Rhodos für Italien?London, 7. September. In offiziellen Kreiseil verlautet,daß sich die i t a l i e n i s ch e R e g i e r u n g doch nach langemZögern endgültig entschlossen hat, die Insel Rhodos zuannektieren. Die Einverleibung der Insel in denitalienischen Staat wird erfolgen, nachdem eine bereits innächster Zeit stattfindende Konferenz zwischen Giolitti, demMarchese di San Giuliano und dem italienischen Botschafterin Paris, Herrn Tittoni, beendet ist.kämpfe zwifcbcn jungst und HUtUrhenin Hdmnopcl.Sofia, 7. September. In maßgebender Stelle sind Nach-richten eingelaufen, wonach es in Adrianopel zwischenJungtürken und Alttürken zu schweren Zu-sammen stoßen gekommen sein soll, bei denen mehrereOffiziere getötet und E n v e r B e y an der Handverwundet worden sei.__Retze gegen China in Japan.Tokio, 7. September. Trotz polizeilichen Verbotes fand imShibiapark eine große Versammlung statt, in der Reden, diesich mit dem Zwischenfall von Nanking beschäftigten,gehalten wurden. Es wurde eine Tagesordnung angenommen,welche die Regierung auffordert, zu mobilisie-ren. Nationalistische Kreise geben der Ansicht Ausdruck, daß dieErmordung A b e S das erste Anzeichen von der Unzufriedenheitdes Volke? sei. Die Bestattung Abes wird am 10. d. M. mit deneinem StaatSmanne zukommenden Ehren stattfinden.vlnruhen in Portugal.Madrid, 7. September. Die Correspondencia de Espanagibt Gerüchte über neue Ereignisse in Portugalwieder, jedoch ohne Einzelheiten. Der Minister des Innernerklärt, keine Nachrichten aus Portugal zu haben. Die Gar-n i s o n von Valenca do Minho an der portugiesischen Grenzeist durch Artillerie und Kavallerie verstärkt worden; dieStadttore werden bei Einbruch der Dunkelheit geschlossen, Pa-trouillcn durchziehen die Straßen.Huö Groß-ßerlin,Die 11. Allgemeine Ausstellung des Verbandes derLaubenkolonisten Berlins und Umgegendist am gestrigen Sonntagmittag 1 Uhr in Kellers Festsälcn,Koppenstr. 29, eröffnet worden und bleibt bis einschließlichDienstag von 1 bis 9 Uhr geöffnet. Das eingeladene Land-Wirtschaftsministerium und der Berliner Magistrat, der jaauch Laubenlandverpächter ist, glänzten durch Abwesenheit.Die Berliner Stadtverwaltung hatte im vorigen Jahre dieerbetene Stiftung eines Ehrenpreises abgelehnt, weil fürsolche Zwecke„keine Mittel vorhanden" seien. Das ist rechtbedauerlich. Diese nunmehr seit einem Jahrzehnt untergrößtem Beifall der beteiligten Volkskreise arrangierte Aus-stellung ist der offizielle Schluß der Laubensaison und daseigentliche Haupterntefest der Tausende von Laubenkolonisten,an deren Verband jetzt über hundert Vereine, fünfzig mehrals im Vorjahre, angeschlossen sind. Sollen die nach länd-licher Sitte gefeierten Erntefeste in den Einzelkolonien mehrder Freude an der Natur und der Geselligkeit im Freien ge-widmet sein, so wird hier in ernster Form veranschaulicht,welchen kulturellen Wert die volkstümliche Schöpfung derLaubenkolonien hat. Man gewann in der Ausstellung, dieschon in den ersten Stunden nach der Eröffnung stark besuchtwar, den herzlichen Eindruck, daß hier eine große Familiesich versammelt hat, um zu zeigen, wie sie strebsam mit-marschiert in den Massenreihen der Kulturpioniere. Dieausgestellten Erzeugnisse lieferten den bündigsten Beweis,daß der magere Berliner Boden recht Bedeutendes hergibt,wenn man ihn mit Geduld und noch mehr Liebe zu bewirt-schaften versteht. Gurken und Kürbisse. Aepfel und Birnen.Simplicissimus" lese, sei ohne weiteres verdächtig. Denn dieseBlätter dürfen auf königlich preußischen Bahnhöfen nicht ver-kauft, folglich auch nicht gelesen werden. Herr Schulze verlangtüberhaupt, daß das Lesen des.Vorwärts' in der Stadt- und Straßen-bahn usw. verboten werden müßte, weil da? öffentliches Aergerniserrege. Er behauptet, daß er zwar Arbeiter kenne, die sich geniertenden.Vorwärts" in der Straßenbahn auszubreiten, immerhin gebees noch genug, die unser.Schundblatt" anständigen Mitfahrernunter die Nase hielten. Ja, sogar junge, hübsche Mädchen habe erzu seiner Entrüstung das tun sehen. Die Gründe, die Herr Schulzefür seine Forderung eines Verbotes des„VorwärtS'lesens in allenVerkehrSanstalten anführt, sind so schwerwiegender Natur, daß wirsie unmöglich abdrucken können. Wir würden unS durch ihre Wieder-gäbe zu sehr ins eigene Fleisch schneiden, und daS kann selbst einHerr Friedrich Wilhelm Schulze nicht von uns verlangen.Für die Redaktion des„Vorwärts":I. A.: ikrast.'Cbeatcr.Freie Volksbühne(im Herrnfeld-Theater): Die F a-milie Selicke, Drama von Arno Hol z�und JohannesSchlaf. Die Freie Volksbühne zollt dem fünWgsten Geburtstagevon Arno Holz ihren Ehrentribut mit der Aufführung des Werkes,das den sozial gerichteten Naturalismus der achtziger Jahre biszu den äußersten künstlerischen Möglichkeiten treiben sollte. DieFamilie Selicke ist als Stilwerk und als Zeitausdruck gleich wert-voll. Das Drama ist ein Zeichen heraufgekommener, von einerjungen Generation getragener Kraft, die der sozialen Wirklichkeitohne sentimental-konventionell beschönigendes Umgehen erschrecken-der Tatsachen ins Auge zu schauen wagt. Es überwindet daskleinbürgerliche Genrebild, indem es dasselbe naturalistisch aus-formt. Der Stil dieses Dramas der Verelendung ist recht eineAusgeburt der Zeit, in der es von hungernden Dichtern inmittenberlinischen Mietkasernenelends geschaffen wurde. Ein Viertel-jahrhundert ist seitdem verflossen. Wie wirkt das Werk auf dieMenschen der Gegenwart ein? DaS unerbittlich wahr gezeichneteLebensbild sozialen Zusammenbruchs hat von seiner Zeit nichts ein.gebüßt. Es zwingt mit stärkster Mitleidswirkung in seinen Kreis.Der Wille, diese ElendSzustände hinter uns zu bringen, ist in denletzten zwei Jahrzehnten mit den werdenden Möglichkeiten undMitteln sozialer Verteidigung mächtig gewachsen, und so setzt dasinnere Wehren gegen die erdrückende Gewalt des geschildertenGlends mit gesteigert heftiger Erregung ein und treibt den Ein-druck deS Werkes über die MitleidSwirkung weit empor. WirfeOien, daß tm Stimmung der Zeit, die dieses Drama werdensind in erstaunlicher Güte und Größe ausgestellt, Dahlienund andere Herbstblumen zu wunderhübschen Arrangementsvereinigt. Auf der Galerie macht allerlei Hausgeflügel einvielstimniiges Konzert. Die umfangreiche Kaninchenaus-stellung bietet eine sehenswerte Klasse für sich. Das allerbesteist aber doch die Freude über das wieder mal gelungene Werk,die allen zu ihrem Ehrenfest herbeiströmenden Lauben-kolonisten aus den Augen sieht.Die silberne Medaille der Deutschen Gartenbau-Gesell-schaft holte sich der Verein„Gemütlichkeit" in Treptow. Mitersten Preisen wurden an Vereinen noch bedacht der„Pflanzer-verein am Mississippi" und der„Pflanzerverein Großstadt-dauern". Zweite Preise fielen an„Kolonie Waldesluft",„Verein Vergißmeinnicht" und„Pflanzerverein Transvaal".Unter den Einzelausstellern eroberten erste Preise: OttoVölker(Ehrenpreis), Otto Raecke, Heinrich Lachmann, ErwinLötsch, Paul Groß und Max Wadepohl. Für Tauben(Weiß-schwänze) erhielt Pose einen ersten und zwei zweite Preise,den ersten Preis für Wassergeflügel Artur Zweig, für GänseRudolf Krause, für Kaninchen Max Kegeler, Baumann undWenschowsky. Außerdem kamen für Hühner nicht wenigerals zehn erste Preise sowie in allen Abteilungen dritte Preiseund lobende Diplome zur Verteilung. Originell und lehr-reich ist die auch mit einem ersten Preise belohnte, das kleineRaubgesindel bei der Arbeit zeigende Ausstellung„Freud undLeid des Kolonisten"._Im Freibad ertrunkenist gestern mittag in Rahnsdorf der 13 Jahre alte TischlergeselleGeorg Eernandt aus der Skalitzer Straße b4s. Der junge Mannhatte mit mehreren gleichaltrigen Freunden in der Nacht zumSonntag eine Festlichkeit mitgemacht, von der sie erst gegen Morgennach Hause kamen. Die jungen Leute fuhren, nachdem sie Kaffeegetrunken hatten, um sich zu erfrischen, nach dem Freibad Müggel-see. Hier wagten sie sich jedoch zu weit ins Wasser. Hinter derfür Nichtschwimmer zur Warnung befestigten Tonnenreihe gingGernandt plötzlich vor den Augen der anderen Badegäste und seinerFreunde unter. Als er wieder gleich darauf nach oben kam, warer schon besinnungslos. Ein Rettungsboot, das hinter den Tonnenhin und her fährt, war schnell zur Stelle, der Bademeister ergriffden Besinnungslosen, legte ihn in den Kahn und brachte ihn anden Strand, wo die inzwischen benachrichtigte Samariterkolonnesofort mit einem Sauerstoffapparat Wiederbelebungsversuche an-stellt«, die jedoch ohne Erfolg blieben. Die Leiche wurde nach derHalle m Rahnsdorf gebracht._Eine mit Steinen beschwerte Mädchenleicheist gestern bei Friedrichshagen gelandet worden. Wie sich heraus-stellte, handelt eS sich um die sechzehnjährige Johanna St., die seiteinigen Tagen vermißt wurde. Es liegt hier zweifellos Selbstmordvor. Das junge Mädchen war bei einem Lehrer in Klein-Schönebeckin Stellung. Am Tage des Verschwindens ist die St. auf einemDamenrad zu dem Mühlenbesitzer Wienke gefahren und hat diesengebeten, ihr Rad für kurze Zeit aufzubewahren. Sie entferntesich hierauf in der Richtung nach dem See zu. Weder die An-gehörigen noch auch der Dienstherr der St.' können eine Erklärungdarüber abgeben, aus welchem Anlaß das junge Mädchen den Todgesucht hat.Ein tötlicher Steaftenunfallereignete sich gestern nachmittag gegen 3 Uhr in der Kastanien-allee. Dort wurde der 9 Jahre alte Schüler Karl Stägemann, derbei seinen Eltern in der Brunnenstraße 181 wohnte, von einemKraftwagen überfahren und so schwer verletzt, daß er schon aufdem Transport nach der Hilfswache in der Gaudystraße verstarb.Die Leiche wurde dem Schauhause überwiesen.Polizeilich beschlagnahmt Mrde die Leiche deS 34 Jahre altenSchneiders Karl Ernst aus der Königsberger Straße 19. DerMann, der für sich allein wohnte, wurde gestern mittag tot imBette aufgefunden. Zur Feststellung der Todesursache wurde ernach dem Schauhause gebracht.— Tot aufgefunden wurde gesternauch der 34 Jahre alte Kohlenhändler Hermann Schweizer aus derCalvinstraße 4. Er lag gestern früh tot in seinem Kohlenkeller.Da der Arzt die Todesursache nicht feststellen konnte, wurde erebenfalls zur Obduktion nach dem Schauhause gebracht.ließ, nicht mit der Stimmung unserer neuen Tage übereinstimmt,aber aus dem Menschlichen heraus ist das Werk uns immer nochgreisbar nahe.Die von Fritz Witte-Wild geleitete Aufführung hatte Gutesin den schauspielerischen Leistungen; im szenischen Bilde blieb sie,auf Behelfmittel angewiesen, hinter den naturalistischen Anforde-rangen zurück. Den trunksüchtigen Buchhalter Selicke gab AdolfEdgar L i ch o; er weiß ini begleitenden Aeußeren zum Vorteildes inneren Ausdrucks seiner Rolle klug Matz zu halten. SeineArt sollte für Martha Altenbergs Frau Selicke ein Vorbildsein. Hanna Jomith als Näherin Toni Selicke, müßte ihre Rollekräftiger individuell formen: Toni ist ein tätig-opfermutiges Ge-schöpf, daS noch nicht von dem Elendsmilieu ihrer Familie erdrücktist. An dem sterbenden Linchen Selicke, von der achtjährigen LotteMüller vom Deutschen Theater dargestellt, nimmt man miteinigem Staunen über so viel Theatertüchtigkeit Anteil. OttoP a h l a u s alter Nopelke war vollkommen gezeichnet. Das Pu-blikum dankte der Aufführung mit lebhaftem Beifall.?ra.Königgrätzer Theater.„Das vierte Gebot".Volksstück von Anzengruber. Seitdem die Freie Bühnedies Wiener Drama, das in seiner schonungslosen Härte und derWucht der Anklage von dem weltfrohen Optimismus der Anzen-gruberschen Bauernstücke so scharf absticht, in Berlin aufführte, hatman es hier in einer ganzen Reihe, zum Teil ausgezeichneter Be-setzungen gesehen. Die Wirkung blieb unvermindert stark. DerAufbau des Werkes ist freilich recht volksstückmätzi� locker undüber die Ansprüche naturalistisch-intimer Motivierung setzt sich somanche absichtsvoll geformte Wendung leicht hinweg, aber in demGrundgefüge der Charaktere steckt so viel echte Lebenswahrheit,in den Grundzügen deS aufgerollten Schicksals ist ein solcher Kernvon innerer Notwendigkeit, daß dieses Wesentliche die Mängeläußerer Formgebung überwindet und im Zuschauer ein intensivesMiterleben und schließlich seelische Erschütterungen von seltenerKraft auslöst. Die Wiener Typen der verlotterten Schalanter-Familie: die Szene, da die von ihrem gut-bürgerlichen Vater indie Ehe mit dem reichen Wüstling, dem Stolzenthaler, hineingesctzte.von ihrem Gatten mit unheilbarer Krankheit angesteckte Hedwigdie gleichfalls kranke, zur Dirne gewordene Schalanter-Pepi alsGenossin im Leiden grüßt; der Abschied des zum Tode verurteiltenMartin Schalanter von der Großmutter, dem einzigen Menschen,der's wahrhaft gut mit ihm gemeint hat, prägen sich unvergeßlichder Erinnerung ein. Die Wirkungen des Abends, der, wenn auchnicht überraschende, so doch tüchtige Schauspiclerleistungen bot,gipfeln in dem letzten Auftritt. Man spürte den Nachhall der Er-regung in dem Applaus, der nach dem Schlüsse stürmisch losbrach.Frida Richard in der Rolle der lieben Alten fand schlichte, warmeHerzenstöne. Direktor Karl Meinhard gab den Martin al»Aus dem Lanbwehrkanal gelandet wurde gestern vormittagan der Möckernstraße die Leiche eines unbekannten Manne? vonetwa 39 Jahren, der seinem Aeußeren nach dem Arbeiterstandeangehört zu haben scheint. Der unbekannte Tote, dessen Leicheschon längere Zeit im Wasser gelegen zu haben scheint, ist mittel-groß, hat dunkles, langes Haar und ein bartloses Gesicht und trugeinen schwarzen Jackettanzug, einen dunkelblauen Selbstbinderund schwarze Schnürschuhe.Oer polizeikampf gegen die Arbeiterjugend.Heber das Thema„Jugend heraus" sollte am Sonntag,mittags 2 Uhr, in Nieder schön hausen im Lokal„Neu-Carlshof" Gemeindevertreter K u b i g- Pankow sprechen. Nach-dem der Vorsitzende die überaus stark besuchte Versammlung er-öffnet hatte und der Referent das Wort ergreifen wollte, erklärteder Polizeibeamte die Versammlung für politisch und ersuchte denVorsitzenden, die Jugendlichen unter 13 Jahren aus dem Saalezu weisen. Obwohl der Beamte vom Referenten auf das Ungesetz-liche seiner Handlung hingewiesen wurde, forderte er nochmals,daß die Jugendlichen unter 18 Jahren den Saal verlassen sollten.Der Polizeiwachtmeister Förster wurde, da es eine unpolitische Ver-sammlung sei, von der Versammlungsleitung aufgefordert, denSaal zu verlassen. Statt dessen dirigierte der Wachtmeister 8 bis3 Polizisten in den Saal, den die Jugendlichen unter 13 Jahreninzwischen verlassen hatten, und forderte die einzelnen jugendlichaussehenden Teilnehmer auf, sich zu legitimieren. Das Ergebnisdieser Recherche hatte einen negativen Erfolg. Jetzt ersuchte derWachtmeister den Versammlungsleiter, die Jugendlichen auch ausdem Nebenraum zu weisen. Der Leiter machte ihn darauf auf-merksam, daß er auf den Nebenraum keinen Einfluß habe. Darauf.hin wurden die Jugendlichen von der Polizei auS dem Raum ge-waltsam entfernt. Da nunmehr nur Versammlungsteilnehmerüber 18 Jahre anwesend waren und die Polizei sich durch den Pro-test der Anwesenden bis auf zwei entfernen mußte, konnte die Per-sammlung ihren Anfang nehmen, sorgfältig behütet durch diePolizei, die sämtliche Eingänge besetzt hielt. In längeren Aus-führungen brandmarkte der Referent das provokatorische Vorgehender Polizei. In der Diskussion wurde von allen Rednern daSVerhalten der Polizei aufs schärfste verurteilt. Allgemeine Heiter-keit erregte die Bekanntgabe eines Redners an den Polizeiwacht-meister Förster, daß er sich sein im echten Polizei st ilgehaltenes Protokoll von der letzten öffentlichen Jugend.Versammlung von ihm abholen könne. Gegen das Vorgehen derPolizei wird die Arbeiterschaft Pankow-Niederschönhausens in einerin den nächsten Tagen stattfindenden öffentlichen Vrotestversamm.lung Stellung nehmen.___letzte Nacbricbtcn.Das Begräbnis der Opfer des Mühlhauser Mörders.Pfäffische Ausnutzung.Mühlhausen a. d. Enz, 7. September. Unter großer Beteili-gung, namentlich von Bewohnern der nächsten und weiteren Uln-gebung, wurden heute die neun Opfer der Scheckenstat des LehrersWagner in Mühlhauscn zu Grabe getragen. Der OrtSgcistlicheReichardt betonte in seiner Grabrede besonders, daß der fort-schreitende Unglaube im Volke für die ruchlose T/itmit verantwortlich gemacht werden müsse.Die türkischen Bedingungen.Konstantinopel, 7. August. Gegenüber den veröffent-lichten Erklärungen der bulgarischen Delegierten betonen dieoffiziösen Blätter, daß ein Feilschen unnütz sei. DiePforte beharre auf ihren Vorschlägen, nach denen Dimotika,Ortakoej und Kirkkilisse der Türkei verbleibe. Die Pressenimmt die Erklärung von einer zukünftigen türkisch-bulgari-schen Entente kühl auf._Die Krise.Riga, 7. September. Die Allgemeine Elektrizitätsgcsellschafthat 2999 Arbeiter abgelohnt und ihre Fabrik geschlossen. Nur dieGrammophonabteilung mit 499 Arbeitern ist weiter tätig.hochaufgeschossenen, dürren, strizzihast dreinschauenden Burschen,führte aber die Figur im Rahmen dieser von der sonst üblichenDarstellung abweichenden Anlage jedenfalls einheitlich und über-zeugend durch. Oskar Sachs' Vater Schalanter mit der alkohol-rauhen Stimme und einem Dialekt, dem ein norddeutsches Ohroft kaum zu folgen vermochte, war gleichfalls höchst naturalistischnach wirklichen Gestalten modelliert, indes doch wohl ein allzuzuwidrer Kerl. Man möchte in dem schlampigen Sünder dochhier und da ein Fünkchen eines ehemals sorglos-liebenSwürdigen,wienerisch leichten Temperaments aufblitzen sehen. Er hätte danoch typischer gewirkt. Sehr hübsch traf Jesephine Dora dieseWiener Note in der Mama Schalanter. Eugen Burg war einvorzüglich aufgeblasener und brutaler Stolzenthaler, MathildeBrandt eine sympathische Hedwig. Um die Trene de? Kolorit»zu erhöhen, spielte man, ein auch anderswo schon erprobter guterEinsall. das Stück in dem uns heute schon historisch anmutendenKostüm der siebziger Jahre.' dt.Lust spielhaus:„777: 19." Von Otto Sch«artz undCarl M a t h e r n. Vor einem halben Jahre sollte dieser„Turf-schwank" in der verflossenen Knrfürstenoper seine Berliner„Ur»Premiere" erleben. Dazu kam es nicht mehr. Seitdem hat er dieProvinzthcater unsicher gemacht und jetzt— wurde er in Er-mangelung eines besseren fürs Lustspielhaus würdig befunden.Wer glauben mochte, einer Satiriade auf den hiesigen Sport-schwinde! zu begegnen, wird sehr enttäuscht gewesen sein. Zueiner solchen Behandlung dieses Stoffes langte eS bei den Ver-fassern nicht. Sie ließen es sich nicht mal angelegen sein, einAnschauungsbild von der Turftechnik zu liefern. Zwei Renn«leutnants, die um das schwervergoldete Töchterchen deS Insekten-pulver fabrizierenden„Kommerziensteins von Löwenrat" starten,dazu ein ehemaliger Herrenreiter, der in Wanzeniod- Chemiemachte und sich im letzten Moment in den Sattel schwingt undseine Rivalen besiegt, derartiges reicht allenfalls als szenischesEinschiebsel in ein Theaterstückchen aus,— gibt aber nimmer eineTurfbehandlung. Dieser stofflichen Armseligkeit suchten die Autorennach üblicher Schablone durch ein Surrogat altbewährter Witzeund Kalauer aufzuhelfen. Und weil im„LustspielhauS", dasdiesen Namen ganz ohne innere und äußere Berechtigung trägt,seit einiger Zeit nichts mehr„ziehen" will, muß stets ein—>jüdischer Lehrling aushelfen. Hieß früher die Devise berlinerischerSchwankverbrcchcr:„Juden heraus!" so heißt sie jetzt: Israelallzeit voran!" Tally Davidsohn, der Lehrling bei Kommerzienratvon Löwenstein, rettet nicht bloß den Schwank, sondern auch dieKasse des Lustspielhauses. Und Kleindavidsöhnchen kann das um-so leichter, als Franz Arnold die schauspielerische Verantwort-lichkeit trägt. WaS sonst noch mitmimt, ist— Karderobenturf.