der Zustimmung der Fraktion zu den Deckungsvorlagen und stelltsich auf den Boden der Mehrheit der Fraktion. Der Standpunkt:„Diesem System keinen Mann und keinen Groschen" ist nicht etwaein progammatischer. Er ist nicht einmal ursprünglich sozial-demokratisch, sonoern er stammt von Eugen Richter. Redner be-schäftigt sich des weiteren mit den Vorwürfen, die gegen dieFraktion erhoben werden. Die Fraktion hat alles getan, um dieWehrvorlage zu stürzen. Das ist ihr leider nicht gelungen. Er-reicht hat sie aber, daß die Lasten den tragfähigen Schultern auf-gebürdet wurden und dadurch hat sie einen großen Erfolg erzielt.Es ist auch nicht richtig, daß wir die Militärvorlage nicht ebensoenergisch als unsere französischen Brüder bekämpft haben. Wirbefanden uns in voller Uebereinstimmung mit der sranzösischenFraktion und auch die Zustimmung zu den Deckungsvorlagenentsprach durchaus dem von beiden Fraktionen gemeinsam ver-öffentlichten Aufruf, in dem es heißt, daß, falls die Annahme derRüstungsverstärkungen nicht zu verhindern ist, alle Hebel einzu-setzen sind, um die Kosten den besitzenden Klassen aufzubürden.Der Massenstreik wird uns jetzt von einigen Seiten alseine ganz neue Entdeckung gepriesen, die geeignet ist, die Parteizu neuer Tatkraft und Energieentfaltung zu bringen. Alle, dieüber den Masienstreik schreiben und reden, gehen immer von ab-weichenden Voraussetzungen aus. Bestimmte Richtlinien gibtkeiner. Es heißt einfach immer: der Massenstreik muß debattiertwerden. Ich verstehe unter dem Massenstreik eine Situation, inder wirklich alle Räder stille stehen, und ich wäre der erste, derbei einer solchen Situation seinen Kopf zu Markte trägt. DieBeispiele Rußland und Belgien treffen für unsere Verhältnissenicht zu. Die russischen Massenstreiks wurden nach dem russisch-japanischen Krieg von dem Bürgertum materiell unterstützt, undnachdem das Proletariat selbständige Forderungen stellte, erstickteman mit Hilfe desselben Bürgertums die Revolution im Blute.Auch in Belgien fand der Massenstreik die Sympathie weiter bür-gerlicher Kreise und außerdem kann ich mir nicht denken, daß hierin Deutschland ein bis ins kleinste vorbereiteter Massenstreik Er-folg haben würde. Die Eroberung der politischen Macht würdeuns solch ein Massenstreik sicher nicht bringen.Redner bespricht dann die verschiedenen Vorschläge, die vonsogenannter radikaler wie von ausgesprochen revisionistischerSeite gemacht wurden, und meint, daß in der gegenwärtigen Zeitunsere Gegner die Taktik bestimmen würden. Sie würden einenfliegenden Massenstreik, der heute in Baden, nächste Woche inThüringen und so weiter ausbrechen würde, sehr bald zu begegnenwissen. Wir find noch nicht stark genug zum Massenstreik. Ichbin der Meinung, der letzte Kampf, der revolutionäre Ent-scheidungSkampf, wird ein Gewaltkampf fein. Wir wollen aberunsere Haut erst dann zu Markte tragen, wenn Aussicht auf Er-folg besteht. Die Gewerkschaftsführer verwalten nicht ihr eigenesGeld, sondern daß von Tausenden und aber Tausenden von Pro-letariern und es ist selbstverständlich, daß Leute, die sich ihrerVerantwortung bewußt sind, vorsichtig zu Werke gehen. Nichtmit Unrecht ist der Parteileitung die Aufgabe gesetzt worden, beiFragen, die in das Gebiet der Gewerkschaften eingreifen, gemein-sam mit der Generalkommission zu beraten. Das wird auch indieser Frage geschehen, und der Parteitag sowie der Gewerkschafts-kongreß werden Beschlüsse fassen, die dem Wohle des Volkes ent-sprechen.— Vorläufig muß unser Losungswort immer noch bleiben:Agitation— Organisation.In der Frage der Maifeier ist der Redner der Meinung,daß alle Beamten und Arbeiter der Partei und Gewerkschaftenden Tagesverdienst am 1. Mai abgeben sollten. Redner �schließtseine Ausführungen mit dem Wunsche, der Parteitag möge zu-friedenstellende Arbeit leisten.(Lebhafter Beifall.)In der Diskussion erhält zunächst Genosse Judith dasWort: Mit der Haltung der Fraktion zu den Deckungsvorlagenist er einverstanden. Der Massenstreik y't jetzt unmöglich. Aufdem Parteitag sollte ein Vortrag über wissenschaftlichen Sozialis-mus gehalten werden. Dieser gebe Gelegenheit zur Fortbildung.Redner stellt einen entsprechenden Antrag.Alfred Fröhlich: Mit der Fraktionsabstimmung kannman durchaus einverstanden sein. Die Maifeier sollte am erstenSonntag im Mai stattfinden. Redner bemängelt, daß bei der Ab-stimmung über das Proportionalwahlrecht auch sozialdemokratischeAbgeordnete gefehlt haben und dadurch der Antrag mit 140 gegen139 Stimmen abgelehnt wurde.AdolfHarndt ist gleichfalls mit der Fraktionsabstimmungeinverstanden. Der Abonnentenrückgang bei der Parteipresse undder Rückgang der Mitglieder in den Organisationen hängt mit derKrise zusammen. Wir müssen aber auch endlich einmal mit denBeitragserhöhungen aufhören. Die Aufregung über den General-streik ist künstlich gemacht worden. Solange es nicht einmal mög-lich ist, die Arbeitsruhe am 1. Mai einzuführen, ist an den Massen-streik nicht zu denken. Außerdem scheint ihm das Objekt, dasPreußenwahlrecht, nicht geeignet. Bis vor wenigen Jahren sagtenwir, der Landtag möge verfaulen und jetzt soll wegen dieses Wahl-rechts ein Massenstreik gemacht werden. Der Massenstreik wirdkommen, wenn man es wagen sollte, das Reichstagswahlrecht oderdas Koalitionsrecht zu rauben. Eine wirkungsvolle Waffe inunserem Kampfe, die zu wenig beachtet wird, ist der Austritt ausder Landeskirche.M ö b u S befindet sich in der Auffassung über den Massen-streik mit Pfannkuch im Einverständnis. Die Maifeier darf keines-iallZ auf den Sonntag verlegt werden, dann möge man sie lieberbegraben.Mühle ist mit der Abstimmung der Fraktion nicht ein-verstanden.S k i b e tritt für den Massenstreik ein. Die Hauptsache istviel Geld sammeln. Den Gebärstreik sollte man nicht bekämpfen.Die Milch- und Kleidergroschen, die für die Kinder ausgegebenwerden, könnten dann zum Massenstreik gesammelt werden. DerMassenstreik könnte völlig unblutig verlaufen.Nachdem Genosse Schmahl noch in lebhaften Worten dieStellungnahme der Fraktion gutheißt und die Kritiker der Fraktionbekämpft, geht Genosse Pfannkuch in seinem Schlußwort nochkurz auf die Diskussionsreden ein.Folgender Antrag der Kreiskonferenz wird gegen 3 Stimmenangenommen:1. Der Parteitag wolle beschließen: Alle Genossen und Ge-nossinnen, die am 1. Mai ohne Lohnausfall feiern, haben denTagelohn abzuführen.2. Der Parteitag wolle beschließen, daß der Antrag 90 vomNürnberger Parteitag in seiner alten Fassung wieder aufge-nommen wird: Die Beamten, Arbeiter und Mitglieder der Partei,velchs am 1. Mai feiern und keinen Lohnausfall erleiden, sindoerpflichtet, an die Partei- oder Gewerkschaftskasse einen Tagesver-dienst abzugeben.Zu Delegierten gewählt wurden die Genossen Fels mannmd Schmidt. Als Ersatzmann Genosse Harn dt.Vierter Wahlkreis.Zum ersten Punkt der Tagesordnung hatte Genosse Büchnerdas Referat übernommen. Redner erinnerte, an den Bericht desParteivorstandes anknüpfend, an den Stillstand in der Mitglieder-wwegung und spricht die Erwartung aus, daß es gelingen möge,ie Ursachen dieses Rückgangs festzustellen und zu beheben. Auchzwei Ersatzwahlen sind auf dem Parteitage zu erledigen, einmalür den verstorbenen Genossen Kaden als Vorsitzenden der Kon-rollkommission und dann für den Genossen Bedel. Ten Vorschlag�er„Fränkischen Tagespost", einen ersten Vorsitzenden der Parteiauf ein Jahr nicht zu wählen, lehnt Redner für seine Person ab,>a in einer so großen Partei gerade der erste Vorsitzende unbedingtvorhanden sein muß. Der parlamentarische Bericht durste wohl dieZeit des Parteitages am meisten in Anspruch nehmen. In derstresse sowie in den Versammlungen ist die Haltung der Fraktionauf das lebhafteste kritisiert worden. Und nicht mit brecht. ESist die Frage aufgeworfen worden, ob die Fraktion der Wehrvorlagegenügend Widerstand entgegengesetzt habe: es wurde geiagt, dieFraktion hätte eine lebhaftere Propaganda hervorrufen sollen.(Lebhafte Rufe: Sehr richtig!) Doch die Fraktion hat die Wehrvor-läge sowie die Deckungsfrage mit den schärfsten Mitteln bekämpft.Der Vorwurf des Unterlassens der Obstruktion ist unangebracht,hat doch selbst Genosse Bebel bei der Erörterung dieser Frage ge-sagt, damit kommen wir nicht weit. Scharfe Kämpfe gab es in derFraktion bei der Beratung der Mstimmung über die Steuervorlage,speziell des Wehrbeitrages. Die Befürworter des Satzes:„DiesemSystem keinen Mann und keinen Groschen!" verlangten die Ad-lehnung des Wehrbeitrages. Aber mit 52 Stimmen gegen 37 Stimmen bei 7 Enthaltungen entschied die Fraktion, für den Wehr-beitrag zu stimmen, um nicht anderen und schlechteren Steuernfür die breiten Massen die Wege zu ebnen. Auch an dieser Stellekann Redner, der sich bei der Minderheit befand, nur sein Be-dauern über diese Entscheidung aussprechen. Denn hätte die Re-gierung wirklich den Reichstag aufgelöst, eine bessere Agitationhätten wir uns gar nicht wünschen können. Gewiß hätten wir Man-date eingebüßt, aber unsere Stimmenzahl hätte wieder bedeutendzugenommen.Zur Maifeierfrage liegen zwei Anträge vor. GenosseBüchner empfiehlt, den Antrag 2 anzunehmen, welcher die Ab-führung des Tagesverdienstes fordert, ebenso muß der Antrag,welcher die Einführung der Arbeitslosenversicherungfordert, angenommen werden. Bezüglich des Antrages, denMassenstreik auf die Tagesordnung zu setzen, warnt Rednervor allzu großem Optimismus in dieser Frage. Rußland undBelgien sind nicht das Barometer für uns. In Belgien hat dochauch das Bürgertum und sogar das Militär beim letzten General-streik dem kämpfenden Proletariat Sympathien entgegengebracht.Doch ganz anders liegen die Dinge bei uns in Deutschland. Hierbaben wir alles gegen uns, dann geht es aufs Ganze, ist doch derMilitärstaat Deutschland und speziell Preußen ein einzig geartetesGebilde, wie wir es in der ganzen Welt nicht wiederfinden, unddarum müssen wir in dieser Frage mit aller Ruhe und Sachlichkeitzu Werke gehen. Zum Schluß erhofft Redner von den Arbeiten desParteitages das Beste für die kommenden Kämpfe und Siege.(Leb-hafter Beifall.)Die Diskussion wird vom Genossen K l i n g l e r eröffnet.Auf dem Parteitag muß es zu prinzipiellen Auseinandersetzungenkommen, weil die Reichstagsfraktion dem Militarismus zu seinemAusbau Milliarden bewilligt hat. Der praktische Revisionismus hatFortschritte gemacht. Es ist interessant, wie die Meinungen sich inden letzten Jahren in der Partei geändert haben. Vor zwei Jahrennahm man Resolutionen über Resolutionen an, weil die Süd-deutschen für das Budget gestimmt hatten. Und jetzt bewilligt unsereReichstagSfraktion mit 119 Mann für den schlimmsten Feind desProletariats, den Militarismus, ungeheure Geldsummen. Ob esauf dieser schiefen Ebene noch ein Halten gibt? Der Einwand, manwollte indirekte Steuern verhindern, ist hinfällig, weil in den letztenJahren soviel harte Steuern dem Proletariat auferlegt worden sind,daß die Regierung gar keine anderen Steuern bringen konnte alsBesitzsteuern. Und dann bezahlen die Besitzenden die neuen Steuernschon aus dem Grunde ganz gern, weil sie unter den Fittichen desMilitarismus bei dem neuen Zolltarif die breiten Massen destoungestörter ausrauben können. Dieses Vorgehen der Fraktion be-zeichnet Redner für den schwersten Fehler. Um in der Steuerfrageendlich Klarheit zu schaffen, muß der Parteitag genaue Richtlinienziehen, um diesen Vorkommnissen vorzubeugen. Redner unterbreitetder Versammlung folgende Resolution:„Da der heutige Militarismus das Mittel der herrschendenKlasse ist, um das Volk niederzuhalten, bedauert der Parteitag,daß die Reichstagsfraktion die Deckungsvorlagen bewilligt hat."Bei der Maifeierfrage liegen die Ding« so, daß, wenndie Parteigenossen in bevorzugten Stellungen den Tagesverdienstam 1. Mai sich weigern abzuführen, dieselben kurzerhand rauszu-werfen sind.(Lebhaftes Sehr richtig!) In der Massenstreikfrageist es an der Zeit, nun endlich Klarheit zu schaffen. Möge derParteitag ganze Arbeit machen.(Lebhafter Beifall.)Adamski bedauert, daß bei der Anwesenheit des Zaren inBerlin keine Protestversammlungen stattgefunden haben. Wenndie Führer der Partei bei der Beratung der Deckungsvorlagen sicher-gehen wollten, hätten sie die Mitglieder befragen sollen. Was denMassenstreik anbetrifft, so hätte derselbe schon längst in Szenegesetzt werden können, Anlaß dazu hatten wir gerade genug. DieOpfer dürfen uns nicht schrecken. Redner empfiehlt einen Antrag,welcher den Massenstreik baldigst in die Wege geleitet sehen will.Glaß führt Beschwerde darüber, daß die Parteileitung dempolnischen Vorwärts keine Unterstützungen mehr zahlen will. Stattdie polnische Presse auszubauen, liegt ein Antrag vor, welcher diesegeradezu vernichtet. In längeren Ausführungen erörtert Rednerdie Vorgänge und Kämpfe in den polnischen Bezirken.Ad. Ho ff mann ist mit den Ausführungen des GenossenK l i n g l e r völlig einverstanden. Auch freue er sich feststellen zukönnen, daß der Vertreter des vierten Kreises bei den Fraktions-kämpfen auf feiten der Minderheit gewesen. Daß die Mehrheitder Fraktion für die Bewilligung der Steuern entschieden hat, istauf das tiefste zu bedauern. Warum die Furcht vor der Auflösung?Weil man befürchtet hat, dann Mandate einzubüßen. Diese ganzeheikle Frage ist eine Folge der Dämpfungspolitik. Wenn wir aufder einen Seite auch Mandate eingebüßt hätten, auf der anderenSeite hätten wir mehr Stimmen, neue Mitglieder und neue Abon-nenten gewonnen. Die Fraktion hätte alles daransetzen müssen, dieVorlage hinzuhalten, dann hätte vielleicht auch ein außerordentlicherParteitag über die Deckungsfragen mitreden können. Bezüglichder Maifeier und dem Tagelohn meint Redner, es wäre wohl prak-tischer, die Konsumgenossenschaften und Gewerkschaften sowieParteigeschäft« zahlten diesen Beitrag direkt an den Maifonds undIii cht erst an die Angestellten.— Daß der Massenstreik auf dieTagesordnung gesetzt werden muß, ist unbedingt erforderlich, dennder Massenstreik in Deutschland wird kommen und muß kommen,sorgen wir dafür, daß wir dabei erobern.(Lebhafter Beifall.)Lehner will alle Anträge zur Maifeier abgelehnt wissen,weil die Maifeier durch die Geldfrage geradezu verdorben ist.Unsere Angestellten sind eben nur Geschäftsmenschen, die besäßenkeinen Idealismus mehr.Hierauf wird Schluß der Diskusston beschlossen.In seinem Scblußwort geht Büchner kurz auf die einzelnenAngriffe ein. Wohl habe die Fraktion versucht, die Beratung derWehrvorlage hinauszuziehen, aber auch dieser Plan wurde ver-eitelt. Den Vorschlag des Genossen A d a m s k i, aus Anlaß desZarenbesuches Protestversammlungen abzuhalten, hätte man vorherund an anderer Stelle bringen sollen. Dem Genossen Glaß hältRedner vor, in 7 Jahren hat die Partei 198 090 M. für die Agitationin den polnischen Bezirken verausgabt, das sind pro Kopf in siebenJahren 189 M. oder pro Kopf und Jahr 25,7 M. Dabei kommennur 11 999 Mitglieder und 2399 Abonnenten in Frage. Die Partei-leitung hat eben die Aufgabe, in allen Kreisen zu agitieren undnicht große Summen für die Polen allein auszugeben. In derSteuerfrage hätte ma schon im vorigen Jahre Stellung nehmensollen. Das eine ist sicher, auf dem kommenden Parteitag wird dies«Frage zu scharfen Zusammenstößen führen. Hoisen wir, daß dieneuen Richtlinien zum Besten der Partei dienen.(Beifall.)Folgende Anträge und die Resolution K l i n g l e r ge-langen dann nach kurzer Debatte zur Annahme:„Alle Parteigenossen und Genossinnen, welche den 1. Maidurch Arbeitsruhe feiern und keinen Lohnausfall erleiden, sindverpflichtet, einen vollen Tagesverdienst abzuführen. Die aufdiese Weise eingehenden Beträge sind zur Unterstützung derjenigenzu verwenden, die wegen der Maifeier gemaßregelt worden sind."„Da die bisherigen Kampfmittel der Arbeiterklasse zur Er-reichung des allgemeinen, direkten und geheimen Wahlrechts füralle öffentlichen Körperschaften allein nicht den gewünschten Erfolggezeitigt haben, soll der Parteitag beschließen, die planmäßigeErziehung der Arbeiterklasse zum Massenstreik m die Wege zuleiten." �„Der Massenstreff ist als besonderer Punkt der Tagesordnungauf dem diesjährigen Parteitag zu behandeln.".Der Parteitag möchte beschließen, daß der Abstmwnmgen ingrößeren Körperschaften, die dem Proletariat neue Lasten auf-bürden, oder bei besonderen Anlässen, wie z. B. beim Besuch desZaren in Berlin, der Parteivorstand sofort Anordnung zu treffenhabe, am selben Tage Proteststreiks oder Demonstrationen anzu-ordnen."„Da infolge der großen wirtschaftlichen Krise eine allgemeinegroße Arbeitslosigkeit besteht und demzufolge die Lebenshaltungdes Arbeiters in Verbindung mit der Teuerung eine immerschlechtere wird, beantragen die Genossen des Petersburger Vier-tels, daß der Parteitag zur Einführung einer Arbeitslosenver-sicherung im Reiche Stellung nimmt."„In Anbetracht des Umstandes, daß von feiten der DeutschenKolonialgesellsdbaft versucht wird, in der deutschen Arbeiterschaftdurch Wanderredner sowie Lichroilder Anhänger für die Besirr.bungen der Kolonialgesellschaft zu werben, soll beschlossen werden,diesen Bestrebungen durch geeignete Maßnahmen, als da sind:Abhaltung von aufklärenden Versammlungen über das Wesen derheutigen Kolonialpolitik sowie Lichtbildervorträgen entgegenzu-treten."Dagegen wird ein Antrag, welcher die Gründung von Eltern-vereinen fordert, sowie die Resolution des Genossen Glaß, welchein den polnischen Bezirken nur solche Genossen als Sekretäre an-gestellt sehen will, die auch der polnischen Sprache mächtig sind,ahgelehnt.Als Delegierte zum Parteitag kommen 13 Mitgliederin Vorschlag, wovon 6 Delegierte am Sonntag, den 31. August, durchUrwahl zu wählen sind.Zu den im November stattfindenden Stadtverordnetenwahlenwerden die 3 bisherigen Vertreter wieder aufgestellt.Fünfter Wahlkreis.Robert Schmidt nahm das Wort zu seinem Referat über:„Der Parteitag". Er führte u. a. aus: Aus dem Parteivorstands-bericht sei zu ersehen, daß in der Entwickelung der Partei eigentlichein Stillstand eingetreten ist, der uns um so überraschender kommt,als wir an eine stetige Zunahme gewöhnt sind. Allerdings habees in der Parteientwickelung immer ein Auf und Ab gegeben.Immerhin war der Grundzug der Bewegung im allgemeinen einvorwärtsschreitender. Immerhin brauche der jetzige Stillstand zuernsten Besorgnissen keine Veranlassung geben, da sicher die un-günstige Wirtschaftslage einen wesentlichen Einfluß auf diese Er-scheinung ausgeüht habe.Die politischen Ereignisse hätten der Partei einen nennens-werten Zusthuß bringen müssen. So müsse man, wenn man denStillstand auch nicht so trübe einzuschätzen brauche, ihn immerhinals eine ernste Mahnung auffassen. Bei den letzten Wahlen warenvier Fünftel unserer Wähler nicht organisiert, d. h. Mitläufer.Diese Masse haben wir einzuschätzen bei allen Aktionen, die wirunternehmen. Nun habe die Genossin Rosa Luxemburg in Leipzigein sehr absprechendes Urteil über die Berliner Parteiorganisationgefällt. Er, Redner, glaube, daß die Berliner Organisation nichtanders aussehe, als die der anderen Orte. Sicherlich aber könneman nicht von einem Tiefstand sprechen. Die Organisation, wiewir sie haben, habe selbst den bürgerlichen Gegnern genug Achtungabgerungen. Der Zentralismus ist notwendig und es ist nichtwahr, daß er hemme.Eine weitere Frage, mit der sich der Parteitag zu beschäftigenhaben wird, sei die M i l i t ä r v o r l a g e. Viele hätten sich ge-wundert, daß trotz der 119 Genossen im Reichstag die Militär-forderungen so glatt durchgegangen seien. Wer einen anderenAusgang erwartet habe, der verkenne das Wesen der bürgerlichenGesellschaft und die Konstellation der bürgerlichen Parteien. Diewirtschaftliche Expansion habe sich nie so stark geäußert wie inder letzten Zeit. Die Ausbeutungsgelüste, die sich nach dem starkenDrängen nach neuen Wirtschaftsgebieten bekunden, gehen ein Stückder Stimmung im Bürgertum wieder, aus denen die politischenVorgänge resultieren. Es werden sicherlich noch mehr Militär-vorlagen kommen, ja, eS ist nicht ausgeschlossen, daß wie in Frank-reich auch bei uns der letzte Mann zum Militär herangezogenwird. Die Stellung der Fraktion sei selbstverständlich gewesen.Möglich, daß sie die Annahme der Vorlage um acht Tage hinaus-schieben, aber keineswegs verhindern konnte. Habe man dochsogar zweifeln können, ob das Militärgesetz im Anschluß an dieErfurter Vorgänge würde geändert werden, und ob der kon-servative Widerstand nicht würde stärker sein. Nun sei im engenZusammenhang mit dieser Frage gesagt worden, daß die Fraktionauch bei der S t e u e r f r a g e Fehler begangen habe. Sie hättenden bisherigen Grundsatz befolgen müssen: Diesem System keinenMann und keinen Groschen. Haben wir aber nicht in der letztenWahlbewegung immer und immer wieder den Wählermassen ge-sagt, daß die Lasten auf die Schultern der Leistungsfähigen ge-legt werden müssen. Hätte die Fraktion die Steuer nicht bewilligt,dann hätten die bürgerlichen Parteien unter sich die Frage regelnkönnen. Die 119 Mann wollten sich aber nicht ausschalten lassen.Nun werde gesagt, wenn der Reichstag auch aufgelöst wordenwäre, so hätte das gar nichts geschadet. Die Frage, ob die Zahlder Mandate bei einer neuen Wahl geringer werden würde, er-klärt der Redner ausdrücklich, sei von der Fraktion auch nicht eineSekunde in Betracht gezogen worden. So aber lagen die Dingegar nicht. Die Regierung hätte dann gut warten können bis zumHerbst, und ob dann die Situation für uns günstiger gewesenwäre, das ist eine Frage, die man mit Nein beantworten müsse.Es lag die Gefahr vor, daß dann diejenigen Parteien, die einengroßen Einfluß auf die Regierung haben, eine Besteuerung ge-bracht hätten, die die Arbeiterschaft als Steuerobjekt vorsieht. Beider Wehrsteuer und Besitzsteuer habe es sich um eine Steuer ge-handelt, die hauptsächlich die wirtschaftlich Starken treffe. Hättenwir anders gehandelt, so hätten wir in einem kommenden Wahl-kämpfe Schulter an Schulter mit den Konservativen gestanden.Es sei gleichgültig, wer die Steuern bezahle, wenn nur der Arbeitersie nicht zu bezahlen brauche.(Zurufe: Wir bezahlen sie doch!)Wenn der Zuruf richtig ist, dann mutz unser Programm ent-sprechend geändert werden. Denn dann kommt man zu demSchluß, daß wir die Steuern eigentlich von vornherein zahlenkönnen, damit unsere Gegner sie nicht erst auf die Arbeiter um-zulegen brauchen. Dann müsse man aber konsequent sein und sichauf den Standpunkt stellen, wir wollen keine Steuern. Aber dieFraktion habe nicht immer die Steuern abgelehnt. Sie hatSteuern, wie z. B. die Tantiemensteuer, bewilligt. Niemand habesich darüber entrüstet, daß die Herren Aktionäre bezahlen müssen.Tie Besitzzuwachssteuer treffe nur den Besitz. Es werde nungesagt: Jede Ausgabe für Militär sei abzulehnen. Nein, so habenwir noch nie gehandelt, wir haben schon für viele Militüreinrich-tungen gestimmt, z. B. für die Erhöhung der Mannschaftslöhnungund so weiter/ Im Deutschen Reickstage gebe es nicht eineSteuervorlage, die nicht dem Militarismus diene. Wir solltennicht glauben, unsere Partei werde gefestigt dadurch, daß demArbeiter immer mehr Steuern aufgehalst werden und so die Ver-bitterung der Wähler uns diese in Sckaren zuführen. Nein, wirstützen uns heute auf eine Anhängerschaft, die dieses gesteigertenökonomischen Druckes nicht bedarf.. Nun zur Maifeier. Der Nürnberger Beschluß, der auf-gehoben worden ist, müsse wieder hergestellt werden. Er, Redner,und auch Wels seien der Meinung gewesen, daß ein solcher Be-schluß nicht aufgehoben werden dürfe. Jeder Angestellte könnemit Leichtigkeit das kleine Geldopfer bringen, darüber sei gar k-»»Wort zu verlierv-».- m~-x.,.*.Auf die Tagesordnung des Parteitages werde vielleicht auchder Massenstreik gesetzt werden. Redner erklärt, daß derMassenstreik eine Sache ist, die die Arbeiter zunächst angeht, nichtSache der künstlichen Agitation sei. Wenn die Meinung vor-banden sei, daß das preußische Parlament mit dem Streik ausden Anaeln gehoben werden müsse, nun gut. Man solle es sichaber überlegen, ob der Massenstreik in derzeit der wirtschaftlichenDepression nicht einen sehr bedenklichen Hintergrund habe Erwünsche, daß uns eine derartige Aktion recht lange erspart bleibe,denn sie wird eine furchtbare Enttäuschung bringen. Rednerschließt mit der Versicherung, daß wir keine Besorgnisse zu habe«