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Hus dir Frauenbewegung. Gebärftreih. Noch bis vor Wenigen Jahren hatte die Sozialdemokratie sich mit der bürgerlichen nach M a l t h u s benannten An- schauung auseinanderzusetzen, daß die Ursache allen Elends auf dieser Erde in der zu raschen Bevölkerungsvermehrung zu suchen- sei. Nach dem englischen Oekonomen Malthus (gestorben 1834) hat die Bevölkerung die Tendenz, sich viel rascher zu vermehren, als der Nahrungsspielraum sich erweitert oder mit anderen Worten: die Bevölkerung nehme rascher zu als die ihr zur Verfügung stehenden Existenz- mittel. Das war eine zur Zeit wirtschaftlichen Nieder- ganges in England schlau ersonnene Lehre, um die Verant- Wartung für die Not der Zeit auf das Proletariat selbst ab- zuschieben, das in leichtsinniger Weise Kinder in die Welt setze, ohne auf die angebliche Beschränkung der überhaupt vor- handenen Lebensmittel gebührende Rücksicht zu nehmen. Daran schloß sich dann von bürgerlicher Seite stets die offene Aufforderung, das Proletariat möge seine Geburtenzahl be- schränken, und der berüchtigte Rat der Frau V u l p i u s, gegen große Kinderzahl helfe am besten ein Waschkübel, ist in mannigfachen Variationen den Proletariern erteilt worden, die mit Rücksicht auf ihre große Kinder- zahl Lohnerhöhungen forderten. Nun besteht ein absoluter Mangel an Existenzmitteln natürlich keineswegs, nur die Verteilung der Güter ist in der kapitalistischen Gesellschaft eine ungerechte und verkehrte; während ein kleiner Kreis von Begüterten im Uebersiuß lebt, muß die breite Masse darben. Auch hindert die Anarchie der gegenwärtigen Produktionsweise die volle Entfaltung aller in Natur und Gesellschaft schlummernden Kräfte zur ausreichenden Erhaltung der ganzen Menschheit. Da nun seit einigen Jahren die Bevölkerungszunahme in den entwickelten kapitalistischen Staaten langsamer fortschreitet als in früheren Jahrzehnten, malt die bürgerliche Gesellschaft plötzlich statt des Gespenstes der drohenden Uebervölkerung das noch schrecklichere des Aussterbens der Bevölkerung an die Wand. Und während bisher das Proletariat sich nach Meinung der Bürgerlichen zu rasch vermehrte, zetert man nun in denselben Kreisen über den Rückgang der Geburtenzahl. Um so auf­fälliger mutz es erscheinen, daß jetzt in Parteikreisen eine Argumentation propagiert wird, die der selbst von Bürger- lichen aufgegebenen Malthusschen Lehre bedenklich ähnelt. Die Phrase von einem zu inszenierendenGebär- streik" mischt sich in die ernstesten Diskussionen störend ein. Während die Propaganda der Geburteneinschränkung als Mittel zur Beseitigung des menschlichen Elends in bürgerlichem Munde wenigstens einen Sinn gibt(nämlich den, dasProletariat über die wirklichen Ursachen seiner Not zu täuschen), kann diese Propaganda von sozialistischer Seite als angeblichesKlassenkampfmittel" nur falsche Vorstellungen über unsere Aufgaben erwecken. Die Notwendigkeit der Agitation für den Gebärstreik hat man unseres Wissens durch zwei Momente zu begründen versucht: einmal soll der Gebärstreik das Bürgerlum durch Entziehung der Arbeitskräste und Rekruten treffen und sodann soll der Geburtenrückgang ein Mittel sein, die Lage der Arbeiterklasse im Interesse des politischen und gewerkschaftlichen Kampfes zu stärken. Was das erste Moment anbetrifft, so ist cS in der Tat richtig, daß das Bürgertum durch den Geburtenrückgang be- unruhigt wird, weil es einen größeren Verlust an arbeits- und waffenfähigen Männern fürchtet. In Frankreich zum Beispiel ist die Stagnation(der Stillstand) der Bevölkerung be- reits so groß, daß es gegenüber Völkern mit rascher Ver- mehrung militärisch ins Hintertreffen gerät und daher durch Einführung der dreijährigen Dienstzeit die Lücke im Nachwuchs auszufüllen sucht. Aber gerade das Beispiel Frankreichs zeigt, daß der Geburtenrückgang den herrschenden Klassen ein Anlaß ist. dem Proletariat noch härtere militärische Lasten aufzuer- legen. Die Geburtenverminderung hat die Lage des franzö- fischen Proletariats in dieser Hinsicht nicht verbessert, sondern erschwert und es ist kein Zweifel, daß die bürgerlichen Parteien in Deutschland in derselben Situation zum gleichen Hilfsmittel greifen werden. Die Propaganda des Gcbärstreiks mit dem Ziele. dem Klassenstaat Rekruten zu entzieben, ist daher eine völlig aussichts- lose und sehr gefährliche Sache. Nicht besser steht es mit dem Argument, daß ein Gebär- streik das Bürgertum durch Entziehung der Arbeitskräfte schädigen wird. Schon heute trotzdem es Hunderttausende von deutschen Arbeitslosen gibt zieht das agrarische und industrielle Unternehmertum aus wirtschaftlichen und politischen Gründen Hunderttausende von billigen und fügsamen aus- ländischen Arbeitskräften ins Land. Schon heute hat das deutsche Proletariat schwer unter der Schmutzkonkurrenz dieser meist völlig unaufgeklärten, bedürfnislosen Massen von aus- ländischen Proletariern zu leiden, die durch ihren schnellen AufenthaltSwcchsel im Jnlande und die jährlich wiederholte Rückwanderung ins Ausland, die sprachlichen Verschiedenheiten, die Rückständigkeit ihrer Heimat- lichen Verhältniffe und Denkungsweise usw. der sozialistischen Aufklärung so schwer zugänglich sind. Es wäre Wahnsinn. den Zuzug dieser Massen absichtlich zu beschleunigen, oder glaubt man im Ernst, die Bevölkerungszunahme ließe sich so rasch zum Stillstand bringen, daß die Unternehmer diesen AuSweg nicht in genügender Weise(auch zur Heranbildung qualifizierter Arbeiter)' benutzen könnten? Oder soll das Proletariat nach Anschauung der Befürworter des Gebär- streiks die Geburteneinschränkung bis zur Selbst- Vernichtung treiben? Ohne diese Möglichkeiten konkret auszumalen, läßt sich die Unrichtigkeit der Argumentation für den Gebärstreik auch burch rein theoretische Ueberlegungen nachweisen. Die ganze kapitalistiiche Gesellschaftsordnung beruht auf dem Gegensatz von Kapitalisten und Proletariern. Es ist nun nicht einzu- sehen, wie durch bloße Verschiebung des Zahlenverhältnisses beider Klassen eine grundsätzliche Acndenxng der ökonomischen Machtverhältnisse eintreten sollte, zumal wenn das Zahlen- Verhältnis zuungunsten der Proletarier geändert wird. Eine Verschiebung der Art. daß die relativeUeberzählig- keit der Proletarier je verloren geht, ist innerhalb der kapita- listischeu Gesellschaft undenkbar. Sie liegt schon deshalb völlig außerhalb des Bereichs der Möglichkeit, weil die Bourgeoisie langst den Grad der Bevölkerungsvermehrung erreicht hat. unter dem eine Vermehrung überhaupt noch gerade gewähr­leistet wird. Ein Unterschreiten dieses Grades bedeutete eben ein Aussterben. Befürchtungen über den Ausgang des Vorwärts" Nr. 194. Donnerstag, den 31. Juli 1913. Klassenkampfes braucht man daher nach keiner Richtung hin weder von zu großer noch zu kleiner Geburtenzahl zu hegen. Die innere Organisation kapitalistischer Wirtschast sorgt für die Ueberzähligmachung von Proletariern ganz von selbst, so daß eine Gefährdung des Klassenkampfes durch die Geburten- abnähme nicht zu erwarten ist, solange man sich nicht über die Wirkungen dieser Abnahme in Täuschung versetzt. Durch die früheren Ausführungen ist zum Teil auch schon das zweite Argument widerlegt, daß die Geburtenbeschränkung ein Mittel ist, die Lage der Arbeiterklasse zu heben und sie für den Klassenkamps fähiger zu machen. Daß die Lage des Proletariats als Klasse durch die Geburtenabnahme keine Besserung erfährt, bedarf keiner iveiteren Ausführung. Wäre dies Mittel wirklich geeignet, den Arbeitern zu helfen, dann brauchten sie überhaupt kein Streben nach dem Sozialis- mus und keinen Klassenkampf niehr. Aber in dieser rohen Form(die nur eine Wiederholung Malthusscher Gedanken darstellen würde) vertreten wohl die Befürworter desGebärstreiks" dieses Argument nicht. Vielmehr haben sie wahrscheinlich die Vorstellung, daß eine Proletarierfamilie mit wenig Kindern mehr Zeit und Geld zur eigenen Aus- bildung und Teilnahme an der Arbeiterbewegung aufwenden kann als eine mit großer Kinderzahl. Gerade unter den Genossinnen findet man daher Verteidiger für die Notwendigkeit des Gcbärstreiks. Sie schildern lebhaft die Nöte einer Mutter mit acht Kindern, deren Berufs- und Hausarbeiten keine Zeit zum Besuch von Versammlungen oder zur Lektüre, deren materielle Sorgen kein Geld zu Parteizeitungen oder Abonnementsgeldcrn für die Arbeiterpresse übrig lassen. Diese Beweisführung, die von Tausenden von Prolctariermüttern mit dem ganzen Gefühl eigener bitterer Erfahrungen wiederholt wird, ist, so bestechend sie auch erscheinen mag, nichtsdestoweniger falsch. Nicht die geringe Kinderzahl ist der Weg zur sozialistischen Er- kenntniö und Politik; denn sonst müßten bürgerliche Schichten oder ausländische Proletarier, bei denen das Zweikindershstem bereits eingebürgerte Sitte geworden ist, im Klassenkampfe das deutsche Proletariat überholt haben. Aber gerade in den Ländern, wo die Bevölkerung stagniert, leiden die Arbeiter unter ökonomischem und politischem Druck, ist oft die Arbeiterbewegung selbst gehemmt. Die Fortschritte der proletarischen Befreiung sind denn doch von anderen Faktoren abhängig als von der Kinderzahl. Für das einzelne Individuum mag geringe Kinderzahl eine Erleichterung be- deuten, aber die Schulung für den Kampf einer ganzen Klasse wird davon nicht berührt. Es wäre töricht, die Entwickelung des Klassen bewußtseins in irgendeine Beziehung zur Kinderzahl bringen zu wollen. Ideen solcher Art sind viel mehr geeignet, die Klarheit sozialistischer Erkenntnis zu trüben. In bürgerlichen Kreisen, die ein gewisses Verständnis für die sozialen Nöte haben und nicht mit einem rohenHelft Euch wie Ihr Euch immer geholfen" gleich dem Düsseldorfer Rcgierungsrat Bornträger die Anwendung empfängnisver hütender Mittel als Sünde und Verbrechen schlechtweg veo werfen, wird Wohl die Geburtenbeschränkung als soziales Heilmittel" undVorbedingung für den sozialen Ausstieg der Menschheit" propagiert. Aber die Wiederholung und Vev brämung dieses Rats mit scheinbar dem Schatz sozialistischer Erkenntnis entnommenen Argumenten verwandelt ihn noch nicht zu einem brauchbaren Ziel proletarischer Taktik. Es heißt wirklich Ursache und Folge völlig verkehren, wenn man eine Erscheinung, wie den Geburtenrückgang, geboren aus der Not kapitalistischer Wirrnis, und geradezu ein Zeichen kapitalistischer Dege» n e ra ti o n, uns empfiehlt als eine Waffe, deren Anwendung unseren Kampf erleichtern soll. Um die Geburteneinschränkung zu erklären und zu recht' fertigen, bedarf es solcher Argumente überhaupt nicht. Die zureichende Begründung dafür liegt vielmehr in ganz anderen Erscheinungen, worüber ein zweiter Artikel Aufschluß geben soll._ Die konservative Partei wirbt unter den flauen. Der im vergangenen Herbst gegründeten.Vereinigung konser. vativer Frauen" scheint das Leben von den männlichen Mitgliedern der eigenen Partei recht sauer gemacht zu werden, trotzdem die Vereinigung im Einverständnis mit der konservativen Parteileitung begründet worden ist und von vornherein unbedingten Kadaver» gehorsam zugesagt hat. Denn was man bisher von der Tätigkeit dieser Bereinigung hörte, war nicht etwa Agitation gegen weibliche Mitglieder anderer Parteien, nicht ein Werben in den Reihen der Indifferenten, sondern Agitation gegen die Mit- glieder der gleichen Partei und«in Buhlen um die Gunst der Anhänger der eigenen Weltanschauung. Dieser Kamps um die Anerkennung im eigenen Haus beweist, daß die Bil- dung einer konservativen Frauenpartei in der Tat einen Bruch mit den bisherigen Prinzipien und der alten Taktik der Konservativen bedeutet, weist darauf hin, daß die neue Vereinigung den Rahmen der konservativen Partei zu erweitern geeignet ist. Konservativismus und Betätigung der Frau auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet sind oder besser waren unzweifelhaft sich widersprechende Dinge und wir begreifen das Grauen der alten konservativen Garde vor der neuen Er- scheinung. die zunächst als Fremdkörper empfunden werden muß. Aber eS wäre Täuschung, wenn wir diese im konservativen Lager noch nicht für voll angesehene Neuschöpfung darum al« weniger gefährlich ansehen wollten oder gar erwarteten, die Vereinigung bliebe immer zu einem Scheindasein verurteilt. Die Erfahrungen anderer(insbesondere skandinavischer) Länder zeigen, daß die Konservativen auch die Frauen einzugliedern wiffen. Gleich wie die Konservativen überall die schlimmsten Feinde des sozialen Fort» schrilles sind, so gehören dort auch die konservativen Frauen zu den mächtigsten und gefährlichsten Gegnern der Demokratie. Auch in Deulichtand wird die konservative Frauenbewegung ihre Position er» ringen und e« ist ein charakteristisches Zeichen, daß da« offizielle Organ der Konservativen, die.Kreuz-Zeitung ", fort und fort ihre spalten kür die Verteidigung der neuen Vereinigung gegen eigene Parteimitglieder zur Verfügung stellt. Natürlich geht es bei diesem Kampf um die Daseinsberechtigung nicht ohne Spitzen gegen die bisher gellende Taktik der Konservativen in der Fraucnfroge ab. In einer Zuschrift derVereinigung" (Kreuz-Zeiiung" vom 20. d. M.) heißt es: »Für falsch würden wir eS halten, wenn die ganze An- gelegenheit nur mit der Begründung zurückgewiesen würde, wie «s'st. so soll-S auch bleiben". Bei der Erörterung der Eiuzelforderuugen der Bereinigung wird sogleich zugestanden, daß manches dabei ist. waS den konservativen»nfchammgeu fremd war". Und in der Tat liest man in dem Programm Zugeständnisse an Anschauungen, die bis zurzeit von der konservativen Partei heftig bekämpft werden. Die Vereinigung gibt zu, daß in allen Schichten Millionen von Frauen gezwungen sind, um ihre Lebensexistenz zu kämpfen..., daß die Fragen der Frauenbewegung aus einem wirklichen Notstand erwachsen sind..., daß, so lebhaft auch der Wunsch ist, die ganze Er- ziehung aller Mädchen auf den Beruf als Frau und Mutter vor» zubereiten, so wenig das möglich ist. Konservative Frauen haben es weiterals Mangel empfunden, daß sie ihre Vorschläge nicht direkt an den Stellen anbringen können, bei denen die Entscheidungen liegen", sie fordern daher ein« Prüfung. ob die Forderungen des kirchlichen und kommunalen Wahl« rechts mit konservativen Grundsätzen und konservativer Welt« anschauung vereinbar sind. Mindestens könnten eventuell die Arbeitskommissionen der kirch- lichcu und städtischen Verwaltungen verpflichtet werden, Frauen als Sachverständige zu hören. Das alles sind in der Tat im Munde eines Konservativen trotz aller Verklausulierung unerhörte Forde- runge». Wir würden uns nicht wundern, wenn der Anti- Frauen» emaiizipaliousbund daraufhin auch der neuen konservativen Frauen- Vereinigung Fehde ansagt, zumal die Vereinigung sich selbst gegen den Anti-Bund also wendet: Es ist doch nicht zu leugnen, daß die Gegner der Frauen- bewcgung bisher keine wirtsamen Mittel angegeben' haben, um die bestehenden Notstände aus der Welt zu schaffen." Dadurch, daß die Forderungen der Frauen von der konser» vativen Parteileitung gebilligt und moralisch unterstützt werden, ergibt sich zugleich die interessante Frage: wie werden die konser- vativen Parlamenlsfraktionen sich in Zukunft zu diesen Forderungen stellen? Eine glatte Ablehnung wie bisher ist unmög- lich, da die konservative Partei selbst die Untergrabung eigener ftüherer Anschauungen fördert. Ein freikonservaliver Abgeordneter hat ja bereits im diesjährigen Landtagswahlkampf seinem prinzipiellen Einverständnis zum kommunalen Frauenwahlrecht Ausdruck gegeben. Die Motive für den Stimmungswechsel in der Frauenfrage bei der konservativen Partei liegen klar zutage. Da die Sozial- demokratie, der Liberalismus und, seit kurzem mit vermehrter Energie, auch das Zentrum Frauen in die Partei eingliedern, können die Konservativen nicht zurückstehen und den Gegnern das Feld ohne Kampf überlassen.Besteht nicht für die Frauen dieselbe Gefahr in dem Eindringen liberaler und demokratischer Ideen wie für den Mann?" fragt die erwähnte Zuschrift. Als Ansicht deS Parteivorstandes wird dazu weiter gesagt: Es wurde durchaus anerkannt, daß die maßgebenden konservativen Kreise sich bisher zu w e n i g mit den Jntereffen der Frauenwelt befaßt hätten, daß diese Interessen bei der rapide fortschreitenden Entwickelung unserer Verhältnisse viel komplizierter und schwieriger sind als früher. Viele ehrlich denkende konser« valive Frauen, die im Beruf stehen, sind in Gefahr, sich an d i e linken Parteien zu wenden, da die größte Zahl der kon» servaliven Herren bis jetzt für berechtigte Wünsche der Frauenwelt kein Ohr hatten." Diese scharfe Selbstkritik bestätigt zwar unsere Vorwürfe gegen die Konservativen,- aber sie zeigt zugleich, daß die konservative Partei willens ist, ihre Anhängerinnen zu sammeln und sie für den Kampf gegen alle wahrhaft fortschrittlichen Bestrebungen auszurüsten. Die Notwendigkeit des Ausbaues der proletarischen Frauenbewegung wird dadurch nur zwingender. An uns ist eS. wachsam zu sein und den gewonnenen Vorsprung zu halten und zu vergrößern! Frauenarbeit. Berkäuseriiinen mit und ohne Sternchen. Die größeren Spezial» aeschäfle sowie bestimmte Abteilungen der Warenhäuser benötigen stets einen Stamm tüchtig vorgebildeter Verkäuferinnen. Hier und da gehen sie deshalb an die Errichtung von Verkäuferinnenschulen oder-kursen, in denen Materialkenntnis gelehrt und die jungen Mädchen mit den Umgangsformen im Bedienen der Kunden vertraut gemacht werden sollen. Man klagt über die mangelhaft« Vorbildung der aus den Volksschulen hervorgegangenen Mädchen und versucht, Mädchen auS denbesseren" Bllrgerkreisen mit Töchterschulbildung heranzuziehen. Aber die kommen nicht in hellen Scharen. Mehr und mehr rekrutieren sich die Ladenangestellten au« den Arbeiterschichten, die nicht in der Lage sind. ihren Töchtern eine bessere Schulbildung angedeihen zu lassen. Ja, sie sind oft genug so dringend auf den Mrterwerb der Kinder an« gewiesen, daß die Mädchen nicht einmal die Volksschule bis zur obersten Klasse besuchen können. Um nun aber die wenigen Töchterschülerinnen, die im Ver« käuferinnenberufe tätig sind, von vornherein von den auS der Volks« schule kommenden Mädchen zu unterscheiden denn der Gedanke wäre doch gräßlich, wenn Töchtcrschülerin und Boltsschülerin, die die gleiche Arbeit zu verrichten haben, auch als vollkommen gleich angesehen würden, kommt ein Herr Otto Borbeck in Dort- mund auf die glänzende Idee, ein Abzeichen einzuführen, durcb das die Verkäuferinnen in zwei Klassen geteilt werden. Er schreibt darüber in derTextilwoche": Die Mehrzahl der Verkäuferinnen wird dauernd der Volks» schule entstammen. Die höhere Töchterschule wird nie in der Lage sein, der großen Nachfrage bezüglich deS Nachwuchses zu genügen. Die Töchterschülerinnen und somit die Angehörigen der gebildeten Volksschichten werden, wenn sie diesen Beruf wählen, mit Volksschülerinnen zusammen arbeiten muffen. In Anbetracht dieser Tatsache drängt sich die Frage aus: Ist eS nicht ratsam, zwei oder mehr Kategorien von Verkäuferinnen zu schaffen?_ Die auf erstklassiger Bildungsstufe Stehenden werden äußerlich kenntlich gemacht, etwa wie beim Postsekretär gegenüber dem Postasfistenten der höhere Stand durch das am Kragen angebrachte Sternchen erkenntlich gemacht wird. Bei Damen lönnte diese« Erkennungszeichen eine eigen« zu dieiem Zwecke hergestellte Brosche sein, die nach Prüfung aller diesbezüglichen Fragen von einem Ausschuß der gesammten kauf» männischen Verbände verliehen werden müßte." Mit dieser hervorragenden Idee ist nun zwar nicht das ver« käuferinnenproblem gelöst, aber es wird dafür künstlich der Standes» dünkel großgezogen und die Angehörigen eines Berufes nach ihrer Herkunft in mehrere Klaffen geschieden. Das paßt dann Wunder« schön zu dem Gerede von demAusgleich der Klassengegensätze", das immer dann einsetzt, wenn irgendeine Schicht von Angestellten sich erlaubt' von gemeinsamen Interessen der Arbeitnehmer gegenüber denen des Kapitals zu reden. Vom Arbcttsmarkt der Dienstboten. In bürgerlich reaktionären Kreisen sucht man noch immer die Notwendigkeit der industriellen Frauenarbeit mit dem Hinweis zu widerlegen, daß sich den Frauen zahlreiche und gut lohnende Stellungen als Dienstmädchen böten. Ueber die Lage der Dienstboten, die unter dem schmachvollen Ge» finderecht stehen und daher allen Launen ihrer Dienstherrschaft so gut wie schutzlos ausgesetzt sind, soll hier gar nicht gesprochen werden. Auch nicht davon, daß verheiratete Frauen nicht als Dienstboten tätig sein können, sondern afff industrielle Arbeit allein angewiesen find.(Für Aufwartestellen ist dauernd ein großes Angebot von Arbeitsuchenden vorhanden, daß die Nachfrage das An­gebot weit übersteigt.) Ab« selbst für Dienstmädchen der»