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Danach wurden don den Bulgaren   vor ihrem Rückzug aus Adrianopel.  48 griechische Einwohner mit gebundenen Händen in die Maritza   geworfen". Einige Griechen sollen von den Bulgaren   lebendig verbrannt worden sein. Dies alles wird bestätigt: für die muselmanische Gemeinde vom Mufti Achmed Nun, für die griechische Gemeinde vom Metropoliten Polikarios, für die armenische von der armenischen   Nationalverlretung, für die jüdische vom Großrabbiner Chaim Bechar. Vor mir liegt eine Liste der Getöteten und Ver- wundeten während deS jüngsten Massakers in Malpera in der Umgegend von R o d o st o. Die Liste ist von der Kommission aufgestellt worden, die das armenische Patriarchat an Ort und Stelle hingesandt hatte. Zwölf Tote, zehn Verwundete alle nach Namen, Profession und Alter angeführt neben Angabe der näheren Momente des Ueberfalls. Außerdem gibt es noch mehrere Ver- mißte. So nahmen die Türken ihre Revanche. Als Vergeltung hat jetzt die türkische   Regierung einige Muselmanen zum Tode und zur Zwangsarbeit verurteilt. Das soll den übrigen Armeniern den Aufenthalt in der Türkei   angenehmer machen! Ob türkisch oder bulgarisch, im Interesse der Bevölkerung läßt sich nur Ä; i» e Forderung aufstellen: Aenderung deS Regimes hier wie dort! Bahn frei der Demokratie! Abschaffung der Pfaffen Herrschaft, die sich auf den Fanatismus, der Banditenherrschaft, die sich auf den Nationalismus stützt? Da meldet sich nun ungerufen der russische   Chauvinismus und empfiehlt als Heilmittel für die Wirren des BalkanS   d i e Schwächung der Türkei  . Adrianopel   erklärt die russische  Presse müsse der Türkei   genommen werden, weil fie sonst zu stark werde. Aber wenn die Türkei   wieder erstarkt, so ist das doch in hervor- ragendem Maße russische   Arbeit Arbeit der zarischen Diplomatie, die den Krieg gegen Bulgarien   zielbewußt vorbereitete. Die Sache wurde fteilich ein bißchen anders, als man eewartete, aber das ist eben das Unglück der Diplomatie, daß selbst, wenn sie Erfolg hat, die Dinge doch ein bißchen anders werden. Skizzieren wir kurz den Weg der Diplomatie in den letzten Jahren. Als die Türkei   durch die Revolution zu neuem Leben zu er- wachen schien, machte sich- die zarische Diplomatie daran, ihr Hinder- nisse in den Weg zu legen. Sie verhinderte eine Anleihe in Paris  . um die Türkei   finanziell zu schwächen. Als das Geld dennoch durch Vermittelung eines deutschen   Konsortiums beschafft wurde, schuf die zarische Diplomatie die Potsdamer   Uebcreinkunft, die eine neue, für die Türkei   ungünstige Orientierung der deutschen  Diplomatie bedeutete. Das diplomatische Ziel wurde erreicht: die Türkei   wurde geschwächt und ihrer politischen Stützen beraubt. Bulgarien   organisierte die Bandenbewegung in Mazedonien  , Oester- reich unterminierte Albanien  . Aber es wurde am Ende doch ein bißchen anders, indem die Schwäche der Türkei   Italien   zur Okkupation Tripolitaniens reizte. Aus der Okkupation entstand ein langwieriger Krieg. Darauf war man nicht gefaßt. Doch schließlich wurde das Ziel der italieni  - scheu Diplomatie erreicht. Jndeffen wurde aber der Balkankrieg entfesselt. Dem Balkanlrieg ging der Balkanbund voraus, an dem die russische   Diplomatie mitarbeitete. Der Erfolg war über- wältigend, doch führte er gerade deshalb zu einer außerordentlichen Erstarkung Bulgariens  .' Jetzt arbeitet die zarische Diplomatie daran, Bulgarien   zu schwächen. DaS gelang nur durch den neuen Balkankrieg. Aber Bulgarien   wurde total zerschmettert wiederum ein bißchen anders als man erwartete. Jetzt will die zarische Diplomatie die Sache dadurch bester machen, daß sie auf der anderen Seite die Türkei   schwächt. Auch dieses Spiel wird zu dem gleichen unvorhergesehenen Ergebnis führen. Das dauert aber schon viel zulange und die Situation wird für Europa   selbst immer kritischer! Das beste ist, man laste die Dinge wie sie sind, und mache Schluß! In der Presse wird neuerdings darauf verwiesen, daß ein Beamter des Ministeriums des Aeußeren, der mit Minister Frei- Herrn v. Hertling im März in Berlin   weilte, um die vielbesprochene Affäre Phönix-Ballin wisse und über sie dem Abgeord- neten Erzberger Informationen gegeben habe. Demgegenüber sind wir zu der Erklärung ermächtigt, daß der betreffende Beamte, Legationsrat v. Stockhammern, den Direktor der Hamburg   Bmerika-Linie Ballin nicht kennt und daß er weiter mit dem Abgeordneten Erzberger   nur jene Worte gewechselt hat, die bei der Vorstellung unter Fremden üblich und her- gebracht sind." Ob Herr Erzberger den Vorwurf, die Geschichte von dem Ballin scheu Angebot frei erfunden zu haben, auf sich sitzen lassen wird. Das militärische Submisfionswesen. Die vom Reichstag verabschiedete Militärvorlage enthält viele Millionen Mark für die erforderlichen Neubauten. Die Art, wie diese Arbeiten vergeben werden, findet nun aber anscheinend nicht die Billigung der Baubeflissenen an den einzelnen Orten. Statt daß die Militärbauverwaltung die Arbeiten einfach in Submission aus schreibt und sie dann zu einem mittleren Preise vergibt, arbeitet sie mit dem System der beschränkten Submission. Eine kleine Anzahl Firmen werden ausgewählt und aufgefordert, ihre Kostenanschläge einzu reichen. Die Ringbildung unter den Submittenten wird dadurch geradezu gefördert, denn es kann den Jnterestenten nicht schwer fallen, festzustellen, welche Firmen zur Submission eingeladen wurden. In einer Zuschrift an dasBerliner Tageblatt' wird über dieses System lebhaft Klage geführt und diese Klagen scheinen um so bracht- licher, als auch auf folgenden Umstand hingewiesen wird: Daß bei Aufstellung der Unternehmcrliste Beziehungen und sonstige gute Eigenschaften eine große Rolle spielen, braucht nicht erst gesagt zu werden. Wie schwer ist es z. B. schon, über den Registrator an den Regierungsbaumeister heranzukommen! Um sich das leichter zu gestalten, haben einige große Firmen, die bis- her auch noch nicht für die Militärbehörde gearbeitet haben, Regierungsbaumeister als Vertreter eingestellt; eine Groß-Ber- liner Firma leistete sich sogar einen ehemaligenGarnisons- b a u m e i st e r". Speziell bei Arbeiten, wo militärisch« Geheim- nisse nicht in Frage kommen, müssen wir fordern, daß weiten Kreisen Gelegenheit geboten werde, sich daran zu beteiligen. Dies kann aber nur durch öffentliche Submission geschehen. Auch nur dann kann die Militärbehörde auf preiswerte Angebote rechnen; denn zu leicht können sich die Firmen bei beschränkter Submission über die Preise einigen." Man sollte meinen, das, was der Krupp-Proxeß schon jetzt ge- zeitigt hat, sollte den Militärbehörden Anlaß geben, von dem seit- herigen System der Vergebung von Arbeiten abzugehen und den freien Wettbewerb zuzulassen. Mit Recht ist es im Reichstag schon wiederholt kritisiert worden, daß höhere Marineoffiziere sich pen- sionieren lassen und dann bei privaten Werften hochbezahlte Stellen annehmen. Diese Herren werden von der Privatindustrie nicht etwa deshalb übernommen, weil man bei ihnen größere Sachkunde vor- aussetzt, sondern nur der Verbindungen wegen, die sie haben. Wenn z. B. der Herr Regierungsbaumeister oder der Herr Garnisons- baumeister a. D. bei einer militärischen Baubehörde vorspricht, dann ist das natürlich etivas ganz anderes, als wenn ein einfacher Bau- meister kommt, der so ganz ohne Beziehungen ist oder vielleicht gar politisch nicht einwandfrei erscheint. Ich hege jedoch die bestimmte Erwartung, daß solche Fälle nicht mehr vorkommen loerden, da ich sonst gegen die Ansiedler, die ihre nationale Pflicht vergessen, mit allen mir zur Verfügung stehenden Maßregeln vorgehen werde. (Unterschrift unleserlich.) An den Ansiedler Herrn..... in...... Hofft man etwa durch diesen Terror den imDreck stecken gebliebenen Karreu der preußischen AnstedlungSpolitik wieder flott zu machen. Die schönen Millionen preußischer Steuerzahler sind nun einmal ohne Erfolg verpulvert und können selbst durch solche ZwangSmaßregeln nicht wieder herbeigeschafft werden. Im Gegenteil, die Nationalitäten- gegensätze werden durch den von Amts wegen betriebenen Boykott bloß weiter verschärft._ Landtagsabgeordneter Wenke und Z�rhr. v. Wangenheim. Im Laudtagswahlkampf soll der fortschrittliche Abg. Menke in einer Wählerversammlung in S t o n s d o r f im Riesengebirge  von dem Bundeshäuptling Wangenheim behauptet haben, daß er ebenfalls zu den Steuermoglern gehöre, v. Wangenheim strengte gegen Wenke Privatklage au, die am Donnerstag vor dem Hirsch- berger Schöffengericht zum Austrag kam. Herr Wenke bezog sich zu seiner Werteidigung auf die vom Amtsgericht in Jever fest- gestellte Tatsache, daß der Führer des Bundes der Land- wirte, Freiherr von Wangenheim, mehrere Jahre hindurch keine Einkommen st euer gezahlt habe, trotzdem der feudale Herr Eigentümer eines mehrere Tausend Morgen großen Rittergutes ist. Die Tat- fache konnte auch in diesemProzeßHerr v. Wangen  - heim nicht bestreiten. Wohl aber wehrte sich der Baron da« gegen, daß man ihm bewußte Steuerhinterziehung vorwarf. Die Verhandlung war sehr kurz. Das Gericht nahm aus den wenigen Zeugenaussagen an. daß Wenke in der Tat dem Freiherrn   bewußte Steuerhinterziehung habe vorwerfen wollen. Der Angeklagte bestritt das, er wollte nur auf die unanfechtbare Feststellung des Jever Amts­gerichts hingewiesen haben, ohne daraus irgendwelche konkreten Schlüffe gezogen zu haben. Das Gericht verurteilte den fteisinnigen Abgeordneten wegen Beleidigung zu 300 M. Geldstrafe. Der Fall wird noch vor die Berufungsinstanz kommen. politifcke(leberNckt. Wieder ein Dementi in der Sache Ballin-Hertling. DieBayerische StaatSzeitung  " veröffentlicht folgende Et- klärung: Wen« Ansiedler nicht nach der nationalen Pfeife tanzen. Die in Bromberg   erscheinendeGazeta OstrowSka' veröffent- licht folgendes Kulturdokument, aus dem auS leicht begreiflichen Gründen Name und Wohnort des Betreffenden weggelaffen find. Posen, am... Juli 1S13. Der Präsident der Königl. Ansiedelungs-Kommisfion für Westpreußen   und Posen. ES ist zu meiner Kenntnis gekommen, daß Ansiedler aus ..... mit polnischen Kaufleuten in..... in Ge­schäftsverbindungen stehen. Der deutsche   Kaufmann in...... wo überwiegend Polen  wohnen, hat schwer um seine Existenz zu kämpfen, und es ist Pflicht eines jeden Deutschen  , ihn hierbei nach Möglichkeit zu unterstützen. Um so bedauerlicher ist eS, daß gerade Ansiedler, die zur Stärkung des Deutschtums angesetzt(!) sind und staatliche Wohltaten empfangen haben, ihre nationale Pflicht bisher vernachlässigt haben. Die Oeffentlichkeit der Militärgerichtsverhandlunge« wird mit jedem Tage ein immer luftigeres Phantom. Schloß man zuerst bei den Verhandlungen wegen Mißhandlungen die Oeffentlich- keit nur dann auS, wenn es sich um Offiziere handelte, so wird dieselbe Praxis jetzt auch bei niederen Vorgesetzten geübt. In Breslau   hatte sich am Mittwoch der Unteroffizier S t e i n i ck e wegen vorschriftswidriger Behandlung und Beleidigung von Unter- gebencn zu verantworten. Obwohl die Verhandlung drei Stunden dauerte, wurde die Oeffentlichkeit nicht einen Augenblick her- gestellt, sogar die gesamte Urteilsbegründung erfolgte hinter verschloffenen Türen wegen Gefährdung militärdienstlicher Jntereffen und der Sittlichkeit! So erfuhr man nur das Strafmaß drei Wochen Mittelarrest. Nicht viel bester ging eS in der Verhandlung gegen den Gefreiten Scholaut her, der wegen Mißhandlung in zwei Fällen, wegen vor- schriftswidriger Behandlung von Untergebenen n 2 2 F ä l l e n(I) und wegen Beleidigung von Untergebenen zu zwei Monaten Gefängnis verurteill wurde. Unter anderem hatte er den Grenadier Malich 20 mal hinlegen lasten, ihn dann mit dem Knie hinuntergedrückt und die Schmeichelei hinzugefügt:Ich laste Dich so lange hinlegen, bis Du krepierst!" Als diese Mitteilungen gemacht waren, wurde für den übrigen Teil der Urteilsbegründung die Oeffentlichkeit wieder ausgeschlossen! Das Zentrum rühmt fich seiner papiernen Resolutionen bei der Beratung der letzten Heeresvorlage. Hätte es wirklich Volksinteressen im Auge gehabt, dann durste eS fich nicht mit Resolutionen be- gnügen, sondern mußte mit den Sozialdemokraten gegen diese Auf- Hebung der Oeffentlichkeit durch die Mlitärgerichte bindende Beschlüsse fassen._ franfcrdeb. Das Dreijahrgesetz im Senat. Paris  , 1. August. Im Senat bekämpfte Destournelles de Constant die Gesetzvorlage über die dreijährige Dienstzeit. die die Kriegsgefahr verschärfe anstatt sie zu beseitigen. Er habe Vertrauen zu den Geschicken Frankreichs  , das er aus tiefster Seele Lternickel. Der Mörder war barmherziger als der Staat! Ein feiger, ge- meiner, hinterlistiger Mörder war er zwar, der seine Opfer von hinten, im Dunkeln ansprang wie ein Raubtier, aber er war immer noch barmherziger als der Staat. Denn Sternickel ließ seine Opfer wenigstens keine lange Todesfurcht ausstehen. Er ging mit Umsicht an die Arbeit, schwang das Beil oder warf die Schlinge, und ehe der Betroffeue wußte, was, wieso und wie, war er schon hinüber. Der Staat aber ließ am 16. März Sternickel und seine Kom- plizen deS Todes schuldig sprechen und erst am 30. Juli das Urteil ausführen. Hundertsiebenundzwanzig Tage gingen vorüber, die schlimmer waren als ebensoviele Jahre Zuchthaus, hundertsiebenund- zwanzig Tage, an deren jedem hundertmal im Korridor läppende Schritte den alten Mörder samt den jungen Gesellen, die er ins dunkle Verderben hineingerissen, in dein Gedanken zusammenfahren ließ: Jetzt, jetzt kommt man. dir'S für morgen früh anzukündigen! Und hundertmal am Tage war eS nichts, und es kam ein neuer Tag mit denselben Schritten auf dem Korridor und demselben Zusammen- fahren und derselben Angst wie gründlich haben auch die beiden Begnadigten alle Schrecken der Todesstrafe auszukosten bekommen! Aus dem Kopf aber, den man unter einer widerlichen Zeremonie mit einem Schlächterbeil von: Rumpf getrennt hat, nehmen sie jetzt das Gehirn heraus, die hochgelahrten Herren Professoren, legen es auf eine saubere Glasplatte und fahren mit Pinzetten in den Nerven und Fasern umher, um so vielleicht hinter das psychologische Rätsel dieses Verlorenen zu kommen, der Tauben hegte und Menschen würgte. Vergebliches Beginnen! Sie mögen wohl hier und da in dem Gehirn ein Knötchen finden oder eine Ausbuchtung, die in dein Schädelinhalt eines Kanzleirals nicht vorkommt und weise dozieren, daß hier!»er Sitz von S ter nickels verbrecherischen Jnststckten sei, aber wie wenig erklärt man damit, warum dieser Müllersknecht immer wieder wie ein Wolf in die Hürde der Satten und Sorglosen ein- gebrochen ist. Ein geborener Verbrecher! sagen die Kriminal- anthropologen. Gewiß, zugegeben, aber wo wurzeln die Ursachen, die im Mutterleib schon diesem Menschen den Beruf einprägten, zu morden? Mag die Gesellschaft sich an ihm selber wenig versündigt haben, so hat sie doch an seinen Eltern, seinen Großeltern oder an irgend einem Ahnen gefrevelt und bei dem Enkel brachen jetzt die bösen Instinkte, die fie jenem eingeflößt, vererbt durch die Kette deS Bluts. wieder fürchterlich durch. Das Milieu ist Miterzeuger deS Endogenen, des Ange- borenen!" sagt mit Recht der stühere Dresdener   Staatsanwalt Wulfsen   in seiner.Psychologie des Verbrechens". Und m der Teckt Ahr. dt« ihr den entscheidenden Auflutz der wirtschaftlichen Verhältnisse auf das Verbrechen leugnet und euch mit dem Schlag- wort von dem geborenen Verbrecher beHeist, schaut euch auf dem düsteren Stammbaum derer um, für die ihr das Richtbeil bereit haltet, und ihr werdet entdecken, wie aus dem sozialen Milieu der Vorfahren die Entartung der Nachgeborenen entspringt! Nicht durch das Hirn deS einzelnen Mörders, sondern durch die Gesellschaftsordnung sollten darum die Herren Professoren den Querschnitt machen, um das Wesen des Verbrechens zu enträtseln. Um Sternickel selbst handelt es sich gar nicht. Sternickel ist nur das Werkzeug einer blind und unerbittlich daherschreitenden Gesetzmäßigkeit, denn die Statistik zeigt, daß mit schauerlicher Genauigkeit auf einem Gebiet von so und soviel Ouadratmeilen mit der und der Einwohnerziffer Jahr für Jahr so und soviel? Dieb- stähle vorfallen, so und soviel? Körperverletzungen und so und soviele Morde. Es ist eine feststehende Zahl, die nur geringen Schwan- kungen unterliegt, Schwankungen, die wieder ihre Gesetzmäßigkeit haben. Selbst die amtliche Kriminalstatistik gibt den ge- walligen Einfluß der Lebensmittelpreise auf die VerbrechenSziffer zu. Steigen die Brotpreise, dann so züchtet die agrarische Zollpolitik das Verbrechen! schnellt auch die Kurve der Eigen- tumSvergehen in die Höhe. Sinken die Preise, so bleiben Tausende mehr als vorher in Reih und Glied der bürgerlichen Ordnung. Weiß man eS nun vorher, daß im nächsten Jahre so und sovielen Mitmenschen durch die Zustände unserer Gesellschaftsordnung die Mordwaffe in die Hand gedrückt wird und daß kein kleiner Katechismus dawider hilft und kein Strafgesetzbuch, dann muß man dem Staat auch den Beruf aberkennen, zu richten über die armen Schächer, die nur Opfer der von ihm geschützten Gesell- schaftsordnung sind.Der Verbrecher," sagte einst schon Bettine v o n A r n i m,ist deS Staates eigenstes Verbrechen," und mit jedem Menschen, den er aufs Schafott schickt, richtet der Staat sich selbst. Die Todesstrafe vollends erscheint in diesem Lichte als die sinn- loseste aller Barbareien und als die barbarischste aller Sinnlosig. leiten. Selbst wer kein Schwärmer für Block und Beil ist. mag in dem Falle S t e r n i ck e l s leicht sich der Meinung zuneigen, daß ein Kopf, in dem so scheußliche Triebe ungehemmt aufschössen, nirgends schlechter am Platz war als zwischen den Schultern seines Trägers. aber gerade in einem solchen Falle gilt es. unsere grundsätzliche Verwerfung der Todesstrafe doppelt zu unter- streichen. Die Todesstrafe entspricht der feudalen Rechts- auffastung, denn diese sieht in dem Menschen nur das Privateigentun, des Potentaten, mit dem er schalten und walten durfte wie mit den Exemplaren einer Schafherde. Am besten kam diese Auffassung i» de« mittelalterliche» Brauch zum Ausdruck, der- einen zum Tode Verurteilten durch seine Begnadigung zum Leib- eigenen des begnadigenden Fürsten werden ließ. Die Verfechter de» feudalen Staatswesens, die ostelbischen Junker, sind deshalb allezeit mit Fanatismus für die Tätigkeit des Henkers eingetreten. Bis- m a r ck wollte, als bei der Beratung deS Strafgesetzbuche» 1370 der Reichstag des Norddeutschen Bundes die Todesstrafe gestrichen hatte eher das ganze Gesetz scheitern lasten, als auf den Scharfrichter ver- zichten, und mit pfäffiichem Zynismus nannte dieKreuz- z e i t u n g  ' damals die Beseitigung der Todesstrafe eineSnt- göttlichung der staatlichen Rechtsordnung". So haben auch jetzt die Gemütsmenschen derDeutschen Tageszeitung" fast Zähren der Wehmut vergasten, weil am Mittwoch in Frankfurt   a. O. statt dreier Köpfe nur einer gefallen ist. Im Gegensatz zum Junkertum war die bürgerliche Klaffe nie besonders für die Todesstrafe eingenommen, denn der Kapitalismus schwärmt für eine Strafe, die in Profit umzumünzen ist. und so entstanden fast' gleichzeilig mit den modernen Fabriken die modernen Mastengefängniste: in beiden muyten die Insassen für andere hart und schwer arbeiten. Aus den Reihen der bürgerlichen Aufklärung des achtzehnten Jahrhunderts erklangen auch die schärfsten Proteste gegen �e strafen an �eib und Leben, und niemand hat treffender« Worte gegen ihren ver- brecherischen Wahnwitz gefunden als R o b e s p i e r e der dann fre,- lich aus polnischen Gründen dazu üb-rg-ng. daS ,n Frankreich   üppig wuchernde feudale Gestrüpp mit der Guillorme wegzuraperen. Auch in dem deutschen   RevolutionSjahr 1848 wurde Sturm gelaufen gegen die Todesstrafe, aber auch m-��5��' �ultur. forderung ist, je mehr ihr revolutionärer Spiritus verflog, die deutsche   Bourgeoisie immer lascher geworden, und ab und zu tauchen bei einer Rundiraae sogar Intellektuelle, Kunstler und Dichter auf, die in dieser mittelalterlichen Barbarei eine erlesene Blüte unserer Kultur sehen..-.-... Die sozialistisch gesinnte ckrbelterklafic dagegen bekämpft auS prinzipiellen? aus echten unb au« pr°ktt,chen Gründen die Todes- strafe auf das erbstterfte. Als 1871 die Kommune aus dem Pariser Rarhaus die rote Fahne hißte, war eme ihrer ersten Handlungen. daß sie die Guillotine feierlich auf öffentlichem Platze verbrennen ließ. Denn die Kultur der zum Siege zu verhelfen Aufgabe des So-ialismus ist, war von Anfang an tief durchdrungen von der Eckenntnis. daß-s aus Erden nichl-z Wertvolleres gibt als cm Menschenleben. Mit jenem Englander sagen wir:Der schlechteste Gebrauch, de» man von einem Menschen machen kann, ist, ihn aufzuhänge»." Oder ihn. wie in Deutschland  , zu köpfen. Und das gilt letzte« Endes auch für eine«