faattner, berichtet in rhr:n beiden jüngsten Nuurmern über unge-wohnliche Steigerungen landwirtschaftlicher Güter- und Pacht-preise in der Provinz Hannaver. In Dehnsen(Kreis Lüne-bürg) habe der Landwirt Witzel seine ZOO Hektar große, aus zweiHöfen bestehende Besitzung für WS 000 M. verkauft. Da der bis-kserige Besitzer das Gut vor zehn Jahren für nicht ganz 100 000Mark erwarb, hat sich also sein Kapital, selbst wenn man berück-richtigt. daß er erhebliche Summen für die Instandsetzung desdamals heruntergewirtschafteten Anwesens ausgegeben hat, in zehnIahren mindestens verdoppelt. Bemerkenswert an diesemBesitzwechsel ist, daß der Käufer, ein Agent auS Magdeburg, einenTeil der Ländereien zerschlagen hat, uno daS Restgut ebenfalls zuveräußern gedenkt; selbstverständlich mit entsprechendem Gewinn.Die kommenden Besitzer, zum Teil kleine Landwirte, wer-den dann für denselben Boden, der vor zehn Jahren 100 000 Mk.kostete» wahrscheinlich mehr alS den dreifachen Preis zahlen müssen.Und wenn sie bei derartig teuer erworbenen Grund und Bodennicht auf ihre Rechnung kommen, werden sie umso lauter nachstärke.rem Zollschutz schreien, um mit Hilfe des Staates dieherderblichen Folgen einer solchen PreiSentwickeluna abzuwenden!In derselben Nummer berichtet die„Hannoversche Land- undForstwirtschaftliche Zeitung" unter anderem über einen neuenBesitzerwerb des bekannten„Wunderdoktors" Schäfer Ast, der fürein 80 Hektar großes Gut in Südergellersen(Kreis Lüne«Surg) 9S 000 Mk. bezahlt habe. Das Blatt bezeichnet diesen Preisals„außerordentlich ho ch", wenn man berücksichtige, daßder Hof zum größten Teil aus Oedländereien bestche unddaß die Ernte,'sowie das tote und lebende Inventar nicht mitübergehe. Eine weitere Nachricht desselben Blattes besagt, daß„außerordentlich hohe Landpretse" auch bei einem Gutsverkauf inSoßmar(Kreis Peine), erzielt wurden, wo 25 Morgen Laad,also nackter Ackerboden, für S2 S00 Mk. verkauft wurden,oder pro He ktar für 84 000 Mark.Den hohen Bodenpreisen entsprechen auch die enorm g e-stiegen en Pachtpreise. Auch dafür bringt das genannteBlatt ein charakteristisches Beispiel. Danach bezahlt der Pächterdas F. Tirkschen Hofes in Willen(Kreis Wittmund) für dieneue Pachfperiode 121 Mk. pro Hektar, statt 80 Mk. bisher. Dasbedeutet eine Steigerung von rund 51 Prozent. Auch daS Organ■der hannoverschen Landwirtschaftskammer bezeichnet diese Steige-rung als„ganz e r h e b I i ch". wenn man in Betracht ziehe, daßdie Abgaben und Löhne(? Red. d. Vorwärts) von Jahr zu Jahrzunähmen und die ganze Lebenshaltung immer teurer werde.Die unnatürliche Aufwärtsbewegung der Güter- und Pacht»preise gibt also auch maßgebenden lanowirtschaftlichen Kreisen zuBedenken Anlaß, zumal ja die Preissteigerung eine allenthalbenbeobachtete Erscheirrung ist. Daß aber aus der Erkenntnis dieeinzig richtige Konsequenz: Abkehr vom Wege des Hochschutzzollesals hauptsächlichstem Faktor der Preistreiberei, gezogen wird, istnicht anzunehmen.Ter Zentralverband Deutscher Industrieller gegenHochschutzzölle.Wir wir vor kurzem berichteten, hat der Geschäftsführer desDenrralverbandeS Deutscher Industrieller Dr. Schweighoffer sichdahin ausgesprochen, daß er von dem Abbau der(amerikanischen)Schutzzölle sich«ine Stärkung des(amerikanischen) WirtschaftS-rebenS verspreche. Dieses wertvoll« Eingeständnis, daß die Beseiti.gung der Hochschutzzölle die Konkurrenzfähigkeit gegenüber demAuslände stärkt, wird jetzt auch von der Korrespondenz deSHandcISvertragSvereinS wie folgt festgenagelt:„ES kommt darin klar zum Ausdruck, daß der Geschäftsführerdes Zentralverbandes ebenso wie die Urheber der Tarifvorlage vondem Abbau der Schutzzölle eine„Renaissance des amerikanischenWirtschaftslebens" und eine Stärkung des amerikanischen Exportsauf dem internationalen Markt« erwartet. Herr Dr. Schweighofferkönnte vielleicht einwenden, gewiß tue ich das, nur darf nicht über-sehen werden, daß das geplante AuSmaß der amerikanischen Zölleim allgemeinen immer noch reichlich so hoch ist, wie das jetzigedeutsche Zollniveau. Allein auf die Zollhöhe kommt eS hier garnicht in erster Linie an. Es handelt sich um eine grundsätzlicheFrage. Es ist, wie Herr Dr. Schweighoffer selbst bemerkt, ein„außerordentliches Experiment", das die Demokraten unternehmenwollen. Eine in vielen Branchen so plötzliche und erhebliche Zoll-Ermäßigung ist seit der mitteleuropäischen Freihandelsbewegungder 50er Jahre des borigen Jahrhundert» noch in keinem anderenHandels, und Jndustriestaate vorgekommen, und auch die wichiigstenGrundsätze, von denen sich die Verfasser de» Entwurfs leiten ließenund die zum Teil darin auch Ausdruck gefunden haben, ähnelndurchaus den damaligen Forderungen der deutschen und englischenFreihändler, die zu bekämpfen der Zentralverband seit Anbeginnseiner Tätigkeit nicht müde geworden ist, ja die eigentlich den Anlaßzu der Gründung des Verbandes gegeben haben.....Auch der Einwand wäre hinfällig, daß biefe_ Zollfreiheiten fürme ameriknischen Produzenten von geringer tatsächlicher Bedeutungseien. In allen Artikeln ist vielmehr mit der lebhaften Konkurrenzdes Auslandes zu rechnen, besonders Kanadas, Argentiniens, Bra.stliens ustv. Wenn nun Herr Dr. Schweighoffer von dieser prin-zip'.cllen Umkehr der amerikanischen Handelspolitik soviel für deren„Stoßkraft auf den freien Märkten" erwartet, warum solltedann Deutschland nicht demnächst dieses vortreff-liche � e isp i e l na ch ah m e n und s o am allerbestendieser„bedeutenden Stärkung" der amerikanischen Konkurrenz das richtige Gegengewichtbieten?Wir sind in der Tat begierig zu hören, was Herr Schweighofferauf diese Frage zu antworten weiß.Wieder ein Tpionageprozest.Vor dem Kriegsgericht in Thorn hatte sich v„ Unteroffizier OttoTheodor Emil Tietz vom 2l. Jnfaiiterieregiment wegen vollendet?»und versuchten Verbrechen» gegen da» Reichsgcfttz. b-lresiend Verrat\ mUilärischer Geheimnisse. Fabnenflucht. militärischen Diebstahl«Betruges, Preisgabe von Dienstgegenstauden. und vorschriftswidrigerBehandlung Untergebener zu verantworten. Nach dreitägiger V?r-Handlung wurde der Angeklagte zu achr Jahren ZuchibmiS, sechsJahren Ehrverlust, Ausstoßung au» dem Heere, Zuläsiigkeit derPolizeiaufsicht, Degradation und Verletzung in die zweite Klasse des�oldatenstandeS verurleilt._____Oertcrrfcich-Ein neues Schreckcnsurteil über Reservisten.Wien. 22. Juli.(Eig. 93er.) Von einem bosnischen Krieg».tnurden eine Anzahl eingezogener Reservisten auS Böhmen(Beneschau) zu Arrest, und Kerkerstrafen von 15 Tagen bi«verurteilt, weil sie einem in der Mitteilung nichtnaher bezeichneten Befehl des den Transport kommandierendenFahnr.ch« ntcht nachgekommen waren.Qngam.Riax Grosiniann.Budapest. 22. Juli(Eig. Ber.) Max Großmann, einer der Mit-begrunder und lange Ze.t einer der Führer der sozialdemokratischenParte, in Ungarn, ist in seinem 41. Lebensjahre am IS. Juli'nBudapest gestorben. Obwohl er in den letzten Jahren keinen aktivenUnteU an der Parteibewegung nahm— alsVußedirektorder2°"/ e-' 2- b-lt-runfallversicheru7gs-undKr° n-*.ff*.? er durch die von der«oalitionSregierung ok-irohiert« Dienstpragpiatck daran gehindert gehörte« doch mitLeib und Seele der sozialdemokratischen Partei an und entfaltetein sekncr neuen amtlichen Stellung im Interesse der kranken Ar-better eine segensreiche Tätigkeit. Ein kühler, außerordentlichscharfer Verstand, ein unbeugsamer, in der Wahl seiner Mittel vonSkrupeln nicht allzusehr geplagter Will«— da» waren die Ouali-täten, mittels deren sich Max Großmann vom Setzerjungen zumtatsächlichen Leiter des größten sozialpolitischen Instituts desLandes hinaufgearbeitet hat. Er trat im letzten Jahrzehnt desverflossenen Jahrhunderts anläßlich des ersten großen Buchdrucker-streiks in die Bewegung und wurde sehr rasch in die ersten Reihengestellt. Er trat mit anderen Kollegen der konservativ-zünftle-rischen Richtung des alten Buchdruckervereins entgegen, focht für denengeren Anschluß der Buchdrucker an die sozialdemokratische Parteiund war der Mitbegründer und Obmann deS neuen, auf demBoden deS Klassenkampfes stehenden Buchdruckersachvereins. Gleich-zeitig nahm er an der politischen Bewegung regen Anteil, wurdein die Parteileitung gewählt, welecher er zehn Jahr« angehörte,und wurde der Redakteur des deutschsprachigen Parteiorgans.Volksstimme". Für die Schlagfertigkeit seines Geistes spricht auchder Umstand, daß er seine Artikel, ohne sie vorher niedergeschriebenzu haben, selbst setzte. Als Agitator wirkte er durch scharfe, pole-mische Reden, die ihm dreimal Gefängnisstrafen eintrugen. Alsim Jahre 1904 die Zivilliste des Monarchen mit zwei MillionenKronen erhöht wurde, machte er in einer Versammlung die Be-merkung: ist der König mit seinem allzu hohen und unverdientenLohne nicht zufrieden und will er eine Gehaltsaufbesserung, somöge er in den Streik treten. Diesen Streik könnte die Gesellschaftohne irgendwelchen Schaden ertragen. Er wurde infolgedessen derMajestätsbeleidigung angeklagt und zu 9 Monaten Zuchthausverurteilt, die er während des Verfassungskonfliktes abbüßte. ImJahre 1907 trat er in die Landeskrankenkasse ein, deren Organi-sation größtenteils feine Arbeit war. In dieser Tätigkeit raffteihn der frühe und unerwartete Tod weg.franhrdch.Die Finanzreform..Pari», W. Juli. Die Kammer erörterte Artikel 3 derFinanzgesetze, wonach vom 1. Januar 1915 ab die Grund-besitzsteuer in eine Verhältnissteuer verwandelt, und die persönlicheMobiliarsteuer durch eine allgemeine gestaffelte Einkommensteuerersetzt werden. Finanzminister Dumont erklärte, daß man imLaufe deS Jahres 191S die Einkommeneuer auf 250 000 Steuer-zahler ausdehnen könne, wenn man dabei die verwaltungStechni-schen Möglichkeiten berücksichtige. Er fügte hinzu, daß er nichtmehr versprechen könne, als er zu halten vermöchte. ES sei aberunmöglich, die Steuer dann auf 3 Millionen Steuerzahler auSzu-dehnen. Der Radikale Malvy widersprach unter dem starkenBeifall der äußersten Linken und eines Teiles der Linken, indemer darauf bestand, daß die Reform vom 1. Januar 1915 ab voll-ständig durchgeführt werde. Klotz, der kürzlich als Finanz.minister den Senat für«ine UebergangSmaßnahme stimmen lieh.stellte sich auf Dumonts Seite und fügte hinzu, daß man keinfestere» Versprechen abgeben könne. Der Vizepräsident der Ab-ordnung der Linken Renault machte ebenfalls unter dem Beifallder äußersten Linken und eines Teiles der Linken der Regierungden Vorwurf, daß sie die Entlastung de» Grundbesitze» durch dieverspätete Anwendung der Einkommensteuer in Frage stelle.Die Kammer nahm mit 547 gegen 3 Stimmen die Umwand-lung der Grundbesitzsteuer an und schließlich auch mit 424 gegen136 Stimmen die Anwendung der Einkommensteuer vom 1. Januar1915 ab. Der gesamte Artikel wurde mit 436 gegen 33 Stimmenangenommen.Jacquier(Radikal) und Javal(sozialistischer Radikaler) ver«teidigten sodann einen Zusatzantrag, der dahin zielt, in da» Budgetfür 1914 die Deckung der neuen Militärvorlagen in Gestalt einergestaffelten Einkommen- und VermögenSzuwachSsteuer einzufügen.und gleichzeitig Matznahmen vorsieht, um Steuerhinterziehungenzu unterdrücken.l�nlUand.Verfolgungsfeldzug gegen die Arbeiter.Petersburg, 22. Juli.(Eig. Ber.) Die letzten Tagehaben eine Anzahl Maßnahmen der russischen Regierunggegen die Presse und die Organisationen der Arbeiter ge-zeitigt, die an Heftigkeit und Bösartigkeit die bisherigen weithinter sich zurücklassen. Laut Beschluß der Petersburger Ge-richtskammer vom 16. Juli sind die Arbeiterblätter„L u t s ch"und„P r a w d a" wie auch das Wochenblatt der„Volks-tumler"„Trudowoj Solos" bis zur Fällung eines Ge-richtsurteils vorläufig inhibiert worden. Zu gleicher Zeithat der Minister des Innern die Schließung deS in Moskautagenden Kongresses der Handelsangestellten Rußlands, d?rvon zahlreichen Städten beschickt war, angeordnet.Die Petersburger Gerichtskammer begründete ihren Be-schluß betreffend die provisorische Schließung der Arbeiter-blätter damit, daß sie„systematisch die Gesetze verletzt, einenschroff ausgesprochenen Parteicharakter getragen und einenoffenkundig schädlichen Einfluß aus die Volksmassen ausgeübthätten". Diese von den richterlichen Bedientenseelen ver»faßte Begründung spricht selbst dem reaktionären russischenPreßgesetz Hohn. Auf Grund dieses Gesetzes hat die Ver-waltung und das Gericht die Arbeiterpresse auf die tückischsteWeise drangsaliert. Ein Blick aus die Statistik der Ver-folgungen der Arbeiterpresse zeigt dies zur Genüge Währenddes ersten Jahres des Bestehens der„P r a w d a" wurdenvon 296 Nummern 41 konfisziert. 16 mit einer Strafsummevon 7899 Rubel belegt und 3 mit der Verhaftuna. der Re»dakteure auf je drei Monate bestraft. Von je fünf Nummernwurde eine gerichtlich oder im Verwaltungswege verfolgt, undzwar waren die gegen die Zeitung erhobenen Anklagen sohaltlos, daß die Konfiskationen in 13 Fällen nachträglich vomGericht rückgängig gemacht wurden und keine der mit Strafenbelegten Nummern genügenden Anlaß zur Erhebung einerAnklage gegen die Redakteure bot. Tie Verfolgungen gegenden„L u t s ch" waren noch heftiger. Von 211 Nummern, diebis zum 1. Juni d. I. erschienen, wurden 57 konfisziert und17 mit einer. Straffumme von 8599 Rubel belegt. Im Durch-schnitt wurde«in Drittel aller erschienenen Nummern unter-drückt, und zwar war das Einschreiten der Behörde auch hierso willkürlich daß ein Teil der Konsiskationen nachträglichrückgängig gemach't werden mußte und keine der mit Strafenbelegten Nummern Anlaß zur Erhebung einer Anklage bot.Seit etwa zwei Wochen ist in Vetersburg und zum Teilauch in der Provinz eine Protestbewegung der Arbeiter gegendie ununterbrochenen Vresseversolgungen im Gange._ Nach-dem die Arbeiter zuerst in Form von Kollektivvrotesten. diean die sozialdemokratische Dumafraktion gerichtet wurden,gegen die Barbarei der sortgesetzten Maßregelungen der Ar-beiterpresse Einspruch erhoben, veranstalteten sie in der letztenWoche eine Anzahl von Proteststreiks und Stroßenmani-festationen, die allein in Petersburg über 59 900 Teilnehmerzählten. Die Antwort der Regierung auf diesenspontanen Protest der Massen war die Plötz-liche Schließung sämtlicher Arbeiterblätter.Ebenso muß auch dieSchließunadesMoskauerHandlungsgehilfen- Kongresses als eine bru-tale Herausforderung der Regierung bezeichnet werden. Fastein ganzes Jahr hatten die Vorarbeiten für diesen Kongreßgedauert. Sämtliche Gehilscnorganisationen in allen Endendes Reiches, die bereits durch die vorjährige Protestbewegunggegen das neue Gesetz betreffend die Regelung der Arbeits-bedingungen in Handelsbetrieben miteinander in nähere Be-ziehungen getreten waren, nahmen lebhaften Anteil an denVorarbeiten zum Kongreß. Dem Drängen dieser Massenkonnte die Regierung um so weniger widerstehen, als sie dieHandlungsgehilfen, die politisch immerhin ziemlich wesent-lich in Betracht kommen, durch geringfügige Konzessionen inein ihr genehmes Fahrwasser zu drängen hoffte. Als aberdie Sitzungen des Kongresses ein ziemlich deutlich ausge-prägtes Klassenbewußtsein der Handelsangestellten und ihreBereitschaft, für die Aufbesserung ihrer wirtschaftlichen undsozialen Lage einzutreten, zum Vorschein brachten, begnügtesich die Regierung nicht mehr mit der rigorosen Beaufsichft-gung des Kongresses und den fortwährenden Einmischungenin die Verhandlungen, sondern löste kurzerhand den Kongreßauf. nicht ohne nachträglich unter den KongreßteilnehmernVerhaftungen vornehmen zu lassen.Letzt* fVachriditemEine Kritik des türkischen Vordringens.London, 23. Juli.(SB. T. 93.) Oberhaus. Lord HaverShamfragte, ob die Mächte, die doch auf Montenegro einen Druck auSge-übt hätten, die albanische Grenze, die durch das Konzert der Mächt«beschlossen worden war, anzunehmen, einen ähnlichen Druckauf die Türken ausüben würden, damit sie die An-erkennung der Grenzlinie EnoS-Midia, der sie im Londoner Ver-trage unter der Sanktion Europas zugestimmt hätten, aufrechterhielte.LordMorleh sagte: Die diplomatische und militärische Lag«ist viel zu kritisch und heikel, al» daß ein Vorteil durch eine DiS-kussion in diesem Hause erzielt werden könnte. Die Politik derBritischen Regierung ist gewesen und ist noch, die Türkei zu unter»stützen in der Regelung ihrer Finanzen auf gesunder Grundlage.in der Besserung ihrer Verwaltung und in der Schaffung ihre»endgültigen Zustande». Wir wünschen diese Politik weiter zuverfolgen, aber die Erfüllung dieses Wunsches muß im Zusammen-arbeiten und in Uebereinsttmmung mit den anderen Großmächtenerreicht werden.Morley schloß: Wenn die Türkei die-Frage der GrenzlinieEnoS-Midia wieder anschneidet, so könnte eine solche Handlung».weise sehr leicht sehr ungünstig auf Fragen zurückwirken, an denendie Türkei sehr nahe interessiert ist, und die während deS Kriege»zwischen der Türkei und den Balkanstaaten nicht erhoben wordensind, und die wir durch den Londoner Vertrag abgeschlossen hofften.Ich kann keine Erklärung abgeben über die Aktion, zu der dieMächte etwa bereit sind, oder über einen Druck, wenn die Türkeiunglücklicherweise den Rat außer acht lassen sollte, den sie bereit»alle gegeben haben._Greueltaten der Bulgaren.Köln, 23. Juli.(SB. T. B.) Die„Kölnische Zeitung" bringtfolgenden SSericht ihre» Berliner Korrespondenten. Der öster-reichisch-ungarische Generalkonsul in Saloniki hat sich bekanntlichnach Serre» begeben, um die Meldungen von den dort durch dieBulgaren verübten Untaten nachzuprüfen. Wie ich von vertrauen»-würdige: Seite erfahre, heißt e» im amtlichen Bericht, den derGeneralkonsul an seine Regierung erstattet hat, wörtlich folgender-maßen: Ich begab mich, von meinem italienischen Kollegen be-gleitet, in einem Militärautomobil nach Serres. Diese früherblühende und reiche Stadt ist heute zu drei Viertel ein rauchenderTrümmer- und Aschenhausen. Die Bulgaren hatten Serres am5. Juli verlassen, am 11. Juli jedoch erschienen abermals reguläreTruppen und Komitatschis, die von Offizieren und Beamten ge-führt wurden. Sie bombardierten die wehrlose Stadt mit ihrenGeschützen und plünderten und verbrannten die schönsten Stadtteilevon Grund aus. insbesondere mehrere Gebäude, die österreichischenUntertanen gehören und sogar unser eigene? Konsulat.Die Verwüstungen werden auf ungefähr 45 Millionen Frankgeschätzt. Fünfzig vornehm« Persönlichkeiten wurden massakriert.Darunter der ungarische Staatsangehörige Albert vir». WehrersPersonen sind in de» Flammen umgekommen. Fünf von den neuenDepot» der österreichischen Firma Herzog u. Co. wurden zerstört undbrennen zurzeit noch. Der Schaden wird hier allein aus 214 Millio-nen Frank geschätzt. Unsere Fahne ist nicht respektiert worden. UnserBizekonsul Slatko wurde, obwohl er die österreichisch- ungarischeFahne in Händen hielt, in» Gebirge weit außerhalb der Stadt ge-schleppt zusammen mit 150 anderen Personen, die sich in da» Kon-sulat geflüchtet hatten. Er wurde erst nach Zahlung eine» Lösegeldeswieder freigelassen. ES ist unumgänglich notwendig, daß man un-seren Schutzbefohlenen, die den reichsten israelitischen Familien an-gehören, Hilfe schickt. Ich bitte um Absendung bedeutender Geld-mittel zum Ankauf von Lebensmitteln und Kleidern. Die Stadt Dramawurde von den Griechen besetzt. In Doxator fand man mehrer«hundert Frauen und in Demi-Hissar 140 Personen von den Bulgarenmassakriert aus.Die Explosionskatastrophe in Wiener-Neustadt.Wien, 23. Juli.(P.®.) Die Explosionskatastrophe in derWöllerSdorfer Munitionsfabrik in Wiener-Neustadt hat bisher dreiTodesopfer gefordert. Weiter find 17 Personen, fast durchwegFrauen verletzt worden, drei davon so schwer, daß sie kaum mit demLeben davonkommen dürsten. Die Entstehungsursache der Explosionkonnte noch nicht genau festgestellt werden. Man nimmt an, daßdie Katastrophe durch die Explosion eine» Zünder» erfolgte. Wahr-scheinlich hat der betreffende Arbeiter zu stark auf den Zünder ge»schlagen. Vielleicht ist die Explosion infolge Beimischung eine»Fremdkörper» beim Füllen eines Geschosse» erfolgt. Nach der Explo-non entstand unter den Arbeitern eine Panik, al» sie da» Tor de»ArbeitSraume» verschlossen fanden.Tie Arbeiter wurden, al» die erste Aufregung sich etwa» gelogthatte, aufgefordert/ die Arbeft wieder aufzunehmen. Sie weigertensich jedoch. Da« Kommando der Munitionsfabrik sah sich schließlichgenötigt, die Einstellung der Arbeit anzuordnen. Di« Berwüstun-gen, die die Explosion angerichtet hatte, sind sehr bedeutend. DieDecke des Arbeitsraumes, in dem die Explosion erfolgte, ist ein-gestürzt. Der Materialschaden ist sehr groß. Bemerkt muß werden,daß die» bereits die fünfte Explosion in diesem Jahre in derMunitionsfabrik Wöller»dorf ist. Von feiten der KriegSbehördenwurde ein« eingehende Untersuchung über die Ursache der Explosionangeordnet.