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mit fielen auch alle Anträge, die auf eine Erweiterung oder Er- höhung der Unterstützungen abzielen. Ueber diesen Punkt setzt eine allgemeine Debatte über die 130 hierzu vorliegenden Anträge ein. Es wird u. a. gewünscht, daß eine zweite Beitragsstufe ge- schaffen werden soll, um vor allem die Photographen besser für den Verband gewinnen zu können. Es wird geltend gemacht, daß dies ohne grundlegende Aenderungen des Unterstützungs- Wesens in dem Sinne geschehen könne, indem man zwei Beitrags- Woche für eine rechne. Lange vom Hauptvorstand erhebt dagegen schwere Bedenken kassentechnischer Natur. Einen bestimmten Beruf des Gewerbes könne man nicht herausgreifen, und bei der Ausdehnung auf alle Sparten habe die Regelung schlimme Konsequenzen. Von den Vertretern der kleinen Sparten wird ein statutarisches Recht auf eine Vertretung auf der Generalversammlung gefordert. Die Debatte wird durch einen Schlußantrag beendet. Die sämtlichen Anträge werden einer Statutenberatungskom- Mission von sieben Mitgliedern überwiesen. Hierauf tritt Ver- tagung auf Donnerstag ein. An diesem Tage soll der Punkt: ..Unsere Lohnbewegung" behandelt werden. Tie Tagung hierüber ist nicht öffentlich. Hu9 der parteu Gemeindeschöffe, Sozialdemokrat und Landtagswahl. Von einem unglaublichen Vorgehen des Landrats zu Wies baden gegen den Genossen August Lieb ig in Bierstadt , Kreis Wiesbaden , berichtet die Frankfurter Volksstimme". Genosse Liebig gehört seit 1910 dem Gemeinderat in Bierstadt an. Er hat bei seiner Verpflichtung den sogen.Staatsdicncreid" geleistet. Damit hat er nach Meinung des Landrats sich in'seiner politischen Be- tätigung für die Sozialdemokratie gebunden. Der Landrat hat dem Genossen Liebig, per bei der Landtagswahl als Wahlmann unserer Partei aufgestellt war, folgenden schönen Brief geschrieben: Der Königl. Landrat Wiesbaden , 5. Aüguist 1913. des Landkreises Wiesbaden . Lessingstr. 16. Wie mir amtlich mitgeteilt ist, sind Sie bei der diesjährige Wahl zum Hause der Abgeordneten von der sozialdemokratischen Partei als Wahlmann aufgestellt und gewählt worden. Außerdem haben Sie selbst die von der genannten Partei aufgestellten Wahl männer gewählt. Hierdurch herben Sie den vor mir am 30. August 1910 abge legten Diensteid als Schöffe nicht gehalten. Dies muß um so mehr gerügt werden, als Sie in der Verhandlung vom 30. August 1910 vor Ihrer Vereidigung von mir auf die Bedeutung und Heiligkeit des Eides und insbesondere auch auf die Verpflichtun gen, die Sie durch Ableistung des Staatsdienercides auf sich nehmen, hingewiesen sind und sich ausdrücklichst bereit erklärt haben, die durch den Eid übernommenen Verpflichtungen zu er füllen. Da es ausgeschlossen ist. daß Sie als Beamter sich öffentlich durch ihre Handlungen zu einer Partei bekennen, die arundsätz- lich die Grundlagen der bestehenden Staats- und Rechtsvrdnung bekämpft, ersuche ich Sie, mir innerhalb längstens einer Woche anzuzeigen, ob Sie bereit sind, Ihr Amt als Schöffe der G meinoe Bierstadt freiwillig niederzulegen. An den Gemeindeschöffen Der Königliche Landrat Herrn Aug. Liebig v. Heimburg. in Bierstadt . Genosse Liebig wird natürlich dem Landrat nicht den Gefallen tun, sein Amt als Gemeindeschöffe niederzulegen, da er ja nicht dem Landrvt zu Liebe gewählt worden ist, sondern im Interesse der Bürger von Bierstadt . Er hat dies auch dem Landrat mitgeteilt und erklart, daß er niemand Rechenschaft schuldig sei, wie er bei der Landtagswahl gestimmt habe. Den Vorwurf des Erdbruchs hat er entschieden zurückgewiesen, weil er die Beobachtung der Verfassung geschworen habe, deren vornehmster Grundsatz die Gleichheit aller Bürger ausspreche. Man darf gespannt sein, was der Herr v. Heimburg jetzt tun wird. Es wird ihm nichts übrig bleiben, als zurückzuhufen, denn ein Disziplinarverfahren auf Amtsentsetzung kann wohl nicht gut ein geleitet werden. Aus der italienischen Partei. Rom , 11. August.(Eig. Ber.) Dieser Tage hatte die römische Unione Socialiste die Genugtuung, den österreichischen Genossen Dr. Ellenbogen im Lokal des Vereins.Andrea Costa " als Gast bei sich zu sehen. Dr. Ellenbogen, der auf einer Reise durch Italien sich eine Woche in Rom aufgehalten hat, wurde von dem Sekretär der Sektion, dem Genossen DÄmato, willkommen geheißen, worauf die Genossen Bella und Campanozzi auf die heutige internationale Spannung und auf die Notwendigkeit hinwiesen, den italienischen Jrredentismus und die ihm innewohnenden Gefahren eines öfter- reichisch-italienischen Konfliktes systematisch zu bekämpfen. Von leb- haftem Beifall begrüßt, nahm dann Genosse Ellenbogen das Wort und hob den Ernst der internationalen Lage und die aus ihr erwachsende Verpflichtung der sozialistischen Partei hervor, die proletarische Solidarität gegenüber den auf internationale Konflikte dringenden Interessenten des Militarismus und des Klerikalismus zum Ausdruck zu bringen. Die seit langem geplante und jetzt endlich ihrer Verwirklichung entgegengehende östcrreichisch-italienische Zusammenkunft werde einen wichtigen Schritt auf dem Wege des proletarischen Internationalismus bezeichnen. Der Abend verging in gemütlicher Feststimmung._ Parteilitcratur. Karl Marx und sein Lebenswerk. Vortrag, gehalten von Klara Zetkin anläßlich feines 30. Todestages an fünf Orten des Niederrheins. Mit einem Anhange: Literatur über Marx und von Marx. Verlag: Molkenbuhr u. Co., E I b e r- selb. Preis 25 Pf._ polizeiliches, ßerichtliches ulw. Auch eine Auslegung des ReichövereinSgesetzes. Der 16 jährige Formerlehrling Wilhelm Lorenz von Bruck- dorf bei Halle, wurde, weil er am Sonntag, den t. Mai, im Hofe seines Vaters mit Parteigenossen das bekannte ArbeiterliedEmpor zum Licht" gesungen hatte, wegen Uebertretung des ReichSvereinsgesetzes bestraft. Er sollte als Jugendlicher an einer politischen Versammlung teilgenommen haben. Am Nachmittage des Tages sprach dort der Reichstagsabgeordnete Genosse K u n e r t über die Wehrvorlage. Daran nahm der junge Mensch nicht teil.. Er hatte aber in das vorher ge- s u n g e n e Lied mit eingestimnit und dann vor dem Beginn der Versammlung schleunigst den Hof verlassen. Der zu- ständige Amtsvorsteher schickte ihm ein Strafmandat über 3 M. und das Hallesche Schöffengericht wies den dagegen erhobenen Einspruch zurück mit der Begründung, nach der Rechtsprechung des Reichs- gerichts beginne eine Versammlung mi'l dem Zu- lammentritt der Teilnehmer. Die Strafkammer Halle, bsi der nunmehr das Urteil angefochten wurde, erklärte auch daS Schöffengerichtsurteil für durchaus zutreffend und sah den G c- sang als einen Teil der Versa nrmlung an. Jugendbewegung. Schweizer Jugendtag in Basel . Die sozialdemokratischen Jugendorganisationen ber Schweiz haben am 9. und 10. August in Basel getagt. Der Kongreß wurde durch eine Konferenz der Sektions« Vorsitzenden eröffnet, die mit 36 Delegierten aus der deutschen und französischen Schweiz beschickt war. Die Konferenz beschloß einstimmig die Errichtung eines Jugend» selretariates und nahm ferner mit allen gegen eine Stimme die Thesen an, die das Verhältnis zwischen Jugendorgani» sation und Parter regeln sollen. Die Thesen sichernder Jugendorganisation die vollkommen st e Selbständigkeit zu. Der Vertreter der sozialdemokratischen Partei der Schweiz , der dem Zentralvorstand der Jugendorganisation zu- gelassen ist, besitzt nur beratende Stimme. Die schweize- rischen sozialdeinokratischen Jugendorganisationen zählen zurzeit in der deutschen und französischen Schweiz 36 selbständige Orts- gruppen mit insgesamt 1250 Mitgliedern. Das Verbandsorgan, die .Freie Jugend", wird in einer Auflage von 4000 Exemplaren her- gestellt. Es enthält seit Monatsfrist auch regelmäßige Beiträge in f r a n- z ö s i s ch e r Sprache. Der alte Zentralvorstand wurde wiedergewählt. Sonntag früh hatten sich die Basler Jugendgenossen mit ihrer roten Fahne auf dem Bahnsteig des Hauptbahnhofs eingefunden, um die Gäste, die aus der gesamten Schweiz , aus dem angrenzenden Elsaß und aus Baden angesagt waren, zu empfangen. Sie kamen zu Hunderten an und führten meist ihre Fahnen mit. Nach einer Besichtigung der Stadt und ihres historischen Münsters wurde das Mittagessen in den Räumen des alkoholfreien Restaurants im Johanniterheim eingenommen. Um 2 Uhr mittags ordneten sich die Jugendgenossinnen und Jugendgeuossen zu einem Demonstrationszuge durch die Stadt. Genosse Münzen- b e r g hielt noch eine Ansprache und dann nahm ein heiteres Jugendtreibcn auf dem Festplatz seinen Anfang. Einige Stunden später wurde im großen Saal des Greifenbräu zu Horburg die Festversammlung eröffnet, die gegen 1000 Teilnehmer zählte. Genosse Pfeiffer, der Vorsitzende der Basler Jugendorganisation. hielt die Willkonimansprache, Genosse D u f f n e r<Freiburg i. B.) überbrachte die Grüße der badischen, Genosse Wandt sStutt- gart) vermittelte die Glückwünsche der w ü r t t e m b e r g i s ch e n freien Jugendorganisation. Genosse Arbeitersekretär Bock fBasel) hielt die Festrede. Liedervorträge des Basler Arbeitergesangvereins Freiheit", Rezitationen und eine gelungene Theateraussührung füllten den unterhaltenden Teil der Festversammlung aus. Em Industrie und Kandel . Der Geldbedarf der Städte. Es ist oft gesagt worden, daß nach dem Abschluß des Balkan - friedenS und sofort nach der Herabsetzung der offiziellen Zinsraten die deutschen Städte in großen Scharen an den Geldmarkt eilen würden, um dort die während des Balkankrieges zurückgestellten An- forderungen zu befriedigen. Eine ganze Reihe von Städten hatte trotz der mißlichen Situation am Geldmarkt schon vorher Anleihen begeben. Die Zinsen und Provisionen, die dafür gewährt loerden mußten, sind naturgemäß außerordentlich hoch und andererseits sind die Kurse, zu denen man die Anleihen herausbringen konnte, jammervoll niedrig. So hat vor einigen Tagen noch die Stadt Krefeld eine 10- Millionen- Anleihe, die mit 4 Proz. verzinslich ist, zu einem Kurse von 93,50 Proz. ausgeschrieben. Man denke: für eine 4prozentige Anleihe sind nur 93,50 Proz.�zu erzielen I Im Februar dieses Jahres begab die Stadt Stettin eine 4prozentige 8- Millionen- Anleihe zum Kurse von 96,60 Proz., im März die Stadt Bochum eine Sechs- Millionen-Anleihe zum Kurse von 95,60 Proz. Die Stadt Neu» k ö I l n sah sich gezwungen, vom 4prozentigen Zinssatze auf den 4>/zprozentigen überzugehen und dainit das lange innegehaltene Zinsprinzip der Städte zu durchbrechen. Charlottenburg muß der Reichsverstcherungsanstalt 4'/, Proz. und außerdem noch Vs Proz. Provision zahlen. Mehrfach haben die Städte ihre Anleihe- ansprüche nicht in dem gewünschten Maße verwirklichen können. So ist die zweite Hälfte der Hamburger 30-Millionen-Anleihe zurück- gehalten worden, ebenso hat man die Karlsruher 7-Millionen- Anleihe zurückgestellt und die Stadt Posen konnte eben« falls keine Liebhaber für ihre Anleihe finden. Immerhin machen die Anleihen, die während des Balkankrieges von den Städten begeben wurden, insgesamt einen großen Posten aus. Es sei nur an die Dresdener 75-Millionen-Anleihe, die Anleihe der Stadt Frankfurt am Main in Höhe von 15 Millionen, die Straßburger Anleihe von 15 Millionen und die Düsseldorfer Anleihe in Höhe von 7'/ Millionen Mark erinnert. Ob in absehbarer Zeit ein merkbarer Aufschwung am Stadtanleihemarkte zu erwarten ist, bleibt noch sehr fraglich. Denn außer dem Druck, den die umfang- reichen Stadtanleihesummen selbst ausüben, sind auch noch weiter- hin die für Renten mißlichen Wirtschaftsverhältnisse in Rechnung zu stellen, welche kaum eine besondere Vorliebe des Publikums für diese früher so beliebten Papiere zulassen werden. Soziales. Die Belämpfung der Geschlechtskrankheiten. Aus London wird uns geschrieben: Die Diskussion über das Thema:. Die Syphilis als StaatSgefahr und die Frage der Staats- kontrolle", mit der sich am 9. August der Internationale medizinische Kongreß zu London befaßte, hat hier die größte Aufmerksamkeit er- regt. Als erster Referent fungierte Professor Dr. A. B l a s ch k o- Berlin, der zur Gründung nationaler Gesellschaften zur Ver- Hinderung der venerischen Krankheiten aufforderte, wie eine schon in Deutschland besteht. Nach seiner Ansicht hat sich die Regelung der Prostitution in allen Ländern als untauglich erwiesen, die Geschlechts- krankheiten zu vermindern, hauptsächlich weil die gefährlichsten In- dividuen sich der Kontrolle entziehen. Er sprach gegen die offizielle Brandmarkung von Personen als Prostituierte und gegen die gegen die Prostituierten gerichteten Ausnahmebestimmungen, wie Re« gistricrung, Polizeikontrolle und Untersuchung. Er befürwortete rein sanitäre Vorsichtsmaßregeln, deren Ausführung nicht die Polizei, sondern ein Gesundheitsamt zu überwachen hätte. Die Mehrheit der Patienten werde sich freiwillig der Behandlung unterziehen; ein Zwang sollte nur bei sehr jungen Personen, den geistig Schwachen und den Entarteten ausgeübt werden, die man zur Zwangserziehung, loa dies möglich, und zur Zwangsbchandlung, wo dies notwendig, isolieren sollte. Professor Gauchcr-Paris wies auf die schreckliche Gefahr hin, die ein einziger an der Syphilis leidender Mensch im akuten Stadium für alle Bewohner desselben Hauses ist. Viele ziehen sich jährlich die Krankheit zu, indem sie aus einer infizierten Tasse trinken, mit infizierten Gabeln oder Löffeln essen oder von infizierten Personen geküßt werden. Er behauptete, daß die Sterblichkeit von dieser Krankheit nur der von der Lungenschwindsucht und dem Alkohol ver- ursachten nahestehe. Professor Pontoppidan-Kopenhagen gab eine Schilderung der Maßregeln, die zurzeit in Dänemark erprobt werden. In Däne- mark wird die Anmeldung der venerischen Krankheiten snicht Polizei- liche Anmeldung) durch Patienten und Aerzte in jeder Weise er- mutigt. Es besteht eine weitgehende und freie Behandlung für Mittellose. Der Arzt bekleidet noch eine Vertrauensstellung und ist nicht ein Polizist in Verkleidung. Alle Maßregeln ohne Zwang haben sich als erfolgreich erwiesen; aber die Methode ist kostspielig. Dr. Douglas White-London erkälte, daß bei weitem die größte Anzahl der syphilitischen Ansteckungen auf heimliche Prostituierte zwischen 18 und 25 Jahren zurückzuführen sei. Er berechnete, daß jährlich etwa 500 000 neue Ansteckungen in Großbritannien vorkommen, von denen ein Viertel syphilitische Ansteckungen sind. Er verlangte eine bessere Aufklärung des Publikums und der medizinischen Studenten und die Ausrottung der Kurpfuscherei. Herr Ernest Lane, Seniorchirurg am Londoner Lock-Hospital, konstatierte, daß die Syphilis heute eine viel mildere Krankheit sei als früher, was er hauptsächlich auf die große Verbesserung der öffentlichen Hygiene zurückführte. Von dem Dr. DuboiS Havenith-Brüssel wurde erklärt, daß die Regierungen, die sich vor den Worten Syphilis und Prostitution fürchteten, nur durch die Presse zum Verständnis ihrer nationalen Verantwortlichkeit gebracht werden könnten.(Leider fürchten sich nicht allein die Regierungen, sondern auch viele Preßorgane, namentlich in dem prüden England, vor diesen Worten. Bringt es doch heute ein Londoner Organ, das seine Abnehmer nach Millionen zählt, fertig, das Thema in einem Leitartikel zu behandeln, ohne ein einziges Mal die Worte Syphilis oder venerische Krankheiten zu erwähnen!) Dr. Leredde-Paris befaßte sich ausschließlich mit den mannig- faltigen Erscheinungsformen der Syphilis und zeigte, wie diese Krankheit die Augen, Ohren, das Herz, die Blut- gefäße angreift. Sie sei vielleicht die wichtigste Ursache bei Totgeburten und der Kindersterblichkeit. Dr. Woods Hutchinson« New Dork bestand auf die Notwendigkeit irgendeiner Form der An- Meldung. Er führte aus: Ehrlich hat uns Salvarsnn gegeben, das das Blut wenigstens eine Zeitlang innerhalb 48 Stunden von der ansteckenden Materie reinigt. Wir sind also in der Lage, den Patienten für andere unschädlich zu machen. Deshalb muß auf schnelle Anmeldung bestanden werden. In New Dork braucht nur Alter, Geschlecht und Stand(ob ledig oder verheiratet) gemeldet werden und die Patienten sind nur durch eine Nummer, nicht dem Namen nach bekannt. Im Laboratorium des Gesundheitsamtes nehmen die Aerzte täglich 150 Untersuchuungen vor. Eine Unter- fuchung in Chicago hat kürzlich die wichtige Tatsache ans Licht ge- bracht, daß 35 bis 75 Proz. der Prostituierten in den Bordellen der Stadt bestimmt schwachsinnig find. Wenn die schwachsinnigen Mädchen im frühen Alter abgesondert und erzogen werden könnten, würde man den Bordellen zwei Drittel der Zufuhr abschneiden. Es wurden schließlich zwei Resolutionen angenommen, die zweite einstimmig, die erste mit einigem Widerspruch. Sie lauten im Zu- fammenhang: Da der Internationale medizinische Kongreß sich der Ver- heerungen bewußt ist, die von der Syphilis an der Gesundheit der Allgemeinheit angerichtet werden, und die Unzulänglichkeit der be- stehenden Maßregeln zur Verhütung ihrer Verbreitung bedauert, fordert er die Regierungen aller hier vertreteneu Länder auf: 1. ein System vertraulicher Anmeldung der Krankheit bei einer Gesundheits- behörde einzuführen, wo eine derartige Anmeldung noch nicht be- steht; 2. systematische Vorkehrungen zur Diagnose und Behandlung aller Fälle von Syphilis zu treffen, für die sonst nichts vor» gesehen ist."_ Kinoschauspieler-Sorgen. Der Schauspieler Groß und die Schauspielerin Merviola klagten gestern vor dem Gewerbegericht auf Auszahlung von Honorar für zwei Reisetage. Die beklagte V i t a s c o p G. m. b. H. bestritt die Rechtmäßigkeit der Forderung und wollte lediglich freie Fahrt II. Klasse und Diäten zugestehen. Sie machte außerdem geltend, daß die Reise zum Teil unnötig gewesen wäre. Der Kläger war zu 20, die Klägerin zu 50 M. Tageshonorar für einen Film engagiert. Ein Teil der Aufnahmen sollte in Hamburg vorgenommen werden, das erwies sich nach Ansicht des Regisseurs als unmöglich, weshalb er eine Fahrt nach Helgoland anordnete. Hierzu soll er nach Mei- nung der Beklagten nicht befugt gewesen sein. ES sei im übrigen auch nirgends Brauch, das Honorar für Reisetage zu zahlen. Um hierüber Klarheit zu schaffen, war in einem früheren Termin beschlossen worden, bei drei Firmen und bei der Genoffen- schaft der Kinodarsteller Auskunft einzuholen. Zwei dieser Auskünste teilten die Auffassung der Beklagten; eine Firma aber sagt, daß das Honorar gezahlt werde, und die erwähnte Genossenschaft begründet eingehend ihren Standpunkt, der sich init dem der Kläger deckt, in- dem sie darauf hinweist, daß es wohl nirgends im gewerblichen Leben üblich sei, einem Angestellten für im Auftrage des Geschäfts unternommene Reisen Lohn oder Gehakt zu kürzen und lediglich Fahrgeld und Spesen zu zahlen. Das Gericht unter Vorsitz des Magistratsrat Dr. Gerth brachte dieselbe Auffassung dadurch zum Ausdruck, daß sie die beklagte Firma zur Zahlung des Honorars für die Reisetage verurteilte. Klus aller Melt. St. Bureaukratius. Ein nettes Stückchen aus dem Reiche St. BureaukraftuS liefert nachstehende Zahlungsaufforderung, die dem verantwortlichen Redatteur unseres Straßburger Parteiorgans zugegangen ist. Die ZahlungS» aufforderung lautet: Sie schulden zufolge Beschlusses des Amtsgerichts zu Marli rch vom 2.7. 13 wegen Kostenfestsetzungsbeschluß in Sachen V. L. in St. Kreuz die untenstehenden Beftäge, welche Sie binnen 3 Tagen hierher einzahlen wollen. Betrag erichtskostent a) Gebühr........ Hiervon schulden Sie'/so b) Auslagen....... Gerichtsvollziehergebühren. Zeugengebühren..... Postgebühren...... Schreibgebühren..... Hiervon schulden Sie Voo. M. Pf. M 20 4 Pf. 1 Pf. Zusammen..... S Pf. Straßburg, 11. Aug. 1913. Kaiserl. Verkehrssteueramt. Eine Zahlungsaufforderung von 5Pf.I Und dazu werden soviel Arbeit, so viel Papier und Botengänge verwendet. Da sage noch einer, unsere Behörden arbeiten nicht genau. Man stelle sich nur einmal vor, wie die ganze Burcaukratenmaschinerie ins Stocken ge­raten würde, wenn sich zum Schluß noch heransstellen würde, die 5 Pf. wären zu viel bezahlt. Da hätten schließlich zehn Beamte einige Wochen Arbeit um festzustellen, wo die 5 Pf. herkommen. Es geht eben nichts über solchen BureaukratiSmus, selbst dann nicht, wenn er den Steuerzahlern ein schönes Stück Geld lostet. Kleine Notizen. Grubenmifülle. Auf dem Johannaschacht in Bobrek(Ober- schlcsicn) entzündete sich vorzeitig ein Sprengschuß. Der Bergmann Kuballik wurde getötet, mehrere andere Bergleute wurden lebensgefährlich verletzt. Auf der Zeche Ludwig in Essen- Rellinghausen ist beim Abteufen eines neuen Schachtes gestern abend ein durch die Bohrarbeiten bloßgelegter, bei früheren Sprengarbeiten nicht losgegangener Sprengschuß e x p I o« diert. Durch umherfliegende Gesteinsmassen ist ein Berg» mann getötet, ein anderer schwer und drei weitere leicht verletzt worden. Eine Falschmünzerbande verhaftet. Wie aus Graudenz gemeldet wird, ist in der letzten Nacht in Strelno ein Falschmünzernest ausgehoben worden. Die Falschmünzer haben seit längerer Zeit falsche Zweimarkstücke hergestellt und in Umlauf gebracht. Die Verbrecher wurden verhaftet und in das Untersuchungsgefängnis in Grandenz eingeliefert. Eine Familientragödie. In Luxingen im Kanton Glarus hat sich der 33 Jahre alte Naturarzt Rothardt, nachdem er feine Frau und seine beiden Kinder vergiftet hatte, ebenfalls ver» giftet. Rothardt, der in der Umgegend von Berlin praktizierte, hat die Tat aus Nahrungssorgen und wegen mißlicher Familienverhältnisse begangen. In den Alpen verirrt. Drei junge Mitglieder des Genfer Alpen« klubs unternahmen einen Aufstieg auf den Montblanc . Vom Schnee geblendet verloren sie den Weg und konnten die Alpenhütte nicht mehr erreichen. Sie mußten infolgedessen die Nacht im Freien zu» bringen. Einer der jungen Leute, namens W a ck e r l i n, gebürtig aus Schaffhausen , 19 Jahre alt, starb in der Nacht infolge der großen Kälte. Schreckenstat eines geisteskranken Arztes. In C i n e i n n a t i wurde ein Arzt während einer Operation plötzlich irrsinnig. Er begann Gesicht und Hals des Patienten zu zer« schneiden. Eine Krankenpflegerin eilte zur Hilfe herbei und nach einem furchtbaren Kampfe gelang es, den Arzt zu entwaffnen. Der Patient war in der Zwischenzeit infolge deS großen Blut- Verlustes verstorben.