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Zr. 211. 80. Jahrgang. 1. KkilM Ks Jotwätts" ßtrlintt NcksblR Sonntag, 17. Anguß 1918. SewerKscKafUicbes. Die Situation auf den Merkten. Der Beschluß des Verbandstages der Metallarbeiter, der die streikenden zur Wiederaufnahme der Arbeit aufforderte, wurde von einigen liyksjtehenden bürgerlichen Zeitungen als ein Zeichen der Umkehr vom Klaffenkambkstandpunkt begrüßt. Die Disziplin Habe gesiegt, so hieß es, die Arbeiterorganisation habe gezeigt, daß sie ihre Mitglieder fest im Zügel halten wolle und sei ja nun die Voraussetzung gegeben zur Schaffung eines harmonischen Verhält- Visses zwischen Industriearbeitern und Unternehmern, die ja beide zusammengehören wenn die Industrie blühen und gedeihen solle. Inzwischen, scheint eS. sind die Werftunternehmer selbst am Werk, um die Hoffnungen und Erwartungen liberaler Harmoniebegeiste- rung zuschanden zu machen. DieBerliner Volkszeitung" ver- öffentlicht in ihrer Abendnummer vom Sonnabend folgendes Privattelegramm: Hamburg  , 16. August. In den Siiuationsberichten, die dorgestern in den großen Werftarbeiterversammlungen erstattet würben, war eines der wenigen tröstlichen Momente für die Ar- beiter die Zusicherung, daß Maßregelungen nicht geschehen sollten. Von den Werstbesitzern war dies ausdrücklich erklärt worden. Entgegen dieser Versprechung wird, wie der.Hamburger Gene- ralanzeiger" erfährt, unter den Wiedereingestellten scharfe AuS- lese gehalten. Es werden Maßregelungen großen Stils vorge- nommen, von denen in erster Linie natürlich solche Arbeiter be- troffen werde», die während des Streiks irgendwie hervor- getreten sind. Wird dieses System in den nächsten Tagen fort- gesetzt, so ist sicher, daß mehrere hundert Werftarbeiter nicht auf ihre Arbeitsstätten zurückkehren werden. Die Folge wäre natür- lich eine abermalige Zuspitzung der Lage. Die Maßregelungen beziehen sich nicht nur auf freigewerkschaftliche Arbeiter, sondern namentlich auch auf Arbeiter, die den Hirfch-Dunckerschen Ge- werkvereinen angeschlossen sind. Wenn sich die Nachricht bestätigen sollte, wenn die Unternehmer wirklich planmäßig Matzregelungen vornehmen, dann würden sie ein frevelhaftes Spiel mit dem Feuer treiben und für alle Folgen ihrer provokatorischen Handlungsweise verantwortlich sein. Es mag den Werftarbeitern gewiß nicht leicht geworden sein, den Kampf bedingungslos abzubrechen, aber die höchste Instanz ihrer Organisation hatte es beschlossen und sie fügten sich dem Beschluß, wie eS organisierten Arbeitern zukommt. Doch nicht als Besiegte kehren die Werftarbeiter in die Betriebe zurück. Sie haben sich dem Gegner nicht auf Gnade und Ungnade ergeben, sondern den Frieden wiederhergestellt in der selbstverständlichen Voraussetzung, daß er auch auf der anderen Seite ehrlich gehalten wird. Wenn es richtig ist, daß die Unternehmer Maßregelungen vornehmen, dann setzen sie den Kampf fort und sind für alle Folgen ihrer Handlungsweise verantwortlich. Daß die Unternehmer in der Tat nicht überall die Zusage, die Arbeiter bedingungslos wieder einzustellen, halten, geht auch aus dem folgenden uns zugegangenen Bericht hervor: Die Arbeiter nehme» die Arbeit wieder auf. In allen Werftorten haben nun die Mitglieder des Metall. arbeiterverbandeS, dem Beschlutz der außerordentlichen General- Versammlung folgend, beschlossen, die Arbeit wieder aufzunehmen. Am Freitagabend ist auch in den letzten Orten, in Bremer  - haben, Geestemünde  , Einswarden urtd O st e r h o l z- Scharmbeck die Aufnahme der Arbeit beschlossen worden. Die anderen Gruppen der Werftarbeiter entschlossen sich überall, dem Beispiel der Metallarbeiter zu folgen. Eine Verzögerung der Wiederaufnahme der Arbeit ist lediglich durch die Maßnahmen des Arbeitgeberverbandes entstanden, der die Einstellung durch den Arbeitsnachweis verlangte. Von der Geschäftsstelle de? Ar- beitgeberverbandes ist dem Metallarbeiterverbande die Zusage gemacht worden, daß alle Leute wieder an ihren alten Platz und zu den bisherigen Arbeitsbedingungen angestellt werden sollen. An einzelnen Orten halten sich die Werftbesitzer jedoch nicht an diese Zusage und stellen Bedingungen, die für die Arbeiter eine Benachteiligung bedeuten. Diese Beschwerden sind der Geschäfts- stelle des Arbeitgeberverbandes in Hamburg   bereits mitgeteilt und sieht zu erwarten, daß diese dafür sorgen wird, daß solche Härten beseitigt werden, die neue Störungen hervorzurufen geeignet sind. Für die Werftarbeiter in Bremerhaven   und G e e st e- münde findet noch am Sonntagvormittag eine Versammlung statt, die sich lediglich mit den letztgenannten Angelegenheiten be- schäftigen wird. In Stettin   sollten sich die Arbeiter, die neu anfangen, einer ärztlichen Untersuchung unterziehen. Dieses Verlangen wurde auf Beschwerde zurückgezogen und wird die Aufnahme der Arbeit dort nun auch am Montag beginnen können. Auf den Werften in Hamburg  , Kiel  , Flens- bürg und Bremen   ist eine beschränkte Anzahl Arbeiter ein- gestellt. Die Unternehmer nehmen ein« abwartende Stellung ein. Sie wollen offenbar sehen, ob auf allen Werften die Arbeit auf- genommen wird. Wie wir hören, haben die Werftbesitzer Sonn- abendnachmittag in Hamburg   eine Zusammenkunft, um zu der Sache Stellung zu nehmen. ** * Die Unternehmerkonferenz. Die im dorstehenden Bericht erwähnte Konferenz der See- schiffswerftenabteilung des Verbandes der Metallindustriellen hat, einer Meldung des Wolffschen Telegraphenbureaus zufolge, folgen- den Beschluß gefaßt: Seit Mittwoch, 13. August, sind die Arbeitsnachweise an den Werftorten wieder geöffnet. Es hat sich seitdem gezeigt, daß an einzelnen Werftorten die Arbeiterschaft teils gar nicht, teils nur in einzelnen Gewerken zur Arbeit zurückgekehrt ist. Infolgedessen sehen sich die Arbeitgeber gezwungen, am Mittwoch, 20. August, die Arbeitsnachweise wieder zu schließen, wenn sich im Laufe des Montag und Dienstag nicht an allen Werftorten die Arbeiter sämtlicher GeWerke den Anforderungen der Arbeitsnachweise ent- sprechend zur Wiederaufnahme melden." Berlin   und dmgegend. Achtung, Töpfer, Mesenleger und Maurer! In jüngster Zeit sucht in derBerliner   M o r g e n p o st" der Verband der Arbeitgeber des Töpfer- und Osensetzergewerbes der Kreishauptmannschaft Chemnitz i. V. 100 Ofensetzer und Fliesenleger nach Chemnitz  . Der Verband gibt an, die Chemnitzer  Gehilfenschaft sämtlich Töpfer sei wegen grundloser Arbeits- Nachweisdifferenzen in den Ausstand getreten, eS handelt sich also nicht um Lohndifferenzen, sondern um eine Machtprobe der Ge- Hilfen. Umgekehrt wird jedoch ein Schuh draüs. Es handelt sich um eine Machtprobe der Unternehmer. Diese glauben die augenblickliche schlechte Konjunktur dazu ausnützen zu können, den seit 15 Jahren bestehenden guten gemeinsamen Arbeits» Nachweis ohne Kündigung zu beseitigen, um in nächster Zeit einen JnnungsnachweiS ins Leben zu rufen. Ein Formfehler in dem Wortlaut des Vertrages genügte den Unternehmern, den Arbeitsnachweis einfach ohne Kündigung als erloschen zu erklären, trotzdem der Lohntarifvertrag diesen Formfehler schon seit über 20 Jahren enthält, ohne daß man daran Anstoß genommen hat. AuS dem Gebaren der Chemnitzer   Töpfermeister dem ArbeitSnach- weis gegenüber muß man konstatieren, daß hier die Scharfmacher de? Baugewerbes ihre Hand mit im Spiele haben, denn diesen Herren sind ja Arbeitsnachweise, die auch den Arbeitern gewisse Rechte einräumen, ein Dorn im Auge. Die Chemnitzer Topfer- meister glauben nun den Streik der Töpfergesellcn illusorisch zu machen, rndem sie versuchen, auch Fliesenleger und Maurer zu ihren Arbeiten heranzuziehen. Fast die gesamte Fliesenarbeit in Chemnitz  wird schon seit Jahren von den Töpfermeistern und somit von den Töpfergesellen ausgeführt. Wer also bei den Chemnitzer Töpfermeistern Arbeit nimmt, auch Fliesen arbeit, verrichtet Streikarbeit. Wir erwarten daher, daß kein Berliner Töpfer, Fliesenleger oder Maurer bei Chemnitzer Töpfermeistern in Arbeit tritt. Filiale Groß-Berlin des Zentralverbandes der Töpfer Deutschlands  . Differenzen in der Brauerei Pichelsdorf. Die Arbeitnehmer der Deutschen Bierbrauerei in Pichelsdorf bei Spandau   haben wegen Differenzen mit der Direktion die Kündigung eingereicht. Verband der Brauerei, und Mühlenarbeiter, Zahlstelle Berlin  . Deutscher   Transportarbeiterverband, Bezirk Groß-Berlin. Verband der Maschinisten und Heizer, Bezirk Groß-Berlin. Verband der Böttcher, Zahlstellen Berlin   und Spandau  . Deutscher   Meiallarbeiterverband, Bezirk Spandau  .' Achtung, Drstillationsgchilfenl Die, Großdestillation voS H. Spitzer, Reinickendorfer Straße 03, ist für orga- nisierte Destillationsgehilfen geiverrt. Herr Spitzer weigert sich, die Löhne und Apbeitszeit der Gehilfen vertraglich zu regeln. Er erkennt dazu die Organisation als nicht berechtigt an und will das mit seinen Angestellten allein ausmachen. Sein den Verdands- vertretern wiederholt gegebenes Versprochen, das Logis im Hause abzufchasfcn, hat er nicht eingehalten. Das Logis ist im höchsten Grade mangelhaft. Die Arbeitszeit beträgt ISbis 17 Stunden. Verband der Gastwirtsgehilfen, Ortsverwaltung Berlin  . Wir ersuchen, die Sperre strenge zu beachten. Wagenarbeiter. Die Brüsseler Wagenorbeiter befinden sich seit 13 Wochen im Mreik und bitten dringend, den Zuzug fern- zuhalten. Veuvlcbes Reich. Der Konflikt im Haupttarifamt für das Bangeworde. Am 12. d. M. berichteten wir, daß die Unparteiischen des Haupttarifamts durch Herrn Magistratsrat v. Schulz erklären ließen, ihre Aemter niÄcrlegen zu müssen, weil ein Artikel des Zimmeber" für sie beleidigend sei. Die neueste Nummer des Zimmerer  " veröffentlicht den Brief des Herrn V. Schulz. Dieser erklärt es außer Zweifel, daß B r i n g m a n n der Verfasser des Artikels sei. Herr v. Schulz erklärt im Namen und Auftrag der Unparteiischen, daß sie nicht mehr in der Lage feien, das Amt im Haupitarisamt fortzuführen, solange nicht 1. der Zentralverband der Zimmerer und verwandten Berufsgenossen Deutschlands   in seinem OrganDer Zimmerer" die Veröffentlichung de? Ar- tikels:Die Korruptionserscheinungen im Tarifvertragsverhältnis für daS Baugewerbe" bedauert; 2. der verantwortliche Redakteur und Verfasser des Artikels, Herr Bring mann, ebenfalls die Veröffentlichung bedauert oder aus dem Haupttarifamt ausscheidet. Herr v. Schulz will während einer angemessenen Frist, in der die vorstehenden Erklärungen abgegeben werden lönnen> die Ge� schäfte weiterführen. Der Redakteur Bringmanu berösfentlicht zu dem Brief des Herrn v. Schulz nachstehende Erklärung: Zu erklären habe ich dazu, daß ich als Redakteur für die Artikel desZimmerer" selbstverständlich die Verantwortung trage. Die Absicht aber, die Herren Unparteiischen zu beleidigen, liegt mir völlig fern, und ich bedaure sehr, daß sie sich beleidigt fühlen. Das erkläre ich hier, um zu sagen» wie die Dinge stehen, Der Zweck des Artikels war lediglich der, meine Pflicht zu er, füllen, die mir unsere Verbandstagkbeschlüsse gegenüber den gegenwärtigen Zuständen im Tarifverhältnis für daS Bau- gewerbe für die ich die Herren Unparteiischen nicht verant- wortlich mache auserlegen. ES wird sich in den nächsten Wochen Gelegenheit bieten, darauf zurückzukommen» Demnächst beschäftigt die Angelegenheit unseren Zentralvorstand, an den das Schreiben gerichtet ist." Der Artikel desZimmerer", welcher den Anlaß zu diesem Konflikt gab, spricht u. a. davon, daß in dem Schiedsspruch für das Betongewerbe von den Unparteiischen nachträglich eine Aenderung vorgenommen worden sei, wodurch die Zimmerer benachteiligt würden. Diese Aenderung wurde in dem Artikel desZimmerer  " als Fälschung bezeichnet. Wie aus Vcröftentlichun�en in den neuesten Nummern desZimmerer  " und desGrundstein" hervor» geht, soll die umstrittene Aenderung der Auffassung entsprechen, welche die Unparteiischen bei Fällung des Schiedsspruchs hatten, so daß die Worteund Zimmerer", um die sich die Differenz dreht, nur äuS Versehen in den Schiedsspruch hineingekommen seien. Nach Angabe der Unparteiischen soll ver Vorsitzende des Zimmerer- Verbandes, Schräder, mit der Streichung der beiden Worte ein- kleines feuiUeton. Patriotisch-historische Filmvcrlvgeiiheit. ImVorwärts" ist bereits über die halb lächerliche und halb widerwärtige Art berichtet worden, in der die Filmspekulanten ein Eisenbahnunglück in Dänemark   mit Hilfe von imitierten Verunglückten und imitierten Krankenschwestern auszubeuten beliebten. Wenn eine spätere Zeit den Film als kultur- historische Quelle sollte benutzen wollen, wird sie gut tun, sich ununterbrochen den Satz vor Augen zu halten, baß nichts so ver- logen ist, wie ein Film. Zu den nervenzerstö enden und korrumpierenden Wirkungen de« schlechten Films gesellt ich noch eine künstlerische Unechtheit und Verlogenheit, die man ästhetisch als eine Pest bezeichnen muß. Ein Prachtstückchen dieser Verlogenheit, das sogar einen pikanten patriotisch-historischen Beigeschmack hat, hat sich gerade in diesen Tagen in Hamburg   zugetragen und ist vomHamburger Fremden- blatt" ans Licht gezogen worden. Am Sonnabend erschien in einer Hamburger Zeitung daS Inserat einer Film-Gesellschaft, in dem sie mitteilte, daß sie eine Gratisfahrt noch Friedrichsruh veranstalten werde. Die Fahrt, an der sich Damen und Herren der Hamburger Gesellschaft beteiligen konnten, solle eine Huldigungsfahrt sein, die die Film-Gesellschaft für ihren B i S m a r ck- Fi lm" verwenden wolle. Sie solle stattfinden am Montag, 11. August, und vormittags 10,03 Uhr beim Hauptbahnhof Hamburg   ihren Anfang nehmen. Die Teilnehmer an der Fahrt seien Gäste der Gesellschaft, die alle Un- kosten übernehme. Die Gegenbedingung sei nur, baß sich die Teil» nehmer die Herren sollten im Gehrock, die Damen in heller Fest- toilette in der Tracht der 80er Jahre erscheinen den Anordnungen des Regisseurs der Firma in jeder Beziehung fügen müßten. Die Gesellschaft müsse.sich natürlich vorbehalten, ungeeignete Kostüme und Personen von der Fahrt auszuschließen. Trotz dieses wenig konziliant klingenden letzten Satzes der An- zeige standen gegen 3 Uhr am bezeichneten Montagmorgen viele Damen und Herren bor dem Wartesaal 1. Klasse des Hauptbahn- Hofes, um sich demRegisseur des FilmS" für seine Fahrt zur Wer- fiigung zu stellen. Doch wer nicht kam war der Regisseur. Es stellte sich heraus, daß die Fürstin Bismarck   im letzten Augenblick die Erlaubnis zu der imitierten Huldigung verweigert hatte. Man weiß kaum, worüber man sich mehr wundern soll: lieber die Keckheit, mit der hier historische Huldigungen zusammengefälscht werden, oder über die Herren und Damender Gesellschaft", die sich zu einer derartigen Maskerade drängen, wenn sich nur eine Freifahrt nach Friedrichsruh dabei erschnorren läßt. Künstlertaprten und Buntpapiere. In der Bibliothek des Berliner  Kunstgewerbemuseums(von 10 bis 10 unentgeltlich zugänglich) ist eine kleine Ausstellung von neuen Künstlertapeten und Buntpapieren zu sehen. Darüber läßt sich einiges sagen. Zunächst könnte man fragen, ob Tapeten überhaupt zum notwendigen Inventar der menschlichen Wohnung gehören. Es wird nicht an Leuten fehlen, die eine gut mit Leimfarbe gestrichene Wand für vorteilhafter halten. Dann werden sich Stimmen melden, die wohl da« Rollpapier zulassen wollen, die aber es nur einfarbig, oder, wie man auf deutsch   sagt,uui" wünschen. Diese Puritaner werden mcht so unrecht haben. Es ist in der Tat die einfaraige Wand der beste Hintergrund für daS Möbel und für die Raumbewohner. Es ist nicht recht ein- zusehen, warum zu all der Unruhe, die durch die Schränke, die Tische, die Stühle und durch die Bewegungen der Arme und Beine in solch ein Zimmer bereits gebracht lvurde, auch noch eine Musterung der Wand hinzukommen soll. Immerhin, es gibt Leute, die sich danach sehnen, Streifen oder Punkte, KaroS oder Buketts an den vertikalen Grenzen des Wohnraumes genießen zu können. Auch haben die Tapetenhändler kein geringes Interesse an einer Musterung der Tapete; denn ohne Muster gibt es keine Mode, wenigstens keine erheblich wechselnde. So malt nirnr also Bildchen, die freilich von vornherein darauf dressiert sein müssen, billig reproduzierbar und in ständiger Wiederkehr noch erträglich zu sein. Es ist hinlänglich bekannt, daß eS viele schlechte Tapeten gibt, Tapeten, deren Musterung und Farbgebung keinem geschmackvollen Menschen Freude zu machen vermögen. Es war auch auf diesem Gebiet eine Erziehung notwendig. Sie ist erfolgt, und so kann man denn heute schon ganz leidliche, unaufdringliche, schweigsam-rhyth- misierte und dem Wohncharakter des Raumes sich anpassende Tapeten- muster auftreiben. Zu dieser Gattung gehören die Papiere, die wir in der kleinen Ausstellung des Kunstgewerbemuseums antreffen. Es sind richtige Künstler gewesen, die sich bemüht haben, Blumen- girlanden und kleine Sträußchen oder auch nur wechselnde Streifen so zu ordnen, daß ganze Flächen solcher Mustere! dem Auge gefällig erscheinen. Wir sehen Proben, wie sie Bruno Paul  (der reinliche Bourgeois), Emil Orlik  (der Japaner), Emil Rudolf Weiß  (der Groß- mutternde) und Thomas Theodor Heine  (der Ironiker im Schlafrock) für die Druckwalze ansetzten. Daneben sind noch einigt Buntpapiere zu sehen. DaS sind Papiere, wie sie der Buchbinder für die Außenseite des EinbandeS oder als Vorsatz für die Jnnenbekleidung deS Deckels benutzt. Auch diesen Papieren mangelte es früher nicht an Geschmacklosigkeiten. Inzwischen.sind die Tunkpapiere(die lustig marmorierten) und die KIcisterpapiere(die wolkigen und schwammigen) veredelt worden. AuH die als Holzschnitt oder als Lithographie hergestellten Bunt» Papiere wurden besser. Hier treffen wir einige sehr witzige Ent- würfe dieser Gattung: spielende Ornamente von Cissarz, spaßige Babys von Freyhold und seltsam entrenkte Panther, Phönixe und Echsen, die der Phantasie der Maria von UchatioS entschlüpften. R. Br. MuM. Sommeroper(im Schiller-Theater 0.): D i e H u g   e- n o t t e n von M e y e r b e e r. Mit jener wahnsinnigen Begeisterung, mit der vor 71 Jahren die Hugenotten   in Berlin   gefeiert wurden, issts heute gründlich vorbei. Meyerbeer  Beerenmeyer" nannte ihn Heine der eigenartigste kompositorische Proteus deutschen  Geblüts, den eS je gegeben, kann uns nicht mehr überwältigen. So echt deursch er sich als Harmoniker offenbart, in der Melodik gibt er sich italienisch, sogar bis in solistische Parts einzelner Instrumente im Orchester, und in der Rhythmik ist er Franzose. DaS Gebräu aus allen diesen Stoffen war eine Art von Varietätenvorstellung, die Wagner mit treffendem Witz als«musikalische Mosaik" und Franz Liszl alsGoldstaub" charakterisiert haben. Aber trotzdem ein Meister des SatzbauS und zuweilen ein großer Poet war Meyerbeer   doch. ES sei, von Glanzstellen erstgenannter Art im dritten Akt abgesehen, auf einige Züge der schmerzlichen LiebeSszene zwischen Raoul und Valentine im vierten Alt. und hauptsächlich auf die tief erschüttemde Melodie in Eos-äur hingewiesen. Also den musikalischen Feinheiten der Hugenotten   braucht sich ein durch Wagners Kunstwerke verwohntes Ohr nicht zu verschließen, vorausgesetzt, daß die Aufführung den höchsten Ansprüchen gerecht wird. Billigerweise kann dieser Maßstab nicht an die Sachsesche Sommeroper gelegt werden; aber sie bot doch eine Darbietung, die uns, als Ganzes betrachtet, große Achtung für die Aufwendung heißesten Bemühens aufnötigt. Im einzelnen ließe sich gewiß mancherlei bemängeln. Elisabeth Schwarz(Margarete) gibt Koloraturen von tadelloser Reinheit und stimmlicher Schönheit; nur läßt sie fast jede Beseelung und in der Aussprache jede Deutlichkeit vermissen. Je mehr sie lernt, temperamentvoll aus sich heraus» zutreten, um so höheren Genuß wird ihr wirkliches Gesangsvermögen bereiten. Darstellerische Gaben bemerkt man leider nicht. Gute bassistische und schauspielerische Oualitäten zeigten Fritz B a s s e r« mann und Theodor Simons; Adolf P ermann in seiner Baritonpartie und Mimi P o e n S g e n als Valentine, zumal im vierten Akt; bei Otto Fanger(Raoul) befremdete eine UnauS» geglichenheit der Tongebung zwischen Mittel- und Höhenlage. __ e. k. Notizen. Theaterchronik. Galsworth YS soziales Sbrama Kampf" wurde durch den Verband Deutscher Bühnenschriftsteller vom Deutschen Künstlertheater(Theater der Sozietäre) zur Aufführung erworben. Die Kammerspiele des Deutschen Theaters eröffnen die Spielzeit am 22. August mit einer Aufführung von Mein Freund Teddy" mit HanS Waßmann   und Leopoldine Konstantin   in den Hauptrollen. Der Schutzname Bauanwalt soll hinfort die selb« ständigen verantwortlichen Architekten gegen unlautere Konkurrenz schützen. Der Architektenkongreß, der gegenwärtig in Leipzig   tagt, fordert den Bundesrat auf, die neue Berufsbezeichnung anzu- erkennen.> Kunstchronik. Ein neuer Kunstsalon wird im Herbst im Hause Lennöstraße 6a eröffnet werden. Er will neben klassischer Kunst in der Hauptsache die junge deutsche und französische  Malerei pflegen: Picasso  , Braque   usw. Eine groß« Ausstellung deutscher Expressionisten die erste in Berlin   ist geplant. Der gefühlvolle Polizeidirektor. Der Atlanticfilm, den die Nordische Filmkompagnie für eine Viertelmillion Mark nach Deutschland   verkauft haben soll, wird in Christiania  wahrscheinlich" nicht aufgeführt werden. Das Titamc-Unglück hat viele norwegische Familien betroffen, und so hält nun der Polizei- direktor von Christiania   die Aufführung fürunmoralisch". Ein Professor für Hundemassage hat sich in Paris   aufgetan. Was feine Massage bedeuten kann, lehrt folgender Tarif: j, Einen Bulldogg umfärben. Eine Schnauze umformen. Hängeohren in Spitzohren umändern und vice- versa. Einem Bulldogg Falten massieren........ Einem Bulldogg die Vorderbeine zurcchldrehen.,. Der Hundeprofessor sollte die Besitzer dieser Doggen in Behandlung nehmen. Bei denen gibts, wie die ebenfalls was»zurechtzudrehen". 30 40 20 80 100 gleich Fr. mit nsche zeigen