Kr. 178. 30. IahrMg.L ßtilnjE des Jotmäitf Kerl« öollislilntt.Dienstag. 15. Juli 1913.Gewcrkfcbaftlicbca.ßewerhrcbaftshartelle.Mit dem Wachsen und Erstarken der gewerkschaftlichenBewegung bekamen manche ihrer Einrichtungen andere Be-deutung. Sie wurden teils überflüssig, teils fielen ihnenandere Aufgaben zu, oder sie mutzten ihre Tätigkeitsgebieteverlegen. Das gilt besonders auch in mancher Beziehung vonden Gewerkscyaftskartellen. Es sind die örtlichen Vereinigungender Filialen, Zahlstellen usw. der Zentralvcrbände. Ihr Auf-gabenkreis ist ein sehr vielgestaltiger und umfassender. So-lange die Verbände klein und schwach waren, lag dasSchwergewicht der Täfigkeit der Gewerkschastskartellc auf demÄebiet der Agitation und Organisation. Weiter dienten sie inhervorragendem Matze der Geldbeschaffung. Die Kartellswaren die Sammelstellen für die Streikunterstützungen. Streik-komitees sandten an die Kartelle Listen für Streiksammlungen,mit der Bitte um Beschaffung von Mitteln. Das waren nochverhältnismätzig rückständige Zustände; Streiks wurden oftlediglich nach dem zufälligen Eingang der Streiksammlungenbeendet oder hingezogen. Längst sind die Verbände den.Kinderschuhen entwachsen. Nun besorgen sie meistens die ort-liche Agitation durch die eigene Organisation. Streiks werdenheute zum Teil nach anderen Grundsätzen geführt als früher.Das Sammeln auf Listen für nach örtlichen Gesichtspunkteneingeleiteten Streiks hat vollständig aufgehört. Die Kämpfewerden jetzt nach ganz anderen Gesichtspunkten eingeleitetund durchgeführt. Matzgebenden Einflutz hat nur der Vor-stand des jeweiligen Zentralverbandes und hinter einem Streik-bcschlutz steht die Zeutralkassc mit ihren Mitteln.In dieser Beziehung ist die Tätigkeit der Kartelle sehrzurückgegangen. Agitatorisch und organisatorisch sind sie nunvorwiegend für die erst in den gewerkschaftlichen Anfängensteckenden Berufe tätig. Doch ist ihre Wirksamkeit, im Ver-gleich mit früher nicht weniger wichtig, sie wurde nicht be-deutungsloser. Alle Fragen gemeinsamer Natur für die Ge-werkschaften an einem Ort werden davon erfatzt. Es gehörendazu propagandistische Veranstaltungen, die Vorbereitung undDurchführung von sozialen Wahlen, das Vildungswesen,soziale Statisfiken, das Herbergswesen, teilweise die Einsetzungund Unterhaltung von Rechtsauskunftstellen, Maifeier-Veranstaltungen usw. Neu hinzugekommen ist nun die Ein-führung der Volksfürsorge.Mit der Veränderung ihrer Aufgaben und Betätigungs-Möglichkeiten verschob sich das Schwergewicht der Kartellemehr und mehr aus den grotzen in die mittleren und kleinenStädte und vielfach auch auf daS Land hinaus. Meistens be-stehen die Kartelle aus Vertretern der einzelnen Berufs-organisationen. Ihre Wahl erfolgt gewöhnlich für längereZeit. Die Kartelle haben verschiedene Einnahmequellen. Diesebestehen aus festen Beiträgen der angeschlossenen Verbände,ferner aus Einnahmen bei Versammlungen� aus Veranstal-tuilgen von Festen, Maifeiern, gelegentlichen Sammlungen usw.Im Jahre Z.912 bestanden in Teutschland 744 Kartelle.717 davon lieferte« für die von der Geueralkommisfion ver-ansiälteten Statistik Angaben. Im Berichtsjahr wurden 37Kartelle neu errichtet. Der Hauptzuwachs an Kartellen istden kleineren Orten, mit 2—20 Gewerkschaften und bis2500 Mitgliedern, zugute gekommen. Der Gruppe der grötztenKartelle mit über 25000 Mitgliedern gehörten im Berichts-jähr neun an. Im ganzen sind etwa neun Zehntel der Ge-werkschastSmitglieder den Kartellen angeschlossen.Die äußere Tätigkeit der Kartelle im Jahre 1912 kommtteilweise in der Veranstaltung von 3289 Versammlungen zumAusdruck. Für die Agitation unter den Arbeiterinnen sind anmanchen Orten besondere Kommissionen eingesetzt worden;deren Zcchl stieg von 62 auf 101. Der Lokal- und Herbergs-frage widmeten sich die Kartelle mit erhöhtem Eifer. Sieunterhielten im Berichtsjahre 29 Versammlungssäle und77 Gewerkschaftshäuser. Unter der Kontrolle der Kartellestanden 349 Herbergen bei Gastwirten. 36 Kartelle unter-halten Herbergen in eigener Regie. Die Bildung?- undErziehungsarbeit der Kartelle findet einen Ausdruckin der Unterhaltung von Bibliotheken und Lesezimmern, Ein-richtung von Unterrichtskursen sowie in der Einsetzung vonBildungsausschüssen und Jugendkommiffionen. Auf diesemGebiet leisten die Kartelle jetzt naturgemäß erheblich mehrals früher. Folgende Zusammenstellung veranschaulicht denFortschritt. Es hatten von den GewcrkschaftSkartcllen imJahre:Ivos252191049«71292293191258198429415Gemeinsame Bibliothekeu.Lesezimmer......BildungsauSschüffe..,Jugendkommissionen..Die Zahl der Bibliotheken und Lesezimmer hat sich mehrals verdoppelt. Daneben wurde gewissermaßen als Neulanddie Bildungsorganisation und die Jugendpflege in Angriff ge-nommen. 400 Bildungsausschüsse und Jugendkommiffionengeben Zeugnis von erfolgreicher Tätigkeit. Ein weitverzweigtesNetz von Institutionen der Volksbildung, zum Teil mit be-soldeten Sekretären ist heute vorhanden. Die Statistik gibtüber die Zahl der von diesen Einrichtungen ausgehenden Ver-anstaltungen und Kursen keine Auskunft.Weiter bekunden 106 Arbeitersekretariate und 212 Auskunftsstellen für Rechtsfragen usw. einen erfreulichen Eifer derKartelle. Es sei hier als Beweis für ihre umfangreicheTätigkeit und soziale Bedeutung noch darauf hingewiesen, daßim Berichtsjahre außer den schon genannten noch 133 Sonderkommissionen bestanden, die die Ausgabe hatten, Beschwerdenan die Gewerbeinspettion zu vermitteln; der Bekämpfung desKost- und Logiszwanges widmeten sich zwei Kommissionen,sowie endlich der Forderung des Bauarbeiterschutzes 257 Kom-Missionen.Ueber die Beteiligung der Gewerkschaftskartelle an Ar-beitervertreterwohlen besagt die Statistik, daß 288 Kartelle(1910= 264, 1905— 175) im Berichtsjahre für diese ZweckeAufwendungen finanzieller Aat zu machen hatten. Es liegtauf der Hand, daß sich die Wirksamkeit der Kartelle für dieseArbeit nicht in der Ausgabe von Geldmitteln erschöpft, es istein erhebliches Matz von AgitationSarbcit damit verbunden.Um die gesteigerten Aufgaben erfüllen zu können, gehendie Kartelle immer mehr daran, eigene BureauS mit besoldetenKräften zu errichten. Im Berichtsjahre waren 20 solcherBureaus(1910— 13, 1905— 6) vorhanden. In den meistenStädten besorgen die Arbeitcrsckretariate zugleich die Verwal-tungsarbeiten der Kartelle.Vergleicht man zum Schluß die Gesamtentwicklung derdeutschen Gewerkschaftskartelle seit dem Jahre 1901, so ergibtsich, daß die Zahl der berichtenden Kartelle von 319 auf 717oder um 125 Proz., die Zahl ihrer Gewerkschaften von 3995auf 9418 oder um 135,6 Proz., und die Zahl ihrer Mtgliedervon 481718 auf 2339571 oder um 335,5 Proz. aestieaen ist.Ihre Einnahmen sind gewachsen von 294189 M. auf1 883 782 M. oder um 524,6 Proz., ihre Ausgaben(ohneStreikunterstützung) von 208 349 M. auf 1 635< 18 M. oderum 635,2 Proz. Diese Zahlen beleuchten zur Genüge, dieBedeutung der Gewerkschaftskartelle. Sie werden auch inZukunft einen hervorragenden Platz in den Schöpfungen dermodernen Arbeiterbewegung einnehmen.Berlin und Umgegend.Die Zigarettenfabrik Hrrbstoli, Schönhauser Allee 8, ist wegenNichtanerkennung des TarifeS für Zigaretten- und Zigaretten»hülsen-Maschinenführer gesperrt.Ortsverwaltung Berlin des Deutschen MetallarbeiterverbandeS.Streikbrecher gefällig?Otto GenSke, der vom„Baumeister" zum Strcikbrechervermitt-lcr avanciert ist, bietet seine Streikbrecherkolonnen weiter aus wiesauer Bier. Zu gleicher Zeit werden uns aus mehreren Orten, indenen die Arbeiter des Baugewerbes im Streik stehen, hckto-graphierte Schreiben folgenden Wortlauts eingesandt:„Berlin N. 65. Seestr. 37, d. 16. 6. 1V13.Nrbcitgcbcrbund für das Baugewerbe in......Sofort können sie jede Zahl Nichtorganisierter Maurer,Zimmerer, Bauarbeiter, Putzer, Zcmentierer und Rabitzer erhalten, wenn sie beigelegten Akkordbrief anerkennen, und fürdas Jahresabonnement 150 M. zahlen, mich zum Abschließeneines Akkordvcrtrags nach dort kommen lassen, und den Betragfür diese Reise, 75 M. telegraphisch einsenden, dann bin ich in24 Stunden später in...... Seit dem Jahre 19V7 habe ich an81 Arbeitgeber im Streikgcbiete Maurer, Zimmerer, Putzer undBauarbeiter Versand, und besitze darüber gute Zeugnisie. Aus-kunft giebt Ihnen der Arbeitgebervcrband f. d. Baugetverbe inBad Harzburg Tel. No. 72 Wennstr. L. Nordmann dort habe ich40 Maurer, Zimmerer Arbeiter zugesandt, und fahren heutenoch 4 Maurer nach dort.— Bei Abschluß des Vertrags habenSie für pro Mann da? Fahr- Zehrgeld im Betrage von 12,50 M.zu zahlen, ebenso den Abonnonientsbetrag von 150 M. BeiStundenlohn von 75 Pfg. pro Mann 17,50 M.Hochachtent Otto WeuSke."-Daraus, daß die Unternehmer die Streikbrecherempfchlung,anstatt sich ihrer zu bedienen, an den Bauarbeiterverband einsenden,darf man wohl schließen, daß mancher von ihnen in der GenSke-schen Empfehlung ein Haar gefunden hat. Geld will der Mann,der als„Baumeister" unmöglich wurde, verdienen, und zwar nichtwenig. 150 M. im Abonnement für ein Jahr, dazu Fahr- undZehrgeld für jeden Mann, den Genske zuschiebt und außerdem nochReisespesen in Höhe von 75 M. für sich selbst. Dafür haben dieUnternehmer dann das Vergnügen, für eine Zeitlang eine Zahlrauhbeiniger Gesellen zu erhalten, deren Umgang jeder anständigeMensch gern meidet. Genske rühmt sich zwar der Empfehlungen,die er dafür besitzt, daß er den Unternehmern bei ihren meistenstarifbrecherischen Umtrieben aus der Patsche geholfen hat. Aberinnerlich waren seine Kollegen von ehemals immer herzlich froh,wenn sie Genske mitsamt den Rausreißern den Rücken kehrenkonnten. Seine ehemaligen Berliner Kollegen schüttelten ihn schoneinmal recht kräftig ab. Und die Uebersendung der Empfehlungenan die Arbeiterorganisation zeugt davon, daß man anderswo auchso über ihn denkt.Deutlehes Reich.Beendeter Boykott.Der Streik in der Cichorienfabrik I. G. Weiß in Frauen-d o r s bei Stettin ist nach vierzehnwöchiger Dauer am Sonntqgvormittag beigelegt worden. Es ist den Vertretern der streikendenArbeiter gelungen, die aufgestellten Forderungen zum größten Teiledurchzusetzen. Teilweise wurden die Löhne über alle Erwartungenhinaus aufgebessert. Auch bezüglich der Wiedereinstellung derStreikenden wurden von der Firma bestimmte Zusicherungen gemacht.VerabredungSgemäß sollte Sonnabend die Hälfte der Streikendeneingestellt werden. Am Montag vormittag wurden aber bereits dreiViertel der Ausständigen wieder eingestellt. Der über dieProdukte der Firma Gebr. I. G. Weiß verhängteBoykott ist aufgehoben.kleines feinUetou.Herr Moiffi beim Papst. Alexander Moissi, der bekannte Dar-steller des Deutschen Theaters, ist in Rom beim Papst ineiner besonderen Audienz empfangen worden.Herr Moissi ist vom Papst entzückt. Er schwärmt von seiner„überaus sympathischen Persönlichkeit" und findet namentlich denleicht venetianischen Anklang bei der Stimme des Papstes schön.DaS Gesicht habe geradezu etwas Rosiges.Rosig wie das Gesicht des Papstes ist offenbar auch die Seelen-stimmung der liberalen Blätter, die angeblich gegen dasRegiment der Kutten im Kampfe liegen, diese Nachricht aber in auf-fallender Schrift bringen, ohne daß ihr gehobener Gemütszustandauch nur vom leisesten Zweifel beeinträchtigt würde.Auf einen ungetrübten Seelenfrieden läßt es auch schließen,wenn sie im Anschluß an diese interessante Nachricht in schönerNaivität sagen:„Moissi hat alles vorbereitet, um im kommendenApril unter Reinhardts Regie(hoffentlich doch unter der berühmten„persönlichen") und mit einer italienischen Gesellschaft eineTournee durch Italien zu unternehmen, die den„KönigOcdipus" bringen wird."Ohne Zweifel hat Moissi alles aufs beste borbereitet, wenn dieTournee schon mit einem persönlichen Segen des Papstes ein-geleitet wird.Max Reinhardt soll, wie wir hören, von dieser neuen Artder Vorbereitung sogar ganz entzückt sein. Wenn sich die Chosebewähren sollte, will er enisthaft überlegen, ob sich für gläubigeKatboliken, die seine Theater besuchen, nicht ein S ü n d e n a b l a ßbewirken ließe. Wenn er auf diese Weise das künstlerische Heil mitdem himmlischen Heil vermählen könnte, würde sein Unternehmenohne Zweifel eine neue Periode des TheatergeschäftS einleiten. Imbesonderen müßte es den frommen Gläubigen angenehm sein, daßsie beispielsweise nach einem Besuch von SternyeimS Komödie„Die Hose" beim Verlassen des Theaters für extra begangeneGedankensünden den Ablaß schon in der Tasche hätten.Nachdem Reinhardt sich bereits mit Amerika, China,London und Argentinien verbündet hat, müßte ihm eineAllianee mit der weltbeherrschenden römisch- katholischenKirche ganz neue Perspektiven eröffnen. Sollte er nicht imInteresse dieses groß gedachten Plane« das Opfer eines Ueber-tritts zum Katholizismus bringen? Der prunkvolle Kult derrömischen Kirche kommt seinem Regieempfinden sowieso in weitemMaße entgegen.Ans der Geschichte der Lotterien. In Italien sind zurzeit dieLotterien deshalb sehr aktuell, weil eine wegen angeblich besondersgünstiger Kombinationen gepriesene WohllätigkeitSlotterie große Ent-täuschungen gebracht hat und die Gewinste unter so viele Gewinnerzu teilen sind, daß die Lotterieverwaltung bekannt machen mußte,der Gewinst würde die Portospesen für die Einsendung des ge-Winnenden Loses nicht decken. Während nun die Blätter ihreSpalten mit Protesten ihrer Leser füllen, erinnert die Zeitung„Roma" an die Geschichte der Lotterien. Diese sollen schon beiden alten Juden Brauch gewesen sein, sicher waren sie aberim antiken Rom als Schluß der öffentlichen Festspiele ver-breitet und deliebt. Der Kaiser Augustus ließ nach öffentlichenFesten verschiedene Gewinste auslosen, so kostbare Kunstwerkeund nubische Sklavinnen. Nero brachte seltene Vögel, Schiffe undsogar Inseln zur Verlosung. Unter Heliogabal erhöhte man dieSpannung, indem man merkwürdig kontrastierende Lotteriegewinsteeinsetzte. So konnte man bei einer Lotterie 10 Sklaven gewinnenoder 10 Fliegen, 10 Bären oder 10 Grillen, 10 Straußvögel oder 10 PfundSand. In der Folge, mit dem Ende des Reiches, verschwanden dieLotterien und man findet sie erst im 15. Jahrhundert wieder. Da-mals veranstalteten sie die Kaufleute von Genua und Venedig, umohne Verluste ihre Ladenhüter loszuwerden. Die Leidenschaft er-streckte sich schließlich über die ganze Halbinsel und ging auch aufFrankreich über. Die Revolution verbot dann jede Art öffentlicherLotterie, aber die Restauration führte das alte Mittel, von der Hoff«nung auf Reichtum eine Steuer zu erheben, wieder ein.Ei» Gönner der Wissenschaft. Der englische Professor Lankastererzählt in einem der wissenschaftlichen Beiträge, die er wöchentlichfür ein großes Londoner Blatt liefert, eine ergötzliche Geschichte voneinem Chicagoer Millionär. Dieser König der Schweinemetzgereibesuchte das Laboratorium eines Gelehrten, der den Geldmann fürdie Wissenschaft zu interessieren suchte, indem er im stillen hoffte,daß dabei eine Spende für das Institut, dem er vorstand,abfallen würde. Der Gelehrte führte dem Besucher vielemerkwürdige Experimente vor und zeigte ihm schließlich die vonweißglühendem Natrium herrührenden zwei schmalen Liniengelben Lichtes. Er demonstrierte ihm auch vor, wie genau derenLage im Spektrum festgestellt und gemessen werden kann, wie sieim Spektrum des LichtS, das eine Flamme, in der weißglühendesNatrium vorhanden ist, durchkreuzt, zwei schwarze Linien hervor-rufen. Und dann zeigte er ihm, daß rn dem Spektrum des Sonnenlichtsaußer tausend anderen zwei schwarze Linien vorkommen, die genaumit den Natriumlinien übereinstimmen, während andere schwarzeLinien im Sonnenspektrum mit den hellen Linien übereinstimmen,die von weißglühendem Eisen. Wasserstoff, Magnesium usw. aus-gestrahlt werden. Die Beweisführung schien auf den Besucher einentiefen Eindruck zu machen und der Professor harrte mit Freuden derDinge, die da kommen sollten. Schließlich öffnete der Millionärden Mund und sprach:„Aber wem zum Henker ist daran gelegen,ob eS auf der Sonne Natrium gibt!" Wenn der Gelehrte demgroßen Mann vorgeführt hätte, wie sich Schweinsohren profitablerverwenden lassen, so hätte die Kasse des Instituts sicher besser ab-geschnitten.Woher stammen die Rumänen? Bei dem Raffengemisch, dasdie Bevölkerung des Balkans darstellt, ist es äußerst schwierig, dieHerkunft und Stammesart der einzelnen Nationen festzustellen. Amkompliziertesten aber ließen wohl die Verhältnisse bei den Rumänen,in denen man lange Zeit Nachkommen der alten Dazier gesehen hatund die man für ein romanisches Volk hielt. Durch die Forschungendes Bukarester Ethnologen Emil Fischer ist aber auf Grund einesreichen historischen und sprachgeschichtlichen sowie ethnographischenMaterials der Beweis geführt worden, daß die heutigen Rumänen„Thralo-Romanen" sind. Diese romanisierten Trazier habendann so viel slowenisches Sprachgut und Blut aufgenommen.daß sie dadurch zu Halbslawen geworden sind. DieseRassenverhältnisse spiegeln sich deutlich in der rumänischen Volks-poesie wieder, die eine innig- Verschmelzung slawischer und roma-nischer Denkart darstellt und in der dre wilde Leidenschast unddüstere Melancholie des echten Slawen mit der scharfen, gesund sinn-lichen Auffassung des Romanen gepaart ist. Einen ebenso klarenNiederschlag haben die mannigfachen Elemente des heuttgen rumä-nischen Volkes in ihrem Idiom gefunden. Diese Mischsprache ent-hält neben französischen, lateinischen und magyarischen Lehnwörternaucki diele albanische, bulgarische, serbische, griechische, türkische undrussische Spuren.Humor und Satire.Selbsterkenntnis.Umständlich und geräuschvoll schneuzenDie Diplomaten ihre Nase:„Seltsam! Man schlägt sich tot mit Kreuzeu.DaS ist die allerneuste Phase.Der Halbmond ist zum Neumond worden;Man könnte mit ihm Stiefel wichsen.Nun sind die Christen dran und mordenSich brüderlich mit Kruzifixen.Da gilt es reislich überlegenDen Wert der Demut und des Stolze»,llnd ob das der ersehnte SegenUnd Zweck des armen Marterholzes.Warum das Christentum der Griechen,Der Herr'n Bulgaren und der Serben(Man kann es schon von weitem riechen)„Zum Töten besser als zum Sterben.Doch ist bei näherer BetrachtungAn uns die Reihe des Errötens:Sie stiegen ja in unsrer AchtungErst durch die edle Kunst des TotenS.'„Was werft ihr immer vor unS beide»,Daß die Moral ein bißchen lax is'.Ein wahrer Christ muß unterscheidenKlar zwischen Theorie und Praxis."(E. Steiger im„Stmplicissimus".)Notizen.— Die Nationalgalerie erwarb auf der römischenInternationalen Sezessionsausstellung ein Werk des MünchencrMalers Hans Heider. ES stellt den Bahnhof in Dachau dar.— Die schwarze Kapelle. Im Herbst wird auf An-regung des Kolonialamtes eine Askari-Kapelle aus DareSsalamnach Deutschland kommen. Die Schwarzen spielen hauptsächlichdeutsche Programme, natürlich auch Wagner.— Wenn dieseReklame für unser« Kolonien nicht zieht!— Opfer des Meeres.. Eine vom britischen HandelSamtherausgegebene Statistik gibt einen U eberblick über die Opfer anMenschenleben, die das Meer im letzten SchiffahrtSjahre von derbrittschen Handelsmarine und ihren Passagieren gefordert hat. Inder Zeit vom 1. Juli 1911 bis zum 30. Juni 1912 fanden im Ver-laufe von Reisen aus britischen Schiffen nicht weniger als 2890Menschen den Tod, gegenüber 970 im Jahre vorher. Das gewaltigeAnsckwellen der Unglücksziffer wurde durch die„Titanie"-Kata-strophe hervorgerufen. Gerettet wurden im letzten Schiffahrt�jähre von Schiffbrüchen an den britischen Küste» 2393 Perjonen.,