leisten können; dazu langen ihre Verdienste nicht. Als am zweitenTage die Brötchen nicht mehr geschmiert und das Frühstück nurmit Bratwurst belegt werden sollte, drohten die Arbeitswilligen mitRebellion. Wohl oder übel mutzte es bei der guten Verpflegungbleiben. Gegenüber den jetzt von der Firma gezahlten Löhnen, dieeinschlietzlich der Beköstigung usw. die bisherigen Verdienste derstreikenden Former weit über ein Drittel, die der anderen Streiken�den sogar um die Hälfte übersteigen, sind die Leistungen der Arbeits�willigen geradezu jämmerlich. Zehn Former haben in 2sh Tagendas geleistet, was sonst zwei Former in zwei Tagen leisten müssen.Die Qualität der geleisteten Arbeit steht im gleichen Verhältnis zurQuantität. Ein Quantum Arbeit, welches der Firma bisher nichtganz M M. gekostet hat, muß jetzt mit über 200 M. bezahlt werden.Es ist also Geflunker, wenn die Firma behauptet, daß sie diegeforderten Preise nicht zahlen kann. Den Arbeitern aber werdendie Augen geöffnet, denn sie sehen, es geht auch anders.Tic Brauereiarbeiter in Lauenburg(Pommern) haben dieArbeit niedergelegt, weil die Brauereibesitzer sich weigerten, zuverhandeln. Nach zweitägigem Streik kam mit der Klosterbrauereieine Einigung und ein Tarifvertrag zustande. Der Besitzer der Feld-schlößchen-Brauerei dagegen hat sich c i n e A n z a h l S t r ä f l i n g eals Rausreitzer zuweisen lassen. Hiergegen ist Beschwerde an zu-ständiger Stelle erhoben worden.In der Satrnpcr Wurstfabrit von H. Redlefsen und derenZweigniederlassung in Tönning sind die Schlächtergesellen in eineLohnbewegung eingetreten. Die Forderungen sind: Festlegung vonMindcstlöhncii, eine minimale Lohnerhöhung und Bezahlung derUeberstunden. Die Löhne betragen jetzl für Ledige 13 M., fürVerheiratete 21 M., ältere verheiratete Hilfsarbeiter erhalten sogarnur 18 M. und 17 M. pro Woche. Obgleich nun die Abnehmer deSHerrn Redlefsen zum großen Teil Komsumvereine, also organisierteArbeiter sind, will er mit der Organisationsleitung seiner Gesellennichts zu tun haben. Er verwehrt seinen Gesellen das Mitbestim-mungsrecht an den Lohn- und Arbeitsverhältnissen, will das viel-mehr nach„Leistung" selbst bestimmen. Die Organisationsleitungwird vorher aber noch erst alle Mittel versuchen, um mit HerrnRedlefsen in Güte auszukommen. � Die dort beschäftigten Gesellensind fest entschlossen, alles an die Erriiigung bessererund zeitgemäßerLohn- und Arbeitsverhältnisse zu setzen und ersuchen deshalb allerechtdenkenden Schlächtergesellen dringend, vorläufig leine Arbeitnach S a t r u p und Tönning anzunehmen.Zentralverband der Fleischer.Gauleitung Kiel.Die Arbeiter der„Palminwerkc" in W i l h el m s b u'r g beiHamburg, Firma H. Schlinck u. Cie., haben am 2. Juli wegen Nicht-anerkennung ihrer Forderung dicjtlrbcit eingestellt. Streikbrecher-Agenten sind nunmehr auf der Suche nach Arbeitswilligen. Bc-sonders werden sie bemüht sein, geübte Oelpressenarbeiter zu be-kommen. Zuzug von Fabrikarbeitern, Arbeiterinnen, Heizern, Ma-schinisten und Handwerkern ist streng fernzuhalten.Hm der Partei.Aus den Organisationen.Der Bezirlsparteitag für die obere Rheinprovinz war am S. und6. Juli in Bendorf bei Koblenz versammelt. Aus dem G e-schäftsbericht entnehmen wir, daß die Gesamtmitgliederzahlam 30. Juni 1012 13 303 männliche nnd lögg weibliche betrug, am31. März 1913 13 386 männliche und 1607 weibliche. Ein kleinerRückgang ist nur in Aachen und Mayen-Ahrweiler zu verzeichnen.DaS Bezirksgebiet, das im letzten Jahre durch den Wahlkreis Ott-weiler-St. Wendel erweitert wurde, umfaßt jetzt 22 Wahlkreise. Eswurden in neun Monaten 147 Volksversammlungen abgehalten,1 151 700 Flugblätter, 122 475 Broschüren, 136 000 Kalender verteilt.In die Orte, wo keine Verbindung vorhanden, wurde das Agitations-Material diesmal an die einzelnen Adressen durch die Post ver-sändt. Das hat sich laut des Zeugnisses der Gegner ausgezeichnetbewährt. Als Sekretärin wurde am 1. März die Genossin I u ch a c zaus Berlin angestellt. Sie widmet sich in der Hauptsacheder Frauenbewegung. In den Gemeindevertretungen ist die Sozial-demokratie in diesen schwarzen Gebieten nur wenig vertreten. Siehat in 3 Städten 10 Stadtverordnete und in 11 Gemeinden16 Gemeinderatsmitglieder. Der Kassenbericht weist in Einnahmeund Ausgabe 20 538,55 M. auf. Der Zuschuß vom Parteivorstandhat sich verringert, beträgt aber, immer noch 7112,80 M. Es bestehtein B e z i r k s- B i l d u ii g s a u s s ch u ß, der mit sechs örtlichenBildungsauSsibüssen arbeitet. Die Bildungsausschüsse von Aachen,Koblenz und Trier haben teils wegen Geldmangels, teils wegenitokalschwierigkeiten ihre Tätigkeit eingestellt. Die Jugend-Bewegung hat nicht nur unter den Schwierigkeiten eines zumgroßen Teil wirtschaftlich rückständigen und klerikal beherrschten Gebiets,sondern auch unter polizeilichen Schwierigkeiten zu leiden. Trotzdemhat die„Arbeiter-Jugend* 1671 Abonnenten, darunter 261 weibliche.Angenommen wurde ein Antrag Bonn, der auf dem nächstenParteitag ein Referat über die A g r a r v e r h ä l t n i s s e der oberenRheinprovinz wünscht. Als Redner wird Genosse RechtsanwaltKirschbaum sBonn) in Aussicht genommen.Im Mittelpunkt dcL Parteitages stand eine lebhafte Ausspracheüber die Wahlrechtsfrage und den Massenstreik.Reichstagsabgeordneter Genosse Dr. H o f r i ch t e r führte u. a.aus: DaS wissen wir alle: Soll eine derartige Aktion mit Erfolgdurchgeführt werden, so muß es im vollen Einverständnis aller in dermoderne» Arbeiterbewegung zusammengefaßten Arbeiter erfolgen.(Lebhaftes Sehr richtig!) So lange diese Einmütigkeit in Fragesteht, werden wir nichts erreichen. Eine neue Auflage der Massen-streikdifferenzen wünschen wir nicht. Wenn aber eine Lebensfragedes Volkes nicht anders zu lösen ist, so müssen auch Mittelangewendet werden, zu denen man in normalenZeiten nicht greift. Die Aktion muß aber aus den Massenherauswachsen. Man darf sie nicht dazu treiben. Ist die Stimmungda, dann werden sich die leitenden Personen ihrnicht widersetzen können. Haben wir die Gewißheit überdiese Stimmung und die notwendige Einigung, und lenkt dann dieReaktion nicht ein, so muß auch die Anwendung des Massenstreiks inernst hafte st e Erwägung gezogen werden.Nach längerer Debatte wurde folgende Resolution angenommen:„Der Parteitag der oberen Rheinprovinz erklärt:Die Fortführung des preußischen Wahlrechtskampfes mit ver-schärften Mitteln ist eine dringende politische Forderung. In vielgrößerem Maße als bisher müssen die Massen in Bewegung gesetztund für den rücksichtslosen Kampf gegen das Dreiklassensystemgeschult werden. Die Organisationen dürfen in dem großenKampfe um die Demokratisierung Preußens vor keinem Opferzurückschrecken. Der Parteitag spricht die bcstimnite Erwartungaus, daß nicht allein die politischen, sondern auch die Wirtschaft-lichen Organisationen der Arbeiterklaffe in dieser Zentralfrage derpreußisch-deutschen Politik ihre Pflicht erfüllen. Die Anwendungneuer und verschärfter Kampfmittel, zu denen auch der Massenstreikzu rechnen ist, muß mit allem Eifer erörtert und durch Ausbauund Stärkung der Organisationen praktisch vorbereitet werden."Am 6. Juli hielt der Sozialdemokratische KreiswahlvereinDortmund- Hörde seine 10. Generalversammlung ab. DerGeschäftsbericht kann einen nennenswerten Fortschritt derOrganisation nicht feststellen. Die Mitgliederzahl stieg vom 1. Juli1912 bis 31. März 1913 nur um 18, nämlich von 9304 auf 9322.Weibliche Mitglieder waren 1770 vorhanden. Die Mitglieder ver-teilen sich aus 74 örtliche Filialen. Die Einnahme» stellen sich auf26 514 M., die Ausgaben auf 26 732 M..einer Auflage von 5010 Exemplaren. Bei den Gemeinderatswahlen,die sich recht heftig gestalteten, schnitten wir gut ab. Insgesamtzählen wir im Kreise gegenwärtig in 2 Städten und 39 Landgemeinden 92 Gemeindeverlreter. Die Bildungsarbeit wurde durchdie Gründung eines Wahlkreisausschusses gefördert. Die Abonnentenzahl der„Arbeiterjugend" stieg von 500 auf 850.lieber die LandtagSwahl sprach ReichstagsabgeordneterM. König. Der Redner berührte zum Schlüsse auch dieFrage deS Massenstreiks. Er hält ihn für möglichüberall dort, wo die Arbeiterschaft bei der öffentlichenWahl für die Sozialdemokratie eintritt. Dort soll manVersuche wagen. Im Ruhrrevier liege die Sache nicht so ein-fach. Ein Demonstrationsstreik von wenigen Tagen würde dasGrubenkapital wenig irritieren, besonders nicht in der Krise. Hiermüßte schon mit einer Dauer von 6—8 Wochen gerechnet werden.Man dürfe auch nicht darauf bauen, daß man die indifferenten Ar-beiter in einen solchen Kampf mit hineinziehen könnte. Wo mansich mächtig genug fühlt, möge man den politischen Massenstreikwagen; wir werden jeden Versuch unterstützen. Hier aber bleibenuns nur die alten KampfeSmittel: Organisation und Agitation!Dem mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Referat folgte keineDebatte.____Totcnliftc der Partei.Rom, 8. Juli.(Privattelegramm deS„Vorwärts".)Genosse Montemartini, der Generaldirektor deS statistischenReichs- und Arbeitsamtes und römischer Stadtverordneter, wurdegestern abend bei einer Stadtratssitzung auf dem Kapital vomSchlage getroffen und ist nachts 3 Uhr im Rathause gestorben. Ge-nasse Montemartini ist 46 Jahre alt geworden; er war ein allgemeingeschätzter Parteigenosse. Seine Leiche ist im Fahnensaal des Kapitalsaufgebahrt._es verbleibt ein Bestandvon 15 229 M. Die Agitation war zwar nicht sehr lebhaft, immer-hin fanden 52 allgemeine und 13 besondere öffentliche Bcrsanim-lungcn(für die Frauen) und ferner 802 Mitgliederversammlungenstatt, in welch letzteren 146 Vorträge gehalten lvurden. Es kamenzur Perteilung: 258 000 Flugblätter. 80 000 Broschüren. 100 000Exemplare der Monatsschrift„Wahrheit" nnd 15 000 der„Frauen-zeliung". 43R Stück der.Skeu'N Zeit", 2340 Somplar«der„fiömnumalcu Praxis", weiter LgitatiouSmalerial uiEus Induftrie und Kandel.Die Gewinne deS Petroleumtrusts in Deutschland treten in demAbschluß derDeutsch-AmerikanischenPetroleu m-A.- G.,der deutschen Tochtergesellschaft des Trusts, nicht voll zutage. Inder Bilanz erscheinen: Gewinn auS Reederei 3,01 Millionen(gegen2,5 Millionen im Vorjahr), Gewinn aus dem inländischen Geschäft1,91 Millionen(1,81 Millionen). Abgeschrieben wurden 2,7 Millionen.Zeigte schon in früheren Jahren die Bilanz offenbare Ver-fchleierungen mit Rücksicht auf den Trust, so wird das für daS ver-gangene Jahr in Hinsicht auf den Petroleummonopol-gesetzentwurf besonders zutreffen.— Wie sehr die Petroleum-gesellschaften von der Preissteigerung im letzten Jahre profitierthaben, zeigt der Geschäftsbericht der Königlich Nieder-ländischen Petroleum-Ges., deS größten Petroleum-konzernS neben dem amerikanischen Trust. Bei der NiederländischenGesellschaft stieg der Gewinn fast um das Doppelte, von 13,7 auf26,7 Millionen Gulden. Diese Gewinne setzen sich fast ganz auSDividendenanteilcn an anderen Gesellschaften zusammen, da dieNiederländische eine reine Finanzgesellschaft ist.Bankkrach in Amerika. In Pittsburg sind in diesen Tagen zweiBankinstitute auf Anordnung der Bundesbehörden geschloffenworden. Bei einer dritten Bank soll ebenfalls die Zahlungs-einstellung bevorstehen. Beteiligt sind die First-Second Nationalbankof Pittsburg mit einem Aktienkapital von 3,4 Millionen Dollar undDepositen von 83 Millionen Dollar, ferner die First Nationalbankin Nickeesport mit einem Aktienkapital von 0,3 Millionen Dollarund Depositen von 3,34 Millionen. Die dritte Bank ist die Pitts-bürg Bank for SavingS. Die beiden ersten Banken gehören demKonzern des Pittsburger Bankhauses Kuhn an; das Kapital desKonzerns soll sich auf 110 Millionen Dollar belausen. DieZahlungseinstellung würde also von ganz erheblichen finanziellenWirkungen sein. Die Schwierigkeiten sind hervorgerufen wordenoffenbar durch die allgemeine Geldkalamität infolge der politischenEreignisse und die damit verbundene Konjunkturstockung, die sichauch in Amerika bereits bemerkbar macht. Die dritte Bank istwahrscheinlich in die Katastrophe mit hineingezogen worden, weil sieauf die Nachricht von der Schließung der beiden großen Notenbankenhin von den Sparern bestürmt wurde, die ihre Guthaben zurück-ziehen wollten.— Die insolvente First and Second Nationalbankof Pittsburg stand mit der Deutschen Bank in Kontokorrent«Verbindung. Bei der Berliner Hauptniederlassung hatte sie eingrößeres Guthaben als Basis für ihren deutschen Scheckverkehr, da-gegen ist sie bei der Deutschen Bank in London einige tausendnd schuldig.Sozialea.Die Witwerrente.§ 1260 der Reichsversicherungsordnung bestimmt: Nach demTode der versicherten Ehefrau eines erwerbsunfähigen Ehemannes,die den Lebensunterhalt ihrer Familie ganz oder überiwegend ausihrem Arbeitsverdienste bestritten hat, steht den ehelichen Kindernunter 15 Jahren Waisenrente und dem Manne Witwrrrcnte zu,solange sie bedürftig sind.Witwerrente! Das klingt so sozial und manchem, der nicht auspraktischer Erfahrung die Schäden kennt, die der Kapitalismusseinen Opfern zufügt, scheint die Fürsorge für einen Mann wohlübertrieben. Aber gemach! Dafür ist schon gesorgt, daß die sozialeFürsorge, die in den 1805 Paragraphen der Reichsversicherungs-ordnung ihren gesetzlichen Ausdruck findet, die Fürsorgeberechtigtennicht ohne Wünsche läßt und die Rechtsprechung tut noch das Ihre,um den Kreis der Berechtigten nicht zu groß werden zu lassen.Der Kampf um die Renten, der täglich die Spalten der Arbeiter-presse füllt(die bürgerlichen Blätter setzen ihren Lesern solch auf-regende Kost nicht vor), kennzeichnet die Art der„sozialen Für-sorge", die als gefüllte Kompottschüssel bezeichnet wurde.Ein Elendsbild entwickelte die Verhandlung der Berufungssachedes Expedienten Müller in Stollberg vor dem Oberverstcherungs-amt Ehemnitz. M. hatte Waisenrente für seinen minderjährigenSohn und Witwerrente für sich beansprucht. Vor Jahren hatte erbei einem Betriebsunfall den linken Arm verloren. Dadurch wurdeer zum größten Teile erwerbsunfähig. Die Unfallrcnte, die ihmfür den unersetzlichen Verlust des Armes gewährt wird, beträgtjährlich 471,61 M. M. hat noch einen kleinen Nebenverdienst da-durch, daß er, der Einarmige, als Trompeter zur Tanzmusik mitaufspielt. Diese Tätigkeit bringt ihm ohne Abzug der Spesen119 M. im Jahre ein. Dieses Einkommen reichte natürlich nichthin, die Familie zu ernähren. Da griff denn die Ehefrau kräftigmit ein. Sic wurde Spulerin und als solche verdiente sie jährlich440 M. und weitere 30 M. durch einen Nebenverdienst. Natürlichmutzte sie außerdem die Hauswirtschaft zum größten Teile nochversorgen. So hatte denn der rücksichtslose Kapitalismus das Elendin diese Arbeiterfamilie hineingebracht. Gemildert wurde es durchdie entsagungsvolle Mitarbeit der Ehefrau. Diese ist nun früh-zeitig gestorben. Sic hat den im Betriebe zum Krüppel gemachtenEhemann und ein unerzogenes Kind zurückgelassen.Sollte man nicht meinen, daß dieser Fall geradezu nach Für-sorge schreit? Gewiß ist dem so. Man sollte auch meinen, daßinnerhalb der 1805 Paragraphen der ReichsversicherungsordnungRaum sei für diesen Fall. Leider nein! Die Landcsvcrsicherungs-anstalt hatte dem Rentenansprechcr ablehnenden Bescheid gegebenmit der Begründung, daß seine Ehefrau den Lebensunterhalt derFamilie weder ganz noch überwiegend aus ihrem Arbeitsverdienstedestritten habe; damit entfalle die gesetzliche Grundlage zur Ge-Währung der beanspruchten Rente. Mit dem Rechtsmittel der Be-rufung hatte sich M. an das Oberversicherungsamt gewandt undM Begründung seines Anspruch« geltend gemacht, daß von seinems Rente- und Nebeneinkommen noch Abstriche zu machen seien, weilihm von den 119 M. Nebeneinkommen jährlich nur 51,35 R. übrigblieben. Ferner müsse berücksichtigt werden, daß die Ehefrauaußerdem die Hauswirtschaft mit besorgt, dadurch erhebliche Aus-gaben, die sonst nötig gewesen wären, erspart habe. Es müsse des-halb der Jahresarbeitsverdienst seiner Ehefrau höher, dagegensein Rente- und Nebeneinkommen niedriger eingestellt werden.Dann erscheine ganz klar, daß der Lebensunterhalt der Familiedoch überwiegend von der Eheftau bestritten worden sei. Ter Bor-sitzende erkannte an, daß die Frau wohl tüchtig gearbeitet habe unddaß sie jetzt dem Manne sehr fehle. Er bezweifelte aber, daß nachdem Gesetz die Besorgung der Hauswirtschaft als Arbeitsverdienstmit herangezogen werden könne. Dementsprechend verwarf dasObcrvcrsichcrungsamt die Berufung. In den EntscheidungsgründenIvurdc u. a. gesagt, daß die Frau wohl bedeutend zum Lebcnsunter-halt mit beigetragen habe, aber nicht überwiegend. Diese Voraus-sctzung für die Witwerrente sei also nach dem Gesotz nicht gegebenund deshalb habe die Berufung verworfen werden müssen.So sieht die Witwerfürsorge in der Praxis aus!£lus aller Welt.Der ehemalige Staatsanwalt als 8teuer-hinterzieher.Die„Köln. Volksztg." schreibt:„Der Steuerverwaltung vonCharlottcnburg ist unlängst ein unerwartet großer Betrag, mit demsie vorher nicht rechnen konnte, zugegangen. Gegen Ende desvorigen Jahres starb der Geheime Oberbergrat Wachler,der zu Lebzeiten im deutschen Wirtschaftsleben eine große Rollespielte. Bei der Regulierung seines nicht geringen Nachlasses wurdedie Aufmerksamkeit der Steuerbehörde erregt, die schließlich auchfeststellte, daß der Verstorbene lange Jahre sich seinerSteuerpflicht in großem Maße entzogen hatte. DieErben mußten denn auch 376 000 M. nachzahlen undzwar 16 000 M. als Strafgelder und 360 000 M. in denletzten fünf Jahren zu wenig bezahlter Steuern. Hinter-zogene Steuern brauchen im Falle der Entdeckung nur für die letztenfünf Jahre nachgezahlt zu werden; es wurde aber festgestellt, daßWachler mindestens 15 Jahre lang sein Einkommen viel zu niedrigeingeschätzt hat; er hat im ganzen fast eine Million M.Steuern zu wenig gezahlt. Wachler war erst Staats-a n w a l t, wurde später von dein Fürsten Henckel zu Donnersmarckzum Generaldirektor seiner Unternehmungen gemacht und trat soin ausgedehnte Beziehungen zur deuffchen Hochfinanz. Lange Jahrewar er stellvertretender Aussichtsratsvorsitzeiider der Dresdener Bankund wurde schließlich auch vom König ins Herrenhaus berufen."Wie oft mag der ehemalige Herr Staatsanwalt, der den Staatso schändlich betrogen hat, als glühender Patriot gegen die„Um-stürzler" gewütet haben?!____Massenvergiftung durch Schuld der Behörden.In dem Dorfe Fiores bei Avila in Spanien sind sechsEinwohner, die Fleisch von räudigen Schafen gegessenhaben, gestorben, 18 liegen im Todeskampfeund viele sind schwer erkrankt. Das Fleisch tvar mit E r-mächtigung der städtischen Veterinär-behörden verkauft worden. Gegen die schuldigen Be-Hörden, die in dieser unerhört frivolen Weise das Leben derärmeren Bevölkerung aufs Spiel gesetzt haben, ist ein gericht-liches Verfahren eingeleitet worden.Wieder zwei kompromittierte Abgeordnete.Ans Rom wird uns geschrieben: Die Gerichte springen indiesen Tagen recht erbarmungslos mit den italienischen Abgeordnetenum. Jetzt hat ein römisches Gericht einen von dem AbgeordnetenB u o a n n o als Verleumder verklagten Mann freigesprochen, weilder Mann den W a h r h e i t s b e w e i s der als verleumderisch an-gesehenen Behauptung erbracht hatte. Und die Behauptung liefdarauf hinaus, daß der Abgeordnete 2000 Lire, die ihm als Depotgegeben worden waren, unterschlagen haben sollte! Fastgleichzeitig mit dem Ministeriellen B u o a n n o kommtder Republikaner Mirabelli bei einem Urteil recht böseweg. Er hatte vom Staat einen Schadenersatz beantragt fürdie Zerstörung der Reben eines Weinbergs, die angeblich von derRegierungSkommission zur Bekämpfung der Reblaus vorgenommenworden wäre. In der Tat wurde ihm in erster Instanz einSchädenersatz von 70 000 Lire zugesprochen. Inzwischen kam aber,während der Staat die höheren Instanzen anging, zur Sprache,� daßder Herr Abgeordnete seine Reben, die gar nicht krank waren, selbsthatte ausrotten lassen, und daß die Kommission mit der Sache garnichts zu tun hatte. Der Kassationshof hat daher das Urteil derersten Instanz einfach kassiert, ohne es einem anderen Gericht zuüberweisen. Die italienischen Abgeordneten scheinen wirklich in denletzten Jahren den Lockungen des Bösen keinen allzu großen Wider-stand entgegengestellt zu Habens_Kubanische Staatsstützen.Wie ein Telegramm aus H a v a n a meldet, ist der kubanischeGeneral Armando Riva, der Chef der nationalen Polizei,tödlich verwundet worden in einem Pistolenkampf, den erMontag abend mit General Ernesto ASbert, dem G o u-v e r n e u r der Provinz Havana, dem Senator VidalM o r a I e s und dem Deputierten AriaS hatte. Der Kampffand vor dem Klub Asberts im Prado statt. Riva hatte amSonnabend im Klub zahlreiche Spieler verhaften lassen,die infolgedessen mit Geldstrafen belegt wurden. Nach dem Kampfesuchte ASbert den Präsidenten auf. dem er Mitteilung von demVorfall machte und stellte sich dann dem Untersuchungsrichter.Kleine Notizen.Reue Brandstiftungen der Suffragetten. Ein Brand hat eindem Seifenfabrikanten und Millionär Sir William Lever gehören-des Haus in Horwics in der Grafschaft �.ancafter völligstört. Das Feuer ist durch Anhängerinncn des Fraucnstimmrechts�� PootSlmgliick auf dem Plattensee. Auf dem Plattensee inUngarn vergnügte sich Montag eine Gesellschaft bei einer Kahn-Partie. Hierbei kenterte der Kahn, dre, Personen er-�Katastrophe im BcrgnllgungSpark. Im„Palissade AmüsementPark" in New Bork stießen auf der Berg- und Talbahn zweiZüge zusammen! 30 Personen wurden verletzt,darunter drei schwer.30 Personen auf dem Er, esee ertrunken. Ein furchtbarerSturm wütete am«onntag auf dem Erieiee. Zahlreiche Bootemit AusNüalern und mehrere Segelschiffe werden vermißt. Manbefü rch tet, daß mehr als 30 Menschen bei dem Sturm ihren Todin den Fluten gefunden haben.Ein achtfacher Mörder. In Los Angeles verhaftete die Polizeieinen Mann namens Simon Helfenstein, der in einem Geschäfteinen falschen Scheck verausgabt hatte. Beim Verhör gestand er.daß er im Staate Ohio 8 Morde begangen habe, u. a. habe er einengewissen Brown ermordet; zwei Studenten seien wegendiese» Mordes angeklagt und auch hingerichtetworden