zu 16 Stunde« festgestellt wurden. An sich wäre diese lang dauernde Beschäftigung nicht strafbar gewesen, weil in den Wäsche- reien weder 10 Arbeiter noch elementare Kraft verwendet wird. Ist jedoch eine dieser Vorausetzungen erfüllt, dann dürfen die Ar- befterinnen nicht über 10 Stunden und am Sonnabend nicht nach 5 Uhr nachmittags beschäftigt werden. solche verschiedenartige Behandlung der Betriebe, je nachdem ob sie einige Personen mehr oder weniger beschäftigen, wider- spricht dem Rechtsgefühl. Derartige Beispiele beweisen aber, welche widersinnige Zustände entstehen, wenn die Gesetzgebung den rück- ständigen Jnnungskrautern zuliebe den Arbeitern in den Klein- betrieben selbst den bescheidenen Schutz versagt, den sie den Ar- beitern in den Fabriten gewährt. Wenn schon anerkannt wird, daß die unbeschränkte Ausbeutung der Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeiter schlimme Folgen zeitigt, dann muß der Schutz auf olle Betriebe ausgedehnt werden, unbekümmert um ihren Umfang. Fobrikdamen. § 137 der Gewerbeordnung verbietet in seiner gegenwäriigen Fassung die Beschäftigung von Arbeiterinnen in der Nachtzeit zwischen 8 Uhr abends' und 6 Uhr morgens und an den Vorabenden vor Sonn- und Festtagen nach 5 Uhr nachmittags. Er ist zwar schon seit«inigen Jahren in Kraft, doch können sich viele Unter- nehmer nur schwer an diese geringfügige Beschränkung der Aus- beutung der weiblichen Arbeitskrast gewöhnen. Sehr häufig de« gegnet man in den Berichten der Fabrikinspektoren der Mitteilung, daß diese oder jene Fabrikanten es unangenehm empfinden, daß sie die Arbeiterinnen in der fraglichen Zeit nicht beschäftigen dürfen. Taß diese sich selbst zur längeren Arbeit drängen, dürfte wohl recht selten vorkommen. Um so merkwürdiger berührt eine Mitteilung in dem neuesten Bericht der Hessischen   Gewerbe- lnspektion. Aus Offenbach   berichtet der Beamte: In einer Lederwarenfabrik verlangten einige Mädchen, die in der Packerei beschäftigt werden, von ihrem Arbeitgeber, er möchte ihnen den Verdienst monatlich auszahlen und mit ihnen eine monatliche oder sogar sechswöchentliche Kündigung eingehen. Ter Zweck dieser Forderungen war, daß die Mädchen nicht mehr als Fabrikarbeiterinnen angesehen und behandelt sein, sondern als kaufmännische Gehilfinnen gelten wollten. Ihrem Auftreten nach sind diese Mädchen allerdings von kaufmännischen Ange- stellten nicht zu unterscheiden; sie werden daher hie und daF a- b r i k d am e n" genannt. Der Arbeitgeber bewilligte den Mädchen jedoch nur die mo- natliche Lohnzahlung und behandelte sie nach wie vor, was die Arbeitszeit anlangt, wie alle übrigen Arbeiterinnen. Eines der Mädchen verließ deshalb die Stelle." Ter Fabrikinspekwr bemerkt hierzu, dies sei ein Beispiel, wie schwer es oft den Aufsichtsbeamten gemacht wird, die genaue Durch- fübrung der gesetzlich vorgeschriebenen Maximal-Arbeitszeit zn kontrollieren, wenn�dic Beschäftigten selbst die zu ihrem Sckuye erlassenen gesetzlichen Vorschriften außer Kraft gesetzt wissen loollen. In der Tat sollte man es kaum für möglich halten, daß Arbeite- rinnen, die auf den Erwerb angewiesen sind, umetwas Besseres" zu scheinen, als sie sind, eine Verlängerung ihrer Arbeirszcit for- dern.' Ter Fall zeigt aber auch, wieviel Aufklärungsarbeit noch unter den weiblichen Proletariern geleistet werden muß, um bei ihnen Verständnis für den bescheidenen Schutz zu wecken, den die geltende Gesetzgebung ihnen gewährt. Unternehmer und Arbeiterjugend. Vor dem Dresdener Gewerbcgericht wurden zwei Lehrlinge, die ihr Lchrverhältnis gelöst hatten, verurteilt, binnen acht Tagen wieder zurückzukehren oder eine Strafe von 100 M. zu zahlen. Die beiden Angeklagten sind anerkannt tüchtige und fleißige junge Leute. Sie gehören abtzr.der Jugendabteilung des Metallarbeiter- Verbandes an. Als der Direktor der Firma Photographische Appa- rate Ernemann dies erfuhr, entzog cr den beiden Lehrlingen die für das vierte Lehrjahr mündlich versprochene, aber nicht vertrag- lich festgelegte Zulage von wöchentlich 4 bis ö R., und forderte sie zum Beitritt in den gelben Werkverein und zum Austritt aus dem Metallarbcitcrverband auf. Das verweigerten die jungen Leute und verliehen die Lehre. Alle jungen Leute, die dem gelben Werkverei» angehören, erhalten die Zulage. Der Lehrvertrag enthält die Be. stimmung, daß die Lehrlinge nur mit Genehmigung des Werkmeisters einem Verein oder einer Gewerkschaft angehören dürfen. Aus diesem Grunde und weil die Zulage nur mündlich in Aussicht ge» stellt war, erkannte das Gericht auf das eingangs mitgeteilite Urteil. Es ist empörend, daß ein Gewerbegericht zu einem so unHalt- baren Urteil kommen konnte, das einen gesetzwidrigen und aegen die guten Sitten verstoßenden Terrorismus billigt. Bus aller Welt. öchleftrches Rimmclmch. Die Arbeiterfrauen verstehen nicht zu kochen und setzen deshalb ihren Männern Fleisch, Fleisch und immer wieder Fleisch vor." So erklärte im Landtage gelassen der große Volkskenner und preußische Landwirtschaftsminister von Schorlemer. Um diesem be- trüblichen Mangel an Kochkunst abzuhelfen, wird seit Ostern dieses Jahres in mehreren Bergarbeitergemeinden Oberschlesiens den Mädchen in den Volksschulen Äochunterricht erteilt. Ter Unter- richt wird hoffentlich den vollen Beifall des Herrn Landwirtschafts- mnisters finden, denn Fleisch ist dabei ein so nebensächliches Nahrungsmittel, daß es im Unterricht bisher überhaupt noch nicht auf die Speisekarte gekommen ist. Für je 7 Mädchen stehen für jede Mahlzeit eine Mark zur Verfügung. Davon mutz aber noch etwas für außerordentliche Fälle aus- gespart werden. Bisher sind folgende Gerichte als nahrhaft und sättigend den Kindern gelernt worden: Eine ButtergrieSsuppe für 14 Ps., bei der für die Butter und einen Löffel Salz 6 Pfennig veranschlagt sind. Eine Wassersuppe mit Bratkartoffeln kostet 63 Pf., während man Salzkartof» feln und Zwiebelbeiguß für sieben Personen schon um 35 Pf. herstellen kann. Offenbar wollen die Macher dieser Kochkunst mit ihren Rezepten der starken Säuglingssterblichkeit unter der oberschlesischen Bergbevölkerung entgegenwirken.<Bie fürchten wohl, daß durch allzu kräftige Nahrung die Kinder an Ueberfütterung zu- gründe gehen könnten. Fliegerabstürze. Ter von uns gestern gemeldete Unfall des Fliegers P a r i s o t bei Lüttich   hat ernstere Folgen gehabt, als die erste Meldung erkennen ließ. Es bandelte sich um einen Versuchsflug des ge- nannten Fliegers. Das Flugzeug kippte um und traf dabei eine Anzahl von Zuschauern. Der Flieger und eine Per- son wurden getötet; ein kleiner Knabe liegt im Sterben. Etwa siebenbiSachtPersonen sind zum Teil schwer verletzt. Der englische Aviatiker W r i g h t war während eines Fluges über Brighton  , als der Motor aussetzte, gezwungen, plötzlich nieder» zugehen. Der Flugapparat stieß so heftig auf den Boden auf, daß der Benzinbehälter zerplatzte und Feuer fing. Wright erlict schwere Brandwunden und wurde besinnungslos in das Hospital gebracht. Witterungskontraste. Die klimaiischen Gegensätze berühren sich gegenseitig in den Vereinigten Staaten  . Im Staate Utah   herrscht eisige K.ä l t e. Heftige Schneefälle haben ein starke» Anschwellen der Flusse herbei. geführt, die aus den Usern herausgetreten sind und eine weit« Strecke Landes überschwemmt haben. Di« Ernte ist vollkommen zugrunde gerichtet und mehrere Personen sind erfroren. Da- gegen leidet der Westen der Vereinigten Staaten   unter einerfi geradezu tropischen Hitze. In Kansas  , Minnea< p o l i s und Chicago   fallen die Menschen auf der Straße vom Hitzschlag« getroffen zu Boden. Die staatliche Gesundheitspflege und die Wohltätigkeitsvereine sind bereits am Ende ihrer Kräfte angelangt. Zahlreiche Fabriken und Geschäfte haben ihren B e» trieb eingestellt. In Chicago   lagern Tausende, ein wenig Kühlung suchend, am Ufer des Michigansees. Gleichfalls auf das Konto der enormen Hitze ist ein Eisenbahnunfall zu setzen, der sich im Staate Indiana   ereignet hat. In der Nahe der Stadt Peru   barsten infolge der Hitze die Eisenbahnschwellen. Ein Per- sonenzug kam dadurch zur Entgleisung, 25 Passagiere erlitten bei diesem Unglücksfalle schwere Verletzungen. Nach einer Meldung aus Lissabon   herrscht in Portugal  eine anormale Hitze. In den letzten vierundzwanzig Stunden haben infolge der großen Hitze achtzehn Brände stattgc. funden, besonders in den Alfenspeichern. Der Schaden beträgt mehrere Millionen. Das Wasser beginnt zu man. g e l n, große Menschenmengen belagern die öffentlichen Brunnen. Muster gefällig? DieDeutsche Tageszeitung» kündigte dieser Tage im redak» tionellen Teil eine Reihe konservativer Versammlungen zur Reichs» tagsersatzwahl in Salzwedel  -Gardelegcn an. Am Schlüsse der Veröffentlichung heißt eS:In diesen Versammlungen werden sprechen die Herren ReichStagskandivaten Exzellenz von Kröcher-Vinzelberg, Ackergutsbesitzer Fr. Schnlz-Ritze und der Direktor des Bundes der Landwirte. Landtagsabgeordneter Dr. Diederich Hahn". Die Konservativen wollen wohl aufräumen, denn bei den letzten Reichstagswahlen sind ihnen so viel Kandidaten auf Lager geblieben, daß sie im Bedarfsfalle gleich ganze Muster. kollektionen von Reichstagskandidaten abgeben. J'N Augenblick ist aber der Markt für konservative Kandidaten sehr flau. Ter Hosenstteik der Mönche. Sin sonderbarer Streit ist soeben in dem Kloster Sankt Michael in Maikop   im Kaukasus   ausgebrochen. In diese» Kloster ist vor kurzer Zeit ein neuer Abt eingezogen, der sich in der peinlich genauen Erfüllung der Klosterregeln und Ordens- Vorschriften nicht genug tun konnte. Neulich hat er dem versammel» ten Konvent mitgeteilt, daß die H o s e n, die die Mönche unter ihren Kutten trügen, nur die Fleischeslust und die menschlichen Schwächen anregten, und daß er deshalb nur eine rauhe Unter- klcidung von Sacklcinewand gestatten werde. Die Mönche prote- stierten energisch gegen diese Vorschrift. Sie machten namentlich daraus aufmerksam, daß das Kloster auf einem hohen Berg gelegen und allen Unbilden der Witterung und den Launen des �kalten Windes ausgesetzt sei, weshalb sie die Hosen unbedingt zum Schutz« ihrer Gesundheii brauchten. Aber der Abt blieb unerbittlich. Jetzt haben die Mönche beschlossen, in einen Streik zu treten. Sie ver- weigern bis auf weiteres die Morgen- und Abendmessen zu singen, bis ihnen ihre geliebten Hosen wieder zugestanden würden.'_- Kleine Notizen. Zelteinstuv. Bei einem Gauturnfest:n Grenzhau jen (Westerwald  ) sind am Sonntag infolg« Unwetters zwei Fest» zelte, in denen sich zweitausend Personen befanden. zusammengestürzt. Dreißig Personen wurden mehr oder minder schwer verletzt. Brandstiftungen der Suffragetten? Der Bahnhof von Leuchars in«chottland wurde Montag früh durch eine Feuer?» brunst' zerstört. F l u g s cb r i f te n von Änhängerinnen des Frauenstimmrechts wurden in der Nähe aufgefunden. Ein Telegramm aus Glasgow   meldet, daß das Schloß Ballitinrain bei Balfron durch Feuer zerstört wurde; es wird Brandstiftung   vermutet. Das Schloß, das unbewohnt ist; hat einen Wert von 100 000 Pfund(ZterlwA.