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bereuer, Ssrben unb Grieche� biesekt Erfolg blufig Bejlrttiffft. Jetzt sollen die Maschinengewehre und Geschütze entscheiden, was die Bomben und die Schulen, die Bandenführer und die Priester vorbereitet haben. Wessennationaler" Anspruch auf das mazedonische Gebiet berechtigter sei, ist eine Frage, die bei diesem Pölkergemisch überhaupt nicht zu entscheiden ist, denn auch heule, nachdem eine jahrelange, mit allen Mitteln betriebene Agitation von allen Seiten ihr scheidendes und ein- ordnendes Werk getan hat, dürste die Bauernmasse Maze- doniens kein Bewußtsein einer nationalen Zusammengehörig- keit haben. Tie vernünftigste Lösung dieses Völkerproblems wäre wohl die Autonomie Mazedoniens . Wo ist aber in diesem Rassen- und Machtkriege für Vernunft noch Raum! Wie immer die Würfel dieses Krieges fallen mögen: die Frage Mazedoniens wird noch lange für die streitenden drei Staaten das Kampfobjekt bleiben, und Friede wird zwischen ihnen nicht werden, auch wenn sie schon Frieden geschlossen haben. Und wenn etwas den Abscheu von diesem Blutvergießen, cht dessen Barbarei die Menschheit noch einmal die vcr- wüstende Gewalt des Krieges erkennt, nach hätte steigern können, so ist es wohl der Ueberfall, den nun Rumänien Vorbereitet. Und daß dieses Rumänien , das eine so nichts- nutzige Infamie verbricht, von der europäischen Tiplomatie noch verhätscheil wird, gehört sicherlich zu den Tingen. die uns erkeniieit lassen, wie es um Recht und Menschlichkeit in der kapitalistischen Welt steht. Rumänien bereitet einen Ein. fall ins bulgarische Gebiet vor. dem natürlich ein großer Raub folgen soll. Womit könnte Rumänien diesen Ueberfall rechtfertigen? Es hat mit Bulgarien keinen wie immer ge- arteten Streit gehabt: denn der Umstand, daß die Bulgaren über die Türken glänzende Siege erfochten haben, ist doch keine Unbill, die Rumänien angetan worden wäre. Auch auf das nationale Recht kann sich Rumänien nicht berufen, denn das Gebiet, das es besetzen will und in Anspruch nimmt, ist ausschließlich von Bulgarien bewohnt. Rumänien wagt den Einfall in das bulgarische Land nur. weil sich Bulgarien in den schwersten Bedrängnissen befindet, weil es, die Hyäne dieses Schlachtfeldes, auf ungefährliche Weise einen großen Fischzug machen zu können glaubt. Wenn in den Verhält- nissen der Staaten Recht und Billigkeit noch eine Stätte hätten, so niüßte Rumänien gewärtigen, ob seines schäbigen Handelns überall Verachtung zu ernten: statt dessen sehen wir, daß sich die ganze europäische Staatenwelt in Umschmeichelun- gen Rumäniens gefällt und seinem Beginnen den besten Er- folgt wünscht, wenn man dabei nicht gleich mithilft! Eine taubere Ordnung, in der ein Ueberfall von hinten als sitt- liche Tat gewertet wird! Freilich können sich die Rumänen damit entschuldigen, daß sie zu ihrem Beutezug von dem Dreibund, insbesondere von Oesterreich-Ungarn geradezu angestiftet worden find. Hat man sie nicht von Wien unausgesetzt ermuntert, ja nur tüchtig zu fordern: und trat man ihnen nickt ununter- brachen versichert, man würde schon dafür sorgen, daß sie bc- kommen, was zu verlangen sie ein so gutes Recht haben? Freilich hat es der gute Graf Berchtold anders gemeint und sich die Sache umgekehrt vorgestellt. Er hat Rumänien gegen den Balkanbund vorgeschoben und dessen Begehrlichkeit aufge- stachelt, unr den damals einigen Bund Serbiens und Bulga- riens gleichsam in Schach zu halten: aber statt daß Rumänien , wie es sich der dilettantische Berchtold dachte und erhoffte, ein Instrument gegen Serbien geworden ist. wohin die Politik des Ballplatzes zielte, als sie Rumänien gegen den Balkan - bund hetzte, ist Rumänien heute ein Helfershelfer der Serben: indem es gegen Bulgarien ausrückt, kommt es den Serben zu Hilfe! Und die rumänische Mobilisierung steigert die Ge- fahr dieses Krieges, der nicht enden will, ins Unheimliche. Auf dem Ballplatz bildet nian sich ein, die Rumänen zu be- wegen, sich mit einer vergleichsweise bescheidenen Konzession zu begnügen: aber der Appetit kommt unter dem Essen, und wenn Rumänien einmal eine Armee von einer halben Million Soldaten aufgestellt hat, wird ihm der Appetit wahrscheinlich rasch kommen. Heißt cS doch schon heute, daß Rumänien die Linie" von Rustschuk bis Varna als seinenatürliche" Grenze beansprucht, daß also seine letzte Absicht dahin geht, Bulgarien , seinen gefährlichsten Nebenbuhler auf den: Balkan , zum Ver- bluken zu bringen. Damit eroffnöt sich ober die Aussicht auf ein allgemeines Morden auf dem Balkan , und damit steigert sich die Ge- fahr, daß in dieses Blutvergießen auch die Großmächte hineingezogen werden können. Dieses kapitalistische Europa , von Eigennutz geschüttelt, und des sittlichen Bewußtseins völlig entäußert, ist eben unfähig geworden, Recht und Moral gegen die entfesselte Barbarei zu vertreten, muß sie also toben und wüten lassen bis zur Er- schöpfung. Die Kriegslage. Tie Balkanstaaten haben nunmehr die diplomati­schen Beziehungen abgebrochen und ihre Ge- sandten abberufen. Tie Kämpfe dauern fort. Ihr Ergebnis wird ganz verschieden dargestellt. Während die Bulgaren sich ihres Sieges über die Timok-Tivision rühmen und jeden Sieg der Serben in Abrede stellen, müssen die' Serben allerdings zugeben, daß die Bulgaren im Süden einen Teilerfolg errungen hätten. Aber sie sprechen diesem jede Bx. deutung ab. Er könne mit den Erfolgen der serbischen Armee einen Vergleich nicht aushalten, welche verschiedene Punkte von der größten strategischen Bedeutung, wie z. B. Retke Bukve und Raitschani. genommen habe und den rechten Flügel der Bulgaren , welcher die bulgarische Hauptmacht darstelle, zersprengte. Tie serbischen Truppen auf dem rechten bul- garischen Flügel seien weit in bulgarisches Gebiet eingedrun- gen, während die bulgarischen Truppen nur bei Krivolak an einem einzigen Punkte serbisches Gebiet besetzt hätten. Immerhin ist es bemerkenswert, daß das serbische Regierungsorgan ausführt, eine direkte Ver- st ä n d i g u n g zwischen den Serben und Bulgaren dränge sich von selbst auf als Kombination zur Wiederherstellung der gestörten Eintracht auf dem Balkan . Bedauerlicherweise sei es aber schwer, sich angesichts der Phantasien und größen- wahnfinnigen Ideen der bulgarischen Staatsmänner und Po- litiker einem Optimismus hinzugeben. Das klingt immerhin nicht ganz unversöhnlich und nicht ganz siegesgewiß. Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Belgrod, 6. Juli. Ter serbische Geschäftst g e r iu Sofia wird heute die bulgarische Regierung mittels einer Note davon verständigen, dafi infolge deS tückischen Ueherfalls der bul­garischen Armee vom 3l>. Juni und weiterer Ueberfälle, es voll- kommen erwiesen erscheint, daß die bulgarische Regierung, von un- begreiflichem Hasse und Feindseligkeit geleitet, den Krieg gegen Serbien ohne Kriegserklärung eröffnet und hiermit den Bund und das Freundschaftsbündnis zerrissen hat. Bon heute an be- trachtet daher die serbische Regierung alle Bezichun. gen mit Bulgarien als abgebrochen und ruft ihren Gesandten ab. Abreise des griechischen und bulgarischen Gesandten. Sofia , 6. Juli. Infolge der Abreise des griechischen Gesandten Panas ordnete die Regierung gestern au. daß der bulgarische Gesandte in Athen , Hadji M i s ch e w, seinen Posten verlassen und die Archive der russischen Gesandtschaft anvertrauen soll. Vordringen der Bulgaren . Sofia , 6. Juli. Nachdem die Serben vor einigen Tagen mit starken Kräften in bulgarisches Gebiet eingedrungen waren, erhielt die bulgarische Armee Befehl, ihrer- seits die Grenze z u überschreiten. Taher griff sie gestern den S v e t i N i k o l a- P a ß an, schlug sechs serbische Bataillone in die Flucht und verfolgte sie. Tic Bulgaren er- beuteten sechs Kanonen. Zsolgc» der Mobilifierung. Bukarest , S. Juli. Die Wirkungen der Mobili- s i e r u n g auf das öftentliche und private Leben beginnen sich zu zeigen. Infolge Mangels an Personal werden die kleineren Berwaltungen. Banken und Bureaus geschlossen. Die Z e i- t u n g e n beschränkten sich in ihren Ausgaben auf zwei Seiten, ivaS sowohl aus Mangel an Personal, als auch auS Mangel an Papier notwendig wird, dessen Zufuhr infolge der Einstellung deS Mockenkilm. ... Dieweil deS Menschen Fürrecht Lachen ist. Rabelais . Berlin O.. 4. Juli 1913. Sehr geehrte Redaktion! Vielleicht lassen Sie auch wieder einmal einen liberalen Bürgersmann zu Worte kommen, nachdem Sie Ihrem konservativen August und Mitarbeiter immer wieder Ihre Spalten geöffnet haben. WaL mich gar nicht wundert, indem daß der He�r Ab­geordnete Kopfch einmal in unserer Bezirtsvercinsversammlung in einem Vortrage gesagt hat, daß zwischen der Junkerrcattion und dem sozialdemokratischen Radikalismus eine gewisse Seclcnver- wandtschafl bestehe. Außerdem ist mein steifes Genick auch weg. und ich kann ohne die Hilfe meiner Frau mich mit politischen Fragen beschästigen. Da möchte ich Ihnen zunächst einmal meine Meinung über die Erfurter Kriegsgerichtsgeschichte sagen, über die Sie so viel Ge- schrei gemacht haben. Gewiß, das ist ja sehr schlimm für die ver- sosfenen Landwehrleute, wenn sie nins Jahre ins Zuchthaus oder ins Kittchen müssen. Und für ihre Familien auch. Aber Ordnung, Zucht und Disziplin muß sein. Dafür treten auch wir liberalen Bürger ein. Ich gönne es den Leuten gern, wenn sie ein paar Jährchen weniger zu brummen haben, aber einen Denkzettel müssen sie kriegen. Mein Freund und Vereinskollege Distclmeycr zeigte mir vorgestern im Cafe einige Zeitungen, wo über den Fall ge- schrieben haben. Was die konservativen Zeitungen darüber ge- schrieben haben, davon will ich als liberaler Bürger nicht reden. dazu kann sich ja Ihr konservativer August äußern, in den seinen Augen sind wir ja doch nur Spießer oder Philister. Aber was ein liberales Blatt, dieMagdeburger Zeitung" glaube ich war es, geschrieben hat. das legt den Finger in die offene Wunde. Jawohl, das Blatt bat Recht. In Erfurt saßen Sie, die Sozialdemokraten auf der Anklagebank. Wenn Ihr nicht den sieben Arbeitern mit Eurem Organisationsschwindcl, Euren blutrünstigen VolkSvcr- sammluugSphrasen und Euren giftigen Flugblättern und Zeitungs- ortikeln den Kopf verkeilt hättet, würden sie sich nicht an den Herrn Gendarmeriewachtmeister und de» Herrn Polizeisergeanten vergrissen haben. Ohne Ihre Verhetzung wäre in den Landwehr- leutcn auch im Suff das Bewußtsein lebendig gewesen, daß sie am Kontrollversammlungstage bis Punkt 12 Uhr nachts königlich preußische Kommißsoldatcn sind und sich als solche zu benehmen haben. Von Eurer Verhetzung können wir liberalen Brotgeber, da Wir uns oft mit Arbeitern, die in den sozialdemokratischen GeWerk- schaften organisiert sind, herumärgern müssen, auch ein Liedchen singen. Und wenn dann, wie im Erfurter Falle, der Alkohol noch dazu kommt, dann werden alle von Euch entfesselten bösen Instinkte lebendig und aller Respekt vor der Autorität geht zum Teufel. Darum hat das Magdeburger Blatt ganz recht, wenn es Euch für das Erfurter Urteil verantwortlich macht. Darum ist auch ein großer Unterschied zwischen der bösartigen. sozusagen politisch vergifteten Besoffenheit und der. ich will mal sagen, anständigen Besoftenhett. Wenn ich mir mal einen Assen kaufe, dann bin ich der gemütlichste Mensch von der Welt und habe mich nur mit meiner Alten auseinanderzusetzen. Und daS geht keinem was an. Und wenn Studenten sich sternhagel voll. pumpen und, wie das in Bonn , Marburg , Halle usw. geschah, wovon Sie so großen Lärm machen, Polypen verhauen, Polizeiwachtstuben stürmen oder Eisenbahnwagen demolieren und Babnschwellen auf. reißen, so geschieht das nur in jugendlichem Ungestüm und un- beeinflußt durch irgendwelche autoruätsfeindliche Verhetzung. Daß solche Lappalien mit ein paar Mark Geldstrafe abgetan werden, muß doch jedem vernünftigen Menschen einleuchten. Ter alte Herr schickt dem studierenden Sohn, der einen Polypen«in paar Löcher in den Kopf geboxt hat, ein paar blaue Lappen mehr zum Monats- Wechsel, damit er die Geldstrafe bezahlen kann, und die Sache ist damit abgetan. Aber bei Arbeitern muß das Gericht die bösartige, unbotmäßige Gesinnung mit in Betracht ziehen, das ist eben ganz etwas anderes. Sic werden freilich sagen wollen, die in Erkürt Verurteilten wären gar keine Sozialdemokraten. Aber im Ableugnen sind Sie ja groß. Das kennt man als liberaler Politiker schon. Hat Ihnen doch sogar dieBerliner Volkszeitung", wo doch gewiß ein demo- kratischeS Blatt ist, dieser Tage gesagt, was für eine terroristische Gesellschaft Sie und Ihre Anhänger sind. Ueberhaupt was Sie den Arbeitern heutzutage für Ideen bei- bringen, das gel» bald auf keine Kuhhaut mehr. Davon habe ich dieser Tage wieder so ein schönes Beispiel erlebt. Und das kam so: Ich mache natürlich jedes Jahr mit meiner Familie eine Sommcrrcise nach Ahlbcck an der Ostsee . Denn erstens kann man es sich leisten, zweitens muß man es schon wegen des Re- nommeeS vor den Bekannten tun, und drittens ist es dort sehr gemütlich. ES ist dort sehr viel anständige» Berliner Publikum: man hat seinen Stammtisch, seinen regelmäßigen Skat, kurz, es ist wie zu Hause. Gehe ich da kürzlich mit meinem Dienstmädchen aus den Boden, um die Reisekörbe und Koffer herunterzuholen. Da begegnet mir oben einer von meinen Mietern, einer von Ihrer Kulör, aber sonst ein ganz anständiger, fleißiger Kerl, und sein- Miete bezahlt er auch pünktlich. Er hilft mir. die großen Reise- körbe durch den schmalen Bodengang ziehen, und wir kommen in» Eisenbahnverkehrs beschränkt ist. Der Versuch einizer Kaufleut«. die Lebensmittelpreise zu erhöhen, führte zur«uf» lehnung des Publikums, das einen Laden zerstörte. Infolge der Einberufung der Kutscher und der Requisition der Pferde beginnt sich ein Mangel an öffentlichem Fuhrwerk fühlbar zu machen. Die Haltung der Pforte. Konstantinopel , 6. Juli. Nach einer offiziösen Mitteilung wünscht die Pforte, Neutralität zu bewahren, dabei wird aber betont, daß der Streit unter den Verbündeten die öffentliche Meinung und die Armee sehr aufregt, und daß es schwer sein wird, sie im Zaume zu halten, wenn die Rechte der Pforte nicht in gerechter und billiger Weise anerkannt werden. Ter Militärgouverneur von Konstantinopel hat allen beurlaubten Offizieren, Aerzten und Soldaten derTschataldscha. Armee und der Westarmee, soweit sie zur Tschataldscha-Armee kommandiert sind, die sofortige Rückkehr in ihre Korps be- fohlen. pditifcbe üeberlicbt Fortdauer der Schreckensherrschaft. Tie Beschlüsse des Reichstags zu den Wehr- und D e ck u n g s vorlagen sind vom Bundesrat unverzüglich an- genommen worden. Dagegen hat man es mit der Zustim- niung zu der im Zusammenhange mit der Wehrvorlage vom Reichstag verabschiedeten Novelle zum Militär st ras- g e s c tz b u ch nicht so eilig gehabt. Man hat sie vielmehr erst einem Ausschuß überwiesen. Die Bestätigung der dem Volke auferlegten neuen Lasten konnte nicht rasch genug erfolgen. Daß viele Tausende von Rekruten den Militärstrafgesetzen unterworfen wurden, ver- trug keinerlei Aufschub. Aber die Milderung der allgemein als ungeheuerlich empfundenen mittelalterlichen Be- stimmungen deS Militärstrafgesetzbuchs vermochte der Bun­desrat nicht ohne weiteres zu akzeptieren. Hier war eine peinliche Nachprüfung am Platze. Ter Reichskanzler hatte zwar im Reichstage die Erklä- rung abgegeben, daß er die Beschlüste des Reichstags im Bundesrat energisch vertreten werde. Lag es nun an der Ohn- macht des-Reichskanzlers und preußischen Ministerpräsidenten oder an seiner mangelnden Energie jedenfalls hat der Bun- desrat ein Gesetz, das vom Reichstag als überaus dringlich anerkannt und wegen seiner Dringlichkeit als N o t g e s e tz beschlossen worden war. auf die lange Bank geschoben und die Entscheidung darüber bis zum Herbst ver- tagt. Selbstverständlich wäre es für den Bundesrat ein leichtes gewesen, vor dem Eintritt in die Sommerferien nach Ein- holung der ihm notwendig erscheinenden Informationen noch eine oder mehrere Sitzungen abzuhalten und dann das Gesetz sofort zu erledigen. Das aber entsprach nicht der B e- guemlichkcit des Bundesrats. Tie Hauptfache war für ihn. daß ungezählte Tausende mehr als bisher in den un- erwünschtenvornehmsten" Rock gesteckt wurden. Dafür, daß von Gesetzes wegen Schreckensurteile wie das von Erfurt auszuschließen oder wenigstens zu mildern seien, fchlte jeg- liches Verständnis. Diese Verschleppung einer längst dringlichen Re- form wird unserem Militarismus vollends das Brandmal aufdrücken._ Eine Kavallerieattacke gegen das Reichstagswahlrecht. TieDeutsche Tageszeitung" veröffentlicht eine Zuschritt des Generals der Kavallerie v.'Klei st. der Mitglied des preußischen Herreuhauses und wahrscheinlich auch Mitglied des Preußenbundes ist. Ter Herr General ist in helle Empörung geraten über die Resolutionen, die im Reichstag zur Webr- Vorlage angenommen wurden und die nach seiner Meinung einen Ansturm gegen die Kommandogewalt bedeuten. Er schreibt: Daß auch bürgerliche Parteien sich an diesem Ansturm gegen die Kommandogewalt beteiligten, das ist für einen Vater- landsfreund einfach unverständlich. Ich würde mich nicht gc- wundert, sondern gefreut haben, wenn der Kriegsm-nister heraus- Gespräch.Wer es doch auch so gut haben könnte", meinte er. als ich ihm von meinen Reiseplänen erzählte.UnZ Arbeitern ivürdcn ein paar Wochen Ferien auch gut tun, wenn wir so die ganze Zeit in dem staubigen, muffigen Maschinensaale stehen." Ja, mein Lieber," sage ich,daS ist nun mal nicht anders. Wenn Sie es erst mal zu was gebracht haben, dann können Sie sich dos auch leisten." Da wurde der Kerl frech und sagte dreckig lächelnd: Na, Herr Schulze, mit Ihrer Hände Arbeit hätten Sie eS auch nicht zu Badereisen gebracht. Wenn Sie nicht die schönen Grund- stücke geerbt hätten..." Das konnte ich mir als Hauswirt und anständiger Bürger natürlich nicht bieten lassen.Wenn Ihr streikt, habt Ihr gerade genug Ferien", schnauzte ich ihn an. Aber da hätten Sie den Menschen mal hören sollen. Er sagte, ob die Arbeiter aus bloßem Uebermut streikten, und od ich wüßte, wie eng sie sich in solcher Streikzeit den Hungerriemen schnallen müßten, und ob die Arbeitslosigkeit auch eine angenehme Ferien- zeit wäre, wenn kein Brot im Hause sei. Und die Zeit würde kommen, wo auch der Arbeiter seine richtigen Ferien haben werde. Ter Anfang sei schon hier und da gemacht. Kurz, er schnatterte die ganze Litanei, die man bei Ihnen so oft lesen kann, herunter. Ich habe ihn einfach stehen lassen. Mit solchen Leuten kann ein honetter Bürgersmann eben nicht diskutieren. Arbeiter und Ferien?! Damit hätte man früher einmal Jemandem kommen' sollen. Ich möchte wissen, was mein seliger Vater, und das war doch ein Mann, der in die Welt paßte, zu so einem gesagt hätte. Ihn auslachen und für verrückt erklären wäre das mindeste gewesen. Aber solche Raupen werden den Leuten eben durch Ihre Schreiberei in die Köpfe gesetzt. Schimpfen Sie. soviel Sie wollen, aui Pfaffen und Junker. Da machen wir liberalen Bürger auch mit. Aber machen Sie den Arbeitern keine brägen. klilrigcn Illusionen. Standcsunterschiede hat eS eben immer ge- geben und das wird auch so bleiben. Darum hören Sie auch mit Ihrem Geschreibsel über den so- genannten Massenstreik auf. Für solche Alnkerlttzcheu sind wir liberalen Realpolitiker nun schon rein gar nicht zu fabcm Wenn 'es soweit käme, wären wir Hauswirte die ersten, die sehen könnten, wie sie den Mietzins rein kriegten. Na, ich dankte schön.... Doch ich will mich nicht ärgern. Morgen soll die Reise losgehen. und da sollen ausgerechnet Sie mir nicht die Stimmung ver. derben. Vielleicht muß ich in der Angelegenheit doch noch mal an Sie schreiben. Also adieu und grüßen Sie den konservativen August. Mit der Ihnen gebührenden Hochachtung� Friedrich Wilhelm Schulze, Rentier und Hausbesitzer. Ernst.