Der hohe Köfener 8. CDie drei an der Universität Freiburg bestehenden, dem Kästner<3. C.(Seniorenkonvent) angegliederten Korps sind von demakademischen Senat für zwei Semester aufgehoben worden.Warum? Irgendeine studentische Bagatelle, die die Oeffent-lichkeit wenig oder gar nicht interessiert. O nein! EineSache, die die Oeffentlichkeit brennend interessiert, da sie einscharfes Schlaglicht auf die Gesinnung in gewissen feudalenStudentenkreisen wirft, und diese Studentenkreise für unserganzes politisches Leben von nicht zu unterschätzender Be-deutung sind.Was man sich aus den etwas dürftigen Berichten derFreiburger Universitätsbehörde zusammenreimen kann, istfolgendes: ein Privatdozent, der dem Lehrkörper derUniversität angehört, hatte es wegen irgend eines �Vergehens"mit den drei Korps verschüttet. Vielleicht hatte er einenSenior eines Korps nicht tief genug gegrüßt, vielleicht hatteer sich über den Mensurunfug despektierlich geäußert, vielleichtsonst etwas. Kurz und gut: die drei Korps beschlossen,den Privatdozenten abzuurteilen und zu diesem Ende vor ihreGerichtsbarkeit zu laden! Der Inkriminierte erhielt einSchreiben, unterzeichnet„Der S. C. zu Freiburg, das z. Z.präsidierende Korps Suevia", in dem er energisch aufgefordertwurde, dann und dann vor einem aus Korpsstudentenbestehenden Gericht zu erscheinen— wenn nicht, so werde dasals ein Eingeständnis seines Vergehens betrachtet und derVerruf über ihn verhängt werden. Verruf— das ist die Formder akademischen Ehrlosmachung. Wer von einer studentischenKorporation in den Verruf gesteckt wird, der ist für alleKreise, denen die mittelalterlichen Ehrbegriffe dieser Korpo-ration maßgebend sind, bürgerlich tot, er hat die Satisfaktions-fähigkeit verloren und kein Couleurhund nimmt mehr einStück Brot von ihn: an. So greift denn eineVerrufserklärung sogar in das nicht akademische Lebenüber. Es sind Fälle bekannt, in denen ein Reserve-offiziersaspirant von de» Militärbehörden deshalb nichtzur Wahl gestellt wurde, weil er mit dem Verruf irgend einesbuntbemützten studentischen Rauf- und Saufklubs bemakeltwar. Diese Verrufsandrohung des Freiburger Korps nichtgegen einen anderen Studenten, sondern gegen ein Mitgliedder Universitätslehrerschaft, ging nun den akademischen" Be-Hörden doch wider den Strich, und sie verhängten über dieSchuldigen die oben genannte, lächerlich milde Strafe.Eine lächerlich milde Strafe, wenn man in Rücksichtzieht, daß die aufgehobenen Korps sofort unter anderemNamen ihren Betrieb wieder� aufnehmen und viel-leicht heute schon, der akademischen Justiz spottend, inandern Farben stolz durch Freiburgs Gassen wandeln; einezehnfach lächerliche Strafe, wenn man sich vor Augen hält,was wohl Arbeitern im gleichen Falle widerfahren wäre.Arbeiter, die etwa einen Werkmeister oder gar einen Unter-nehmer vor ihr Femgericht laden und ihm androhen, daß erim Falle des Nichterscheinens als ehrlos betrachtet würde—wie spektakelte da die reaktionäre Presse über unerhörtenTerrorismus, wie ginge ein Schrei nach Ausnahmegesetzendurch alle Scharfmacherkreise, wie schritten mit gesträubtemSchnurrbart Schutzmann und Staatsanwalt ein! Aber Korps-studenten? Ja, Bauer, das ist etwas anderes I Korpsstudentendürfen die Ordnung der Dinge auf den Kopf stellenund es sich herausnehmen, wie es der groteske, 1871 alsKommunard erschossene Revolutionszigeuner Raoul Rigaultsich einst erträumte, als Schüler über die Lehrer zu Gerichtsitzen zu wollen.Aber an dieser für den gesunden Menschenverstand schierunfaßbaren Anmaßung und Ueberhebung ist schlechterdingsnichts Ueberraschendes, wenn man den Geist kennt, in demdie Korps leben und weben, und wenn nian ihre Bedeutungals Pflanzschule der Reaktion richtig erkennt. In dem„hohen"Kästner S. C. sind alle Korps auf deutschen Hochschulenzusammengefaßt, die nur einen winzigen Bruchteil derStudentenschaft ausniachen, sich aber mit exklusivenl Dünkelals die Blüte der akademischen Jugend betrachten und mitDas Protokoll.Ter weite, weiße Fernsprechsaal zeigte gähnende Leere. Nurdie wenigen, die der Frühdienst aus den Federn gejagt, pendeltenzwischen den Schränken her und hin. Das graue Oberlicht desGlasdachs gab einen verdrossenen Schein auf die— trotz der Eiledes Frühaufstehens— wohlfrisierten Mädchenköpfe, die der schwarzeBügel des Hörers umspannte.Der Aufsichtsbcamte schaltete die Lampen aus. Zischend er-loschen die weißen Kugeln.Lene Krell sah zu dem rotglimmenden Kohlenstückchen inmittendes GlaseS auf. So ganz lautlos, in langsam ersterbender Glutwürde auch sie ihr Leben enden!„Bei Ihnen glüht's, Krellchen." rief die stöpselprüfende Nach-barin vom Nebenschrank.Erschreckt lief Lene zur„brennenden" Stelle. Ihre„Männer"waren an sehr pünktliche Bedienung gewöhnt. Hatte man doch LeneKrell, der Musterbeamtin, die höchsten und allerhöchsten Anschlüsseanvertraut.ES war Lenes Stolz, daß sie nie ein„Protokoll" gehabt. Niehatte ein Teilnehmer oder ein Vorgesetzter-Grund gefunden, sichüber sie zu beschweren. Ein seltener Fall in den Annalen desFernsprechamtes.Die Blonde am Nebentisch stöpselte gemütlich ein paar schab-hafte Schnüre um und näherte sich der Kleinen mit den glatten,braunen Scheiteln.„Na, Krellchen, nun haben Sie's ja geschafft. Morgen— An-stellungl"Leises Seufzen war im Ton der heiter sein sollenden Worte.„Unberufen!" machte die Krell mit ernstem Gesicht.„Manch-mal geht das mit dem Kuckuck zu."„Na, wenn Sie die ganzen neun Jahre„ohne" runtergerutschtsind, wird's ja auch heut' nichts geben."Die Andere setzte wieder ihre feierliche Miene auf, die aufdie Lachmuskeln der Blonden'erschütternd wirkte.„Ich weiß nicht, was da zu lachen ist," sagte Lene gekränkt.„Ich habe meine kranke Schwester zu ernähren. Es wäre sehrschlimm, wenn man mich nicht anstellte."„Aber, Krcllchen, S i c brauchen doch keine Angst zu haben.Denken Sie mal, wie ich mit meinen vielen Protokollen in derTinte sitze. Mich stellen sie noch nach zwölf Jahren nicht an.So'n Pech, wie ich--"Sie rannte an ihren Schrank, er glühte bedrohlich.„HierAmt—"„Die Aufsicht—" tönte es ihr grollend entgegen.„Da haben wir's:— Ich sage ja, so'n Pech, wie ich immerHabel''souveräner Verachtung auf die Burschenschaften, Landsmann-schaften und Turnerschaften herabblicken, ganz zu schweigenvon dem Gehudel der nichtkorporierten Studenten, der„Wilden".Wer sich irgend durch Herkunft und väterlichen Geldbeutel dazuberufen fühlt,„springt" in ein S. C.-Korps„ein", denn hiergenießt er Vorrechte, wie sie sonst längst im bürgerlichenRechtsstaat abgestorben sind. Ein Korpsstudent darf alles,ein Korpsstudent kann alles, einem Korpsstudenten stehtalles. Und wenn sie Polizisten mit Knüppeln halb zu-schänden schlagen und wenn sie ganze Eisenbahnzügedemolieren, bei den Herren vom„hohen" S. C. wird dasalles mit geringen Geldstrafen abgemacht. Denn, was dieHauptsache ist, sie haben die vorschriftsmäßige Gesinnung, undwegen dieser Gesinnung stellen die Korps den Nachwuchs derMandarinenkaste dar, die uns regiert.In seinem bekannten Buche über„Die Reaktion in derinneren Verwaltung Preußens" schildert der frühere Bürger-meister S ch ü ck i n g recht anschaulich die Vorstellungen, dieschon dem Korpsfuchs in Fleisch und Blut übergehen, nämlich,„daß ein anständiger Mensch konservativ ist, daß der Sozial-denrokrat eine neue Verbrecherspezies sei, daß der Freisinn eineArt rhetorische Belustigung des Kleinbürgers darstelle, vorallem aber, daß ein gebildeter Mensch die heilige Verpflich-tung habe, streng monarchisch zu denken und den monarchischen,konservativen Gedanken überall auch gegen sogenannte liberaleIdeale zu stützen". Auch den Bildungsgang dieser Korps-burschen schildert Schücking mit Sachverständnis:Sie sind st olz darauf, selten Kollegs gehörtzu haben, die altenKorpsstudenten undReserve-offiziere, die uns regieren. Sie hatten alle Staats-recht und BerwaltungSrecht belegt, aber sie ließen vielfach in derWohnung des Dozenten an« und abtestieren. Für so liberale Sachen,wie eine Verfassungsurkunde, hatten sie nie Interesse. Wie dieVerfassung zustande kam in Preußen, das zu wissen, hat keinInteresse. Viel wichtiger ist es, auswendig gelernt zu haben,welche Korps im„blauen Kreis" sind. Dabei hört man dochetwas von Gentlemans! So halten sich unsere Ka-meralstudenten ängstlich frei von allem staatS-und v er w a It u n g S r e ch t li ch en Wissen bis zumReferendarexamen. Für dieses schafft man sich die beiRcclam erschienene Verfassungsurkunde an und sieht mal hinein.Man sieht aber sofort, daß diese Gesetze doch nicht durchgeführt sind.Freiheit d e r W i s s e n s ch a ft, des religiösen Be-kenntnisseS, Versammlungsfreiheit.„Blöd-sinn," sagt sich der adlige Student, der Regierungsreferendarwerden will,„inderPraxisgibteS das doch nicht."So wächst in den Korps das grüne Holz heran, aus demdann die Landräte, die Regierungspräsidenten, die Ministergeschnitzt werden, und sie alle haben von der Zeit her, da der„hohe" Kösener S. C. ihre politische Erziehung besorgte, die„tadellose Gesinnung", das will sagen: asiatische Despoten-anschauung, daß die Welt nur ihretwegen, nur der herrschendenSippe wegen da sei und daß sich das Volk der Untertanenwie von altersher unter die Peitsche zu ducken habe. ImGrunde genommen ist das eine anarchistische, gesetzes-verächterische Anschauung, und in der Tat sind diese altenKorpsstudenten in der Verwaltung nur zu leicht geneigt, wiesie in ihrer Sünden Maienblüte Laternen« und Fenster-scheiden ungestraft zerschlagen haben. Recht und Gesetz inScherben zu schlagen und, wie sie— stehe Freiburg!—Universitätslehrer mit dem Verruf belegt haben, ganze großeVolksklassen wie das Proletariat als ehr- und rechtlose Herdezu behandeln.Und da ein Korpsstudent auf hohem Verwaltungspostenstets die Leiter herabreicht, auf der seine Korpsbrüder nach-klimmen können, so wird dieser reaktionäre Unfug nicht eheraufhören, als bis die Macht der ganzen herrschenden Sippegebrochen ist. Daß das eines Tages gründlich geschehen seinwird, dafür bürgt die unermüdliche Kampfesarbeit der Sozial-demokratie IWährend die Blonde„mit dem Pech" ihren Krakeeler auf denAufsichtsapparat legte, prüfte Lene Krell sorgfältig ihre Schnüre.Nur heute nicht entgleisen! Die feste Anstellung mit der damitverbundenen Pensionsberechtigung war der Leitstern gewesen, dersie die immerhin schwere Dienstzeit willig ertragen ließ.Ein einziges Protokoll vor Toresschluß konnte die Sache um-werfen. Dann wurde die Anstellung— nach Ermessen der Bor-gesetzten— vielleicht um Jahre hinausgeschoben.Lene Krell fühlte, daß sie das nicht ertragen würde. Abge-sehen von der Schande-- das größere Gehalt und der längereUrlaub, den �ie nehmen wollte, taten ihr dringend not.„Also unterschreiben Sie mal daSI" sagte der Aufsichtsbeamtezu Lenes blonder Nachbarin.In der Krell regte sich leicht pharisäischer Hochmut.«Gott seiDank, daß ich nicht so bin, wie die."„Und ich habe doch keine Schuld," trumpfte die kunstvoll Fri-sierte auf, als der Beamte mit dem ominösen, gelben Bogen ver-schwunden war.„Unsereins wird bloß nich jeglaubt. Vier Mi-nuten will er jewartet haben, der olle Beschwerdeführer."Sie verstummte. Der Korridor tat seine Schleusen auf undherein strömte die Achtuhrgarde. Lauter ausgeschlasene, meistblühfrische Gesichter, die nun lächelnd und behaglich, als ginge eszum Tanz, zwischen den Frühdienstlern Platz nahmen.Geduldig„schirrten" sie sich ein, legten sich an die Kette, fügtendie Elektrizität ihrer jungen Leiber in den großen Strom ein, der— von Hebeln und Schrauben bewacht— wie ein starker, gebändig.ter Zaubrer von Ohr zu Ohr seine Pflicht tat.Die blauen Uniformblusen in Reih und Glied verschmolzenscheinbar zu einem Ricsenkörper, der seine vielen Arme in unbe-greiflich närrischer Weise auf dem schwarzen Klinkensystem herum-flitzen, Löcher zustöpseln, Schnüre wie ein Spinncnnetz übereinanderbreiten und im Nu das gleichsam spielend Begonnene wieder zer-stören ließ.Das monotone„Hier Amt—" aus vielen Mädchenkehlen ver-einigte sich zu einem ohrenbetäubenden Surren.— Die Schlachtbegann. Unaufhörlich rasselten die Schnüre, leuchteten und er-loschen die Flämmchen unter den winzigen Glashülsen.Lene Krells Schrank funktionierte heute besonders lebhaft. Dierot und blau gekennzeichneten Dienststellen hatten heute ihren Tag— irgendeine vorzubereitende historische Feier. Mit Feuereiferarbeitete Lene. Sie artikulierte scharf beim Sprechen, war völligKorrektheit, mit ruhiger Eleganz bewegten sich die schlanken, kleinenFinger.Der Direktor, auf seiner Morgcnvistte, blieb eine Weile hinterihr stehen. Er fand keinen Anlaß, irgendwie tadelnd einzugreifen.Ein Heiner Waffenstillstand. Die größte Hitze deS Gefechtsschien vorüber. Lene ließ sich erschöpft in den Stuhl zurückfallen.Da glühte es neben einer dick unterstrichenen Nummer. Wie vonHüe bürgerlichen 6ben nichtig!Nach katholischem Rechte find die Ehen unlösbar. Ehen können� unter keinen Umständen getrennt, eine zweite Ehe niemals ein»! gegangen werden. Gleichwohl ist nichts leichter, als eine katholischeEhe lirchlich zu beseitigen, auch wenn sie katholisch-kirchlicheingesegnet war. Man braucht nur ein paar Verfehlungen zu be»gehen, die den anderen Teil nach bürgerlichem Rechte zur Ehe-scheidungsklage ermächtigen und die Scheidung auch herbeifübren,und der Schuldige ist aller Lasten und Verpflichtungen frei, er kannauch wieder heiraten; denn er ist— niemals verheiratetgewesenlDa? System eines Irrsinnigen, meint ihr— nein! Vielmehrdie klerikal gültige Entscheidung der päpstlichen Rota, des höchstenWeltreichsgerichts der katholischen Christenheit.Im Jahre 1894 heiratete Graf Boni de Castellane eine ameri«kanische Milliardärin, Miß Anna Gould. Die Braut trat vor derEheschließung zur katholischen Kirche über. Die Ehe dauerte elfJahre und erzielte drei Söhne. Da aber der Graf die Gattin betrog,ließ sie sich scheiden. Der Gatte wurde für den schuldigen Teil er«klärt, die Frau heiratete bald einen andern.Nach katholischem Recht bestand natürlich die bürgerlich geschiedeneEhe fort. Der Graf durste in alle Ewigkeit nicht darauf rechnen,unter katholisch-kirchlichem Segen eine andere zu freien. Nun begabes sich aber, daß er eine zweite amerikanische Millionärin mit seinerHand und Huld beglücken wollte. Keine Macht der Welt, so schieneS. würde die Kirche veranlasien können, in diese zweite Ehe zuwilligen.DnS päpstliche Gericht aber überwand alle Schwierigkeitenspielend. Es erllärte die Ehe für nichtig aus— Verschulden derbetrogenen Frau. Kein Scharfsinn würde ausreichen, um denGehirnweg zu ermitteln, auf dem dies Wunder geistlicher Rechts«gelehrtheit zustande kam. Und doch ging alles ganz einfach zu.Die katholische Ehe, so führte die Rota eben in einem Urteilaus, das alle Leipziger Reichsrichter vor Neid bersten lassen wird,beruht auf dem Vorsatz der Unlöslichkeit der Ehe. Nun bat MißGould, vor und nach der Eheschließung, nachweislich wiederholt ge-äußert, sie würde sich scheiden lassen, wenn der Gatte ihr untreuwürde. Also hatte Miß Gould nicht bloß nicht den Willen, eine un«lösliche Verbindung mit dem Grafen einzugehen, sondern sogar dasGegenteil erklärt. Da aber wesentliche Eigenschaften der Ehenach kirchlicher Lehre die Unauflöslichkeit und die Einpaarigkeit sindund dort, wo eins dieser Momente ausdrücklich ausgeschlossen wird,eine Ehe im wahren Sinne des Wortes nach kirchlichem Recht nichtzustande kommen kann, mußte das oberstgerichtliche Urteil zu derEntscheidung kommen, daß die Ehe des Grafen mit Anna Gould vonAnfang an keine Ehe war....Der Graf kann also seine Millionärin heiraten, da glücklicher«weise seine Eheftau den gottlosen Vorsatz in die Ehe mitgebrachthatte, sich nicht betrügen zu lassen. Durch diesen Vorsatz der un»bedingten Einpaarigkeit wurde die Ehe— nichtig! Hokuspokus—Lourdes ist nichts dagegen.Da nun alle bürgerlichen Ehen auf dem ausgesprochenen oderstillschweigenden Vorsatz beruhen, daß sie im Falle der Verletzungdes bürgerlichen Rechts zu trennen seien, sind somit alle bürger»lichen Ehen nichtig, und bei Bedarf wird auch die Nichtigkeit imHandumdrehen ausgesprochen man sage nicht die allein seligmachendeKirche sei unduldsam—> vorausgesetzt, daß man die— Gerichts»kosten zahlen oder wenigstens versprechen kann, wie vermutlich GrafCastellane._Die'Capferften der Tapferen»In unserm in G e f f l e(Mittelfchweden) erscheinenden Partei-blatte wurde kürzlich angezeigt, daß die im 37. Lebensjahre stehendeArbeitersgattin Augusta Eriksson in Skutskär der Lun»gentuberkulose erlegen sei. Am nächsten Tage lenkte der Redakteurdieses Blattes die Aufmerksamkeit auf diese unscheinbare Anzeige.Sie schließt ein alltägliches Proletarierschicksal ab, das aber einenheldenmütigen Kampf bedeutet, der von einer der unzähligenTapfersten der Tapferen, die unbekannt und ungeehrt ins Grabsinken, geführt wurde.Augusta Eriksson war die Frau eines Arbeiters in denSkutskärer Zellulosefabriken. Trotz des kärglichen Verdienstes undder Tarantel gestochen, ritz Lene den Hebel auf. Diese geheiligteNummer! Sollte sie die Aufficht rufen? Aber warten lassen--das ging nicht.„Hier Amt—?"„Hier ist Ihre Hoheit, die Herzogin vonGerminhagen selb st ," tönte eine vor Zorn sich überschlagendeStimme zurück.„Ich habe soeben mit Kneckerode gesprochen, undbin mitten im Gespräch getrennt worden. Wie kommt das?"„Ich verbinde mit dem Fernamt," sagte Lene, sich gegen ihrZittern mit der ganzen Würde ihres guten Gewiffens wappnend.„Ich werde rufen—."Sie schloß den Hebel, nahm den Kontroll-Stöpsel und suchteeine freie Leitung nach dem Fern-Meldeamt. Droben im Saalleuchtete es bei der dicken Kläre auf, die öfters mit„Krellchcn"«inen kleinen Speech per Leitung abhielt.„Krcllchen, find Sie's?"„Krellchen" hörte die Frage nicht. Es regnete gerade wiederFlämmchen an ihrem Platze. Stumm und fix bugsierte sie de»herzoglichen Stöpsel in das MeldeamtSIoch. So kam es, daß diezornige Hoheit die Frage der dicken Klär« auffing.„Nein," erwiderte sie, noch aufgebrachter, als vorhin.„Hierist Ihre Hoheit, die Herzogin von Germinhagen, selbst. Ich habemit Kneckerode gesprochen, und bin mitten im Gesprach getrenntworden. Wie kommt doS?"„'Neu Augenblick." jagte die dicke Kläre phlegmatisch. Siebesaß im hohen Grade die Fähigkeit, sich von nicht« imponieren zulassen. Sie stöpselte gemächlich die mit der Hoheit belastete Quassel.strippe um und hielt Ausschau nach der Aufsicht.Fräulein Herli, die Aufsichtsdame, genehmigt« gerade hinterden Kulissen einen heißen Schluck Kaffee, und war also im Mo-ment unsichtbar. Kläre kannte die Gewohnheiten ihrer— imübrigen sehr netten— Vorgesetzten. Mit der ihr eigenen, durchnichts zu erschütternden Grazie setzte sie ihre zwei Zentner Le-bendgowickt in Bewegi'.ng, Fräulein Herli zu suchen.Die hoheitlich umgestöpselte strippe blieb trauernd nebennoch anderen Gestöpselten zurück. �„Diese Kläre ist stets aus der Wanderichaft." schimpfte die sichselbst überlassene Kameradin der dicken.„Immer muß man ihreMänner mitbesorgen."Wütend strich si«»ber die von einem kräftigen, schwarzen Flaumbedeckte Oberlippe. Dan»»Jr ein: Di« Umgestöpselten hattengewiß alle ein Gespräch angemeldet und warteten nun noch„bloßso—!"Die Beschnurrbnrtctc� oFsnctc einen Hebel nach dem andern,kontrollierte, brachte die schnüre in die normale Loge zurück. Beidem hoheitlichen«töpsel hatte die Schwarze Kontrollgeräusch. Dawartete also einer. �„Hängen Se an, Sie werden angerufen!" rief sie mit ihrertiefen Baßstimme in das Mikrophon. Die Herzogin vernahm die?Donnerwort. Erschreckt hängt« sie<m»