„Die EntWickelung der kapitalistischen Produktion macht eine fortwährende Steigerung des in einem industriellen Unternehmen angelegten Kapitals zur Notwendigkeil und die Konkurrenz herrscht jedem Kapitalisten die immanenten Gesetze der kapitalistischen Produktionsweise als äußere Zwangsgesetze auf. Sie zwingt ihn, sein Kapital fortwährend auszudehnen, um es zu erhalten, und ausdehnen kann er es nur vermittelst progressiver Akkumulation." (Marx, Kapital, I. Bd.) In gleicher Weise sagt Genosse 8p.: „Die Schmälerung der Produttivkräfte kann leicht den Wirt- schastlichen Fortschritt aufhalten." Und er betont, daß.zu hohe Einkommen« und Vermögensteuern die Kapitalakkumulation er- schweren, dadurch den wirtschaftlichen Fortschritt aufhalten und so auf Umwegen auch den Lohn des Arbeiters verringern können." Der Kern derFrage ist also nicht die Höhe der Steuern auf den Mehrwert! Selbst der ganze Mehrwert würde von unserem Standpunkte aus durch Steuern konfisziert werden können, sobald der Ertrag der Steuern zur Ent- Wickelung der Produktivkräfte im Interesse der Atkgemeinheit verwendet wird. Ausgaben für Zwecke, die nicht zur Ent- Wickelung der gesellschaftlichen Produktivkräfte dienen, wie z. B. für Kunst, sind an die Höhe des Ueberschussos gebunden, den die Gesellschaft über ihre einzelnen ökonomischen Bedürf- nisse hinaus produziert. Zunächst müssen diese gedeckt werden, genau wie ein Privatunternehnier seine Ueberschüsse zunächst für die Bedürfnisse seines Betriebes verwenden muß, ehe er sie für seinen persönlichen Bedarf in Anspruch nehmen darf. Wir haben also nicht nur zu fragen: welche Steuern und in welcher Höhe haben wir dem heutigen kapitalistischen Staate zu bewilligen, sondern vor allem: wann überhaupt können wir ihm Steuern bewilligen. Diese Fragen suche ich in meiner Resolution zu be- antworten, mit deren Kritikern ich mich in einem folgenden Artikel auseinandersetzen will. btacktvei'orSneten- verszmwllliig. 2ö. Sitzung vom Donnerstag, den 11. September 1913, nachmittag? 5 Uhr. Vorsteher Michclet eröffnet die Sitzung nach 6% Uhr. Als Nachtrag ist auf die heutige Tagesordnung gesetzt der Ausschutzbericht über das neue Statut für die städtische Feuer- sozietät. Für den verstorbenen Stadv. Kyllmann werden gewählt: in . die Tiefbaudeputation Stadtv. Liebherr(Fr. Fr.), in die Deputation für Kunstzwecke Stadv. Dr. Arons(Soz.). Zur Beschlutzfassung steht zunächst die Magistratsvorlage be- treffend den Ankauf der Herrschaft Lanke. Die Herrschaft gehört zum Gräflich Redernschen Familien- Fideikommiß und grenzt an die Berlin bereits gehörige Schön- Wälder Forsts sie ist zirka 4477 Hektar groß(davon 3274 Hektar Wald, 268 Hektar Seenflächen, 93b Hektar Acker- und Wiesenland) und umfaßt mit ihrem Gebiet u. a. auch den Liepnitz- und den Hcllsee. Nach mehrjährigen Verhandlungen ist der Kaufvertrag vom 18. Juni 1913 zustande gekommen. Die Kaufsumme beträgt 19 697 288 M., d. h. 4460 M. pro Hektar. Am 1. Oktober 1914, bei der Uebernahme, sollen 6 066 606 W. angezahlt und alsdann jährlich am 1. Oktober 1% Millionen zehn Jahre lang gezahlt werden. Tie Kreis umsatz st euer, die, wie die sämtlichen Stempelkosten die Käuferin zu zahlen hat, fällt der Stadt Berlin mit dem doppelten Betrage zu Last, da unmittelbar vor dem Bertragsabschlutz, nämlich am 16. Juni 1913, der Niederbarnimer Kreistag die Erhöhung von 14 auf 1 Proz. bei einem Erwerb»- preis von fünf Millionen und darüber beschloh, und dieser Be- schlutz am 17. Juni vom Potsdamer Bezirksausschutz genehmigt worden ist und am 29. Juni die Zustimmung des Oberpräsidenten „im Einverständnis mit den Herren Ressortministern" erhalten hat. Der Magistrat der Stadt Berlin erachtet dieses Verfahren, der Stadt Berlin eine größere Steuerlast als den übrigen Grundstücks- Verkäufern aufzuerlegen, als eine Verletzung der steuerlichen Gleichberechtigung und er wird, wie die Begründung sagt, be- strebt sein, diese Anschauung mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zur Geltung zu bringen.— Das Schloß, die Jagd, mehrere Seen und der größte Teil de» Ackers und der Wiesen sind bis 1923 an den Geh. Kommcrzienrat von Friedländer-Fuld verpachtet, der in einem besonderen Vertrage auf seinen Vorkaufsanspruch verzichtet hat, wogegen ihm das Recht der Verlängerung der Schloßpacht und des Hellseepachtvertrages bi« längstens 1933 zu- gestanden worden ist. Im Norden und Nordosten der Stadt ist noch auf eine Bevölkerungszunahme von mindestens 435 666 Menschen zu rechnen, und dieser Entwickelung soll der Erwerb von Lanke hygienisch und sozial dienstbar gemacht werden. Berlin erhält damit— auch abgesehen von dein Zweckverbandsprojekt der Schaffung eines Groß-Berliner Wald- und Wiesengürtels— eine neue Lunge für die Großstadtbevölkeruna: andererseits kommt für zirka 1666 Hektar der Kleinwohnunasbau, besonders nach dem System des Erbbaurechts, in Betracht. Endlich ist der Seen- reichtum von Lanke für die künftige Wasserversorgung Berlin » von größter Bedeutung. Oberbürgermeister Mermuth : Die Herrschaft Lanke ist nicht nur landschaftlich sehr schön, sondern hat auch sehr wertvollen Wald, der sich in seiner Hauptmasse um die Seenkette de» Gutes gruppiert. Nur ein Fünftel ist Ackerfläche, zerstreut über den größten Teil des Gutes. Das Gut kann den mannigfaltigsten Zivecken dienstbar gemacht werden; sein Wasserreichtum wird uns schon jetzt in Zeiten der Not von großem Werte und später für den regelmäßigen Bedarf unentbehrlich sein. Die Abrundung des Gutes wird nicht au» dem Auge gelassen werden dürfen; einzelne Teile des Gutes eignen sich schon jetzt zur Aptierung als Riesel- felder. Die Ausnutzung des Wasserreichtums und des Boden» für Rieselzwecke wird aber nicht weiter getrieben werden, als es die Erhaltung de? Gutes als einer Erholungsstätte für die Berliner Bevölkerung gestattet. Unter der geistigen Führung des Leiters der städtischen Bodenpolitik, des Ehrenbürgers Marggraff, hat der Magistrat diese Erwerbung als Krone und Schlutzstefn der ftädti- schen Besitzungen im Norden betrieben. Der rastlosen Tätigkeit unserer Kanalisations- und Güterverwaltung verdanken unsere Finanzen einen der stärksten Rückhalte; in unserer Ver- mügenSbilanz bildet der auswärtige Grundbesitz Berlins einen der wichtigsten Posten. Dieser Besitz muß gestärkt werden, namentlich auch angesichts des Sinken? der mobilen Werte, welches u. a. allein der Sparkasse in den letzten zehn Jahren einen Verlust von 36 Millionen Mark gebracht hat. Die städtischen Finanzen sind durchaus gesund, aber wir haben auch die Pflicht, dafür zu sorgen, da? Rückgrat unserer Finanzen aust lange Zeit hinaus zu festigen. Bei der Bemessung des Kaufpreises ist der Magistrat sich seiner Verantwortung gegenüber der Bürgerschaft vollauf be- wüßt gewesen. Wir boten anfangs 4666 M., der Verkäufer for- der» 6666 M. pro Hektar; in heißem Ringen ist eS nach Jahren gelungen, die mittlere Linie zu erreichen. Für die Waldung Schönwalde-Gorin haben wir 1969 an den Fiskus 4ö66 M. pro Hektar gezahlt. Der FiSku« verlangt für feine Waldungen vom Zweckverband 5366 M. pro Hektar, dafür erhalt letzterer den Wald nicht als Eigentum, sondern nur die Erlaubnis, ihn liegen zu lassen, bis der FiskuS etwa sein Rückkaussrecht geltend macht. Ter Vertragsabschluß wegen Lanke wird demnach hoffentlich den FiskuS und die Staatsrcgierung veranlassen, ihre Forderung einer gründlichen Nachprüfung zu unterziehen.(Heiterkeit.) Wir schlagen Ihnen diese Ausgabe von 26 Millionen Mark in der sicheren Erwartung vor, daß st« sich für die Zukunft reichlich lohnt. Die Meinung, baß Berlin das Objekt fremder Jnmative fem müsse und dg» Subjekt de» Zahlsns sein dürfe, ist weit ver. »reitet(Heiterkeit); gerade im Norden tun wir besonders gut, ein. mal den Hebel selbst und selbständig anzusetzen. Daß die Ab- neigung gegen Berlin im Lande groß ist, ist uns ja leider nur zu bekannt; aber daß diese Gefühle zu einqc Maßnahme wie der Niederbarnimer Steuerverdoppelung führen könnte, war doch nicht anzunehmen. Hier haben auch die Aufsichtsbehörden alle Beschleunigung walten lassen, um diese Sonder st euer zu stände zu bringen; eine gemein- nützige Handlung größten Stils mutzte zum An- laß dienen, eine namhafte Summe aus der Kasse Berlins in die Kreiskasse überzuführen.(Große Bewegung und.,Pfui!"-Rufe; der Vorsteher rügt letztere als unparlamentarisch.) Wenn nötig, wird dieser Vorgang dem Richter unterbreitet werden müssen. Denjenigen, welche die Entwickelung Berlins in Schranken halten möchten, ist der Ankauf der Herrschaft Lanke nicht angenehm; er darf aber nicht als Gegenzug gegen den Zweckverband angesehen werden, schon weil er längst vorher in die Wege geleitet war. Wir möchten damit unserer Stadt einen Zuwachs an Landbesitz bringen, deren Wert von Generation zu Generation heller hervortreten wird. Der Magistrat hat bei seinem Vorgehen zunächst den Norden und Nordosten ins Auge ge- faßt, der uns eines unserer großen Zukunftsprobleme stellt; die herrlichen Waldungen Lankes werden aber auch der gesamten Bürgerschaft bei weiterer Entwickelung der Verkehrswege zugute kommen.(Lebhafter Beifall.) Stadtv. Cassel(A. L.): Die Vorlage ist meinen Freunden sehr sympathisch und von ihnen mit größtem Interesse entgegen- genommen worden. Das Gebiet ist landschaftlich außerordentlich schön, aber zurzeit noch von Berlin aus nicht sehr bequem zu er- reichen; doch sind in dieser Beziehung in der Begründung erfreu- liche Aussichten eröffnet, über die wir näheres ja wohl im Aus- schusse erfahren werden, den wir im Verein mit sämtlichen übrigen Fraktionen für die Borlage einzusetzen beantragen. Das Gleiche gilt hinsichtlich der eventuellen Verwendung von Teilen des Gutes für Rieselzwecke und für die Wasserversorgung. Die Notwendigkeit der Verlängerung der Pacht kann für uns lein Grund sein, uns der Erwerbung zu widersetzen. An der Preisfrage können wir aber nicht ganz vorübergehen; zu einer großzügigen Bodenpolitik ge- hören auch angemessene, nicht zu teure Preise. Und hier bestehen unter uns erhebliche Bedenken. Der Nutzungswert beträgt nach der Vorlage nur 178 666 M., d. h. noch nicht 1 Proz. des Kaufpreises. Dieser Umstand erfordert eine ganz besonders gründliche Prüfung, ob gleichwohl die Erwerbung für Berlin opportun ist. Unser Aus- gabeetat wird mit dem Erwerb um zirka 1 Million Mark jährlich gesteigert werden. Wir haben auch nickst nur unsere Bilanzverhältnisse ins Auge zu fassen, sondern müssen auch an die Situation denken, wie sie unser Etat widerspiegelt. Wir haben im Süden und Südosten einen Grundbesitz, der mit 56 oder 66 Millionen Mark zu Buch steht, uns aber nicht nur nichts einbringt, sondern noch Zuschüsse erfordert. Die Maßnahme des Niederbarnimer Kreisausschusses stellt sich als eine reine Abzwackung dar; der Fall ist so kraß, daß er überall die stärkste Entrüstung erzeugt hat, ein Gefühl des Widerwillen? dagegen, daß im Rechtsstaat Preußen so etwas möglich ist. Wir werden ja sehen, was im Abgeordneten- Hause dagegen zu machen sein wird. Den Ankauf selbst werden die Gegner des„Wasserkopfes" Berlin damit nickt vereiteln. Das Zweckvcrbandsgesetz zeigt sich auch bei dieser GOTgenheit in seiner ganzen Unzulänglichkeit und in seiner ganzen Parteilichkeit gegen Berlin ! Ganz nach mittelalterlichen Maximen ist der Kreis Nieder- barnim vorgegangen. Berlin muß es endlich satt haben, unter den Gemeinden stets als Stiefkind behandelt zu werden. Stadtv. BrunS(Soz.): Wir erblicken in der Erwerbung der Herrschaft Lanke durch die Stadt Berlin nicht nur für die Gegen- wart, sondern auch für die Zukunft einen großen Fortschritt. Diese Erwägung veranlaßt auch uns, der Vorlage zuzustimmen ohne Rücksicht auf einige unbehagliche Bestimmungen. Der Be- gründung der Vorlage und den Ausführungen des Oberbürger- meisterS kann ich mich im wesentlichen anschließen. Auch in unserer Mitt« sind Befürchtungen über den geforderten Preis zutage ge- treten; es ist nicht zu leugnen, daß der Preis für ein Gelänoe, das 36 Kilometer von Berlin liegt, hoch erscheint. Auf der an- deren Seite befindet sich Berlin in einer gewissen Zwangslage. Immer noch hat Berlin , wenn eS Grundbesitz ankaufen wollte, mit hohen Preisen rechnen müssen. Man bemängelt auch, daß die Verbindungen nach Lanke sehr umständlich und sehr teuer sind. Ich hoffe, daß es dem Magistrat auch hier gelingen wird, Abhilfe zu schaffen. Es handelt sich in jedem Falle um eins der schönsten Gebiete der Mark. Besonders freut uns, daß der Magistrat auch für die Bebauung Terrain dort erschließen will. Wir begrüßen die Vorlage auch als notwendige Ergänzung der Erwerbungen, die der Zweckverband vornehmen will. Auf Einzelheiten brauche ich jetzt nicht einzugehen; wir erwarten die nötige Aufklärung über die noch bestehenden Zweifel im Ausschuß. Nur noch ein Wort über die Anziehung der Steuerschraube durch den Kreis Nieder- barnim. Bei der Beratung im Kreistage ist be- fremdlicherwetfe keine einzige Stimme laut ge- worden, die vor einem solchen Schritte gewarnt hätte.(Steigende Unruhe; Glocke des Vorstehers.) Ein Teil der KreiStagSmitglieder scheint gar nicht gewußt zu haben, daß eS sich dabei um einen Schritt gegen Berlin handelte. Gestaunt haben auch wir über die Schnelligkeit, mit der die Aufsichtsbehörde in diesem Falle verfahren ist; der Magistrat wird hoffentlich bei anderen Gelegenheiten die staatlichen Behörden auf diesen Bor- gang und seine präjudizielle Bedeutung hinzuweisen nicht müde werden. Vom Abgeordnetenhause erwarten wir freilich nichts. Wir hoffen, daß die Vorlage schließlich einstimmig hier ange- nommen werden wird.(Beifall bei den Sozialdemokraten.) stadtv. Mommfcn(Fr. Fr.): Dem letzten Wunsche des Vor- redners kann Ich mich für meine Freunde anschließen. Wir ver- kennen nicht die Belastung, welche durch die Borlage uns für die Gegenwart auferlegt wird aber wir dürfen und wollen uns nicht von rein finanziellen Gesichtspunkten leiten lassen. Da» eigentlich Wichtige bei diesem Ankauf ist der damit getane bewußte Schritt, eine große kommunalpolitische Aufgabe zu erfüllen, die niemand. auch nicht der Zweckverband, Berlin abnehmen kann.(Sehr richtig!) Der Entschluß, der uns heute annähernd 26 Millionen kostet, wird uns in der Zukunft mehr als 26 Millionen ersparen. Ueber die Einzelheiten werden wir uns im Ausschusse unterhalten. Wie die Vcrkehrsverhältnisse heute liegen, ist Lanke noch nicht genügend erreichbar; aber wird sich denn der Verkehr Berlins aus die Dauer nur»ach dem Westen und Süden lenken? Die VerkehrSentwicke- lung kann sehr wohl auch andere Wege einschlagen. Auch die Ein- gemeindungSfrage, die ja heute tot ist, aber doch trotz Zweckverband in uns weiter lebt, spielt hier hinein. Daß der Preis kein niedriger ist, geben wir zu; aber Preise um 1666 M. herum für den Morgen haben wir in der Umgebung Berlins doch schon seit Jahren gezahlt, und für unsere Zwecke ist der große Komplex mit 4466 M. pro Hektar nicht zu teuer erkauft. Der Grunewald ist, darin hat der Oberbürgermeister recht, im Vergleich nicht die Hälfte wert. Die Verantwortung für die Verdoppelung der Kreisumsatzsteuer trägt nicht der Landrat oder der Kreistag, die trägt die Staats- regierung; die Maßregel ist ein echtes Kind des Herrn v. Dallwitz. Möge der Ausschuß die Vorlage rasch und unver- ändert an uns zurückbringen!(Beifall.) Ttaitv. Resen-w(N. 3.): Unserm Ehrenbürger Marggraff schulden wir für seine weitsichtige und vorausschauende Boden- Politik großen Dank; der Erwerb von Lanke für Berlin kann dieses Dankaefühl nur noch steigern. Ob an dem Preise noch etwas abzu- handeln ist, mag versucht werden; ausschlaggebend kann das für unsere Entscheidung nicht sein. Im Laufe der Verkehrsentwickelun� der nächsten Jahrzehnte wird Lanke viel näher an Berlin heran- gerückt sein. Vielleicht ist es noch möglich, die Frist für die Pacht- Verlängerung zu verkürzen. Das Schauspiel, das sich im Kreistag von Niederbarnim abgespielt hat, kann nicht genug gebrandmarkt werden; es stellt sich würdig der mittelalterlichen AuSraubung der Städter durch Wegelagerer zur Seite. Ob die 166 666 M. mehr oder weniger, darauf kommt es nicht an roinim» non curst praetor. Wir werden UN» im Ausschüsse leicht verständigen. Die Vorlage geht an einen Ausschuß von 15 Mitglieder». Die Aufteilung und Bebauung des Beer schen Ge- ländes auf der ehemaligen„Juden wiese" zwischen Wullenweber- und Spreeuserstratze hat bisher nicht er- folgen können, da eine Einigung darüber zwischen den städtischen Behörden und den Besitzern nicht zu erzielen war. � Im Jahre 1912 beschloß die Versammlung die Aufteilung durch drei Verbindungsstraßen. Auch gegen dieses Projekt erhob-n die Eigentümerinnen Einspruch. Um die Auf- schließung des Geländes nicht länger zu verzögern, hat jetzt der Magistrat einem Ausgleich auf der Basis zugestimmt, oaß die Bebauung als Randbebauung mit Mittelslügeln erfolgt und die Errichtung von Ouergebäuden ausgeschlossen ist wodurch auch bei dem Wegfall der drei Straßen eine flache Bebauung gewähr- leistet ist; überdies sind an der Wullenweberstraße ein halbrunder Platz von 2666 Quadratmeter als Abschluß des Eyke-von-Repkow - Platzes und im Innern der Baublocks zwei Freiflächen von zu- sammen ebenfalls 2666 Quadratmeter Größe vorgesehen. An der Wasserseite bleibt nunmehr eine geschlossene Front gewahrt. Die Versammlung wird ersucht, unter Aufhebung ihres Be- schlusses vom lö. Mai 1912 dem neuen Vertrage zuzustimmen. Stadtv. Tove(A. L.) befürwortet Ausschußberatung, da gegen den neuen Bebauungsplan, der sich als eine Art„Fort Chabrol" darstelle, erbeblichc Bedenken obwalten. Namentlich beanstandet Redner den Durchgang von dem Platz bis zur Uferstraße, der viel zu eng sei und obendrein nachts gesperrt werden solle. Stadtv. Hoffmann(Soz.): Wir müßten nach der Darlegung der Vorlage eigentlich zur Ablehnung kommen, denn der Magistrat selbst hält die Einwendungen gegen unseren Beschluß von 1912 für nicht begründet. In der jetzigen Fassung der Vorlage können wir keine befriedigende Lösung sehen. Die beiden Freiflächen, die, wie Kollege Dave richtig ausführt, mir nach oben frei wird, stellen sich als eine Art von Bärenzwingern dar, die bloß für die Bewohner, aber nicht für die Bevölkerung von Nutzen sind. Die Uferstraße ist viel zu schmal gedacht und kann in der Zukunft wirklich nicht ge- nügen. Das Allerschönste aber ist der Durchgang, der von der Wullenweberstraße zur Uferstrahe projektiert ist; er erscheint als ein neuer Kröge!(Heiterkeit; Zuruf: Bullenwinkel l); vielleicht nach nicht einmal so groß wie dieser. Wunderbar ist auch die Bestim- mung, daß die Stadt sich verpflichten soll, auf dem Platz« keine Be- dürfnisanstalt zu errichten. Ueber solche Bedürfnisse darf doch nicht der Besitzer der Stadt Vorschriften machen; da» sieht wahrhaftig wie ein schlechter Witz aus. Der Durchgang soll auch für den öffentlichen Fußgängerverkehr nur von 6 Uhr morgens bis 11 Uhr abends geöffnet sein; und das nennt man einen„öffentlichen" Weg! Hier mutz eine Zufahrtstraße von genügender Breite vor- Händen und Tag und Nacht geöffnet sein. Einem solchen Plane kann die Versammlung auf keinen Fall zustimmen, wenn sie nicht kurzsichtig sein will, wenn sie später nicht gezwungen sein will, mit ungeheuren Kosten zu erwerben, was sie heut« umsonst haben kann. (Beifall bei den Sozialdemokraten.) Stadtv. Liebrherr(Fr. Fr.) erklärt sich auch gegen den„Bullen- Winkel" und stellt für die Ausschutzberatung anderweite Vorschläge in Aussicht. Die beantragte Ausschußberatung wird beschlossen. Hierauf berichtet Stadtv. Sonncnfcld(A. L.) über die Aus- schußverhandlungen über da» neue Reglement für die städtische Feuersozietät. Es sind nur wenige Aen- derungen vorgenommen worden, mit denen sich der Magistrats- Vertreter einverstanden erklärt hat. Ohne Debatte genehmigt die Versammlung die neue Satzung en bloc in der Fassung der Ausschußvorschläge. Schluß der öffentlichen Sitzung 8 Uhr. Die Meitslofcnfiiriorgc in eharlottenburg. Die Stadtverordnetenversammlung von Charlottenburg beriet am Mittwoch über einen von der sozialdemokratischen Fraktion ein- gebrachten Antrag, den Magistrat zu ersuchen: 1. alle Arbeiten für das Hoch- und Tiefbauamt, für welche Mittel bereits bewilligt sind, mitgrötzterBeschleunigung in Angriff zu nehmen; 2. erneut eine Vorlage einzubringen, um Arbeitslosen- unterstützungen auS städtischen Mitteln auf Grund» läge des Genter System» zur Auszahlung zu bringen. Genosse Richter, der den Antrag begründet«, wies auf die wachsende Arbeitslosigkeit hin und auf die Leistungen der gewerkschaftlichen Organisationen für die Arbeitslosen. In dem Antrag solle dem Magistrat nicht etwa der Vorwurf einer UntcrlassungS- sünde gemacht werden, sondern eS solle nur noch einmal hervor- gehoben werden, daß nichts unterlassen werden dürfe, was in irgend einer Weise geeignet sei. Arbeitsgelegenheit zu schaffen und den Arbeitsmarkt dadurch, wenn auch nur in geringem Maße. zu entlasten. Das Schwergewicht aber liege auf dem zweiten Teil des Antrages, der der Mehrheit des Hauses die Gelegenheit geben soll«, die schwere Schuld wieder gut zu machen, die sie mit der Verwerfung der Vorlage, in der der Magistrat eine Arbeitslosen- Unterstützung nach Genter System(Zuschüsse zu den UnterstützungS- sätzen der Gewerkschaften) beantragte, auf sich geladen habe. Die Vorgänge auf dem Arbcitsmarkt sowie die Beratungen d«S Jnter- nationalen Kongresses in Gent seien wohl geeignet, die Frage erneut zu prüfen und sie heute anders zu beurteilen als vor einem Jahr. An der Geburtsstätte des Genier Systems, in Gent selbst habe es sich außerordentlich gut bewährt, auch in dem Sinne, daß der Armenetat erheblich entlastet wurde; sei doch die Zahl der Almosenempfänger von 5875 im Jahre 1966, dem Jahre der Ein- führung der kommunalen Arbeitslosenunterstützung, im Jahre 1912- auf 3158 herabgegangen, also mit Berücksichtigung des BevülkerungS- Zuwachses um rund die Hälfte gesunken. Wenn die Mehrheit auf ihrem bedauerlichen ablehnenden Standpunkt verharre, so wird sie bei den Wahlen im November ron der Wählerschaft der dritten Klasse die gebührende Quittung empfangen. Stadtv. Dr. Stadthagen(Bercingung) wollte nur dem ersten Teile des Antrages zustimmen, und diesen dahin ergänzen, daß 56 666 M. für NotstandSarbciten bewilligt werden sollten. Weiter wünschte er, bei der am Sonnabend in Berlin stattfindenden Besprechung der Magistrate von Grotz-Berlin sollten die Charlotten. burger Vertreter einen Antrag einbringen: die Regierung zu er» suchen, die Aufenthaltsberechtigung ausländischer Arbeiter zu beschränken und einheimischen Arbeitern, die in der Provinz Arbeft annehmen wollen, Reiseerleichterungen zu gewähren. Stadtv. Dr. Meyer(liberal) erklärte eine Bewilligung von Mitteln für Notstandsarbeiten für überflüssig; im Etat sei eine Summe hierfür ausgesetzt, und falls sie nicht reiche, werde der Magistrat sicherlich Nachforderungen stellen; willkürlich irgend eine Summe herauszugreifen, sei vollstänolg zwecklos.&er Anregung des Vorredners in bezug auf Rciscerleichierungen werde schon gegen- wärtig entsprochen, und der Anregung bezüglich der Aufenthalt»- beschränkung von Ausländern müsse man sehr kritisch gegenüber- stehen Deshalb könne der Stadthagenschc Antrag nicht angenom« nun werden, wohl aber der erste Teil des sozialdemokratischen An» träges Den zweiten Teil müßten seine Freunde nach wie vor ablehnen, zumal die Einführung des Genter System» mit d«r augenblicklich herrschenden Arbeitslosigkeit nichts zu tun habe. Bürgermeister Dr. Maier betonte, daß der Magistrat M Sinne de? ersten Teiles des sozialdemokratischen Antrage« bereit» seit Wochen verfahre, und führte eine Reihe größerer Arbeit« a»}
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