Nr. 244. 80. Jahrgang.i KeilW Ks Jnmiirts" lirrlinet Oiilbliiolt.Freitag, 19. September 1913.partei- Hngelegenbeiten.Zur Lokalliste.Die Kammersäle, Teltower Str. 1—4, find nach wie vor für dieorganisierte Arbeiterschaft gesperrt.In Lychen steht uns das Lokal von Moritz Kähne, TemplinerStraße 48, zu allen Veranstaltungen zur Verfügung.In Reinickendorf- West ist das Lokal„Eichbornsäle*, Eichbornstraße 60, von der Lokalliste zu streichen, weil uns der Besitzerseinen Saal zu Versammlungen strikte verweigert.Die Lokalkommission.Lichtenrade. Der Wahloerein begeht am Sonnabend, den20. September, im„Wirtshaus Lichtenrade* am Bahnhof sein viertesStiftungsfest. Da die Kommission für eine würdige Vorbereitungdes Festes alles getan hat, wird um allseitige Beteiligung gebeten.Bruchmühle-Eggersdors. Am Sonntag, den 21. September, nach-mittags 4 Uhr, Mitgliederversammlung bei Mille in Bruchmühle.Staaken. Sonnabend, den 20. September, abends 8Vz Uhr, beiGnädig: Mitgliederversammlung. Es ist eine sehr wichtige Tages-ordnung zu erledigen.___Berliner IVacbricbtemTie Stadtverordnetenhatten gestern ein sehr geringes Arbeitspensum, so daß ihreSitzung nur ganz kurze Zeit dauerte. Nur dem Magistrats-antrag, zum Empfang der Teilnehmer der im Oktober inBerlin zusammentretenden Internationalen Tuber-kulosekonferenz 12 OOO M. herzugeben, wurden einigeWorte gewidmet. Genosse Wehl rügte den Unfug, bei solchen„Empfängen" die Weine teuerster Sorte in Strömen fließenzu lassen. Sein Hinweis auf Nordamerika, wo die Gäste beisolchen Gelegenheiten mit Selterwasser und Limonade bewirtetwerden, zeigt den krassen Unterschied, wie solche Angelegen-heiten anderswo behandelt werden. Ein Vorschlag, es beiuns ebenso zu machen, dürfte unter den Teilnehmern derKonferenz wenig Freunde finden. Stadtrat P a n o f s k yversprach, man werde an den 12000 M. noch zu sparen der-suchen, und sie wurden dann bewilligt. Glaubt einer, daß daviel übrig bleiben wird?Ein Erziehungsheim für psychopathische Knaben.Die Deutsche Zentrale für Jugendfürsorge hat in Templin(Provinz Brandenburg) ein Heilerziehungsheim errichtet, das dazubestimmt ist, psychopathische Knaben aufzunehmen. Für die besitzendeKlasse ist es leicht, psychopathifche Kinder in privaten Heilstättenunterzubringen und der Heilung entgegenzuführen. Für die Kinderder Armen besteht keinerlei Einrichtung, obwohl die Zahl der psycho-pathischen Kinder viel größer ist als man im allgemeinen annimmt.Wurde doch bei der Eröffnungsfeier mitgeteilt, daß unter den denAerzten der Charitä in Berlin aus anderen Gründen vorgeführtenKindern in einem Jahre nicht weniger als 200 psychopathischewaren.Die psychopathische Konstitution unterscheidet sich scharf vonSchwachsinn oder Irrsinn. Es handelt sich dabei um Kinder, diemeist keinerlei Jntelligenzdefekte aufweisen, oft sogar vorzüglich be-gabt sind, aber deren Triebleben krankhaft und einseitig entwickeltist. Nicht mit Unrecht sagte der Vorsitzende der Deutschen Zentralefür Jugendfürsorge, Freiherr von Soden, daß aus den Kreisen dieserAnormalen, wenn sie ihrem Schicksal überlassen werden, häufig jeneVerbrecher hervorgehen, vor deren Motiven man wie vor Rätselnsteht, bis sie durch die seelische Belastung erklärt werden. Die psycho-pathische Erkrankung dieser Kinder ist heilbar, wenn rechlzeitig dienotwendige Behandlung und Pflege einsetzt. Aber, wie gesagt, hierhaben bisher die öffentlichen Behörden, Staat und Gemeinden versagtDiese Kinder gehören so wenig in eine Jdiotenanstalt oder indie Schulen für Schwachsinnige, wie sie unter die normalen Kinder ge-hören. Die Deutsche Zentrale für Jugendfürsorge hat durch Samm-lung 81 000 M. ausgebracht und mit diesen Mitteln ein prächtigeskleines Heim hergestellt, das jedoch nur zur Aufnahme von 24 Knabenausreichl. Für Mädchen ist noch garnicht gesorgt; und dieHilfe, die man 24 unter den Tausenden so belasteter Kinderangedeihen lassen kann, ist leider auch nicht als wirksame Hilfezu bezeichnen. Es kommt noch dazu, daß die Verpflegung in demneuen Heim nicht unentgelllich ist; es muß ein Pflegegeld von76 M. monatlich bezahlt werden, was wiederum Arbeiterelternzu leisten nicht imstande sind. So sehr dieser ersteVersuch einer Abhilfe auf diesem Gebiete zu begrüßen ist, für dieArbeiterklasse und ihre armen kranken Kinder bleibt er auch schonwegen dieser Höhe des Pflegegeldes ganz ohne Bedeutung.Man hatte zur Einweihungsfeier auch die Kinderschutzkommissionder Arbeiterschaft eingeladen, die dieser Einladung auch gefolgtist. Die Sozialdemokratie hat volle Anerkennung für alles Streben,das der geistigen und körperlichen Pflege unserer Jugend gewidmetist; aber gerade solchen Unzulänglichkeiten gegenüber muß sie immerwieder mit Nachdruck darauf verweisen, daß es die Pflicht der Ge-meinden und des Staates ist, eine durchgreifende Pflege der Kinderzu organisieren und die Schäden zu heilen, die zum weitaus größtenTeile von unserer heutigen Wirtschaftsordnung verschuldet werden.Die 1. städtische Kinderleschalle, Ehrenbergstr. 24, wirdvom 1. Oktober d. I. ab nachmittags von 3—6 Uhr geöffnet sein.Mitglieder der städtischen Behörden Nottinghams(England) sindin Berlin eingetroffen, um hier ftädiische Einrichtungen und Anstaltenzu besichtigen, nachdem sie auf ihrer vorigen Studienreise schonandere Orte Deutschlands besucht haben.Straßcnbahnunfall. Vor dem Hause Petersburger Straße 20wollte vorgestern nachmittag gegen'/zS Uhr der v jährige ErichSchönfeldt lurz vor einem in der Richtung nach Charlottenburgfahrenden Straßenbahnwagen der Linie 81 über das Gleis laufen.Der Knabe wurde jedoch umgestoßen und geriet mit dem rechtenFuß unter den Schutzrahmen. Mittels mitgeführter Winden wurdeder Waggon angehoben und der Kleine befreit. Der Verunglückte,der einen Bruch des rechten Oberschenkels und Hautabschürfungenam Kopfe und an dem rechten Arme erlitten hatte, wurde nach dernächsten Unfallstation und von dort nach Anlegung von Notverbänden»ach dem Krankenhause Friedrichshain gebracht.Der neue Güterbahnhof Neukölln-Treptow wird am 1. Oktober d. I.für den Stückgut-, Wagenladungs- und Tierverkehr sowie für dieAbfertigung von Leichen und Fahrzeugen eröffnet werden. Er liegtzwischen den Bahnhöfen Neukölln und Treptow, rechts der BerlinerRingbahnstrecke. Mit demselben Tage wird der Bahnhof 2. KlasseNeukölln-Treptow in den Staats- und Privatbahn-, Güter- undTiertarif und in den ost-mitteldeutsch-sächsischen Gütertarif auf-genommen.� Der Frachtberechnung find bis zur Herausgabe vonTarifnachträgen für den Staats« und Privatbahngüterverkehr diefür die Knotenstation Neukölln-Treptow angegebenen Entfernungenzugrunde zu legen.Was oine Dienstherrschaft für zulässig hält!Wenn Dienstmädchen im Haushalt einen Schade» anrichten,glauben manche Herrschaften, einen schier unbegrenzten Anspruch aufSchadenersatz zu haben. Eine Probe davon, was in solchenSchadenersatzansprüchen mitunter geleistet wird, ist eineuns vorgelegte Zusammenstellung, die eine Herrschaft einem Mädchenbeim Dienstaustritt überreichte. Der Arzt Dr. Dub, der im HauseBrückenstraße 2 zusammen mit seiner Mutter wohnt, machte einemzum 1. September die Stellung in diesem Haushalt verlassenden Dienst-mädchen die folgende, eigenhändig niedergeschriebene Rechnung:Lohn für August 1913........ 25,— M.Davon ab:6 Versicherungsmarken........—,96,8 Gläser a 42 Pf.......... 1,26„1 kleiner roter Topf.........—,20,Vertretung zum Türöffnen am 17. 8....—.80„Wäsche gewaschen.......... 2,—,Glühbirne............ 1,50„1 Glasschale zur Krone........ 1,30„Kammerjäger für Sonntagsarbeit extra.. 3,—„Makkaroni............— ,40„Silberlöffel repariert........—,80„12,22 M.verbleiben 12,78 M.Die Erläuterungen, die das Mädchen zu den hier aufgestelltenErsatzansprüchen gibt, find nicht ohne Interesse. Makkaroni habe siefür sich selber mitgebracht, so daß die Forderung berechtigt sei. Diedrei Gläser seien beim Abwaschen in zu heißem Wasser gesprungen,den Topf habe sie fallen lasten, die Glasschale der Krone sei ihrbeim Staubwischen heruntergefallen, einen zerbogenen Silberlöffelhabe sie geradebiegen wollen und dabei zerbrochen. Irrtümlich habeman ihr die Glühbirne einer sehr empfindlichen Osramlampe, dienicht funktionierte und sich dann als beschädigt erwies, mit aufsSchuldkonto gesetzt. Die Forderung des Ersatzes von Waschkostensei dadurch entstanden, daß sie in Abwesenheit der verreisten Herr-schaft ihr Bettzeug habe wechseln wollen und es gewaschen habe.wobei sie Seife und Feuerung der Herrschaft verbrauchte. DenKammerjäger habe Frau Dub noch für den letzten Sonntag vordem Dienstaustritt geholt, weil sie in der MädchenstubeWanzen bemerkt hatte und diese auf Kosten des Mädchens(!)beseitigen lassen wollte. Der Stellvertreter zum Türöffnen seiein Messenger Boy, den der Arzt Dr. Dub für seine Sprechzeithabe kommen lasten, weil das Mädchen wegen eines in frühererStellung erlittenen Unfalles ans Erfordern der Berufsgenossenschafteinen ihr benannten anderen Arzt während dessen Sprechzeit aussuchen mußte.Wenn diese Darstellung in allen Punkten zutrifft, so haben wires hier mit einem ungewöhnlich starken Stück von Schadenersatz-beanspruchung einer Herrschaft zu tun. Fast unglaublich klingendie Angaben über die Entstehung der dem Mädchen aufgebürdetenKosten für Wäsche sowie für den Kammerjäger und den Türöffnex.Es ist höchst bedauerlich, daß das Mädchen alle diese Lohn-abzüge, die Schmälerung des Monatslohnes um fast die Hälfte,widerspruchlos hingenommen hat. Der Dienstaustritt, beidem diese Lohnabzugsrechnung überreicht wurde, erfolgteauf eigenen Wunsch des Mädchens, das sich verheiratenwollte. Sehr sonderbar ist auch das Zeugnis, das Dr. Dub indas Dienstbuch schrieb. ES lautet:„Hat mit den AngelegenheitenihreS Bräutigams in und außer dem Hause derart zu tun, daß ihreganze Aufmerksamkeit für ihre Pflichten in meinem Haushalt ver-loren geht.* Unter den übrigen Zeugnissen, die das Buch enthält,finden wir kein schlechtes.Wir haben hier wieder eine recht drastische Illustration des.Gesinderechtes* sowie der Art, in der manche Herrschastenes anwenden zu dürfen meinen. Man kann nur wünschen, daß einDienstherr, der solche Schadenersatzansprüche stellt und ein derartigesZeugnis schreibt, dabei mal an„die Richtige* gerät.Zu dem unaufgeklärten Todesfall des Arbeiters Wilhelm Radack,über den wir in der gestrigen Nummer des„Vorwärts* berichteten,meldet jetzt eine von der Polizei informierte Korrespondenzfolgendes:Auf ungeklärte Weise tödlich verunglückt ist der Former WilhelmRadack, der bei seinen Eltern in der Friedenstraße 41 wohnte und beiSiemens-Schuckert in der Franklinstraße beschäftigt war. Bor etwazehn Wochen brachte ein anderer Arbeiter einem Verbot zuwider Schnapsin die Fabrik mir und gab Radack davon so reichlich zu trinken, daßer gleich nach Verlassen der Fabrik auf der Straße zusammenbrach. DerErkrankte wurde nach der Dr. Edelschen Heilanstalt gebrocht. Nachfünf Wochen geheilt entlasten, wurde er wieder eingestellt. SeinArbeitskollege dagegen, der den Schnapsgenuß verschuldet hatte,wurde entlassen. Am 9. September fanden zwei SchutzmännerRadack, der morgens zur gewohnten Zeit zur Arbeit gegangen war,abends um 11 Uhr hilflos in der Haustürnische des GrundstücksZwinglistr. Nr. 26 liegen. Er war bewußtlos und roch stark nachAlkohol. Verletzungen waren bis auf eine kleine, nur ganz leichtgerötete Anschwellung an der rechten Stirnseite nicht wahrzunehmen.Der Hilflose wurde von den Schutzmännern nach dem KrankenhauseMoabit gebracht, wo er am nächsten Tage in: Alter von 43 Jahrenstarb. Erst nachträglich wurde festgestellt, daß er einen Schädel-bruch erlitten hatte. Wo und wie er sich diesen zugezogenhat, ließ sich nicht ermitteln. Für die Vermutung, daßRadack etwa in eine Schlägerei geraten sei, hat sichkein Anhalt ergeben. Die Nachforschungen der Polizei stellten fest,daß zu jener Zeit weder in einer Schankwirtschaft»och auf derStraße in der Umgebung des Fundortes eine Schlägerei stattgefundenhat. Der letzte Aufenthalt des Verstorbenen ließ sich nicht ermitteln.Dafür, daß er etwa das Opfer einer Rachehandlung geworden sei,fehlt es auch an jedem Anhalt. Man muß deshalb wohl annehmen,daß er hingefallen ist und sich so die Verletzung zugezogen hat.Die Leiche wurde jetzt von der Staatsanwaltschaft zur Beerdigungfreigegeben.Die Hnndesperre ist in den Kreisen Westhavelland, Ruppin,West- und Ost-Priegnitz für zahlreiche Gemeinden und Gutsbezirkebis zum 10. Dezember d. I. einschließlich verlängert worden.Auch hier ist zwar die.milde Sperre* zugelassen, indes soll dieMaßregelung der Hunde(und ihrer Besitzer) doch immer 3Vz Wochenlänger dauern als in Groß-Berlin und den Kreisen Niederbarnim,Teltow, Osthavelland usw., wo sie(wenn nichts dazwischen kommt!)schon am 15. November ihr Ende erreicht.Das neue Kammergerichtsgebäude im Kleistpark wurde gesternmittag um 12 Uhr unter Anivesenheil einer Anzahl staatlicher Ver-treter eingeweiht.Zum Verschwinden der Wirtschafterin Galle. DoS mysteriöseVerschwinden der Wirtschafterin Gertrud Galle harrt noch immer derAufklärung. Jetzt hat sich ein Gastwirt aus Trebus gemeldet, derbekundet, daß am 29. Juli, also am Tage des Verschwindens der G.,die letztere in Begleitung des Henk in sein Lokal eingekehrt ist. DerZeuge will dann beobachtet haben, wie Henk fortgesetzt auf seineBegleiterin einsprach. Einige Gäste, die an den Nachbartischen saßen,machten sich noch über das merkwürdige Wesen de? jungen Manneslustig. Henk selbst bestreitet alles, was man ihm vorwirft.� DieUntersuchungSbehörde hat nunmehr dem Fischermeister Kunig denAustrag übergeben, den Trebuser See mit einem Grundnetz ein-gehend abzusuchen. Man rechnet noch immer damit, daß die Leicheder G. auf dem Grunde des Sees ruht.Ein Opfer des Straßenverkehrs wurde gestern abend das zweiJahre alte Töchterchen Frieda des Pförtners I o ka t in der Jonas-straße 3. Die Kleine spielte vor dem elterlichen Hause unter derAufsicht ihres siebenjährigen Bruders mit anderen Kindern aufdem Bürgersteige. Als sich nun der Knabe einen Augenblickanderen Gespielen zuwandte und seine Schwester außer Acht ließ,lief diese vom Bürgersteig auf den Straßendamm. Zum Unglückkam gerade ein Mörtelwagen dahergcfahren. Er war schon fastvorbei, als die Kleine plötzlich vor ein Hinterrad lief und hinfiel.Das Rad ging ihr über den Kopf und zermalmte ihn. Die Wer-unglückte war sofort tot.Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich gestern abend kurznach 10 Uhr in der Potsdamer Straße. Der Kutscher einerRäucherwarenhandlung war mit einem Kutscher der Firma W.Wertheim in Streit geraten und wollte diesem zu Leibe gehen, in-dem er versuchte, auf das Gefährt der Firma Wertheim zu klettern.Dabei rutschte er ab und geriet unter die Räder, die ihm überdie Brust gingen. In schwerverletztem Zustande wurde der Ver-unglückte nach dem Elisabethkrankenhaus gebracht.Die Fortbildungsanstalt im Friedrichs- Gymnasium, Albrecht-straße 27, die ihre Winterkurse am 8. Oktober eröffnet, steht unterder Verwaltung des Magistrats. Die Stadt Berlin wendet etwa80 000 M. jährlich auf, um in ihren drei FortbildungsanstaltenHerren und Damen Gelegenheit zu sprachlicher und technischer Fort-bilduug gegen ein Entgelt zu geben, wie es niedriger nicht bemessenwerden kann. Das Schulgeld beträgt für den ganzen Lehrgangvon 2 Stunden wöchentlich 2,50 M.. von 4 Stunden wöchentlich5 M. Unterrichtszeit von V«»acki 8 bis B/t nach 9 Uhr abends, nurZeichnen ist Sonntags früh von 8 bis 10 Uhr. Anmeldungen täglichin der Anstalt, Zimmer 13, wo auch Stundenpläne unentgeltlich zuhaben sind.Der Zirkus Schumann hat am Mittwoch abend mit einem reich-haltigen Programm die diesjährige Saison eröffnet. Gleich zu An«'fang zeigte sich Direktor Albert Schumann in zwei hervorragendenNummern auf dem Gebiet der Pferdedressur. Ganz besonders riefdie auf dem Vollblut-Jrländer„All Fours* gerittene hohe Schulemit ihren komplizierten Gangarten das Interesse des Hauses hervor.Hierauf folgten Freiheitsdressure» von 16 Pferden, die sich zumSchluß zu einer Pyramide aufbauten. Aufsehen erregten die Vor-führungen des Mr. Sawade mit seinen zehn bengalischen Königs-tigern. Es bot einen schauerlich schönen Anblick, wie der Dresseurdie schlecht gelaunten Bestien zwang, auf Geheiß allerlei Kunst-stücke auszuführen. So manches dieser prächtigen Tierezeigte wohl Neigung, sich auf seinen Gebieter zustürzen, wenn es nicht der Respekt vor der Peitsche immerwieder in seine Schranken verwiesen hätte. Originell wirktenauch die akrobatischen Bären Paul BattyS. Lobende Erwähnungverdienen ferner die musikalischen Darbietungen der Asanas-Truppe,das zoologische Potpourri Miß Ostaria, der komische RadfahreraktThe 2 AbbinS, der Reitakt der 4 römischen Grazien und dieLeistungen der Luftvoltigeure„Hegelmann-Truppe". Als Athlet miterstaunlichen Kraftproben zeigte sich Herr Wingart, und Miß Zoehielt, da sie sich, an den Zähnen hoch oben im Zirkus hängend,langsam ihrer reichhaltigen Garderobe entkleidete, das Publikum inSpannung. Der gewandte und originell wirkende Clown Totosowie seine Kollegen vervollständigten das Programm.Die Urania- Borträge Berliner Gelehrter werden an Dienstagenund Freitagen des kommenden Winterhalbjahrs in vier gesondertenVortragsreihen stattfinden. Es werden Abonnements zu sehr er«mäßigten Preisen für jede Serie ausgegeben, die immer fünf ver-schiedene Vorttäge umfaßt. Die Namen der Gelehrten, die derUrania ihre Mitwirkung zugesagt haben, und die Themata, die inAussicht genommen sind, sichern der Veranstaltung ein ganz allge-meines Interesse. Man wird Gelegenheit haben, Aufklärung über dieneuesten Errungenschaften und Erkenntnisse in Naturwissenschaft undTechnik zu erhalten und zugleich die Anschauungsweise und Ge«dankenarbeit der einzelnen Forscher selbst kennen zu lernen. Unteranderen werden folgende Vorträge stattfinden: Geh. Rat ProfessorDr. Flamm„Ueber Sicherheitsmaßnahmen moderner Seeschiffe*,Geh. Rat Professor Dr. Fritsch„Ueber das Seelenlebender Tiere vom Standpunkte des Anatomen und Physiologen', Geh.Rat Prof. Dr. Hellmann„Ueber Wetteraberglauben". Geh. Rat Prof.Dr. Miethe„Ueber die Herstellung künstlicher Edelsteine*. Geh. RatProf. Dr. Nernst„Ueber die Bedeutung des Stickstoffes für dasLeben*, Geh. Rat Prof. Dr. Penck„Ueber Werden und Vergehen derAlpen*, Geh. Rat Prof. Dr. Rubens„Ueber moderne Atomistik*,Geh. Rat Prof. Dr. Schmidt„Ueber die.Forschungsinstitute auf demTelegraphenberg bei Potsdam und ihre Tätigkeit', Geh. RatProf. Dr. Schwarzschild„Ueber die Physik der Sonne*, Geh. RatPros. Dr. Wahnschaffe„Wie unser Heimatland entstand*,Geh. Rat Prof. Dr. Weinstein„Ueber Weltenentstehungund Weltenuntergang, Geh. Rat Prof. Dr. Zuntz„Physiologischesüber Leibesübungen und Sport*, Prof. Baschin„Der atlantischeOzean, seine Fischverhältnisse und Schiffahrt*. Prof. Dr. Donath„Ueber die wissenschaftlichen Grundlagen der Bewegungsphoto-graphie*, Prof. Dr. Dörpfeld„Ueber die Ausgrabungen homerischerStädte*, Pros. Dr. Glatzel„Ueber neuere Fortschritte aus dem Ge-biete der'telegraphischen Bildübertragung*, Prof. Dr. Poll„Ueberdie Entwickelung des Menschen", Prof. Dr. Scheffer„An denGrenzen der Sichtbarkeit*, Prof. Dr. Spieß„Ueber Spektral-analyse und Elektronentheorie*, Gerichtschemiker Dr. Jeserich„Ueber Wissenschaft und Verbrechen*. Die Vorträge beginnen An-sang Oktober. Ausführliche Programme mit den Abonnements-bedingungen können durch das Bureau der Urania, Taubenstraße,bezogen werden.Auf der Trcptow-Sternwarte finden folgende kinematographischenVorführungen mit erläuterndem Vortrage statt: Am Freitag, den19. September, nachmittags'/a5 Uhr:„Aus fernen Landen'; amSonnabend, den 20. September, abends 7 Uhr:„Scotts Reis« zumSüdpol und ein Blick ins Weltall*, abends 9 Uhr:„ChristophKolumbus*; am Sonntag, den 21. September, nachmittags 5 Uhr:„Aus fernen Landen*, abends 7 Uhr:„Das Berner Oberland'; amMontag, den 22. September, abends 7 Uhr:„Jntereffante Bilderaus Italien*. Mit dem großen Fernrohr werden Mond und Jupiterbeobachtet. Außerdem stehen den Besuchern noch kleinere Fernrohrezur freien Versügung, mir denen beliebige Objekte selbst eingestelltwerden können.Vorort- Ffocbricfotefl.Charlottenburg.Ein schwerer Unfall hat sich am Mittwoch nachmittag auf demGrundstück des Charlottenburger Elektrizitätswerks zugetragen.Dort werden gegenwärtig Bauarbeiten ausgeführt, zu welchemZwecke von der Firma L. Altmanu-Charlottenburg ein Gerüst er-richtet wird. Bei der Ausstellung des Gerüstes war auch der21jährige Eduard Müller aus der Potsdamer Straße beschäftigt.Als dieser auf dem Gerüst in der Höhe des zweiten Stockwerkestätig war, trat er fehl und stürzte kopfüber in die Tiefe. M. erlitteinen Schädelbruch und anscheinend auch innere Verletzungen. DerVerunglückte erhielt auf der Unfallstatton in der Berlnier Straße die