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Nr. 198. 30. Jahrgang.

Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt.

Preissteigerung.

Liebe Emilie!

I.

Leider muß ich Dir mitteilen, daß ich unsere Beziehungen lösen muß. Ich bin versetzt worden. Für diese Abteilung liefert K. nicht. Habe also fünftig kein Geld mehr. Sei nicht böse. Es geht nicht anders. In treuer Liebe Dein Hugo.

Herrn Zeugleutnant Hugo.

II.

Du bist ein Wasserschwein. Mich so sigen zu lassen. Wie heißt das Frauenzimmer, das Du jest haft, Du verliebter Karpfen. Das wird mit Dir ein schlechtes Ende nehmen, Du Luder! Du wirst noch an mich denken!!! Aber überhaupt, ich bin ein patriotisches deutsches Mädchen. Schämst Du Dich nicht, solche Geschichten zu machen?? Die Frau Krupp   hat 1000 Millionen und Du läßt Dich mit 10 M. und warmes Abendbrot schmieren. Pfui Teufel. Ich pfeife auf Deine Geschenke. Aber, lieber Hugo, ich liebe Dich schreck­ich. Ich muß sterben, wenn Du nicht mehr in meine Arme eilst, fleiner, süßer Schäfer. Das ist mein letztes Wort, Du Schmugian. Für 10 Mark! Du sollst von mir hören. Aber Du kommst, nicht wahr, sonst wird es schrecklich tagen. Ich bin ganz littitti. Deine unvergeßliche Emilie.

III.

Sehr geehrtes Fräulein!

Ihre schöne Taille habe ich schon lange bewundert. Auch für Ihre Geheimnisse habe ich immer Verwendung. Auf 100 Frant tommt es mir nicht an. Wann darf ich Sie sehen? Ist auch alles wahr, was Ihnen der Zeugleutnant gesagt hat? Schreiben Sie mir bald. Ich brenne vor Sehnsucht. Vielleicht auch Reise nach Paris  . Herzliche Grüße, Ihr kleiner Franzose Jean Malin.

Chehr!

IV.

Du fleiner Aff. Du kannst aber füssen! Man fühlt gleich, daß Du ein Franzose bist. Nicht so ein Schlappschwanz aus Brigwalt mit 10 M. Komme bald wieder. Ich weiß nun eine Masse feine Sachen. Du bist nobel. 200 Frant für eine lumpige Geschichte! Haft wohl Geld wie Heu, meine Honigschnute??? Aber Du erzählst nicht weiter, was ich Dir anvertraue. Es wäre mir unangenehm. Nimmst Du mich bald nach Paris  ?? Also für 300 Frank was Ertrafeines und ein Haufen Liebe außerdem. Deiner zärtlichen

V.

Jwan Knutikoff

1000 Nüsse von Emilie.

Offeriere Jhnen Neuestes über Krupp- Geschütze. Preis 5000 Fr. Telephonische Antwort!

VI.

Petersburg.

Jean Malin- Paris.

Petersburg, 4. August 1912.

An das Kriegsministerium in Berlin  .

Ich bin in der Lage, Ihnen Mitteilungen über Verrat militäri­scher Geheimnisse zu machen. Honorar 10 000 Rubel

VH.

Haus Krupp

Essen

-

Jwan Knutikoff.

Petersburg, 4. August 1912.

Ich bin in der Lage, Ihnen Mitteilungen über Konkurrenz­anerbietungen und neue Erfindungen in Berlin   zu machen.

Preis 20 000 Rubel.

Jwan Anutitoff

Jwan Knutiloff.

VIII.

Dringendes Telegramm.

Petersburg

Einverstanden. Sofort senden.

IX. Postkarte.

Sehr geehrter Herr!

Wir lehnen dankend ab.

alles.

Heeringen.

Wir haben das billiger und wissen Ergebenst

X.

Krupp Essen. Dewiz.

=

Ein Direktorialbureau in Essen Direktor A.: Nein, mein Lieber, nur in diesen Dingen nicht großzügig! Wir müssen in Deutschland   sparen, um die enormen Speien für Rußland  , Frankreich  , Türkei   herauszuwirtschaften.

Direktor B.: Aber 3000 M. Repräsentationsgelder sind doch wirklich zu wenig! Kommt auf den Walzer 3 M.

Bürgerliche Journaliſten.

Der öffentliche- nichtöffentliche

Krupp- Prozeß.

A

KRUPP- PROZES

Die Deffentlichkeit nicht auszuschließen Tat das hohe Gericht beschließen. ( Soweit die Sache nicht brenzlich und mieß Lind keine schlimmen Enthüllungen verhieß.) Wird die Sache aber kritisch für Krupp, Fliegt die Presse raus mit einem Schwupp. Aber frog Posten und verschlossenen Türen Ist der Duft des Krupptopps doch stark zu spüren.

Montag, 4. August 1913.

-

aus den Inseraten ersehen können, denn diese Leute werden ihnen am liebsten sein. Die werden nie durch unprofitable Prinzipienreiterei die Verlagsgeschäfte stören. Die werden heute verdammen, was sie gestern anbeteten wenn inzwischen beim Verlag drei Abonnenten das Blatt auffündigten. Die werden feine Strupel haben, jede geschäftliche Lumperei zu decken. Mit dem Pathos der Gesinnungsmenschen, versteht sich; mit giftigen Ausfällen auf die Sozialdemokratie, die keine Geistesfreiheit kennt, mit salbadernden Hymnen auf die deutsche Ehrlichkeit, auf männ liche Ueberzeugungstreue; mit schwellendem Stolz auf den hohen Beruf des Journalisten als Führer des Volkes...

Ein Opfer der Kapitaliften­brutalität.

Auf dem kürzlich zu Karlsbad   abgehaltenen Internationalen Bergarbeiterkongreß wurde einem der amerikanischen   Delegierten von den Vertretern der Bergarbeiter der ganzen Welt ein be­geisterter Empfang zuteil: dem sozialistischen   Präsidenten der " Western Miners' Federation", des Verbandes der Erzbergarbeiter des westlichen nordamerikanischen Kontinents, Charles Moyer. Sein Name war vor sechs und sieben Jahren im Munde aller organisierten Arbeiter. Um ihn und seine Genossen Haywood und Pettibone tobte der Kampf zwischen dem amerikanischen   Pro­letariat und dem amerikanischen   Kapitalismus, der die Köpfe der Führer der Erzbergarbeiter forderte. Sie waren angeklagt, den Mord des Gouverneurs Steunenberg   veranlaßt zu haben, und noch vor dem Ende des Prozesses nannte der großmäulige Präsident Roosevelt   die drei Bergarbeiter öffentlich unerbetene Bürger". Schon diese Aeußerung des Oberhauptes des kapitalistischen  Staates beweist, mit welch blinder Wut die drei Männer verfolgt wurden. Wie ein gefräßiges Raubtier, das seine Beute in Ge­fahr steht, warf sich das amerikanische   Grubenkapital auf die Ge­werkschaftsbeamten, auf die Leiter der Organisation, die ihm den Profit schmälern wollte. Aber der verbrecherische Plan mißlang. Haywood wurde nach 20 Monaten, Pettibone nach zwei Jahren Untersuchungshaft freigesprochen und Moher wurde, nachdem er zwei Jahre und drei Monate im Gefängnisse gesessen, aus der Haft entlassen, ohne daß man ihn vor Gericht gestellt hätte. Eine Genugtuung jedoch hatten die Kapitalisten: sie hatten ihren Haupt­feind gesundheitlich ruiniert. Ein Asthmaleiden, von dem Woher feit 20 Jahren kuriert war, stellte sich während der langen Unter­Die Reise nach dem Inter­suchungshaft wieder bei ihm ein. nationalen Bergarbeiterkongreß gestaltete sich für Charles Moyer zu einer wahren Qual.

Uebrigens war dieser Mordprozeß nicht der einzige, der gegen Moher angestrengt wurde. Während seiner Laufbahn als Präs sident der Western Miners' Federation" haben ihn die Kapita­listen nicht weniger als viermal des Mordes angeklagt, ohne es ein einziges Mal zu wagen, ihn vor die Geschworenen zu stellen. Immer nur handelte es sich darum, den unbequemen Gewerkschafts­führer aus dem Wege zu schaffen. Das frechfte Manöver war wohl die Verhaftung Moyers zur Zeit des Bergarbeiterstreifs in Idaho   im Jahre 1904. Als ihm damals von dem Sheriff im Gefängnis erklärt wurde, er sei verhaftet worden, weil man ihn im Verdacht habe, einen Mord begangen zu haben, fragte Worer, wer denn ermordet sei. Und der saubere Sheriff antwortete: " Ja, das weiß ich nicht."

Heute, da das Grubenkapital in Südafrika   mit ähnlicher Wild­heit wie in Amerika   auf die Bergbevölkerung einschlägt, mag cs am Plage sein, den großen Mordprozeß gegen Moher, Haywood und Pettibone wieder ins Gedächtnis zurückzurufen. Wir schil­dern ihn, wie ihn Moher in friedlicher Abendstunde erzählte: Um das Ereignis zu verstehen, muß man auf den Streik des Jahres 1899 in Jdaho zurückgehen. Während dieses Streits wurde eine Eramühle in die Luft gesprengt, und die Bergarbeiter wur­den angeklagt, dieses Verbrechen verübt zu haben. Steunenberg  , der Gouverneur von Idaho  , ließ das Standrecht proklamieren und rief das Militär herbei. Man verhaftete die Streikenden, wo man ihrer habhaft werden konnte. 700 Mann wurden in eine Ein­zäunung gesperrt, wo sie unter freiem Himmel auf Stroh schlafen mußten. Viele andere wurden aus dem Staate Idaho   verwiesen. Durch diese brutale Niederknüppelung des Streits machte sich der Gouverneur Steunenberg   bei der Arbeiterschaft sehr verhaßt. Im Jahre 1900 zog sich Steunenberg   aus dem politischen Leben zurück, beschäftigte sich mit der Schafzucht und wurde bergessen. Plötzlich wurde er 1906 zu Colwell in Idaho   vor seinem Hause durch eine Bombe getötet. Man verhaftete einen Bergarbeiter namens Orchard, der bald darauf auch gestand, den Mord verübt zu haben.

Orchard war einer von denen, die im Jahre 1899 vom Gou­

Direktor A.: In Deutschland   ist man gottlob noch an- drücklich als te in gewandter Leitartikler", weiß aber dafür neben verneur Steunenberg während des Streits ausgewiesen wurden. ſpruchslos. Ich sage Ihnen, für 3000 m. friegt man fogar 3000 vielen anderen Vorzügen( wohlbeschlagen in Politik" usw.) auch Er hatte bei seiner Ausweisung ein Grundstück für etwa 100 Dollar Walzer, und für je 100 wt. Repräsentationsgelder haben wir im ben in die Bagschale zu werfen, daß er gesuchter Festredner" sei. losschlagen müssen, auf dem drei Jahre später eine der reichsten Vorjahre 100 000 M. mehr verdient.... K. E. Das wiegt bei rechtsstehenden" Organen sicherlich nicht nur den Blei- und Silbergruben der Welt entdeckt wurde. Dieses Weiß­Mangel bei der Abfassung von Leitartikeln auf, sondern kann auch geschick hatte dem Menschen einen furchtbaren Haß gegen den Ur­darüber hinwegsehen lassen, ob der Bewerber ein bißchen mehr heber seines Unglücs eingegeben, der, mit dem Morde Steunen­oder weniger rechts" steht. bergs seine Genugtuung erfuhr. Aber im Gefängnis machten sich Geschäft ist Geschäft. Die Hauptsache ist das Geldverdienen, Die übrigen zwölf Stellesuchenden preisen sich die Pinkertons, die Schergen der Unternehmer, an den Mörder erst in zweiter und dritter Linie kommt die Gesinnung. für eine rein politische Betätigung an, ohne auch nur heran und wußten ihn durch Versprechungen zu bewegen, auszu­Recht deutlich muß das jedem werden, der mit offenen Augen mit einem Worte anzudeuten, welcher Weber sagen, daß ihn Moyer, Haywood und Pettibone zu dem Worde ge­die Stellengesuche jener Leute durchsieht, die so gewissermaßen von zeugung sie huldigten. Bei zweien oder dreien mag man bungen hätten. Haywood war damals der Sekretär des Verbandes; Berufs wegen verpflichtet sind, eine Gesinnung au vertreten und noch ein Auge zudrüden, weil sie als Volontäre oder Hilfskräfte Bettibone war ein früherer Bergarbeiter, der Möbelhändler ge­sich wohl auch stolz in die Brust werfen als Erzieher des Volkes zu eingestellt werden möchten. Bei dem Rest, also fast der Hälfte worden war. Er war den Grubenbefizern ein Dorn im Auge, einer bestimmten Gesinnung. Man nehme etwa einmal die letzte aller Bewerber, fehlt auch dieser letzte Entschuldigungsgrund. In weil er seinen alten Kameraden stets mit Rat und Tat zur Summer des Beitungsverlags", des offiziellen Organes des Ver- oft widerlicher Weise werden dafür die Vorzüge des Stellensuchers Seite stand.

eins deutscher Zeitungsverleger, zur Hand. Dies Blatt enthält den herausgestrichen. Da empfiehlt sich einer als Direktor und Chef- Nun versuchten die Pinkertons unser habhaft zu werden. Es bedeutendsten Arbeitsmarkt der bürgerlichen Journalisten. In der redakteur, versierter Journalist, mit allen Sparten des Zeitungs  - gelang ihnen, von dem Gouverneur unseres Heimatstaates Mon­lehten Nummer suchen 28 Personen redaktionelle Stellungen oder wesens sehr wohl vertraut", aber kein Mensch erfährt, in welchem tana einen gejezwidrigen Auslieferungsbefehl zu erhalten. Nach wenigstens Beziehungen zu einer Zeitungsredaktion. Davon scheiden Sinne dieser Chefredakteur sein Blatt zu leiten bereit iſt; noch den Gesetzen der Vereinigten Staaten fann ein Bürger nur an wir die Feuilletonredakteure, die bloßen Berichterstatter und Mit- zwei andere sind dabei, die auf Chefredakteurposten reflektieren, einen anderen Staat der Union   ausgeliefert werden, wenn nach­arbeiter, ia, auch noch die Schlußredakteure und die Leiter des mit ausdrücklicher Betonung ihrer politischen Fähigkeiten, ohne gewiesen werden kann, daß er zur Zeit des Verbrechens, dessen er lokalen Teiles aus; es bleiben noch 23 Bewerber, die sich auch für daß auch bei ihnen irgendeine Angabe über die Barteirichtung zu beschuldigt ist, in corpore in dem die Auslieferung fordernden direkt politische Arbeiten zur Verfügung stellen. Ganze zwei von finden wäre. Ein bestens empfohlener" Herr preist sein gesundes Staate anwesend war. Aber alle unsere Mitbürger wußten, daß dieſen 23 haben Mut und Ueberzeugung genug, halbwegs deutlich politisches Verständnis", aber ob es sich von der Richtigkeit Heyde- wir zur Zeit der Ermordung Steunenbergs nicht in Idaho   waren. sucht Stellung an" streng nationalem" Blatte, der andere an im Dunkel. Versiert in Politik, Handel und Sport", liest man wurden bei Nacht und Nebel ergriffen und in einem Ertrazuge einer liberalen" Zeitung. Zwei weitere Bewerber sind wenigstens gleich darunter; aber auch hier kein Wort von dem politischen nach Colwell in Idaho   geschafft, wo wir in Ketten durch die er ühn genug, offen fundzutun, welcher Richtung sie derzeit dienen; Glaubensbekenntnis. So geht es Inferat für Inserat. Am ehr- regte Volksmenge geführt und wie gemeine Verbrecher ins Zucht­die Verleger können also daraus ihre Schlüsse ziehen. Einer be- lichsten erscheint noch in dieser Gesellschaft eine unermüdlich ar- haus geworfen wurden. Drei Wochen lang saß ich in einem vorzugt" ein fortschrittliches Blatt, drei erklären sich bereit, an beitende", erste" Kraft, die sich für Politik und Kommunal- finsteren Loch des Zuchthauses. Die Wände meiner Zelle be= einem liberalen oder parteilosem" Blatte mitzuwirken( man weiß, politik empfiehlt und dann hinzufügt: Als geschäftskundiger Mann standen aus Stahl. In dem dunklen, feuchten und kalten Loche wie diese Parteilosigkeit" nachher auszusehen pflegt,) einer will mit reichen Erfahrungen im Inseraten- und Propagandawesen, fror ich an allen Gliedern. Bei meiner Verhaftung wog ich Leitartiller und politischer Redakteur an einem katholischen" nehme ich mich mit Eifer der Verlagsintereffen an." 182 Pfund; am Ende der dritten Woche wog ich nur noch 134 Pfund. oder unabhängigen" Blatte werden, einer umschreibt den Kreis, Bei all diesen Inseraten handelt es sich nicht um eine Ver- Am Ende der dritten Woche transportierte man uns nach dem in dem er mit Ueberzeugung zu wirken vermag, mit mittelpartei- geßlichkeit der Stellesuchenden, sondern um Berechnung. Diese Grafschaftsgefängnis. lich", einer möchte an einem rechtsstehenden" Blatte unterkommen. Braven können rechts schreiben und können links schreiben Es war klar, daß man beabsichtigte, uns nach kurzem Prozeß Dieser rechtsstehende Herr empfiehlt sich im übrigen zwar aus- wenn es nur etwas einbringt. Und das sollen die Verleger auch in die Ewigkeit zu befördern. Es galt daher zuerst, Zeit zu ge­

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