Wilson gegen Hnerta. Der amerikanisch. mexikanische Konflikt scheint sich in die Länge?iehen zu wollen. Huerta hat der Washingtoner Regierung erklärt, dah er all» Präsidentschaftskandidaten den Ge- neral Felix D i a z Vorschlag«. Diaz aber befindet sich zurzeit auf einer Sondermission in Ja p a n, so daß Sr ftühestens Ende Oktober zurückerwartet wird. Bis zu diesem Zeitpunkt verlangt Huerta von den Vereinigten Staaten seine Anerkennung als provisorischer Präsident von Mexiko . Eine amtliche amerikanische Aeußerung zu diesem Vorschlage HuertaS liegt bis jetzt noch nicht vor. Doch äußert sich der„New- Norker Herald" dahin, daß die Washingtoner Regierung nichts gegen die Kandidatur von Felix Diaz einzuwenden habe. Sie würde sogar Huerta als Präsidenten anerkennen, falls er seinen Posten niederlege und dann bei der offenen Wahl vom mexikanischen Volke al» Präsident gewählt werde. Dagegen würde die Regie- rung der Vereinigten Staaten die derzeitige mexikanische Regierung nicht anerkennen. Ferner verlautet, daß die amerikanische Regierung, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, die zurzeit an der mexika - nischen Grenze stehenden Truppen, die 11»00 Mann zählen, u m 14000 Mann verstärken wolle. Wenn es nötig sei, könne dann aus diesen Truppen ein Expeditionskorps gebildet werden. Huerta scheint die amerikanische Drohung vorläufig nicht allzu ernst zu nrfjmen und es, wie sein Gegenvorschlag beweist, mit der Devise zu halten: Zeit gewonnen, alle? gewonnen! Graul!. AuS Metz wird uns geschrieben: In der BegrüßungSversamm- lung deS Katholikentages, am Sonntag, den 17. August, erzählt« Professor Kitzinger, der Vorsitzende des M«tz«r Lokalkomite«?, der Versammlung von„Grau Ii", einem geschwänzten U n- geheuer, daS in grauen Zeiten die Fluren von M«tz verwüstete, bis es vom heiligen Klemens durch die Macht des Gebetes be- zwungen wurde. Dieser Grauli, so erzählt« Professor Kitzinger weiter, sei in unseren Tagen wieder aufgetaucht. Aber, so schloß er frohlockend: was sind alle Prüfungen, die unsere Kirche heim- suchen, anderes als wirkungslose Schwanzschläge dieses Ungeheuers? Derartig« Gedanken mögen wunderbar erscheinen im Munde eines deutschen Professors; doch Herr Kitzinger kennt die Welt, wie wäre er sonst Vorsitzender des Lokalkomitees des Metzer Katho- likentageS. Und zur selben Stunde, da er in der Festhall« vom Grauli erzählte, ging das geschwänzte Ungeheuer leibhaftig in Metz um. Wehe, weh«! In Metz gibt es einen Stadtteil mit engen, dunkeln und zum Teil zerfallenen Straßen. Die stattlichste dieser Straßen ist be- kannt unter dem Namen„Moselgass«", und danach nennt sich das ganze Viertel. Die Häuser dieser Straße führen Nummern in beträchtlicher Größe und feurigen Farben. Abend» sind diese Nummern schön beleuchtet. AuS den Fenstern dieser Häuser schauen und winken— wenn nicht gerade die Polizei in der Nähe ist— schön« Jungfrauen. Im allgemeinen geht eS stille und verstohlen zu in der Mosel- gasse. Nur bei besonderen Gelegenheiten, bei Krieger-, Sänger- und anderen Festen wird es in den Gassen und Gätzchcn lebendig. Die Gründe des zahlreichen Besuches sind verschieden. Mancher geht aus Neugier hin, um sich die Moselgasse, die in ganz Lothrin- gen und darüber hinaus in bestem Rufe steht, mal anzusehen; manchen treibt die Erinnerung an die Zeit, da er in Metz als Soldat stand; andere allerdings treibt weder Neugier noch Er- innerung. Grauli, das geschwänzte Ungeheuer, hat sie gepackt und stößt sie in den Pfuhl der Sünde. Aber, so wird man fragen, was hat denn die Moselgasse mit dem Katholikentage zu tun; in der heiligen Woche wird es doch an diesem sündigen Orte stiller als je gewesen sein? Im Gegenteil: am Sonntag, den 17. August, wo der Metzer Katholikentag seinen Anfang nahm und Professor Kitzinger seinen Zuhörern die grau- liche Geschichte vom geschwänzten Ungeheuer erzählt«, da ging eS in der Moselgasse und den benachbarten Gäßchen lebhafter zu als je. Lebhafter, als wenn Krieger-, Turner- und Sängerfeste statt- finden; lebhafter sogar als in den Tage« des Eucharistischen Kon- gresseS, was immerhin einiges sagen will. Alocdenfilm. ... Tieweil deS Menschen Fürrecht Lachen ist. Rabelais . Berlin 0, 23. August. Sehr geehrte Redaktion! So, da bin wieder. Von Ahlbeck nämlich, indem daß ich ja vor meiner Abreise an Ihnen geschrieben hatte. Wie eS war? Na, hören Sie bloS auf. Einfach kladrig. Wasser nichts als Wasser; von oben Wasser, von unten Wasser; auf der See regnete es, an Land dröschte eS. War man eine Stunde draußen, schwammen einem die Kaulquappen in der Hutkrämpe herum. Na. ich will nichts weiter sagen, denn Sie grinsen doch bloß höhnisch über das Mißgeschick, da? uns Burfchoa, wie Ihr uns nennt, auf unserer Badereise betroffen hat. Ein Glück, daß wir Berliner dort in Ahlbeck ganz unter unS waren. Dauerskate haben wir gemacht, daß ich in der Badezeit mehr Hosenböden durch- gescheuert als Stiefelsohlen abgelaufen habe. JnS Seebad bin ich überhaupt nicht gekommen, mir war's draußen schon wässrig genug. Außerdem gab eS da auch eine ganze Menge Gesinnungsfreunde vom Bezirksverein, und da tonnte man nach Herzenslust vernünftig politisieren. Was ich auch nicht zu knapp getan habe. Nach Swinemünde waren wir natürlich auch rüber, als S. M. mit seiner„Hohenzollern" dort war. Ueberhaupt das halbe Berlin , wo an der Ostsee war, hatte sich eingestellt. Bor allem viele von unseren wohlhabenden jüdischen Mitbürgern; die müssen ja immer dabei sein, wo irgend was von S. M. oder vom Hofe zu sehen ist. Und das große Bootsunglück haben wir auch mit erlebt. Natürlich ganz von weitem. Na, darüber brauche ich nichts weiter zu schreiben. Die Berliner Zeitungen haben ja genug davon gebracht. S i e natürlich nicht, es waren ja auch keine von Ihren Leuten dabei. Und einen Bootsmannsmaat von der.Hohenzollern" habe ich dort kennen gelernt und ein paar GlaS Bier mit ihm getrunken(bezahlt habe ich natürlich). Da» war ein ganz patenter Kerl. Und Dinge hat der mir erzählt, von den Nordlandreisen und so. Nein, war da« nteressant l Aber ich werde mir hüten und Ihnen hier was von schreiben. Damit Sie hernach Ihre dreckigen Glossen drüber machen. Nee, is nich! Na und nun Schluß von die ganze Reiserei. Ich bin froh, daß ich wieder in Berlin bin und daß man sich als gebildeter Staats- bürger wieder um öffentliche Angelegenheiten bekümmern kann. Also, da ist z. B., was mich als Hausbesitzer sehr nahe geht, der Fall in Eharlottenburg, wo der Hauswirt dem Mieter, wo rücken wollte, mit dem Revolver totgeschossen hat. Ich sehe es schon kommen, wie eS in den Zeitungen von Ihrer Kulör und in den Die Moselgasse war in jeder Beziehung auf den Katholikentag vorbereitet. Die Wirtshäuser an ihrem Eingange hatten festlich geschmückt und geflaggt. Von ihren Fenstern grüßten huldvoll die Bilder des Papstes und des Bischofs Benzler. Und die Besucher wußten diese Aufmerksamkeit, die wie eine freundliche Einladung aussah, in vollstem Maße zu würdigen; denn in der liebenswür- digen Straße war am Sonntagnachmittag von 4 Uhr bis spät abends ein Gedränge und ein Gewoge, daß zeitweise der Verkehr stockte. Nicht wenige Männer hatten sogar ihre Frauen mitge- bracht, andere ein noch teureres Gut: die VereinSfahue, die sie nach- mittags im Festzuge getragen hatten. Es wird also der Herr Pfarrer kaum umhin können, die Fahnen von neuem zu segnen, ehe sie wieder Verwendung bei der Prozession finden. Und lustig ging es auch zu in der Moselgasse. Scherzworte zwischen der Menge in der Gasse und den Jungfrauen in den Fenstern der Häuser wechselten hinüber und herüber. Freudiges Erstaunen auf den Ge- sichtern der Neulinge, heiteres Selbstbewußtsein bei den Kundigen. Konstantin, der große Sünder und Heide, dessen Züge die Fest- medaille des Katholikentages trug, wird Freude gehabt haben an dem heidnischen Treiben. Bei den meisten der katholischen Männer, die am Sonntag die Moselgasse bevölkerten, wird es vielleicht nur Neugier gewesen sein, den Ort kennen zu lernen, der für viele Besucher von Metz die größte Sehenswürdigkeit bildet; aber eS ging nicht nur draußen in der Gasse, sondern auch drinnen in den Häusern mit den großen Nummern recht lebhaft zu. Die Inhaber hatten vorsorglich ihren Betrieb stark erweitert. Auch die Wirte am Eingange zur Mosel- straße kamen am Sonntag auf die Kosten. WaS aber sagt Pater Bonaventura dazu, der an dem letzten Tage der Metzer Katholikenwoche eine flammende Rede über die Entchristlichung der Völker hielt und dabei wider Sozialisten und Monisten, Freimaurer und Freidenker wetterte als die Wurzeln alle? Uebels? Ich rate ihm, beim nächsten Katholikentag seine Büß- und Kreuzzugsrede nicht in der Festhalle zu halten, sondern in der Moselgasse oder wie sonst die Stätte der Fleischeslust heißt. Was Professor Kitzinger sagen wird, läßt sich denken. Er wird Grauli anklagen und in dem unheiligen Treiben, das sich am ersten Tage der heiligen Woche in der Moselgasse zu Metz entwickelte, das Werk geschwänzter Ungeheuer erblicken. Vielleicht versucht es der fromme Mann, wie weiland der hl. Klemens, mal mit der Macht des Gebets. Huö 6roß-ßcrUn, Schreckenstat eines Wahnfinnigen. Von ihrem Manne im Schlaf überfallen und übel zugerichtet, wurde in der Nacht zum Sonntag die Ehefrau des Arbeiter? Sander aus der Chausseestraße 50. Die Eheleute Sander wohnen seit einem Jahre mit ihrer 22 Jahre alten Tochter im fünften Stockwerk des HauseS, wo sie Swbe und Küche innehaben. Dem Manne fiel vor zwei Jahren auf seiner Arbeitsstelle ein Stück Eisen auf den Kopf. Der Unfall hatte eine langwierige Krankheit zur Folge. Als diese vorüber war, zeigten sich wiederholt Spuren von Geistesgestörtheit bei dem Verunglückten. In einem Anfalle seines Leidens bedrohte er bereits vor einem Jahre einmal seine Frau. Als S. sich an einem Arzt, der ihn auf seinen Geisteszustand untersuchen wollte, tätlich vergriff, wurde er nach der Irrenanstalt Dalldorf gebracht. Auf Wunsch der Frau wurde er hier aber wieder nach einiger Zeit entlassen. In der Nacht zum Sonntag, als die Frau eingeschlafen und die Tochter mit ihrem Bräutigam igL Theater gegangen war, erhob er sich gegen 11� Uhr von seinem Bett, nahm aus der Küche einen Hammer und versetzte seiner Frau damit mehrere Hiebe auf den Kopf. Sodann verletzte er sie noch mit einem Messer. Sander ergriff jetzt die Flucht und ist bis zur Stunde noch nicht ermittelt worden. Die schwerverletzte Frau kam nach einer halben Stunde wieder zu sich, ging zu Nachbarsleuten und schilderte diesen mit wenigen Worten die Schreckenstat ihres Mannes. Diese sorgten jetzt für einen Arzt, der die Bedauernswerte nach dem Augusw- Hospital bringen ließ, wo sie schwer daniederliegt. Der flüchtige gemeingefährliche Geisteskranke hatte vorher geäußert, daß er auch noch seine Tochter und deren Bräutigam ermorden wolle. Sander ist 1,00 Meter groß, hat volles, schwarzes Haar, einen vollen, schwarzen Schnurrbart und eine lange spitze Nase. Bekleidet war er bei der Flucht mit einem graugestreiften Jackettanzug und einem schwarzen steifen Hut. Versammlungen losgeht. Von wegen„brutaler HauSpascha" und einem zehnköpfigen Proletarierfamilienvatcr oder so ähnlich. De roten Manieren kennt man ja schon. Aber haben die Kerle, die so reden oder schreiben, eine Ahnung davon, waS für Sorgen und Aerger so ein armer Hauswirt hat. Vor allem mit die Arbeiter und die Jähren von diese. D a klappt'S erst mit der Miete, hier muß man aufpassen, daß nicht gerückt wird, wenn Zappen duster ist, dort verungenieren einem die Jähren Treppen und Hausflur und machen Krakehl im Hose,— na, waS soll ich noch viel sagen, daftir haben S i e doch kein Verständnis nicht. Vielleicht haben aber die von Ihren Genossen, wo selber ein Haus haben, so'ne kleine Ahnung davon. Fragen Sie die mal. Ob die auch immer mit Sie einverstanden sind, wenn Sie gegen die sogenannten HauSagrarier losziehen? Es ist wahrhaftig kein Wunder, wenn so einem geplagten Hauswirt mal die Galle platzt und er zur Notwehr greift. Ich werde überhaupt in unserer nächsten BezirksvereinSversamm- lung den Antrag stellen, daß unsere Abgeordneten im Reichstage dafür sorgen, daß die Paragraphen im Strafgeseybuche über Not- wehr und Putativnotwehr, oder wie eS die Rechtsverdreher sonst nennen, zugunsten für die Hauswirte abgeändert und gemildert werden. Schließlich sind wir doch in derselben Lage wie Schutz- leute, die Arrestanten mit dem Säbel bearbeiten und dabei manch- mal ganz Unschuldige vertobacken. Da werden doch mehrstenteil» die, die eine Naht gekriegt haben, verknackt und die Schutzleute gehen ftei au«. Am letzten Ende gehören wir Hausbesitzer doch auch zu die staatserhaltende Autorität I Die Charlottenburger Geschichte ist natürlich auch an meinem Stammtisch viel besprochen worden, und es kam dabei zu ganz inter - essanten Diskussionen, indem daß der erschossene Arbeiter acht Kinder hatte. Wie haben da über die Kindcrfrage gesprochen. Aber ich muß schon sagen: ich kenne mich da nicht mehr aus. Was wir paar Hausbesitzer waren, wir vertraten natürlich den Standpunkt, daß uns Mieter mit gar keine oder wenig Kinder die liebsten wären. Und daß, wer Kinder nickt ernähren kann, auch nicht so viele in die Welt setzen solle. Aber da kamen wir schön an. Unser Stammtisch- kollege, Oberlehrer Kniefling, sagte, da näherten wir uns den neuesten sozialdemokratischen Theorien von wegen Gebärstreik und so. Wir hatten von so was noch nichts gehört und er mußte uns das erklären. Und da sagte denn Kniefling. daß bei Ihren jetzt so beliebten Auseinandersetzungen über Massenstreik— notabene, wenn man als anständiger Bürger das Wort Massenstreik hört, weiß man wahr- hastig nicht, ob man sich darüber ärgern, oder ob man darüber lachen soll— auch von gewissen Leuten geraten worden wäre, die Arbeiter« stauen sollten mit daS Kinderkriegen streiken, indem daß dann der „Klassenstaat" und die Kapitalisten nicht mehr soviel. Ausbeutung»« objekte" geliefert kriegten. Wie daS so nun mal die roten Reden»- Feuer auf dem GSterbahnhof Frankfurter Allee . In der Nacht zum Sonntag, kurz vor 1 Uhr. wurde die Lichten- bcrger und Berliner Feuerwehr nach dem Güterbahnhof Frank- furter Allee gerufen. Bei Ankunft der Löschzüge stand dort ein mit Papierballen hochbeladener Etsenbahnwaggon vollständig in Flcnnmcn. Der brennende Wagen wurde sofort auf ein an- deres Gleis gebracht, so daß die übrigen Waggons nicht gefährdet waren. Die Ablöschung des Feuers erfolgte mit vier Schlauchleitungen. Ueber die Ursache des Brandes war nichts mehr zu ermitteln. Vor dem Hause Klopstockstraße lll, an der Cuxhavener Straße, geriet gestern l Sonntag) vormittag ein Automobil in Brand. Da der Chauffeur die hoch emporschlagenden Flammen nicht allein ersticken konnte, so wurde die Feuerwehr zu Hilfe gerufen, die den Brand mit einer Schlauchleitung ablöschte. Auf böswillige Vrandstiftung werden zwei Brände zurück- geführt, die gestern abend kurz hintereinander in der Kirchbach. straße 14 im Westen Berlins zum Ausbruch kamen. Zuerst wurde die Feuerwehr um 0 Uhr nach dem Hause gerufen, weil dort ein Bodenbrand herrschte. Der zwölfte Löschzug au? dem Depot An der Apostelkirche war schnell zur Stelle und konnte idaS Feuer, das auch schon einen Teil des Dachgebälks ergriffen hatte, in kurzer Zeit ab- löschen. Nach einer genauen Revision der Brandstelle rückte der Zug gegen VM: Uhr wieder ab. Eine knappe halbe Stunde später erfolgte erneuter Alarm nach der Kirchbachstraße 14. Diesmal brannte der Dachstuhl in größerer Ausdehnung. Der lei- tende Brandmeister mutzte" mit zwei Rohren eingreisen lassen, um eine weitere Ausbreitung de» Feuers zu verhüten. Der Dachstuhl wurde zu einem erheblichen Teil zerstört. Mit den Nachlösch- und AufräumungSarbciten hatte die Wehr bis in die Nacht hinein zu tu�i. Von den Brandstiftern fehlt noch jede Spur. In der Narkose gestorben ist am Sonnabend der 26 Jahre alt« Hausverwalter Fritz Müller aus der Courbierestraße Ib. Müller litt seit einigen Tagen an heftigen Zahnschmerzen. Er suchte deshalb eine Klinik in der In- validenstraße auf, wo der Arzt feststellte, daß die Ursache der Schmerzen die Wurzel eines Backenzahnes war. die nur in der Nar. kose gezogen werden könnte. Mit Einverständnis Müllers nahm der Arzt die Operation in der Narkose vor. AuS dieser erwachte der Patient jedoch nicht mehr. Zur Feststellung der Todesursache wurde die Leiche beschlagnahmt und nach dem Schauhause gebracht. Im Schanklokal vom Tode ereilt wurde in der Nacht zu gestern der 54 Jahre alte Handlungsgehilfe Paul Wehlitz aus der Bergstraße 12. Wehlitz, der unverheiratet war und dort ein möbliertes Zimmer bewohnte, wurde gejjen 11% Uhr in einem Schanklokal in der Elsasser Straße, wo er bau- f:ger verkehrte, plötzlich von einem heftigen Unwohlsein befallen. Er verlor bald die Besinnung und verstarb. Ein Arzt von der Hilfs- wache in der Eichendorfstraße konnte bei seinem Erscheinen nur noch den Tod feststellen. Wahrscheinlich hatte ein Herzschlag dem Leben deS Mannes plötzlich ein Ende bereitet. Nach einer wilden Jagd verhaftet wurde ein schon wiederholt mit Zuchthaus vorbestrafter Einbrecher, der mit zwei Spießgesellen in der Oranienstraße auf frischer Tat ertappt wurde. Ein Wächter der Nachtwach- und Schließgesell- schaft bemerkte auf seinem Rundgange in dem Geschäftshause Nr. 138/183, wie Einbrecher in einem Kontor an der„Arbeit" waren. Er benachrichtigt: einen Schutzmann und ging mit diesem in das Haus. Die Einbrecher hatten jedoch schon„Lunte gerochen" und ergriffen die Flucht. Der Schutzmann setzte einem der Diebe, der eine mit einer Ledcrhülle versehene Schreibmaschine mit sich schleppte, nach. Die Verfolgung ging durch die ganze Skalitzer Straße bis zur Wienerstraße. Als hier der Beamte dem Aus- reißer auf den Fersen war. drehte sich dieser plötzlich um und warf die Maschine seinem Verfolger gegen den Leib. Der Schutz- mann gab jetzt ein Notsignal, das auch die Passanten auf den Elüchtenden aufmerksam machten. Ein Mann, oer sich dem Flie- :nden in den Weg stellte, bekam von diesem jedoch einen so heftigen Faustschlag, daß er rücklings auf die Straße flog. Ens- lich gelang es doch, des gefährlichen Burschen habhaft zu werben. Er entpuppte sich auf dem Polizeipräsidium als ein Karl Strauß, der erst vor sechs Wochen aus dem Zuchthause entlassen worden war. Er will weder seine entkommenen Spießgesellen kennen, noch an dem Einbruch beteiligt gewesen sein. Bon einem Automobil überfahren wurde gestern nachmittag gegen 4 Uhr der 21jährige Sohn des Kaufmanns Fischer, Neue Hoch- arten find. Wir haben da zuerst drüber gelacht und— wie das bei so'nem Thema in der Lust liegt— ein paar zotige Witze drüber gerissen. Und ich habe gesagt, daß uns das doch ganz wurst sein kann, wie es die Arbeiter mit dem Kinderkriegen halten;. ich ließe jedenfalls die Jähren nicht in meinem Hofe und auf den Treppen rumpurzeln. Da solle die Stadt für mehr Spielplätze und so sorgen. Zu was zahlt man denn seine Steuern. Da opponierte nun wieder der Stadtverordnete Schweigner: Wo denn die Stadt die Mittel dazu hernehmen sollte, wo sie doch schon so hohe Polizei- und Schullasten, die großen RepräsentationS- aufwendungen usw. hätte. Die kommunale Leistungsfähigkeit täte auch mal ihre Grenzen haben.„Wenn man Euch so hört", meinte dann der Fabrikant Pfefferkorn,„müßte man glauben, die roten Gebärstreikpropheten hätten recht. Ihr Hauswirte wollt keine Kinder ins Haus, die Stadt will nichts mehr für die Kinder tun. Aber wo bleiben denn wir von der Industrie? Wenn der Streik beim Kinderkriegen systematisch und konsequent durchgeführt wird. sitzen wir in zwanzig Jahren ohne billige Arbeitskräfte da. Da» Angebot ist dann so gering, daß wir Löhne zahlen müssen, die einfach nicht zu zahlen sind. Und dann adieu Profit! Dann können wir Fabrikanten Arm in Arm mit den Hebammen betteln gehen." Aber da meinte nun wieder Oberlehrer Kniefling, daß wir die Sache zu einseittg und zu sehr vom Standpunkt der Sonderinteressen ansähen. Das mit dem Gebärstreik berühre aber ein schwerwiegende» nationale» Problem. Wir sollten doch mal auf Frankreich sehen, wo die Sittenlofigkeit von wegen dem Zweikindersystem dem Volkskörper so schwere Wunden geschlagen habe, daß sie nicht mehr wüßten, wo sie die Soldaten hernehmen sollten, und daß sie jetzt wieder drei Jahre dienen müssen. Und das müsse ein abschreckendes Beispiel für Deutsch - land sein. Was das wohl mit uns werden sollte, wo wir doch jede» Jahr für die Sicherheit des Vaterlandes soviel neue Regimenter und Bataillone schaffen, wenn in zwanzig Jahren nickt mehr genug Rekruten da sind. Und dann überhaupt, meinte der Ober- lehrer, sei das eine Schweinerei mit der roten Gebärstreiklehre, indem daß es die natürliche Pflicht der Frau sei, Mutter zu werden. Da rief der Rentier Beitzert, der immer gern boshastige Bemerkungen macht und die anderen in Wolle bringt, dazwischen, waS denn die Mütter machen sollen, wenn sie für ihre Bälger nicht« zu essen (eigentlich sagte er fressen) und keine Bleibe hätten. Aber da hätten Se mal den Kniefling fuchtig werden sehen können. Er gäbe eben sittliche und nationale Gesetze, denen allcS andere untergeordnet werden müsse, schrie er, und überhaupt müsse man als liberaler Bürger allen sozialistischen Irrlehren entgegentreten. So ging daS am Stammtisch hin und her. Und eS war sehr interessant. Aber schlau geworden, was nun eigentlich richtig sei, bin ich nicht. Nun hat ja wohl dieser Tage in der Rixdorfer,
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