Straße und namentlich dieLandstraße Sofia— Rahova—Nikopolisbeherrscht. Die Division machte 600 Mann des 16. bulgarischenInfanterieregiments zu Gefangenen. Nach kurzem Widerstandergab sich der Feind, ohne daß auf rumänischer Seite irgend-welche Verluste zu verzeichnen gewesen wären. Hierdurch wirdder rumänischen Kavallerie die Ueberwachung der Ausgängejenseits des Balkans erleichtert. Das Defilee von Orhanieist 50 Kilometer von Sofia entfernt. Zwei Tage vorher er-beutete die rumänische Kavallerie bei Osikowitza in der Nähedes Jskerdefilees einen Transportzug von etwa hundertWagen mit Waffen und Munition, die der Feind vonRahova nach Orhanie und Sofia transportierte. Durch dasÄewchrfeucr der Eskorte des Transports wurde ein Kavallerie-sergeant leicht verwundet. Aus den letzten Meldungen, sagtdas Communigus, geht hervor, daß die Verbindungzwischen der rumänischen Armee und demlinken serbischen Flügel hergestellt ist,sowie, daß die feindlichen Truppen aus deni Gebiet nördlichvom Balkan verschwunden sind. Der amtliche Bericht schließtmit der Bemerkung, daß die in Friedenszeiten ausgearbeitetenOpcrationspläne in allen Punkten und Vermutungen aus-geführt werden könnten.Eine bulgarische Regierungserklärung.Sofia, 22. Juli. Der Minister des Auswärtigen Ghenadiewgab gestern in der S o b r a n j e die bereits angekündigte Erklärungab, in der er u. a. sagte, er betrachte es als seine Pflicht, zubetonen, daß die Regierung, seitdem fie die Geschäfte über-nommen hat. von allen Mächten nur gute und aufrichtige Rat-schlüge erhalten sowie warme Sympathien und Unterstützung in ihrenBemühungen gefunden habe, der Krise ein Ende zu setzen. Wirlverden trachten, fuhr Redner fort, diese wohlwollenden Absichtender Mächte weiter zu entwickeln und zu stärken, indem wir diese vorallem von der unerschütterlichen und ehrlichen Absicht Bulgariensuberzeugen, loyal mitzuarbeiten an ihrem Werke der Wieder-Herstellung des Friedens, und dadurch die Achtung vor ihren Rat-schlügen beweisen. So stark auch das Recht Bulgariens, so groß auchdie Qualitäten drS bulgarischen Volkes find, glauben wir dennoch,daß unsere Interessen nur dann am besten gewahrt sein werden, wennwir mit den allgemeinen Interessen des zivilisierten Europas ge-meinsame Sache machen. Wir konnten das Wohlwollen der Mächteauch gelegentlich d«S Einfalls der türkischen Truppenin unser Gebiet jenseits der Linie EnoS— Midia sehen. Allerdingshaben die von den Botschaftern der europäischen Mächte unter«nommenen Schritte noch nicht vollen Erfolg gehabt, aber wirhaben Zusicherungen, daß die Großmächte, unter deren Leitungunsere Grenze gegenüber der Türkei festgesetzt worden ist, nicht zu-lassen werden, daß sich die Türkei jenseits dieser Grenze festsetze.Andererseits rechnen wir darauf, daß auch bei der Pforte die EinsichtOberhand gewinne» werde über böse Leidenschaften, die danachangetan sind, die in der letzten Zeit angebahnten Versuche zurHerstellung von freundschaftlichen Beziehungen zwischen Bulgarienund der Türkei, wie sie den wechselseitigen Bedürfnissen der beidenAachbarvölker entsprechen, zum Scheitern zu bringen. In diesemSinne haben wir heute an den Großwefir Depeschen gerichtet.Die Mission, welche die Regierung übernommen hat, und anderen Duchführung sie sofort nach ihrer Bildung geschritten ist, bestanddarin, das Königreich durch einen ehrenvollen Frieden aus dergegenwärtigen Krise zu befreien. Die Schritte, welche wir bei derrumänischen Regierung zur Wiederherstellung freund»schaftlicher Beziehungen in Bukarest unternahmen, bildeten. die erst« Bekundung unseres Entschlusses, mit den dringendstenMitteln auf die Durchführung unseres Programms hinzuarbeiten.Die Antworten, die wir von der rumänischen Regierung erhielten,iiberzeugten uns, daß unsere Initiative bei ihr demselben Wunschebegegnete, sobald als möglich der abnormen Lage zwischen den beidenVölkern, zwischen denen nach ihrer gemeinsamen Vergangenheit undihren gemeinsamen Interessen die größte Harmonie bestehen sollte,ein Ende zu machen. Wir find nach wie vor überzeugt, daß diesenatürliche Harmonie trotz der letzten Mißverständnisse ihren Ausdruckin einer festbegründeten politischen Freundschaft finden könnte.Nachdem die Regierung mit Rumänien Verhandlungen eingeleitethat, tritt sie nunmehr mit Serbien und Griechenlandin Verhandlungen ein. Auf Einladung der russischen Regierunghaben wir zwei Delegierte entsandt, welche die Friedens-Verhandlungen beginnen werden. Wir haben damit nicht bloß den wohl-wollenden Ratschlägen Europas entsprochen, sondern gleichzeitigeinen schon in der ersten Stunde gefaßten Cnschluß der Re-gierung ausgeführt: denn wir glauben, daß dieser Entschlußden Wünschen der bulgarischen Bevölkerung und den höchstenInteressen Bulgariens entsprich� lieber die bevorstehenden VerHand-lungert können wir nur erklären, daß die Regierung fest undaufrichtig einen ehrenvollen Frieden abzuschließen wünscht. DtrOrt, wo die Verhandlungen stattfinden werden, ist nochnicht festgestellt. Wir find von dem Wunsche des Kabinett»in Bukarest verständigt, durch einen Gesandten an den Ver-Handlungen über den allgemeinen Frieden auf dem Balkanteilzunehmen, worüber wir unsere vollkommene Befriedigung auS-sprechen, da wir Grund haben zu glauben, daß Rumänien erfüllt vondem Bewußtsein der Notwendigkeit, eine dauernde Lage auf derBalkanhalbiniel herzustellen, im Geiste der Versöhnung und Unpartei-lichkeit vorgehen werde..Während sich einerieits Aussichten auf den von der ganzen Weltheiß ersehnten Frieden eröffnen, muß ich andererseits mit Bedauernfeststellen, daß die serbischen und die griechischenTruppen ihre Angriffe gegen unsereLinien er«n e u e r n. Dank der Festigkeit und der unerschütterlichen Moral derbulgarischen Armee, welcher ich hier die begeisterte Liebe und An-erkcnnung unserer aller ausdrücken will(lebhafter Beifall), wurden alleAngriffe zurückgeschlagen. Ich kann indessen nicht umhin, meinBedauern darüber auszudrücken, daß dieses neuerliche Blutvergießengerade in einem Moment sich ereignete, wo die Mächte den Krieg«führenden einmütig und nachdrücklich empfahlen, einander die Handzu reichen._politifchc Qcbcrficht i„Der Zwang zum Schaffen."Seit den Wahlen im Januar 1912 hat sich die Lage desZentrums im Reichstage wesentlich geändert. Es hat stattmehr als hundert nur noch neunzig Mandate, und auch dieRechte ist wesentlich geschwächt in den neuen Reichstags ein-gezogen. Vorllber ist auch die glorreiche Zeit von 1895 bis1907, wo daS Zentrum eine Mehrheit nach rechts und eineMehrheit nach links bilden und damit die Geschicke des Reichesnach Belieben leiten konnte. Das Zentrum muß sich deshalbnach neuen Wegen in der ReichSpolltik umsehen und da glaubtcS, auS dem Verlauf der Verhandlungen über die jüngsteHeereSvsrmehrung die erforderlichen Lehren ziehen zu können.Iii einem Artikel der„Kölnischen Volkszeitung"(Nr. 626), überschrieben„Der Zwang zum Schaffen",wird dargelegt, daß sich bisher bei wichtigen Vorlagen auchim Reichstage die nötige Mehrheit, wenn auch von wechselnderArt, gefunden habe. Unter dem Zwange zum Schaffen seiendie vorhandenen Gegensätze und etwaige Unstimmigkeitenimmer überwunden worden— was sich namentlich bei derletzten Heeresvorlage gezeigt habe, trotzdem hier die Schwierig-keiten im Anfang und noch lange Zeit nachher unüberwindlichschienen.Das Btutt stellt nun die Frage, ob die Erledigung derHeeresvorlage auch einen Wendepunkt in dem Ver-halten der bürgerlichen Parteien außerhalbdes Reichstags bedeuten würde— eine Frage, die dasZentrum nach seinem Mandatsverlust im Januar 1912 undim Hinblick auf seine konservativen Freunde auch nach denletzten Ersatzwahlen besonders nahe angeht.Das Zentrum predigt, seitdem ihm die Leitung derReichspolitik aus den Händen entschlüpft ist, die S a m m-luüg der bürgerlichen Parteien— zunächst imReichstag zur Bewältigung der parlamentarischen Geschäftemit der besonderen Absicht, dadurch die Sozial-demokraten auszuschalten, dann aber auch imLande zur Rettung der Mandate für die bürgerlichen Parteienund zur Niederhaltung der Sozialdemokratie. Die Reichstags-arbeit im bürgerlichen� Sinne ist nicht möglich ohne eineWahltaktik im selben Sinne, denn, so schreibt die„KölnischeVolkszeitung", es geht nicht an,„daß eine der Arbcitsparteien(Konservative, Zentrum und Liberale) diejenige Partei unter-stützt, die sich allen als Todfeindin gegenüberstellt und einenHemmschuh für stuchtbringende parlamentarischeTätigkeit bildet."Das Kölner Zentrumsblatt gibt den Liberalen die Ver-sichcrung, daß Zentrum und Konservative in der Zeit nach 1909gar nicht daran gedacht hätten, sie auszuschalten, andererseitsaber bestehe für die Liberalen die Gefahr, als Wahlverbündeteder Sozialdemokratie von der radikalen Linken so in Ab-hängigkeit zu geraten, daß dann die Arbeitsfähigkeit desReichstages ernstlich bedroht und die Regierung zum Ein-greifen genötigt sei. Nachdem ein Ausspruch Bassermanns alsBeweis dafür angeführt ist, daß der Kampf unter den bürger-lichen Parteien verderblich sei, schließt das Blatt:Gibt die gemeinsame Arbeit um die Verstärkung unserer Wehr-macht den Anstoß zur Zurückdrängung der Sozial-d e m o k r a t i e, die bei gemeinsamem Vorgehe» gar nicht schwerist, so hat sie nicht nur unsere Kraft nach außen, sondern auchunsere innere nationale Widerstandsfähigkeit ersteulich gehoben.Es läßt sich begreifen, daß sich unter den gegenwärtigenVerhältnissen im Reichstage das Zentrum nicht wohl fühlt,besonders deshalb nicht, weil die Tage näher rücken, wo dieErneuerung deS Zolltarifs in Angriff genommen werdenmuß. Die Bauern im Zentrum sind ungebärdige Leute mitAnsprüchen, die sich an Unverschämtheit nicht im mindestenvon denen der ostclbischen Junker unterscheiden. Sie machenKehrt und gehen zu den Landbündlcrn, wenn das Zentrumihnen nicht genügend Beute sichert. Da versteht man es, wenndas Zentrum sich zeitig nach Hilfe umsieht, um diejenigePartei auszuschalten und zu schwächen, von der am meistenWiderstand gegenüber den Anmaßlichkeiten der agrarischinteressierten Parteien zu erwarten ist.Ob die Bemühungen des Zentrums, die Liberalen für diebürgerliche Arbeitsgemeinschaft zu gewinnen, Erfolg haben,muß abgewartet werden. Auch die Liberalen dürsten die Er-fahrung gemacht haben, daß das Zentrum nichts tut lediglichum Gotteswillen. Tatsächlich hat das Zentrum nichts anderesim Auge, als sich wieder die Bildung einer doppelten Mehr-heit zu ermöglichen. Gingen die Liberalen mit dem Zentrum,um bei den Wahlen die Sozialdemokraten niederzuringen, sowären nicht wir, sondern die Liberalen die Leidtragenden, undauS der Ausschaltung der Sozialdemokraten, die das Zentrumso verlockend in Aussicht gestellt, würde in Wirklichkeiteine Ausschaltung der Liberalen werden.Klerikale Märchen.Bei der am Sonntag in Köln abgehaltenen Kolpingfeier hatauch, wie wir bereits in der Montagsnummer meldeten, der neu-gebackene Kölner Erzbifchof Dr. von Hartmann eine Rede gehalten.Er sagte:„Ich zweifle nicht daran, daß Sie alle, besonder» dieGesellen, die Angehörigen deö Handwerks unddie Präsides, über die Gunstbezeugung und gütig« Teil«nähme des heißgeliebten Heiligen Baters hoch erfreut sind z ichzweifle auch nicht daran, daß dieser Akt des Statthalters Christiein Ansporn für Sie sein wird, mit unerschütterlicher Treue undheiliger Liebe dem Papste ergeben zu sein. Wir wollen in diesemAugenblick über die Alpen schicken den Schwur der Treue— wirwollen dem Helligen Bater sagen:„Heiliger Bater, was du lehrst.erfassen wir mit vollem Ernste, wo du hingehst, folgen wir. undIvir bleiben dir ergeben mit Herz und Hand." Das ist derSchwur, den wir heute niederlegen zu den Füßen des HeiligenVaterS, und damit er in Erfüllung gehe, möchte ich Ihnen allen, be-sonder« den Gesellen und Prästdes, meinen oberhirtlichen Segen geben."Daß die Gesellen und die„Angehörigen des Handwerks",so weit unter diesen Arbeiter zu verstehen sind, sich der besonderenGunst de» Papstes zu ersteuen haben, wird niemand behaupten,denen nicht theologische Scholastik und Kasuistik die Fähigkeil logischenDenkens geschwächt hat. Oder ist vielleicht die päpstliche Enzyklikagegen die christlichen Gewerlschaften, die diese wirtschaftlichen Arbeiter-verbände der Willkür deS KleruS ausliefert und sie an allen Endenin dem Bestreben hindert, die wirtschaftliche Lage ihrer Mitgliederzu verbessern, als eine den katholischen Arbeitern erwieseneGunst zu betrachten. Wie einst dem Thomas von Aquinogelten auch heute noch dem Papsttum die Arbeiter alsein minder berechtigter, zum Dienen undGehorsam bestimmter Stand, und der Bischof vonRegensburg Dr. Henle hat die Tendenz der katholischen Staatslehretreffend gekennzeichnet, als er den Satz prägte:„Wer Knechtist, sollKnecht bleiben!" Heißt es doch z. B. in der gegendie sozialpolitischen Bestrebungen der christlichen Demokratie ge-richteten Enzyklika Leo Xin. vom 18. Januar 1901:„Die christliche Demokratie hingegen muß. schon weil fie christ-lich heißt, auf die vom göttlichen Glauben gegebenen Grundjäyeals auf ihr Fundament sich stützen und auf dieser Grundlage fürden Vorteil der untersten Schichten so wirken, daß fie die für dieewigen Güter geschaffenen Seelen in entsprechender Weise ver-vollkommnet. Darum darf ihr nichts heiliger sein als die Ge-rechtigkeit. Das Erwerbs- uud Besltzrecht muß siefür unantastbar erklären. Sie achte den Unter-schied der Stände, die wahrhaft für ein wohl«bestelltes Staatswesen natürlich sind."Und weiterhin heißt eS:„In der gleichen Weise muß die christliche Demokratie demanderen Stein des Anstoßes ausweichen, nämlich dem Vorwurf,sie wende dem Wohle der niederen Stände ineinem Maße ihre Sorgfalt zu, daß die höherenStände von ihr vernachlässigt zu werdenscheinen: stirb doch die Leisturrgen dieserletzteren für die Erhalt» rrg und Vervollkomm-nung des Staatswesen« von nicht geringererBedeutung."Bor allem das Wohl der«höheren Stände", die in ihren Er-werbsintereflen und Befitzrechten durchaus nicht geschädigt werdendürfen— dann erst hinterher kommt daS Interesse der Arbeiter!DaS ist päpstliche Arbeitersreundlichkeit.Protest geg<n die Wahl des Abg. Böhme.Die Konservativen haben gegen die ReichstagSersatzwahl inSalzwedel- Gardelegen Protest erhoben und stützen diesen Protestdarauf, daß auf dem Slimmzettel der Wohnort des Dr. Böhme alsGroß- Lichlerfelde bezeichnet wurde. Diese Bezeichnung soll nichtstimmen, weil der Ort offiziell Berlin- Lichterfelde heißt und weilDr. Böhme während der Wahl in Salzwedel polizeilich gemeldet warund dort auch sein Wahlrecht ausgeübt hat.Wenn die Konservativen keine anderen Protestgrllnde haben, dannwerden sie mit diesem Protest allerdings glatt abfallen. Aus demStimmzettel mutz die Person des Gewählten unzweifelhaft ersichtlichsein. Ein Zweifel darüber, daß der zum Abgeordneten gewählteDr. Böhme gemeint war, kann nicht bestehen, und die Wahl-Prüfungskommission hat in solchen Fällen wiederholt entschieden, daßeine angeblich unrichtige Bezeichnung des Wohnortes nicht zurKassierung der Stimmen des Gewählten führen kann.Reichstagsersatzwahl in Ragnit-Pillkallen.Sehr eilig hat es die Regierung diesmal mit der Ersatzwahlfür den verstorbenen Abgeordneten v. Könitz. Schon am 2ö. A u g u stfindet laut amtlicher Bekanntmachung die Ersatzwahl statt.Also gerade in der Erntezeit mich in diesem rein ländlichensehr ausgedehnten Wahlkreise die Wahlagitation betrieben werden.Und ausgerechnet an einem Sonny den d, dem Markttageder Landleute, findet die Wahl statt. Der Zweck dieserUebung ist klar ersichtlich. Die Opposttionsparteien sollen über-rumpelt und in der Agitation behindert, ihren Wählern soll dasWählen am Markttage erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemachtwerden!Run, der Sozialdemokratie wird man mit diesem Wahlmanöverin der Agitation keinen Abbruch tun. Die Parteigenossen in diesemund den Rachbarkreisen werden sich auch eifriger in die Wahl-agitation, zu der alle Vorbereitungen getroffen sind.hineinstürzen, um auS diesem Wahlkreise, der bereits imJahre 1908 4082 sozialdemokratische Sttmmen aufwies, soviel wiemöglich heraus zu holen. Am 13. Juli wurde in Ragnit in einerstarkbesuchten Mitgliederversammlung der bisherige sozialdemo«kratische Kandidat, Gutsbesitzer und Landtagsabgeordneter GenosseA. Hofer-Reinlanke» als Kandidat sür diese Ersatzwahl ein-stimmig aufgestellt. Die Konservativen haben den Gutsbesitzer undLandtagsabgeordneten Gottschalk-Sauerwalde als Kandidaten pro-klamiert.__Eine Verfügung des Kriegsmiuisters gegen austerdienst«liche Beschäftigung von Soldaten.Im„Deutschen Reichsanzeiger" vom 22. Juli wird nachstehendeBekanntmachung veröffentlicht:Kriegsministerium.ES wird hiermit zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß denUnteroffizieren und Mannschaften der Armeedienstlich verboten ist, innerhalb ihrer eigenen oder einerfremden Truppe oder Behörde Zivilpersonen oder den Hand-Werksmeistern der Truppen und der militärischen Anstalten uiw.zur Ausübung deö Gewerbebetriebes Bei-Hilfe zu leisten, insbesondere durch Vermittelung oder Er-leichterung des Abschlüsse« von Kaufgeschästen, VersicherungS.vertragen u. dergl.Den Unteroffizieren und Mansckaslen ist befohlen, von jederan sie ergehenden derartigen Aufforderung ihren VorgesetztenMeldung zu machen.- Berlin, den lü. Juli 1913. Der Kriegsminister:_ v. Fallen Hayn.Gondersteuer auf Kraftfahrzeuge in Preusten.Nach einer Meldung de«„Berliner Lokalanzeiger' plant diepreußische Regierung eine Sondersteuer auf Kraftfahrzeuge. DerMinister de« Innern und der öffentlichen Arbeiten haben an dieOberpräsidenten eine gemeinsame Verfügung gerichtet, in welcherdiese um Beantwortung einer Reihe von Fragen und um Vorschlägeersucht werden. Die Oberpräsidenten haben bis zum 9. Septemberd. I. zu berichten._„Kreuz-Zeitung" gegen„Bayerische Staatszeitung".Die„Bayerische Staatszeitung", das Organ des Freiherrnv. Hertling, hat in einer Betrachtung über den SchweidnitzerMeineidsprozeß geschrieben:„Man mag den Verurteilten daS Mitgefühl wegen derschweren Strafe und einer beklagenswerten menschlichen Verirrungnicht versagen.... WaS einzelne begehen und fehlen, kann einerPartei nicht zur Last gelegt werden. Der Sozialdemokrasie vor-zuwerfen, daß sie den Meinerd im Interesse der Partei als Kampf-mittel gebraucht, ist ein Verfahren, das man abweisen mußund da« die Sozialdemokratie auch stets in entschiedener Weise ab-gewehrt hat."Diese ausnahmsweise einmal vernünftige Auslassung desbayerischen Regierungsorgans hat den Zorn der„Kreuz-Ztg."hervorgerufen. DaS Junkerblatt schimpft:.Bei dieser offiziösen Leistung mutz man doch stagen, ob eSdenn wirklich so nöng war. die Sozialdemokratie in Schutz zunehmen und die ungewöhnlich dreiste Flugblattfälschung. die dochnur im Interesse deS sozialdemokratischen Kandidaten vorgenommenworden war, als„beklagenswert, menschliche Verirrung" zu bc-schönigen. Gerade dieser Waldenburaer, zu Schweidnitz ab-geurteilte Borfall, an dem der lokale Führer der Sozialdemokratiehervorragend beteiligt war, fällt unzweifelhaft der sozialdemokra-tischen Partei zur Last. Ein Regierungsorgan aber ist wahrlichnicht dazu da, an dieser Partei und ihren Funktionären eineMohrenwäsche zu veranstalten."Nach Ansicht weiter Kreise— nicht nur sozialdemo-kratischer— ist der Wahrspruch der Geschworenen inSchweidnitz ein irriger gewesen, der sich vielleicht in derHauptsache auf das Gutachten des Oberfaktors einer bürger-lichen Zeitung stützte, wonach der Setzer, ehe er die Arbeitbeginnt, das Manuskript immer erst durchzulesen pflegt. Ganzsicher war der Tatbestand keineswegs so geklärt, daß eineBejahung der Frage nach wissentlichem Meineid erwartet werdenkonnte.Zieht man noch in Betracht, daß der ganze Prozeß demRachegefühl eines konservativen Redakteurs entsprungen ist, sokennzeichnet sich die ganze unglaubliche Niedrigkeit der Ge-sinnung. die in der„Kreuz-Zeitung" zum Ausdruck kommt,wenn sie glaubt, aus diesem Prozeß Kapital gegen dieSozialdemokratie schlagen zu können. Man muß es natürlichdem Organ des Freiherrn v. Hertling selbst überlassen, sichmit den blauschwarzen Gesinnungsgenossen von der„Kreuz-Zeitung" auseinanderzusetzen.Tie Amnestie.Da» preußische Justizministerium hat ungefähr 12 000 Anträgeauf Begnadigung infolge de« Amnestieerlasies dem Könige unter-breitet. Wie berichtet wird, sei damit die Zahl der Fälle noch nichtabgeschlossen, denn insbesondere die schwereren Fälle, bei denen teil-weise die Freiheitsstrafen sofort unterbrochen worden sind, bedürfenerst noch einer genaueren Prüfung, die eine Begnadigung besür-warten kann, so daß sich die Zahl der Begnadigungen noch erhöhen