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Nr. 79.

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Vorwärts

8. Jahrg.

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Fernsprecher: Amt 6, Nr. 4106.

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Beuth- Straße 2.

Geldbeukel­

Patriotismus.

Sonntag, den 5. April 1891.

Expedition: Benth- Straße 3.

Nyanza erscheinen könne. Mit anderen Worten: Das und gefügig und führen so den Plantagenbesitzern die ,, nationale, deutsche Interesse", von dem da die Rede ist, billigen Arbeitskräfte zu.

ist nur das Geschäftsinteresse der Herren So bildet sich in der That der Zuschuß, den das Großhändler in Hamburg   und Bremen Reich für die Verwaltung der Kolonien gewährt, zu einer Was mag es wohl sein, was unseren waschechten und in diesem Interesse wird vom deutschen   Volke ver- staatlichen Subvention für die Rheder, Patrioten" zur Zeit am meisten Kummer macht? Ist langt, es solle so thöricht sein, die fehlenden hundert- Großhändler und Plantagen besiger heraus. es die Noth der schlesischen und sächsischen Weber oder tausend Mark aufzubringen. Damit ist aber die Gewinnsucht dieser Leute noch nicht die Lebensmitteltheuerung oder der stets drohende Berg- Das ist denn doch eine dreiste Zumuthung für das befriedigt; sie glauben, indem ihre Presse von bedrohten arbeiter- Ausstand oder gar das französisch russische deutsche   Volk, das ohnehin aus dem Steuersäckel die deutschen   Interessen" am Viktoria Nyanza faselt, auch Bündniß? Nichts von alledem! Die meisten Sorgen macht sicherlich ganz gerne wieder los wäre. Kosten für die Kolonialpolitik aufbringen muß, die es noch das gesammte Volk heranziehen zu können. Man spekulirt darauf, die hunderttausend Mark aus Arbeiter. ihnen der Wißmann Dampfer auf dem Wie es mit den deutschen   Interessen" in Ostafrika   groschen, aus den Sparpfennigen kleiner Viktoria Nyanza- See in Ostafrika  . In den bestellt ist, ersieht man am Besten aus dem Programm, Leute zusammenzubringen, während die Kolonien für nationalliberalen Blättern lesen wir, daß es nothwendig das der neue Gouverneur, Herr von Soden, in den Arbeiter und Kleinbürger ganz gleichgiltig, ja im sei, den Dampfer, möglichst schnell" zu beschaffen Bezug auf die künftige Verwaltung aufgestellt hat. Er Hinblick auf die Steuern höchst überflüssig sind. und auszurüsten, denn es sei, Gefahr im Verzuge" will die Schußtruppe mit der Zeit vermindern und meint, Da wird hoffentlich Jedermann die Taschen zuhalten. und es könne den deutschen   Interessen" am Viktoria die ganze Verwaltung könne mit 1 bis 2 Millionen be- Die Großhändler und Plantagenbesizer sollen doch die Nyanza   ein, empfindlicher Schaden" erwachsen. stritten werden. Diese Summe will der findige Herr Kosten für ihre bedrohten Interessen" selber auf­Nun bestehen zwei Komitees, welche die Mittel für von Soden durch die Kolonie selber aufbringen, indem er bringen. den Dampfer auf dem Viktoria Nyanza beschaffen sollen; die eingeborene Bevölkerung- besteuert. Herrlicher das eigentliche Komitee für den Wißmann- Dampfer und Gedanke das und zweifellos höchst geeignet, die ein­die Petersstiftung. Warum diese Komitees getrennt geborenen Neger und Araber, die bisher von solcher Be­operiren, weiß man nicht; wahrscheinlich um die Namen steuerung nichts gewußt, für die europäische   Zivilisation der beiden Argonauten" Peters und Wißmann besser zu begeistern! Da soll es uns nicht wundern, wenn es fruftifiziren zu können. unter den Negern und Arabern dickköpfige Leute giebt,

Die Kosten für den Dampfer, einschließlich Transport, die meinen, Steuerfreiheit fei schöner als die ganze euro­belaufen sich auf 400 000 m., während die beiden päische Zivilisation, die man wider ihren Willen' in's Komitees erst 300 000 M. aufgebracht haben. Land gebracht. Dann kann es einen kleinen Aufstand geben, es wird gegenseitig mit Feuer und Schwert ge­wüthet und wir daheim haben die Kosten zu tragen.

Ursprünglich wollte jedes Komitee seinen eigenen Dampfer befchaffen; davon ist man aber nunmehr ab gekommen, seitdem man bemerkt hat, daß die Geldmittel nicht so reichlich fließen, als man gehofft hatte.

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Die gröbliche Mangelhaftigkeit unserer Straf- Rechtspflege.

II.

Die fo argen Uebelstände unserer Strafrechtspflege, welche Herr Ballaske trefflich darlegt, und die so recht flar hervortreten prozeßwege Rechtsuchenden gewährt sind( und, nebenbei gesagt, beim Vergleich mit den Vortheilen, wie sie den auf dem Zivil­auch hier nur dann voll und ganz ausgenügt werden können, wenn der betreffende Rechtsuchende die finanziellen Mittel dazu besitzt) diese argen Uebelstände unferes Strafrechts bestehen ebenso wie den Angeklagten viel zu wenig Zeit läßt, sich von doch u. A. darin, daß die Strafrechts- Ordnung den Angeschuldigten den gegen fie erhobenen Anschuldigungen oder Anklagen zu

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Herr von Soden erklärt uns auch den eigentlichen Zweck der Kolonien. Die ganze Verwaltung der Ja ja, die Rheder und Groß- Kaufleute in Hamburg   Kolonien soll nur die Grundlage für wirth und Bremen   sind ohne Zweifel begeisterte Patrioten; fchaftliche Unternehmungen bieten," heißt es aber sie halten den Daumen auf den Beutel und ihre in seinem Programm; der Gouverneur wird den Verkehrs- reinigen, ja daß sie dem Angeklagten, wenn er das große Unglück Begeisterung hält nur so lange an, als sie kostenfrei wegen und ihrer Ausbildung, die den Handelsbat, eines mit Zuchthaus   bedrohten Verbrechens beschuldigt zu bleibt. und Plantagen Unternehmungen zu Gute urtheilung über ihn hereingebrochen ist. Mit sehr häufig geradezu werden, garnicht zur Besinnung tommen läßt, oft bis die Ver

Herr Wißmann hat sie in Bremen   und Hamburg   kommen sollen, seine Kraft widmen und er will so- vernichtender Wucht trifft eine einigermaßen begründet erscheinende aufgesucht und hat ihnen Vorträge über den schwarzen gar für mäßige 3ins garantien durch das Reich für Anschuldigung, ein Verbrechen begangen zu haben, den Armen, Erdtheil gehalten. Sie haben ihn tüchtig mit Champagner fünftige Eisenbahnen eintreten, wenn erst die Eingeborenen der in den meisten Fällen, wenn er mit dem Strafgericht noch traktivt und haben ihn hoch leben lassen, daß es ihm besteuert sind. Schutz der Handels- Gesell- gegen die auf ihn einstürmende Anklage eigentlich thun soll. Der nicht in Berührung gekommen ist, gar keine Ahnung hat, was er schier überdrüssig geworden sein mag. Dann haben sie schaften und Missionen ist überhaupt der Wohlhabende nimmt sich einen Anwalt und ist dann auch, wen ihm für den Dampfer gerade so viel gezeichnet, als sie Hauptpunkt des ganzen Programms. er in Untersuchungshaft genommen wird, doch wenigstens fo halb

glaubten, im Geschäftsinteresse ristiren zu sollen. Für Man sieht daraus ganz deutlich, daß es nur die und halb in der Lage, alles, was zu seinen Gunsten spricht, bei Diese Kapitalisten wäre es eine Kleinigkeit, die fehlenden Rheder, die großen Handelsherren und Plantagenbesitzer wohlhabenden wäre eine längere Frist sehr nöthig, um sich gegen der Hauptverhandlung geltend zu machen. Aber selbst für den 100 000 M. zusammenzubringen; allein das erlaubt die sind, die von den Kolonien ihren Vortheil haben. Wer die Antlage mit allen möglichen Mitteln waffnen zu können, von Krämer Filzigkeit nicht. Und darum muß nun die soll denn sonst in Ostafrika   wirthschaftliche Unter- denen ihm die wichtigsten im ersten Schreck und in der Haft, zu Presse das Geschrei erheben, es sei Gefahr im nehmungen" betreiben? Die Missionäre werden von den der ihn die kurz bemessene Frist zwingt, wahrscheinlich sehr oft Verzuge" und und deutsche Interessen" seien bedroht, Handelsherren natürlich gern gesehen und aus guten wenn der Wißmann- Dampfer nicht bald auf dem Viktoria Gründen unterstützt, denn sie machen die Neger zahm

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Feuilleton.

Nachdruck verboten.]

Die Falkner von St. Vigil.

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gar nicht in den Sinn kommen.

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Wenn ein wohlhabender Angeschuldigter in Untersuchungs­haft genommen und vor der Hauptverhandlung nicht daraus ent­

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tam zu ihm, um des Bruders Unart gegen den Gast durch " Ja?" fragte der Klosterbauer mit zwinkernden Augen. ein freundliches Wort gut zu machen. Jerg beutete die Ge- Das ist gefcheidt. Eine junge Söhnerin im Haus, das legenheit aus, um feurige Kohlen auf Ambros' Haupt zu häte mir schon gefallen. Und sie wird's gut treffen, da sammeln. Es wäre freilich kein feines Stücklein von feine Schwieger auf dem Klosterhof nicht da ist. Go Ambros gewesen, äußerte er zu Lisei; aber einem eine Schwieger, und ist sie noch so klug, faun's halt nicht Freunde, mit dem zusammen er bereits Maitäfer von lassen, sich in der jungen Frau ihre Sachen einzumengen. Sen Bäumen geschüttelt hätte, könnte er nichts nach- Katz und Hund kommen cher in Frieden miteinander aus, Roman aus der Zeit der bayerischen Herrschaft in Tirol tragen. Er hätte nun so gutes Herz, als Schwieger und Söhnerin. Also was meinst Du?" und wen er lieb hätte, der könnte mit ihm machen, Ambros stieg das Blut ins Gesicht und mit einem von Robert Sa, weichel. was er wollte. Wolf aber hegte einigen Zweifel an feinem tiefen Athemzug fragte er, ob der Vater wirklich im Ernst Vefa schlug mit einem jauchzenden Aufschret die guten Herzen; denn er sagte später zu Lisei: Deinem spräche? Hände zusammen, Wolf stand langsam auf. Ehe er jedoch Bruder ist es zwar gleich, ob ihm Einer Freund oder Ein Spaß ist das Heirathen schon nicht," machte dieser den Mund öffnen konnte, rief Ambros:" So hat er nicht Feind ist; aber glaub mir, der Jerg vergißt ihm das einen Versuch zu scherzen." Deswegen mein' ich, wann ausgeschaut; das ist nicht wahr." nimmer." Es ahnte nicht, daß er selbst die größte Ursache Du am nächsten Sonntage nach St. Georgen fährst, Als Jerg die gewaltige Figur des Schmiedes fich er- hatte, sich vor Jerg zu hüten. schau Dir auch dem Eckschlager seine Tochter an. Hab' den heben sah, hatte er um das Herz herum ein unbehagliches" Hast ja dem Lechner seine Kante gehalten," sagte der Sartwanger in Bruneck   auf dem Markt getroffen; der Gefühl. Rasch wandte er sich zu Ambros und sagte: Du Klosterbauer, nachdem die Gäste sich entfernt hatten und kennt den Eckschlager. Er hat dreißig Kühe Winters im mußt es freilich besser wissen, als wie ich. Weil Du nicht Ambros ihm gute Nacht wünschte, um auf seine Kammer Stall stehen und hübsch ist die Gitsche auch, hat mir der an ihn glauben willst, hat er Dich an einen Ort gelockt, zu gehen. Hartwanger gesagt." wo es keinem gefallen mag und Dich gründlich festgesetzt." Er ist doch mein Schwager," wandte Letzterer ein. " So!" rief Ambros gedehnt." Jeßt, wann ich hei­" Ja", rief Ambros mit blizenden Augen in das auf­Meinetwegen, was geht's mich an," versetzte der Vater. rathen will, brauch' ich dazu nicht den Hartwanger. Ich flatternde Gelächter, er schaut halt aus wie ein Aff und Aber von wegen der Schwagerschaft  - hm!" Er schloß kann mir schon allein Eine aussuchen." langweilig ist er auch. Ich hab' ihn zuerst gar nicht ge die offene Stubenthür, zu der Lifei eben die leeren Flaschen Der Hartwanger kommt weit herum im Land und und Gläfer hinausgetragen hatte, und fuhr dann fort: schaut den Leuten in die Töpfe," bemerkte der Vater. Er leien auf die Bayern   allmälig aufmerksam geworden Du nichts dazu thuft." Alle lachten, selbst die Alten, welche durch die Stiche- Hat wohl noch gute Wege mit der Verwandtschaft, wenn hat auch blos gemeint, der Eckschlaget in St. Georgen, der wär' Giner, wo das Anklopfen lohnt. Du schaust Dir seinen waren und zugehört hatten. Deutlich erkennbar war in Als ihn Ambros darauf fragend ansah, sagte er, tu- Apfelschimmel an und gefällt Dir die Gitsche nicht, nach­yem Chor das kurze, harte Lachen des Klosterbauers. Nur dem er sich bequem in seinem Armſtuhl nieverließ: Bevor her that's wohl eine Andere. Aber sie wird Dir schon ge­Vefa und Lifei stimmten nicht ein. Jerg aber warf Ambros Du der Zifei nicht den Chesprung vorgemacht haft, wird aus fallen." aus seinen kleinen Augen einen bösen Blick zu. Vefa, welche ihrer Heirath nichts, das weißt Du." Nein, Vater, fie gefällt mir nicht," sagte Ambros ent­nicht begriff, weshalb ihr Neffe die Partei Lechners nahm, suchte Jerg über seine Abführung zu trösten und auch Lisei werden," lachte Ambros. Wenn's weiter nichts ist, dazu könnte, wohl Nath schieden.

fannt und ihm zugerufen: Grüß Gott, Jerg!"

Der Klosterbauer machte verwunderte Augen.