Stadtverordnetenversammlung davon Mitteilung zu machen. Erstmehr wie drei Wochen nach dem Kaiserjubiläum besann sich einklerikaler Stadtverordneter auf seine Pflichten als Monarchist undinterpellierte den Oberbürgermeister wegen der behauptetenschweren Pflichtverletzungen. Der Oberbürgermeister_ erklärteseelenruhig, um die Unterzeichnung der Glückwunschadresse sei ergar nicht angegangen worden, da diese nur von dem Porstand desStädtetages, dem er nicht angehöre, unterzeichnet wurde. Auch einSchreiben des Vorstandes vom Städtetage hätte er nicht empfangen,also auch nicht 26 acta legen können. Dagegen habe er allerdingsvon der Stellung eines Antrags, zur Jubiläumsfeier des Kaisersfür eine Stiftung Geld zu bewilligen, abgesehen, nachdem er sichbei der Führung der gegenwärtigen sozialdemokratischen Mehrheitvergewissert habe, daß ein solcher Antrag von der Stadtverordneten-Versammlung abgelehnt werden würde. Er glaube, damit so-wohl das Interesse der Stadt, wie im Interesse des monarchischenGedankens gehandelt zu haben.»Ter Standpunkt des Oberbürgermeisters fand jedoch keines-Wegs die Billigung der Gegner, die dem Oberbürgermeister..ganzunwürdige Abhängigkeit von der sozialdemokratischen Mehrheit'vorwarfen.Die Patrioten waren noch eiftig beim Schimpfen, als in Offen-bach ein Kreisturnfest der freien Turner stattfand. Mehrwie 30 000 Menschen kamen zu diesem„sozialdemokratischen" Festzusammen, die meisten Häuser der Stadt waren deshalb mitFahnen und Girlanden geschmückt, selbst das Stadthaus stecktemehrere Fahnen heraus und die städtischen Straßenbahnwagentrugen Laubgewinde mit Weißen, blauen und— roten Rosetten!Es kam sogar noch ärger! Am Hauptfcsttag erschien dann derOberbürgermeister selbst auf dem Festplatz und hielt eine Be-grützungsrede— man denke, an sozialdemokratischeTurner!— in der er die körper- und geiststärkende Wirkung desTurnens pries und den Festteilnehmern viel Vergnügen wünschte.Das versetzte die Offenbacher Patrioten in rasende Wut. Sieschimpften über den pflichtvergessenen Oberbürgermeister, der dieheiligsten Gefühle der monarchisch gesinnten Bürgerschaft durchvöllige Nichtbeachtung der erhebenden Jubiläumsfeier tief verletzteund nun ein sozialdemokratisches, republikanisches, umstürzlerischesFest in einer noch nicht dagewesenen Weise verherrlichen half. Soklingt es nicht nur in hessischen, sondern in allen„gutgesinnten"Blättern Teutschlands.In Wirklichkeit hat aber der Offenbacher Oberbürgermeisterauch beim Kaiserfest am Stadthause Fahnen herausstecken lassen,hat auch auf den Kriegervereinsfesten die Stadt vertreten, und aucheinen Aufruf zur Sammlung einer Kaiserspende für die Missionin den Kolonien mitunterzeichnet. Auch sonst übt der OffenbacherOberbürgermeister den Brauch, bei größeren Veranstaltungen, Ju-biläen usw., die in der Stadt gefeiert werden, das Stadthaus usw.schmücken zu lassen und möglichst persönlich die Gäste zu begrüßen.Solange es sich dabei um bürgerliche Turner, Sänger, Schützenusw. handelt, haben die Gegner gegen die höflichen GepflogenheitendeS Stadtoberhaupts nie etwas einzuwenden gehabt, sie vielmehrfür selbstverständlich gehalten. Nur wenn auch Sozialdemokratensolche Höflichkeiten erwiesen werden, schimpfen die OffenbacherEmporkömmlinge und ihre Soldschreiber loS. Und ihr Aerger istum so größer, als in der Tat die festliche Ausschmückung in derStadt beim Arbeiterturnerfest den Festschmuck gelegentlich deSKaiserjubiläums weit in den Schatten stellte. Die patriotischenHetzereien der Fabrikantenpresse hatten aber nur die Wirkung,daß am zweiten Tage des ArheiterturnerfesteS noch über 10 000Menschen mehr wie am ersten Tage den sfestplatz bevölkerten. DieHoffnung, mit dem patriotischen Radau Wahlftimmung zu machen,ist jedenfalls zuschanden geworden.Lippold berichtigt.Der freikonservative Redakteur L i p p 0 l d, der den be-rüchtlgten Kronzeugen Köhler zu jener Denunziation an-stiftete, die das Schweidnitzer Schwurgericht zu dem unbegreif-lichen Zuchthausurteil veranlasste, beglückt uns— untergleichzeitiger Androhung eines Strafantrags— mit folgenderBerichtigung:„In Nr. 178 des„Vorwärts" vom 16. d. M. veröffentlichenSie unter der Spitzmarke:„Held Lippold, aus dem WaldenburgcrMeineidsprozeß bekannt" ein Urteil des Großherzoglichen Schöffen-gerichts zu Neu-Strelitz, wonach ich wegen Beleidigung des Ge-schäftsführers des dortigen Konsumvereins zu 60 M. Geldstrafeverurteilt worden sein soll. Dieses Urteil ist nie rechts-kräftig geworden; auch ist die Urteilsbegründungungenau bzw. unzutreffend. Für die zweite Instanznämlich war neues Zeugenmaterial vorhanden. Doch kam ineinem Termin, dem ich nicht beigewohnt habe, ein Vergleichzustande, den mein Rechtsbeistand für mich als akzeptabelerachtete.Wilh. Lippold,Chefredakteur des„Neuen Tageblattes"in Waldenburg(Schief.).*franhmd).Tie Beratung des Militargesetzes.Paris, 18. Juli. Kammer.(Beratung des MilitärgesctzeS.)Die Kammer nahm Artikel 14 an. der unter Zustimmung der Kom-Mission von Andre Lefevrc abgeändert worden ist und eine Prü-fung für R e s e r v e 0 f f i z i e r s ch ü l e r sechs Monate nach ihremEintritt ins Regiment Vorsicht. Die zugelassenen Kandidaten sollenein Jahr in den Schulen zubringen und werden dann zu Offiziers-ospirantcn ernannt. Sie werden ihre Dienstzeit als Unterleut-üants her Reserve ableisten. Vorher hatte die Kammer einen Ab-änderungsvorschlag I a u r e s mit 327 gegen 246 Stimmen abge-lehnt, der jenes Examen sofort beim Eintritt ins Regiment for-derte.Augagneur trat für folgendes Amendement ein: Wenndie Umstände es gestatten, so sollen der Kriegs- und der Marine-minister»rmächtigt sein, diejenige Jahresklasse, welche das zweiteDicnstjahr beendet hat, vom Dienst zu befreien. Augagneur er-klärte, es sei eine schöne Vollmacht, die Soldaten in die Heimat ent-lassen zu dürfen, falls die äußere Lage sich gebessert habe. Minister-Präsident Barthou erwiderte, die Antwort, der Regierung aufdas Amendement sei, daß das Gesetz annulliere, die Festsetzung derEffektivbestände des Heeres unmöglich mache und durch eine Jnter-pellation den dreijährigen Dienst jedes Jahr in Frage stellenkönnte, sei die Vertrauensfrage.(Lebhafter Beifall imZentrum und auf verschiedenen Bänken.) Bei der darauffolgendenAbstimmung wurde das Amendement Augagneur mit 331 gegen 827Stimmen abgelehnt.Hierauf wurde mit 321 gegen 240 Stimmen der Artikel lg,der von I a u r e s bekämpft wurde und der der Regierung die Mög.lichkcit gibt, die Jahresklasse, die vom Dienst befreit werden könnte,durch Dekret zurückzubehalten, angenommen. Camuzet legtehierauf ein Amendement vor, welches innerhalb von drei Jahren..fünf Monate Urlaub außer den Sonntagen und den Festenvorsieht und festsetzt, daß die gleichzeitig beurlaubten Mannschaften10 Proz. der gesetzlichen Cadres nicht überschreiten dürfen. Pateerklärte als Berichterstatter, es sei unmöglich, über vier Monatehinauszugehen, ohne die Effektivbestände zu gefährden. DasAmendement wurde von Barthou bekämpft, der die Per-trauensfrage stellte. Das Amendement wurde alsdann mit300 gegen L01 Stimmen abgelehnt.Englanck.Die englische Auswanderung.London, 16. Juli.(Eig. Bcr.) Die beständig steigende Aus-Wanderung Englands bildet einen sonderbaren Kommentar zu denBehauptungen der bürgerlichen Oekonomen, die an der Hand dermächtig angeschwollenen Ziffern des englischen Einfuhr- und Aus-suhrhandels nachweisen, daß sich das englische Volk nie so wohlgefühlt habe wie heute unter der Herrschaft Lloyd Georges.Weshalb wandern denn jährlich Hunderttausende Menschen in derBlüte ihres Lebens aus? mutz man sich fragen. Nach den soebenveröffentlichten Ziffern für das Jahr 1912 hat die Zahl der eng-lischen Auswanderer eine noch nie dagewesene Höhe erreicht. Infrüheren Jahren schätzte man die Zahl der britischen Auswanderer,indem man die Zahl der in England ankommenden Reisenden bri-tischer Nationalität von der Zahl der England verlassenen Reisen-den britischer Nationalität abzog. Im Jahre 1911 fand man aufdiese Weise, daß 261 809 Personen in dem Jahre ausgewandertwaren. In diesem Berichtsjahre hat man die Zahl der Ein- undAbwandernden zum ersten Male genauer registriert. Man hat ge-funden, daß die Zahl der englischen Auswanderer(abzüglich derWiedereingewanderten) im Jahre 1912 nicht weniger als 336 464betrug! Von diesen gingen 74,6 Proz. Nach den Kolonien und23,1 Proz. nach den Vereinigten Staaten. 60 Proz. der erwachse-nen Männer und 66 Proz. der erwachsenen Frauen standen imAlter von 18 bis 30 Jahren und 26 Proz. der erwachsenen Männerund 27 Proz. der erwachsenen Frauen waren 31 bis 46 Jahre alt.Von den erwachsenen Männern über 18 Jahre waren 19 Proz.Landarbeiter, 16 Proz. Handelsangestellte und Mitglieder freierBerufe, 32 Proz. qualifizierte Arbeiter und 26 Proz. Taglöhner.Die Tatsache, daß die große Mehrheit der Auswanderer nach denTochterstaaten geht, ist kaum geeignet, die englische Nation mitdiesem furchtbaren Aderlatz zu versöhnen. Auch die Ar-beiterbewegung fühlt den Verlust. Denn die Er-fahrung lehrt, daß es gerade die unternehmungslustigen und re-bcllischen Elemente sind, die der Heimat den Rücken kehren. Viel-leicht hat die große Auswanderung aus England nicht wenig damitzu tun. daß es mit der sozialistischen Bewegung in Großbritannienso langsam vorwärts geht. Beweisen läßt sich dieS Wohl schwerlich.Aber man könnte Dutzende von Fällen anführen, in denen jungevielversprechende Genossen plötzlich nach Australien oder Kanadaverschwanden und den Staub der alten Welt von den Schuhenschüttelten.China.Tie neue Gegruregierung des Südens.Peking, 18. Juli.(Meldung des Reuterschen Bureaus.) Dieallgemeine Lage hat sich für die Nordtruppen ge-bessert. Die Südtruppen wählten Tsenkhunhsuan, einen altenFeind DuanschikaiS, zum Präsidenten, und ernannten einige Mi-nister. Es wird berichtet, daß die Südtruppen den Gouverneurvon Anhui und etwa 20 andere Offiziere töteten. Eine Anzahl er-gebener Generale beriet gestern lange mit Duanschikai. Feng-knochane, der Eroberer von Hanhun während der Revolution, solldas Oberkommando erhalten.Bus der Partei.Totculiste der Partei.Rom, den 16. Juli.(Eig. Ber.) Ein alter Sozialist, der nochmit Costa, Malesta und Casfiero dem italienischen Zweig der„Jnter-nationale" angehört hat, Genosse Carlo Monticelli, ist am14. Juli in Rom an Herzlähmung gestorben. Um sich einer langenGefängnisstrafe zu entziehen, die ihm sein Wirken für die Jnter-nationale eingetragen hatte, floh er in jungen Jahren nach Paris,wo er gemeinsam mit Andrea Costa mehrere Jahre in großemElend verlebte. Nach einer Amnestie nach Italien zurückgekehrt,veröffentlichte er zahlreiche Propagandaschristen und gab einesozialistische Zeitschrift, den„SoeialiSmo Popolare' heraus. Dadamals die Parteiprcsse in Italien niemandem eine Existenzmöglich-keit bieten konnte, mußte Monticelli in der Redaktion einesbürgerlich-radikalen Blattes arbeiten. Im Jahre 1903 berief ihnEnrico Ferri als erste» politischen Redakteur in die Redaktion des„Avanti", der er fast drei Jahre angehörte. In der Folge zog ersich immer mehr vom politischen Leben zurück, das ihm viele undbittere Enttäuschungen gebracht hatte. Seine journalistische Tätigkeit,der er sich bis zu seinen letzten Lebenstagen eifrig und gewissenhaftwidmete, hat ihm immer nur mit knapper Not das krasse Elendvom Leibe gehalten. Er war gut und Hilfteich, und eS war ihmimmer heiliger Ernst mit seiner sozialistischen Ueberzeugung. DiePartei ist ihm ein dankbares Gedenken schuldig.Ter außerordentliche holländische Parteikongreßzur Beratung der Ministerfrage wird Sonnabend, den 26. undSonntag, den 27. Juli d. I. in Zwolle abgehalten.Als ein neues Zeichen des Aufschwunges der holländischenPartei ist mitzuteilen, daß das Zentralorgan„Het Volk" in dreiWochen 1708 neue Abonnenten gewann und damit die Abonnenten-zahl auf über 26 000 brachte.Die Statutenänderung der franzSsischen gceinigten Partei.Paris, 14. Juli.(Eig. Ber.) Die Versammlung des National-rats der sozialistischen Partei, die gestern getagt hat, hatte eine Auf-gäbe von besonderer Wichtigkeit zu erfüllen. Ihr hatte nämlich derParteitag von Brest, der bekanntlich wegen der Ministerkrisc vor-zeitig abgebrochen werden muhte, die Entscheidung über die S ta-tutenänderung übertragen, die sich schon längst als notwendigerwiesen hatte. Eine Kommission wurde mit der Vorarbeit betraut.Sie legte gestern einen Entwurf vor, der in den wesentlichstenPunkten angenommen wurde, nach einer Diskussion, die erfteulichdie Auflösung der alten„Tendenzen" im einheitlichen Parteiorga-nismus bezeugte.Die wichtigsten Beschlüsse betrafen das Verhältniszwischen den Deputierten und den Vertretungs-törpern der Partei. Art. 30 bestimmte bisher, daß dieFraktion im Nationalrat durch eine Delegation vertreten werde,der einzelne Deputierte also nicht vo» seiner Föderation delegiertwenden könne. Gestern wund« eine neue Fassung beschlossen�, die diebesondereVertretung der Fraktion aufhebt und die Deputierten denanderen �Parteigenossen gleichstellt. Der Nationalrat wird künftigizur aus den Delegierten der Föderationen und der vom Parteitaggewählten permanenten VerwaltungSkommifsion zusammengesetztsein.— Diese Reform wunde mit 2206 Mandaten gegen 406 an-genommen.Art. 33 schloß bisher die Deputierten von der permanentenVerwaltungskommission(d. h. Parteivorstand) aus. Die RevisionS-kommission schlug vor, daß 8 von den 24 Parteivorstandsmitgliedernder Fraktion entnommen werden sollten. Nach einer Debatte wurdebeschlossen, daß alle 24 Vorstandsmitglieder vom Parteitag in einemeinzigen Wahlgang gewählt werden sollen und die Zahl der ge-wählten Parlamentarier höchstens ein Drittel des Parteivorstandesbetragen darf.Beschlossen wurde ferner, daß zur Wählbarkeit in die Verwal-tungskommission sowie zum„permanenten Delegierten", d. h. ange-stellten Agitator eine fünfjährige Parteimitgliedschaft erforderlichsei— mit einer Ausnahme für die jungen Föderationen.— DasParteibureau, bestehend aus dem Generalsekretär, dem Kassierer undden Sekretären der vier Unterkommissionen wird von der perma-nenten Verwaltungskommission gewählt und vom Nationalrat he-statigt.Der Nationalrat wird' von nun an nur zweimal im Jahre'zw-sammentreten, nicht viermal wie bisher.— Der Nationalrat bekommt ferner das Recht auf Einleitung des Ausschlietzungs-b e r f a h r cn s, das nur den Föderationen zustand.— Der„Socialistc", das Schmerzenskind der Partei, wird nicht mehrwöchentlich, sondern als M 0 n a t s b u l l e t i n erscheinen und dieoffiziellen Dokumente der Partei enthalten Er wind den Organi-sationen unentgeltlich zugestellt werden.— Die Buchhandlungder Partei wird mit der der„H u m a n i t e" verschmolz e n.Aus einem kurzen Bericht Brackes über die„Humanite ergibtsich der Aufstieg des Blattes. Im Herbst soll eine neue Aktionunternommen werden, um der„Humanite" eine ungehemmte Ent».Wickelung zu sichern.Die Frage des Volkshauses, mit dessen Errichtung sichdie Partei schon seit mehreren Jahren beschäftigt, ohne recht vomFleck zu kommen, wurde neuerlich vertagt. Nach Mitteilungen desGenossenschaftlers Genossen H e l i e s scheint eine Lösung unterTeilnahme des Konsumvereins„Egalitaire" in guter Aussicht.�Zum Schluß wurde die neue Verwaltungskommission gewählt.Es gehören ihr 7 Deputierte an, und zwar Bracke, Eompere-Morel, Groufsier,.GueSde, Jaures,(vembatund Vaillant.Bus Induftne und DandeLHerrn von LievertS Gründung, die Deutsche Rufiji Baum-Wollgesellschaft, ist, nachdem sie nur wenige Jahre bestanden hat,vor kurzem in Liquidation getreten. Wie die bürgerliche Pressemeldet, gehen die Anteilseigner dieses Unternehmens völligleer aus, da das ganze Stammkapital der Gesellschaft ver-l 0 r e n ist und die Plantagen den. Darlehnsgebern verpfändetwaren. Im Gründungsprojekt waren seinerzeit Dividenden von20 Proz. und mehr in Aussicht gestellt worden! Die Gesellschaftersind von vornherein über den Wert des Gcsellschaftsbesitzes und dieeigentlichen Vorgänge bei der Gründung im unklaren gelassenworden. Gegen den Borbesitzer und Mitgründer Dr. Gropplerschweben gerichtliche Klagen, die sich gegen falsche Zlngaben in denGründungsprospekten u. a. richten. Herr v. Liebcrt soll durch Ver-tuschung ihm bekannter Unregelmäßigkeiten bei der Gründungund Leitung der Gesellschaft ebenfalls an der Pleite nicht ganzunschuldig sein. Er hat es daher vorgezogen, sein Mandat als Mit-glied des Aufsichtsrats niederzulegen, ehe die Gesellschafter-Versammlung hierzu Stellung nehmen konnte, ob ihm da? Mandatentzogen werden solle. Auf die wunden Punkte seiner Tätigkeitin der Gesellschaft weist ein Zirkular von Gesellschaftern hin, worines u. a. heißt:„Bedauerlicherweise ist in dem(Verteidigungs-)Rundschreiben des Herrn v. Liebcrt gerade über sehr wesentlichePunkte, über welche die Gesellschafter gewiß gern eine Erklärunggehört hätten, nichts zu finden, wie z. B. über die ihm gewährtenFreianteile und die Bedingungen dieser Abtretung, über dievon ihm unterlassene Herbeiführung der Bilanz-genehmig ung und insbesondere auch darüber, wie er dieUebernahme des Aufsichtspostens und der damit verbundenen B e-züge zu rechtfertigen vermag, obwohl er, wie urkundlichnachgewiesen ist, von vornherein die Unrichtigkeit der An-gaben des Prospekts und des Gründers Gropplers a n n t e.— Hoffentlich leuchten die Prozesse(jegen Groppler auchetwas in die Gründertätigkeit v. Lieberts hinein.„Rotes Kreuz gegen Börscnpanik." Die Petersburger Groß»banken haben nach dem„Berl. Börsen-Courier" in einer Beratungunter dem Vorsitz des Vizedircktors der Reichsbank beschloffen, einRotes Kreuz gegen Börsenpanik ins Leben zu rufen, um den Preis-stürz der Werte aufzuhalten. Dieses Rote Kreuz hat sich nunmehrgebildet. Es besteht aus den Banken Asow-Don, Wolga-Kama,Handels-Jndustriellen, Bank für auswärtigen Handel, Russisch-Asiatische, Diskontobank und Handelsbank mit einem Grundkapitalovn 30 000 000 Rubeln. Der Direktor der Reichsbank wurde mitder Aufgabe betraut, für Rechnung des Roten Kreuzes die Werteanzukaufen, die am meisten der Börsenpanik unterliegen.— InDeutschland tuen die Großbanken diese Helferdienste, ohne demKinde diesen mildtätigen Namen zu geben. In Wahrheit verbirgtsich hinter der sogenannten Intervention zugunsten gefährdeterPapiere nichts als eine planvolle und großzügige ExpropriaÜMder Äleinkapitalisten, die in der Zeit der Geldnot ihre Papiereverkaufen müssen/ zugunsten der Großbanken.Letzte Nadrnditew.Neichstagsnachwahl in Weilheim.Wcilhcim, 18. Juli. Bei der heutigen Reichstagsersatzwahlwurde der Amtsrichter Emmingen(Z.) gewählt. Nach dem bis-her vorliegenden Ergebnis der Stimmcnzählung erhielt Emmingen11394, der Bauernbüttdler Eisenberger 6081, der Sozialdemo-trat Stainer 3376 und der Liberale Dr. Müller 2482 Stim-men. Zersplittert sind 10 Stimmen. Es stehen noch Gemeindenaus, die aber an der Wahl Emmingens nichts mehr ändern.Friefrensaussichten?Bukarest, 18. Juli.(W. T. B.) Im Interesse einer raschenAusstellung der Grundlagen, unter denen«in allgemeinerBalkanfrieden geschlossen werden kann, wird die rumänischeRegierung voraussichtlich noch heute mit der serbischen Regierungin Verbindung treten.London, 18. Juli.(P. C.) Hier sind zuverlässige Nachrichteneingetroffen, daß der Friede zwischen den Balkan-staaten in aller kürze st er Zeit bevor st eh t. Auf dieseNachrichten hin war die Börse heute optimistisch gestimmt.Die russische Mobilisierung.Krakau, 18. Juli.(P.-C.) Die Nachrichten bestätigen sich, daßRußland trotz aller ofsiziellen Dementis fieberhaft Mobili-sierungsmaßnahmcn trifft, die sich nicht nur auf dieMilitärbezirke an der österreichisch-ungarischen Grenze beschränken,sondern das ganze europäische Rußland umfassen. DerFrachtverkehr Ruhlands leidet schon jetzt teilweise unter dem Ein-flutz der Mobilisierung.Die Bremerhavener Polizeiattackc bor Gericht.* Aurich, 18. Juli.(W. T. B.) In zweitägiger Sitzung wurdegestern und heute vor der hiesigen Straftammer über die anläßlichder Maifeier in Bremerhaven vorgekommenen Ausschreitungen ver-handelt. Der Staatsanwalt beharrte auf der Anklage wegen Auf-ruhrs, jedoch hielt das Gericht Aufruhr nicht für erwiesen und verurteilte drei der Angeklagten wegen Teilnahmean einem Auflauf, und zwar den Nieter Johann Krüßmannzu zwei Monaten und den Arbeiter F. Paschik zu dreiWochen Gefängnis und den Schmied B. Kleine zu 30 MGeldstrafe. Ter Maurer D. Wasser wurde freigesprochen.Militär gegen Streikende.London, 18. Juli.(W. T. B.) Die Haltung der streiken«den Dockarbeiter von Leith, die um eine Lohnerhöhungkämpfen, ist so drohend(!) geworden, daß das Militär aufgefordertwurde, sich bereit zu halten. Die Admiralität befahl den Kriegs-schiffen, sich fertig zu halten, um Matrosen zum Schutz von Lebenund Eigentum zu landen. Infolge der Unruhen war die Polizeiheute gezwungen, vorzugehen.Werftarbciterstreik i» Sudrilsiland.Nitolajew, 18. Juli.(W. T. B.) In der hiesigen Schiffswerft,in der ein partieller Streik ausgebrochen war, haben jetzt alleArbeiter die Arbeit eingestellt.