A MM M isdil Kt�ClCo« Die reaktionäre Welle. Paris , 7. Juli. (Eig. Ber.) Die geeinigte Partei hat am Sonntag im ersten Wahlgang das Mandat von I s s o u- d u n, das der verstorbene Genosse Dufour inne hatte, an einen„republikanischen"— oder wie es früher hieß—„un- abhängigen" Sozialisten verloren. Dieser erhielt 6989 Stimmen, gegen 4249 im ersten Wahlgang. Der größte Teil der 2913 Wähler, die im ersten Wahlgang für einen„republi- konischen", d. h. reaktionären Kandidaten gestimmt hatten, ging für den„Unabhängigen" zur Urne. Kandidat der ge- einigten Partei war Genosse D e s l i n i s r e s, der bekannte Theoretiker, der vor der Einigung zur Guesdistischen Partei gehörte und auch vor einiger Zeit mit dem seltsamen Vor- lchlag eines vom Parlament zu bewilligenden sozialistischen Experiments in Marokko hervorgetreten ist.— Das Wahl- ergehnis ist sicherlich zu bedauern, aber doch nicht eigentlich als Niederlage der Partei zu bezeichnen, da Dufour manche loyalen Beziehungen und Interessen zugute gekommen waren. Entschieden noch ungünstiger ist, in größerem Zusammen- hang betrachtet, das gestrige Ergebnis in Charolles im Departement Sadne-et-Loire, trotzdem die sozialistische Partei das Mandat des gleichfalls verstorbenen Genossen D u c a- nouge im zweiten Wahlgang voraussichtlich behaupten wird. Unser Kandidat war der GrubenvertrauenSmann M e r l e. <sr bekam 5276 Stimmen, um 1663 weniger als Deearouge im ersten Wahlgang 1919. Aber noch weit schlimmer schneiden die Radikalen ab. In den letzten Wahlen waren drei Kandidaten aufgetreten, die skch als Radikalsozialisten bezeich- netten und zusammen 7971 Stimmen aufbrachten. Außerdem waren— von den Reaktionären— 1993 leere Stimmzettel abgegeben worden. Diesmal aber trat ein progressistischer Kandidat auf, der die verblüffende Zahl von 5249 Stimmen bekam. Der dritte Kandidat, ein linksstehender Radikal- sozialist, der sich gegen die dreijährige Dienstzeit ausgesprochen hatte, brachte es auf 3767 Stimmen, die wohl unserem Ge- «offen zum Sieg verhelfen werden. Aber die Wahl zeigt, wie diskreditiert der Radikalismus bei den Wählern ist, vor allem hei jenen, die, ohne eine eigens Politische Ueberzeugung zu haben, für die Kandidaten zu stimmen Pflegen, die zur herrschenden Partei gehören. 1919 schien es noch, als ob die Herrschaft in der Zukunft den Radikalen gehöre. Darum banden auch die Kandidaten die radikale Maske vor. Seither hat sich die Unlebensfähigkeit des Radikalismus erwiesen. Ein Gemäßigter wurde Präsident der Republik , ein kaum ein bißchen republikanisch gefirnißter Melinist Ministerpräsident, die radikalen Gruppen der Kammer sind in vollkommener Auflösung, in der Regierungsmehrheit sind radikale Deputierte nicht der führende, sondern der ge- führte Teil. Der vollkommene Zusammenbruch des Radi- kalismus in den kommenden allgemeinen Wahlen ist gewiß. Da verlassen die Wähler wie die Kandidaten das sinkende Schiff. Tie Einstellung der Zwanzigjährigen. Paris , S. Juli. Der Kriegsmimster teilte heute nachmittag der HeeresloMmission die Entscheidung der Kommission für das Militärgesunoheitswesen über die Einstellung der Zwanzigjährigen mit. An der Spitze der Kommission steht Tr. Roux vom Pasleur.Jnstitut. Es gehören ihr außer Militär« 'ärzten und»Inspektoren auch Zioilärzte an, namentlich der Vor- sitzende der Pariser medizinischen Fakultät. Die Meinung der Kommission ist der Emslellung der Zwanzigjährigen durchaus un- gunstig und stellt den Grundsatz auf, junge Leute dürften nur mit 29 Jahren eingestellt werden, wenn sie sich freuvillig melden und wenn es ibre Gesundheit gestattet. Das beratende Komitee will die Einreihun� der Zwanzigjährigen einer strengen Auswahl von medizinischer Seite unterwerfen, da eine solche durch die Muste- rungstommission nicht genügend gewährleistet sei, in Anbetracht dir schweren Kasernierungs- und BerpslegungSbedingungen. DaS Komitee lenkte ferner die Aufmerksamkeit auf die Gefahren, die durch oas Zusammenleben von zwei Altersklassen Tier jungen Soldaten in den Kasernen beständen. Mehrere Kommissare waren darüber erstaunt, daß diese vom 8. Juli datierte Entscheidung völlig der Ansicht der Oherinspeltion für das militärische SanitätS- Wesen widerspreche. Jaures erhob lebhaften Widerspruch und erklärte, er würde die Abschaffung deS Artikels 2g des HeereS- gesetzentwurfes, der sich aus die Wiedereinführung der dreijährigen Dienstzeit bezieht, verlangen. Joseph Reinach zog sein mit Monte. bcllo zusammen eingebrachtes Amendement zurück, welches darauf hinzielte, die überschüssige Anzahl von Rekruten, welche der An- zahl der Eingereihten aus der Jahresklasse der Zwanzigjährigen entspräche, vom Militärdienste zu befreien. Die Kommission sprach sich darauf, wie bereits gemeldet, mit allen gegen eine Stimm» gegen sie Einstellung der Zwanzigjährigen aus. I�oUancl. Ein Sozialdemokrat in der Ersten Kammer. Amsterdam , 9. Juli. (Privattelegramm des ..P o r w ä r t s".1 Am Dienstag hat die Provinzialvertretung von Friesland unseren Parteigenossen Henri van Kol zum Mitglied der Ersten Kammer(Senat) gewählt. Die Wahl war das Resultat eines Wahlabkommens mit den Liberalen. Mit van Kol zieht der erue Sozialdemokrat in den hollän- dischen Senat ein. Ter Erwählte war früher Mitglied der Zweiten Kammer. Er war rm Augenblick seiner Wahl eben auf der Rückreise von einer monatelangen indischen Studien- fahrt in Mukden in der Mandichurei. Tie Wahl von Kols ist ein Erfolg des starken Anwachsens der sozialdemokratischen Mandate in der friesischen Provinzialvertretung bei den vor einigen Wochen abgehaltenen Provinzialwahlen. Hus der Partei. � Aus den Organisationen. w. � K r e i« o r g a n i s a t i o n K i e l' R« u n, ü„ st e x- Ken d« b u r g (7. schleSw.-holst. ReichStagSwahllreiS) hielt ihre WeneralüetfammtiOTg am Sonnlag. den S. Juli, m K i e l ob. Die l�a�lati(m Zählt am Schlüsse des neun Monate umfassenden «ni 16'ozialdemokratische Lrisvereine. An, 1. April ISlg �»zugekommen, so dah es jetzt IS sind Die Mit- r J'ß von 15 168 auf 15 885. Bon den 15 885 Mit- �4 männliche und 3331 weibliche. Der grossle Teil SerSafire/ T,«o™ f ben OttSverein Kiel, der am Schlüsse des <7 tv 5.2 Mitglieder hatte. Die Abonnentenzahl der den'�5s°��� Volkszeitung" stieg von 13 427 auf 19 003. r.T, Agitation«, und DemonstrationSversamm. � cine intensive Verbreitung von schifft- Itchen ügiiaiionsiniiteli, für unsere Bewegung Propaganda gemacht. «�,i»n«schris�. � 000 Flugblätter. Broschüren und sonstige 7, � Sr-mnla?» y Verteilung, dazu noch auf dem flachen Lande ÄS- e* erscheinenden„SchleSwig-H-l- s.einlichen Landpost. In Kiel wurden Unterrichtsabende für Frauen veranstaltet und zwar wnrde das sozialdemokratische Programm an sieben Abenden behandelt. Die Kommunalwahlen des Jahres er- höhten den Besitzstand der Partei an Stadtverordneten um zehn, an Gemeindeveitretern um sechs. Stadtverordnete hat unsere Partei jetzt in Kiel 24— da? ist gerade die Hälfte aller Kieler Stadt- verordnetenmandate. in Neumünster drei, in Preetz einen; sozial- demokratische Gemeindebertreter gibt eS in 17 Landgemeinden des Wahlkreises insgesamt 34, davon sind zwei in der zweiten Wähler- klasse gewähltworden.Jn Kiel hetekligie sich die sozialdemokratische Partei zum erstenmal an der Magistralswahl, und zwar mit durchschlagendem Erfolg. Der von ihr unterstützte Kandidat für das Amt des zweiten Bürgermeisters, der liberale Stadtrat Dr. Grodenwitz-Stettin, erhielt 10 886 Stimmen— darunter waren höchstens 1300 bürgerliche—, der Kandidat, auf den sich sämtliche bürgerliche Kommunalvereine vereinigt hatten, erhielt nur 5211 Stimmen. Die Finanzgebaruag des Kreises kann gut genannt werden. Der Gesamtbestand in der Kreiskasse und den einzelnen Ortskassen betrug am 1. Juli 1912 28 182,15 M.. dazu wurden im Berichtsjahre vereinnahmt an Bei- trägen und Eintrittsgeldern 63964,20 M., Versammlungseinnahmen und anderes 6147,42 M., Insgesamt 88 293,77 M: verausgabt wurden insgesamt 54 373,09 M., so daß am 1. April 1913 in den einzelnen Ortskassen und der Kreiskasse ein Vermögenbestand von insgesamt 33 920,68 M. vorhanden war. An den Parteivorstand sind 10 643,32 M., an den Bezirksvorstand 5321,66 M. abgeführt worden.— Ueber eine sehr reichhaltige und frucht- bringende Tätigkeit konnte auch der Kreisbildungsausschutz berichten. Vortragskurse wurden abgehalten von den Wanderrednern des Zentralbildungsausschusses, Rausch, Woldt und Groß. Da- neben wurden noch veranstaltet Einzelbildungsvorträge, Vorträge vor Kindern mit Lichtbildern, Konzerte, Theatervorstellungen. Die Kieler Arbeiterschaft gab allein rund 7000 M. für ihre Bildungsveranstaltungen aus. Die Zentralbibliothek der Kieler Partei und Gewerkschaften zählt in fünf Ausgabestellen mehr als 8000 Bände. Der größte Teil der für die Verhandlungen zur Verfügung stehenden Zeit ging hin mit der Diskussion über den Geschäftsbericht, die allerdings sehr anregend und fruchtbringend war. Angeregt wurde, Kurse für die Gemeindevertreter einzurichten. Ferner wurde gewünscht, daß sich eine der nächsten Bezirksparteitage mit der Landarbeiterfrage beschäftigt. Ueber Landagilation, Parteipresse und Jugendbewegung wurde eingehend debattiert. Der Parteitag in Jena soll durch 5 Delegierte beschickt werden, darunter soll eine Frau sein. Die Wahl erfolgt durch Abstimmung im ganzen Kreis. Auf dem Bezirksparleitag wird die Kreisorganisalion durch 20 Dele- gierte vertreten sein. Ein Antrag des Vorstandes, daß die OrtS- vereine statt 60 Proz. 65 Proz. der Beiträge in die Kreiskasse ab- liefern sollen, wurde abgelehnt, weil nach dem finanziellen Ergebnis der letzten Jahre eine Notwendigkeit dafür nicht vorliegt. Zur Bildungsarbeit der Partei. Der Bezirksbildungsaus schütz der' Nieder- Lausitz, umfassend 12 Parteiorte, war am Sonntag, den 6. Juli 1313, in S o r a u N.-L. zusammengetreten. Nach der Festsetzung der Vortragskurs« für das Winterprogramm wurde über die An- regung des Forster Bildungsausschusses, kür die Veranstaltungen der BildungsauSschüsse des BezirkSverdandes Dauerkarten auszu. geben, in einen lebhaften Meinungsaustausch eingetreten. Durch die Einführung solcher Dauerkarten wäre es möglich, eine finanzielle lieber ficht zu ichafsen und die Teilnehmer an den Bestrebungen der Bildungsausschüsse mehr zu fesseln. Beschlossen wurde noch, beim Beginn der Winterveranstaltun- gen ein gemeinsames Flugblatt, herauszugeben, welches auf der einen Seite das Winterprogramm des betreffenden Bildungsaus- schusses enthalten soll, auf der anderen Seite aber einen allgemeinen Ausruf. Ferner sollen Wandschmuck-, Bücher, und Jugendschriften- Ausstellungen an allen Orten des Bezirksbildungsausschusses per- anstaltet werden. Die Bezirksveveimgung �foll weiter bestehen bleiben und als. nächster Tagungsort wurde Senftenberg bestimm!. Personalien. Aus der Redaktion der„P f ä l z. P o st" in Lud- w i a S h a s e n a. Rh. scheidet demnächst Genosse L. Radios aus. der darin seit einigen Jahren für den lokalen und allgemeinen Teil verantwortlich zeichnet. Radlof ist von den Gewerkschaftskartellen der ÄretShauptmannschaft Zwickau (Sachsen ) zum Bezirks-Ar- beitersekretär gewählt worden. Sein Antritt erfolgt dort am 1. Oktober d. I. Aus Göppingen berichtet die Stuttgarter „Schwab. Tagw.": „Unwahre Nachrichten verbreitet die bürgerlich« Presse aus der Sozialdemokratischen Partei Göppingen ?. ES wird behauptet, der Kreiskassierer habe 1000 M. unterschlagen. In der„Freien Volks- zeihmg" erklärt der Kreisvorstand, die Abrechnung für das abge- laufen« Geschäftsjahr habe aus der KreiSgeneralversammlung nicht vollständig gegeben werden können, weil sich bei ihrer Ausstellung ein Defizit ergeben habe, das wahrscheinlich auf unvollständige und irrtümliche Eintragungen durch den bisherigen Kreiskassierer zu- rückzuführen sei. Der Kreisvorstand sei bereits mit der Regelung der Sache beschäftigt, und die Partei werke auf keinen Fall einen sinanziellen Schaden erleiden. Weiter erklärt der Kreisvorstand. er werde die Parteigenossen über das Ergebnis der Untersuchung aufklären."_ Soziales» Aerzte und Krankenkassen. Als vor Jahren den Mugdanesen erklärtftvurde, der Leip- ziger Verband strebe als Bezahlung die Erreichung der Mindestsätze der Gebührenordnung an, wurde entgegnet, das sei unrichtig. �?o verbohrt könne nur hier und da ein Heiß- sporn sein. Die Unmöglichkeit der Erfüllung solcher For- derungen sei jedem bekannt, der weiß, daß der Aufbau der Krankenversicherung ja auf weit niedrigerer Bezahlung be- ruhe. I e tz t st e h t's a n d e r s. Tie Aerzteorganisation stellt nochweithöhereForderungen. Sie hat beschlossen, zum 1. Oktober sämtliche Verträge mit den Kassen zu kündigen und ein gemeinsames Vorgehen der Aerzte gegen alle Kassen in die Wege zu leiten. Zu diesem Zweck soll versucht werden, durch lokale Organisationen der Aerzte die Differenzen, die unter ihnen selbst bestehen, zu beseitigen. In den einzelnen Orten sollen Vereinigungen gegründet werden, die die Rechtsfähig- keit zu erwerben und dann als Vertragsschließend« den Kassen gegenüberzutreten hätten. Ein Vertragsentwurf liegt auch bereits vor. In diesem spielt die höhere Be- zahlung der Aerzt« die Hauptrolle. Nach§ 7 des Vertragsentwurfs sollen die Mitglieder aller Kassen, ganz gleich, ob es sich um Orts-, Betriebs-, Jnnungs- oder Land- krankenkassen handelt, in vier Gruppen einge.teilt werden. Zur Gruppe. A. sollen gehören die Mitglieder mtt einem Jahreseinkommen unter 1899 M., einem Monatsgehalt unter 159 M. oder einem Tagelohn unter 6 M. Als Honorar für diese Gruppe werden dieMindestsätze der preußischen Gebührenordnung verlangt. Als Einheitssatz soll für den ersten und folgenden Besuch am Tage 1.50 M. gelten. Zur Gruppe 9 sollen Kasscnmitglieder, die über 6 M Tagelohn haben, gehören; das Honorar für diese Mitglieder wird m i t 59 P r o z. Z u s ch l a g berechnet. Zur Gruppe C sollen schließlich freiwillige Mitglieder gehören, und die ärztliche Behandlung wird in i t 100 Prozent Zuschlag berechnet werden. Endlich sollen alle diejenigen, die. ohne versicherungspflichtig zu sein, einer Kasse beitreten, in der vierten Gruppe rangieren und diese Mitglieder würden überhaupt keine ärztlicheHilfe auf Kosten der Kasse erhalten. Nach dem Vertrag sollen die Krankenkassen das Krankengeld entsprechend erhöhen; die Aerzte aber würden sich von solchen Kranken die Honorare bezahlen lassen, die sie bei privaten Patienten fordern. Vermutlich wird gerade dieser Paragraph zu den heftigsten Kämpfen zwischen Aerzten und Krankenkassen führen. Die Kassen sind bisher nicht müßig geblieben; auch sie werden versuchen, sich zusammenzuschließen, uni Forderungen entgegenzutreten, die den Ruin der Kassen bedeuten würden. In dem von den Aerzten den Krankenkassen aufgezwun- genen Kampf steht auf der einen Seite die Verpflichtung, ärztliche Hilfe zu beschaffen, auf Seiten derer, die das P r i v i» leg ärztlicher Behandlung haben, die Ablehnung Hilfe zu leisten. Da ist endlich dringend erforderlich, durch Gesetz Behandlungsztnang einzuführen und den privilegierten Aerzten auch die Pflichten gesetzlich aufzulegen, derentwegev ihnen das Privilegium zusteht...... Zur Rechtlosigkeit der Landardeiter. Die Reichsversicherungsordnung dehnt die reichsgesetzliche Krankenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 1914 ab auf die Landarbeiter aus. gewährt ihnen aber trotz hoher Beiträge noch weniger als den gewerblichen Arbeitern und entzieht ihnen die Verwaltung der Kassen. Der schwarzblaue Block weigerte sich ganz entschieden, den Landarbeitern das Selbst- verwaltungsrecht in den Krankenkassen zu geben. Es wurde vielmehr gesetzlich festgelegt, daß die Verwaltungen nicht von Versicherten, sondern von den Behörden zu wählen sind. Zwar wurde in das Gesetz eingefügt, daß durch Landes- gesetz angeordnet werden kann, daß in dem betreffenden Ge- biete deS Bundesstaates auch bei den Landkrankenkaffen Vor- stand und Ausschuß wie bei den Ortskrankenkassen gewählt wird, jedoch in Preußen denkt man uicht daran, ein solches Landesgesetz zu erlassen. Gegenwärtig finden auf dem Lande die Wahlen ber Vor« stands- und Ausschußmitglieder für die Landkrankenkassen statt. Sie werden von den— Kreistagen vollzogen, in denen die Großgrundbesitzer tonangebend sind. In den Vor- stand sollen außer den Ersatzmännern zwei Vertreter, der Arbeitgeber und vier der Versicherten gewählt werden. Die Herren Agrarier wählen als Vertreter der Ver- sicherten Inspektoren, Rendante n, Obergärtner — nur keine Landarbeiter. Dabei sind diese das GroS der Versicherten. Erst werden sie im Reichstage entrechtet; das Wahlrecht erhalten die Kreistage und diese wiederum denken nicht daran, Landarbeiter in die Vor stände zu wählen. Im Landkreis Königsberg ist derart verfahren worden, und in anderen Kreistagen wird man sich zweifellos das Verhalten dieser Agrarier zum Muster nehmen. Ueber das Geschick der Versicherten werden fast überall In- spektoren und Rendanten zu entscheiden haben. Das ist eine schwere Mißachtung der Landarbeiter, von der diese nicht ein- dringlichst genug in Kenntnis gesetzt werden können. In den Vorstand der Krankenkasse, wo es sich darum handelt, wichtige materielle Interessen der Versicherten wahrzunehmen, läßt man die Landarbeiter nicht hinein, dagegen weist man ihnen gnädigst ein Plätzchen in den Verwaltungen der e v a n» gelischen Arbeitervereine und Krieger» vereine an, um sie auf diese Weise von der modernen Arbeiterbewegung fernzuhalten. letzte IHacbrichtcii. ReichStagsabgeordneter Kohl gestorben. Eichstätt , S. Juli.(W. T. B.) Der Reichstagsabgeordnete Domiapitular Kohl(Zentrum) ist heute abend nach längerem Leid«« gestorben. Der Wahlkreis des Verstorbenen, Nenmarkt(Oberpfalz ö), ist sicherer Zentrnmsbesitz. Bei der Wahl 1912 fielen von 15 904 ah, gegebenen Stimmen 13 740 auf das Zentrum. Bulgarien sucht russische Vermittelung. Petersburg, 9. Juli. (P.-C.) In hiesigen politischen Kreisen verlautet, daß der bulgarische Gesandte B o b t s ch e w sich im Namen Bulgariens an den Minister des Aeuhern Ssasonow gewandt hat, um Rußlands Hilfe zu erbitten. Russische Mobilisation in Bessarabien . Bukarest , 9. Juli. iP.-E.) In den russischen Militärbezirken BessarabienS werden sämtliche Reservisten einberufen. Man bringt diese Einberufung mit dem bevorstehenden Eingreifen Rumäniens in den Balkankonflikt in Zusammenhang. Chinesisch-mougolisches Gefecht. llrga, 9. Jnli.(SB. T. B.) Die Truppen der Südmongolei sind durch ihnen an Zabl überlegene Chinesen, die auch mit stör- kerer'Artillerie bewaffnet waren, in der Nähe von Kuku-Choto geschlagen worden. Die Verluste der Mongolen sind verhält, niSmäßig gering. Weitere Ausdehnung des Streiks in Lodz . Lodz , 9. Juli. (W. T. B.) Mehr als tausend Arbeiter der Baumwollspinnereien Jakob I. Kestenberg und Gesellschaft Groh- mann und der Leinenmanufaktur Bennich Aktiengesellschaft sowie dreihundert Arbeiter der Gießereigesellschaft Jona und der Ma» schinenfabrik Voigt haben die Arbeit eingestellt. Die Baumwollspinnerei JulinS Kindermann, die achthundert Slrbstter beschäftigte, ist wegen Streikes geschlossen. Unter GesteinSmassen begraben. Tortmund, 9. Juli. (P. C.) Auf der Zeche„Wolf von Hanfe- mann" ereignete sich heute abend«in tödlicher Unglücksfall. Durch fallende GesteinSmassen wurden zwei Bergleute verschüttet und auf der Stelle getötet. Ein deutscher Deserteur erschossen. Engelburg bei St. Gallen, 9. Juli. (W. T. B.) Der deutsche Deserteur Karl May aus Stuttgart wurde heute, als er in das Stationsgebäude' in Wittenbach einge brachen war, von einem Polizeibcamten, den er mit dem Seitengewehr schwer verletzt hatte, erschossen._ Lustmord. Mährisch-Ostrau , 9. Juli. (P.-C.) Ein scheußliche? Verbrechen, das in seinen Einzelheiten an den letzten Prostituiertenmord in Wien erinnert, ist gestern abend hier verübt worden. DaS 12 jäh- rige Mädchen Therese Barta wurde von dem Versicherungsagenten Alfred Nebielan in ein Hotel gelockt, dort vergewaltigt und dann erwürgt. Der Mörder, der keine Möglichkeit fand, zu entfliehen, unternahm einen Versuch, sich zu erhängen. Er wurde jedoch daran gehindert und. verhastet.
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