Bei 1500 M. Versicherungssumme beträgt die Auf-»ahmegebühr bei der„Volksfürsorge" 1 M., bei der„Leo"kasse7.70 M.Prämienzahlung.Bei der„Le»"kasse ist es Vorschrift, datz die Prämien am Erstenjede? Monats bezahlt werden müsse»; bei Zahlungsversäumniswird für je 50 Pf. und Monat eine Strafe von 2 Pf. erhoben.Das bedeutet also für sehr viele Mitglieder eine Beitragserhöhungvon 4 bis 20 Proz. Die„Bolksfürsorge" kennt selbstverständlichein solches Strafsystem nicht.Ausschluß.Wer aus einem katholischen Verein austritt oder ausgeschlossenwird, wer die bürgerlichen Ehrenrechte verliert, wer unrichtige� An-gaben bei seiner Aufnahme gemacht hat. wird aus der„Leo"kasseausgesf�ssen. Es braucht nicht erst betont zu werden, datz die>, Volksfürsorge" derart rigorose Bestimmungen nicht hat.Prämienfreie Versicherung.Bei der„Le»"kassc kann die Umwandlung in eine Prämien-freie Versicherung erst nach dreijähriger Prämienzahlung erfolgen;bei der„Bolksfürsorge" findet eine Umwandlung erforderlichen-falls schon im ersten Jahre statt.Die„Leo"kasse verfährt also genau so rigoros wie die kapita-listischen Gesellschaften, ja, infolge ihrer Ausschlutzbestimmungennoch weit rigoroser.Im Jahre 1S12 schieden bei der„Leo"kasse aus: durch Tod1034 Mitglieder mit 98 588 M. Versicherungssumme, durch sonstigeUrsachen 1887 Mitglieder mit 219 793 M. Versicherungssumme.Können die Herren von der„Leo"lasse, die angeblich einen Ver-gleich ja nicht zu scheuen brauchen, auch nur eine einzige Ver-sicherungsgesellschaft nennen, bei welcher der anormale Abgang anVersicherungssummen über 6g Proz. des Gesamtabgangs beträgt?Der Arbeiter ist in der Lage, in ähnlicher Weise die Be-dingungen der..Volksfürsorge" mit denen von Versicherungsgesell-schaften zu vergleichen.Von der Konsumentenorganisation in Oesterreich.In Wien tagte soeben der 11. Verbandstag der Arbeiter-konsumvereine. Dem Verband gehören zurzeit 540 Genossenschaften(-f 25) an. Die berichtenden 434 Konsumvereine hatten 1912298 154 Mitglieder(-f- 23 000), eine Zunahme trotz der Balkankrise.Ter Umsatz stieg um 12,3 Millionen Kronen auf 97,7 MillionenKronen, pro Kopf von 312 auf 329 Kronen. Der..Konsumverein"hat eine Auflage von 4800(-f 200), das genossenschaftliche Familienblatt eine Auflage von 82 000(-f 10 000) erreicht. Die prämien-sparendeti Geschäfte der Versicherungsabteilung, die zur eigenenG. m. b. H. ausgestaltet wird, wachsen, der tschechische Separatismuskonnte wenigstens neue Schädigungen nicht aufweisen.Aus der BearützungSansprache des Genossen Dr. Viktor Adlerseien folgende Worte wiedergegeben:„Es ist nicht der Zweck der Konsumvereine, Sozialdemokratenzu machen oder auszubilden. Aber die Einsicht, die dem einzelnenKonsumenten im Konsumverein in den ganzen Mechanismus derKonsumtion gegeben wird, muß ihn allmählich und automatischnuS einem Genossenschaftler zu einem guten Genossen umbilden.DaS ist keine Statutenüberschreitung, das ist nichts, was sich etwazwischen die Klippen der Paragraphen einfangen ließe. Es isteinmal so, daß jede zielbewußte, zweckdienliche Tätigkeit der Ar-beiterklasse mit Notwendigkeit führt zu einer Gemeinschaft stre-bender, wollender und wissender Arbeiter. Und strebende, wollendeund wissende Arbeiter können nichts anderes sein als Sozial-demokraten."Der Verbandssekretär Wilhelm berichtete, daß 1912 an dieAngestellten der Konsumvereine um 789 000 Kronen, 14 Proz., mehrals 1904, auf gleiche Verhältnisse berechnet, ausgezahlt wurde.Beschlossen wurde u. a. die Errichtung eines Frauen-AgitationS-komiteeS und eines BildungSfondS, denen in erster Linie die durchdie Steuernovelle von 1913 ersparten Beträge zufließen. Nachdeutschem Muster wird ein Tarifamt mit den Gewerkschaften ge-bildet. Vor der Entscheidung dieses Amts soll jede Presseerörte-rung von Stteitfragen unterbleiben. Nach einem Referat des Ge-nassen Dr. Renner wurde einstimmig beschlossen, den Gedanken der„Bolksfürsorge" zu propagieren.Der nächste Verbandstag wird in Trieft stattfinden.Gerichts- ZeitungArbeiterwohnungen auf dem Lande.Gestern stand der Genosse Fritz Faaß, Redakteur deS Organs..Der Landarbeiter", als Angeklagter vor der 8. Strafkammer desLandgerichts l. Nach der Mitteilung einer Gerichtskorrespondenz— da uns keine Nachricht von dem Termin zuging, konnten wirkeinen besonderen Berichterstatter entsenden— handelt e» sich umeinen Artikel in der Januarnummer deS„Landarbeiter". Durchihn fühlte sich Rittergutsbesitzer und Amtsvorsteher Dr. Krause inPillnitz bei Breslau beleidigt. E» sind in dem Artikel dieWohnungsverhältnisse und Verhältnisse einer Arbeiterin geschildert.In der gestrigen Verhandlung bekundete ein entlassener Guts-arbeiter des Dr. K., datz tatsächlich Burschen und Mädchen in einemRäume geschlafen haben, allerdings sei dies ausdrücklich von derGutsverwaltung verboten worden. Die weitere Beweisaufnahmeergab, entgegen dem Inhalt des Artikels, datz Dr. K. und seineGattin in ausgiebiger Weise für eine Wöchnerin gesorgt hatten.—Das Gericht erkannte trotz der bisherigen Unbescholtenheit des An-geklagten auf die vom Staatsanwalt beantragte hohe Strafe von1 Monat Gefängnis.Auf Mord und Anstiftung zum Mordelautet eine Anklage, deren Verhandlung heute vor dem Schwur-gericht des Landgerichts III unter Vorsitz deS LandgerichtsdirrktorSSehmer begann. In der Verhandlung soll ein Indizienbeweis ge-führt werden. Es handelt sich um die Aufklärung eine« im De-zember 1910 anscheinend begangenen Mordes. Am 8. Dezember1910 wurd- die Leiche des in Eharlo:tcnburg. Galvanistratze 9,wohnhaften Schankwirt» Albert Menzel in seinen Schankräumenautgesunden. Die Leiche zeigte eine Schußwunde i» der linkenSchiäse. Es wurde Selbstmord angenommen und die Leiche be-crdigl. Später sickerte doch der Verdach: durch, datz Menzel dasOpfer einet Verbrechens geworden sein dürfte. Auf Anordnungder Staatsanwaltschaft wurde im Juli 1912 die. Leiche ausgegraben.Der Schädel wurde vom Medizinalrat Dr. Siörmcr konserviert undcZ ergab sich, datz. obwohl Menzel Rechtshänder war, zwei Kugelndie linke Schläfe getroffen hatten und schon der erste Schutz tödlichgewesen sein mutz.AlS vermeintlicher Täter des anscheinend vorliegenden Ver-brechen? steht nun der Nieter und Monteur Friedrich Nickel unterder Anklag« des Mordes vor den Geschworenen, während die Fraude« Verstorbenen, jetzige Haushälterin Anna Menzel geb. Schielesich auf die Anklage der Anstiftung zu verantworten hat.Der Angeklagt« Nickel, ein 35 Jahr« alter Mann, ist u. a. wegenBedrohung und lebensgefährdend« Behandlung seiner Ehefrau de-straft, von der er getrennt lebt. Frau Menzel ist im Jahre 1S8Ü inGernrod« am Harz geboxen; sie ist unbestraft. Beide Angeklagtebefinden sich seit dem 4. April 1912 in Untersuchungshaft.Anzeflagter Nickel bestreitet entschieden, daß er ein arbeits-scheuer Mensch sei, wie einmal behauptet worden; er habe immergearbeitet und sei viel auf Montage geivesen. Im Jahre 1919 seier mit mehreren anderen Kollegen für die Hagener Firma nachChorlortenburg zum Brückenbau entsendet worden. Er hat beiMenzel» al» Schlafbursche Wohnung genommen und auch am Todestage Menzel» dort gewohnt. Nach seiner Behauptung ist er erst«ach dem Tode Menzels, und zwar erst im November 1911 indauerndem intimen Verkehr mit Frau Menzel getreten; er seiimmer lustig imb fidel gewesen und weng er über den Zeitpunkt,wo dieser Verkehr begonnen, dritten Personen gegenüber ändere An.gaben gemacht haben sollte, so wäre dies aus Scherz geschehen. Am5. Dezember 1910 sei er nachmittags 3 Uhr mit Menzel baden ge-gangen. Er habe mit Menzel auf sehr gutem Fuß gestanden. Wäb-rend er ein Schwimmbad genommen, sei Menzel in ein Wannenbadgegangen. Als er nach Beendigung des Bades Menzel wieder auf-suchte, habe dieser mit blassem Gesicht dagesessen und mit stieremBlick ins weile geschaut. Auf eine Frage habe er geantwortet, datzihm das Baden nicht gut bekommen sei.- Beide hätten dann nochmehrere Wirtschaften besucht; in zwei Wirtschaften sei Menzel soaufgelegt gewesen, datz er herumgetanzt habe. Schlietzlick seien sienach Hause gegangen und er, der Angeklagte, habe sich auf einSofa gelegt und sei eingeschlafen. Etwa um 20 Minuten vor 12 Uhrsei er aufgewacht und habe zwei Bekannten, welche noch Billardspielten, Vorwürfe gemacht, datz man ihn solange habe schlafenlassen. Als man ihn aufforderte, eine Partie mitzuspielen, habe eretwas davon gesagt, daß er zwar Menzel gegenüber Mut zu einerKarombolagcpartie habe, aber nicht gegenüber den anderen. Wenndie Zeugen behaupten, er habe elwas von„Wut" gegen Menzel ge-sprachen, so haben sie sich gründlich verhört.— Der Angeklagte er-klärte auf das Bestimmteste, daß er von der Tat absolut nichtswisse. Er sei erst am nächsten Morgen dazu gekommen, als manMenzel tot aufgefunden hatte. Richtig sei es, datz er�sich auf Er-suchen der Frau Menzel dazu entschlossen habe, das Schankgeschäftfortzuführen. Das sei etwa 10 Tag« lang geschehen, am 22. De-zember sei er schon zum Besuch in Hagen gewesen. Nach Neujahrsei er wieder zurückgekommen. Er habe niemals tpm Frau MenzelGeld erhalten, im Gegenteil sei ihm diese noch 22 M. schuldig,ebenso müsse er bestretten, nach dem Tode Menzels einen Anzugdesselben getragen zu haben.Der verstorbene Menzel habe einen Tag vor dem Tode einenTobsuchtsanfall gehabt und dabei das Porzellan in der Küche zer-schlagen. Weiter erzählt der Angeklagte einen Vorfall, bei welchemeinmal Menzel Furcht vor zwei Leuten geäußert haben soll, die nachseiner Behauptung erklärt hätten, ihn erschießen zu wollen. Er selbsthabe niemals im Menzelschcn Lokal Gewalttätigkeiten ausgeführt,aber mehrfach Herrn Menzel bei Konflikten mit seinen Gästen, unterdenen sich vielfach Schiffersknechte befunden, in Schutz genommen.Ter Verteidiger Rechtsanwalt Fränkel verweist ferner darauf, datzNickel nach seiner Behauptung in zwei Fällen einem anderen dasLeben gerettet habe. Der Angeklagte bemerkt hierzu: Im Jahre1908 habe ein Kind aus der Wupper gerettet und 1910 einen jungenMann beim Baden im Rhein.Dann stellt sich der Weiterverhandlung eine große Schwierig.keit entgegen. Nach der Anklage soll Nickel mehrfach zu Arbeits-kollegen geheimnisvolle Andeutungen gemacht haben, aus denen zuschließen sei, datz er Herrn Menzel auf Anstiften der Ehefrau er-schössen habe. Der Verteidiger behauptet demgegenüber, datz dieseverdächtigen Bemerkungen ganz bedeutungslos seien, da der An-geklagte, dem vor Jahren in Mühlheim eine schwere Eisenschraubeaus nicht unbeträchtlicher Höhe auf den Kopf gefallen sei und ihnverletzt habe, nach dem Genutz von Alkohol sehr schnell in einen Zu-stand gerate, der ibn das törichte Zeug schwatzen lasse. Der Un-fall sei seinerzeit während seiner Beschcrftigung bei der Firma HeinLehmann vorgekommen, der Angeklagte sei von einem Arzt einerBerufsgenossenschaft behandelt worden, er selbst habe leichtfertig dieSache nicht für schwer gehalten, die Folgen des Unfalls seien aberdoch bald eingetreten. Denn der Angeklagte sei seitdem schwerhörig,leide des Nachts an Alpdrücken, fahre aus unruhigen Träumen Plötz«lich empor usw. usw. Er beantrage, den SachverständigenDr. Störmer zu befragen, ob nicht ein solcher Mann, der einensolchen Unfall erlitten, unter der Einwirkung de» Alkohols leicht in«inen Zustand kommt, wo er allerlei Dummheiten redet. An-wefende Zeugen werden bekunden, daß der Angeklagt« diesen Unfallerlitten hat; leider wisse er nicht mehr den Namen des Arztes, derihn behairdelt.— Medizinalrat Dr. Störmer stellt fest, daß sich andem Schädel des Angeklagten deutlich das Zeichen einer ganz ge-hörigen Depressionsfraktur zeige. Er halte eS durchaus für notwendig, datz der Sache weiter nachgegangen und duch Befragung desbehandelnden Arztes festgestellt werde, welcher Art die Verletzungwar und welche Folgen auf den Gesundheitszustand d«S Angeklagten daraus anzunehmen seien. Er würde es füt«ine eminenteFahrlässigkeit halten, wenn er, der den Angeklagten heute zumersten Mal« sehe, ohne weiteres ein Gutachten abgeben wollte.Das Gericht beschließt, eine Paus««intreten zu lassen und Er-Mittelungen anzustellen, bei welcher Berufsgenossenschaft die Firmaeinen Monteur, der in ihrem Dienst in Mühlheim a. Ruhr einenUnfall erlitten hat, versichert. Diese Ermittelungen haben nicht dengewünschten Erfolg. Di« Nachfrag« bei der Nordöstlichen Berufs»genossenfchaft haben ergeben, datz diese nicht in Frag« komme, wahr.scheinlich handle eS sich um die Maschinenbau- und Klcineisen-Jn-vustrir-Berufsgenossenschaft in Düsseldorf.— RechtsanwaltDr. Walter Frankel stellt hierauf eine Reihe von Anträgen. Danachsollen weitere Untersuchungen über die körperliche und geistige Be»schaffenheit Nickels angestellt und auch der Berufsgenossenschaftsarztin Mühlhcim vernommen werden. Ferner soll der praktische ArztDr. Simon, der zur ärztlichen Hilfeleistung zu Menzel gerufenworden war und diesen noch lebend angetroffen hatte, darüber ver-nommen werden, wann wohl die Verletzung dem Menzel beigebrachtworden, ob in der Nacht oder am frühen Morgen, d. h. ob es denkbarist, datz Menzel mit dieser Verletzung die ganze Nacht noch lebendgelegen haben kann, bis er um 8 Uhr morgens aufgefunden wurde.Mehrere Zeugen sollen darüber vernommen werden, daß Nickel tat-sächlich mehreren Menschen das Leben gerettet hat und viele Jahreals sehr fleißiger und tüchtiger Arbeiter sich bewährt hat.Nach langer Beratung beschließt der Gerichtshof: die Sache zuvertanen, über die Vorgänge bei dem Unfall des Nickel im Jahre1907 die Akten der Bcrufsgenossenfchaft in Düsseldorf einzufordernund den Mühlheimer Arzt gutachtlich zu hören, den Angeklagten aufseinen körperlichen und geistigen Zustand und daraufhin untersuchenzu lassen, ob seine Verletzung geeignet war, eine pathologische Lügen-haftigkeit nach dem Genutz von Alkohol auszulösen, ferner schrift-liche Gutachten von dem Mühlheimer Arzt und dem Geh. Medizinal.rat Dr. Leppmann einzufordern und noch eine Reihe neuer Zeugenzu dem später anzuberaumenden Termin zu laden.Der Antrag auf Haftentlassung der Frau Menzel wird abge-lehnt, da sie der Anstiftung zur Ermordung ihres Ehemannes drin-gcnd verdachtig sei und auch Kollusionsgefahr vorliege.Kus aller Alelt.Der abgeblitzte Vorgefetzte.Einen recht unangenehmen Verlauf für den Vorstand desMilitärtelegraphen, Oberstleutnant Weltzien, nahm einProzeß, der am Donnerstag gegen den Feldwebel Hör st mannvom Elisabeth-Regiment vor dem Ober-KriegSgericht de» Garde-korpS verhandelt wurde. Horstmann war zum Militärtelegraphenabkommandiert worden und hatte mit seinem Vorgesetzten, dem Oberst-leutnant Weltzien, wiederholt Differenzen. EineS Tagesand auf Grund einer Meldung de? Oberstleutnants gegen Horst«mann eine verantwortliche Vernehmung statt, bei der Horstmanneine Reihe Beschwerden über seinen Borgesetzten vor-trug. U. a. erwähnte der Angeklagte, er habe eine» TageS denOberstleutnant um Urlaub gebeten, weil seine Ehefrau in denallernächsten Tagen einem freudigen Ereignis entgegensehe. Oberst-leutnant W. habe sich jedoch ablehnend verhalten und im Laufe deSGesprächs die Aeuherung getan:«Die Wilden schneidenich ihre Kinder allein ab. Ihre Frau aber brauchtnatürlich eine Pflegerin!" Hierin erblickte der Oberst-leutnant, der von der Aeußerung erfuhr, eine Belei-digung. Er bestritt, eine solche oder auch nur«ineähnliche Aeußerung getan zu haben, und dadurch,datz der Feldwebel eine solche Behauptung aufgestellt, habe er sichder verleumderischen Beleidigung eine» Bor-gesetzten schuldig gemacht.Vor dem OberkriegSgericht mutzte der Oberstleutnant Weltzienzugeben, datz die Möglichkeit vorliege, datz er eineähnliche Aeußerung getan habe. Da der Feldwebel beider Vernehmung erklärt hatte, datz sein Vorgesetzter die Aeutzerungim ironischen und höhnischen Tone gesagt habe, wollte ihn derVertreter der Anklage wegen einfacher Beleidigung zu einem Tagegelinden Arrest verdonnert wissen. Aber auch daS gelang nicht, dasOberkriegsgericht sprach den Angeklagten frei.Was aber geschieht mit dem menschenfteundlichen Oberst«leutnant? Ist es übrigens keine Beleidigung, wenn man einenköniglich preutzischen Feldwebel mit einem Wilden vergleicht? Wirdman seine eigenartige Stellung zum Problem der Volksvermehrunggebührend würdigen?_151 Menschen verbrannt.Eine furchtbare Brandkatastrophe hat sich nach einer tele»graphischen Meldung in der Nacht zum Freitag in derrussischen Stadt Simbirsk zugetragen. In einem ganzaus Holz erbauten Hotel brach ein Brand aus, der dasganze"Gebäude in wenigen Minuten voll ständig ein-äscherte. Da in dem Orte gerade die Messe abgehaltenwird, war das Hotel sehr stark besetzt. Es heißt, daß154 Personen bei lebendigem Leibe ver-b rannt sind._Frankfurt a. M.— Königsberg i. Pr.Eine bemerkenswerte Fernfahrt hat das für die Militärverwal»tung bestimmte Luftschiff„L. Z. 19" vollführt. Das Luftschiff stiegam Donnerstag vormittag 11 Uhr in Frankfurt a. M. auf,kreuzte abends gegen 8 Uhr über Stettin und setzte ohne Zwischen-landung längs der Küste seine Fahrt nach Königsberg fortwo es Freitag ftüh bald nach 8 Uhr landete, Die vom ,L. Z. 19"durchfahrene Strecke beträgt über 1990 Kilometer.Fortschritte der drahtlosen Telegraphie.Wie gemeldet wird, haben die jetzt begonneneu Versuche derHochfrequcnz-Maschinen-Mtiengesellschaft für drahtsose TelegraphiesSystem Goldschmidl), eine drahtlose Verbindung zwischenHannover und den Vereinigten Staaten herzustellen,vollen Erfolg gehabt. Die der Gesellschaft gehörige, nochunfertige Station in Tuckerton(Vereinigte Staaten) hat die beivollem Tageslicht auf der ganzen Strecke gegebenen drahtlosenDepeschen der Station Eilvese bei Hannover einwandfrei auf-genommen.__Ter Abgeordnete als Vermittler.Von dem römischen Kassationshof ist soeben ein Urteil gefälltworden, dessen Begründung sich gewisse Abgeordnete hinter die Ohrenschreiben sollten. Der Abgeordnete Brunicardi hat eine FirmaParisi auf Vermittlergebühr in der Höhe von 864 000 Lire ver-klagt, weil er ihr den Bau und den Beirieb mehrererEisenbahn st recken verschafft hat. Das Gericht erkanntedie Forderung deS Abgeordneten für rechtmäßig, fügte aber in dieMotivierung den folgenden Satz ein:„Man wird da? VorgehenBrunicardiS wenig korrekt nennen können, da seine Vermittelunggegen Vergütung den Charakter einer Spekulation annimmt,die dem Wesen und dem Amt des Trägers eines parlamentarischenMandats durchaus widerstrebt und von den öffentlichen Gewissengetadelt wird, weil dadurch der Abgeordnete zum Affaristen wird,aber dieses tut der Rechtmäßigkeit der Forderung einer Vermittler-gebühr keinen Abbruch." Das bedeutet aus der fürchterlichen Ju-ristensprache in verständliche Ausdrucksweise übersetzt, daß der Abge»ordnete sich einen unanständigen Verdien st verschafft hat.von dessen Geltendmachung ihn aber das Gesetz und die Gerichtsnicht abhalten können IDie beunruhigten Amerikaner.Die Landung des„Zeppelin" in Luneville scheint, wie der„Matin" erzählt, eine seltsame und ferne Wirkung in Amerikahervorzurufen. Man hat damals da» Luftschiff ausführlich beschriebenund dabei auch erivähnt, daß sich an Bord auch ein luxuriös aus-gestattetes W.-C.(Klosett) befand. Diese Mitteilung hat, wie esscheint, die Amerikaner beunruhigt. Sie sagen, daß ein W.-C., soluxuriös eS auch sein mag, sich stets nach unten entleert,daß dort unten einige freie amerikanische Bürger sitzen oder gehenkönnten, die das nicht zu dulden brauchen. Deshalb zirkuliert jetztin ganz Amerika eine Petition, die bereits von Tausenden unter«zeichnet worden ist und in der der Senat aufgefordert wird, die Ein-richtung von W.-C.S auf Luftschiffen zu verbieten. Die Petitionhat alle Aussicht, angenommen zu werden, und die amerikanischenLuftschiffer iverden zusehen müssen, wie sie fertig werden.Kleine Notizen.Grubenunglück in Obcrschlesien. Auf der Hcinitzgruve beiBeuthen wurden am Freitag fünf Bergleute verschüttet.Einer von ihnen konnte bisher als Leiche geborgen werden.Noch ein schwerer Grubcniinfall. Auf dem im Abläufen be-griffenen Schacht Craja bei Worbis kippte am Donnerstag eineArbeiterbühne um, so daß ein Teil der darauf beschäftigten Leuteabstürzte. Zwei Arbeiter kamen zu Tode, einer wurdeschwer und drei leicht verletzt.Dynamitcxplosion. In der Fabrik von Hamburger u. Hache«mann in Czenstochau(Rufs. Polen) ist eine Dynamitexplosionerfolgt. Vier Personen sind lebensgefährlich ver«letzt worden.Ein tollwütiger Hund. In der russisch-polnischen OrtschaftSosnowice sind dreißig Personen von einemtollen Hunde gebissen worden. Die Verletzten sindnach Warschau in da? dortige Pasteurinstitut übergeführt worden.Marktpreise von Berlin am S. Juli ItUZ, nach Ermittelungendes königt. Polizeipräsidiums. 100 Kilogramm Weizen, gute Sorte 19,20bis 20,20, mittel 00,00—00,00, geringe 00,00—00,00. Roggen, gute Sorte16,38—16,40, mittel 16,34—16.36, genüge 16,30—16,32(ab Bahn). Futter.gerstc, gute Sorte 16,30—16,70, mittel 15,90—16,20, geringe 15,50—15,80.Haser, gute Sorte 17.30—18.50. mittel 16.20-17.20. Mais(mixed), guteSorte 15,50— 16,00. Mais(runder), gute Sorte 15,80—16,00. Richtstroh0,00. Heu, alt 0,00—0,00, neu 0,00—0,00.Martthaltenpreise, 100 Kilogr. Erbsen, gelbe, zum Koche»30,00—50,00.. Speisebobnen, weiße 30,00—60,00. Linien 35,00—60,00.Kartoffeln(Kleinhdt,), alte 7,50—9,00, neue 10,00—14,00. 1 KilogrammRindfleisch, von der Keule 1,70—2,40. Rindfleisch, Bauchfleisch 1,30—1,80.Schwemefleisch 1,40-2,00. Kalbfleisch 1,40-2,40. Hammelfleisch 1,50—2,40.Butter 2,20—3,00. 60 Stück Eier 8,00— 5,40. 1 Kilogramm Karpsen1,60—2,80. Aale 1,60—3,20. Zander 1,40—3,60. Hechte 1,60—8,00.Barsche 1,00—2,40. Schleie 1,40—5,50. Bleie 0.80—1,60. 60 Stück Krebse1,60-60.00.Wittetungsübersicht vom 4i. Juli 101».Wetterprognose für Sonnatend, den S. Juli 1SIZ.Ziemlich kühl und veränderlich, vorherrschend wolfig mit leichte»Regensällen und mäßigen nordwestlichen Winden.Berliner Wetterburea«.