lichZeiten solcher Zeitungsmacher werden nur durch die chrer Leserübertroffen.Und wars bei der Prinzessin anders? Ein armes Menschen-kind. ob es nun im Leben Hoheit hieh oder nicht, ist am Daseinverzweifelt. Warum? Nun, aus dem urewigen Grund, weil sieden nicht kriegen konnte, den sie wollte. Schluß! Dieselbe Ge-schichte steht leider Gottes fast täglich im Polizeibericht von Berlin.Aber nun ists auf einmal etwas ganz anderes! Erstens ists einePrinzessin. Das verträgt schon eine fette Ueberschrift und nochfettere Zeilenhonorare. Und dann— so munkelt man— ist daja ein Vertreter der höchsten Hautefinance vertreten! Er ist gleichauf die Todesnachricht hin nach Heidelberg gefahren..... Nein,er ist nicht gefahren, der Großherzog von Weimar hats verboten...Doch, er war ja heimlich mit ihr verlobt...! So widersprechen sichdie„Privattelegramme" und die„Informationen unseres Privat-berichterstatters" und schließlich schießt ein besonders sindigerSchmock den Vogel ab, indem er, wahrscheinlich auf die interessan-ten Aussagen der prinzlichen Köchin hin, dringend nach Berlintelegraphiert, es handle sich gar nicht um den jüdischen Geldprinzen,sondern um einen Heidelberger Leutnant!Das heißt sich ösientliche Meinung und am Ende gar nochdemokratisch! Eine Demokratie, die ihre Geschäfte mit dem Skandaleiner Prinzessin macht. Dabei gibt sie es noch nicht einmal osfenzu: Ja, ich will meinen Lesern genau erzählen, wieviel Liebhaberin Frage kommen und wieweit die Sache gediehen war! ImGegenteil, sie schluchzt wie eine alte Tante über das Unglück undkann sich nicht genug tun in Ausmalungen, was die teure, leiderzu früh Verschiedene für zahlreiche Tugenden gezeigt habe, wiesie getanzt, Mandoline gespielt, gezeichnet usw. habe und wases für ein Elend sei, daß der Staatsanwalt immer noch nichtzugebe, daß sie sich erschossen habe! Das ist der Byzantinismusdes Depeschenteils, der dadurch nicht besser wird, daß sich der Leit-artikel manchmal oppositionell gibt. Sie schreiben und lesen ebendoch von nichts lieber, als von dem Leben und Treiben der Aller-höchsten und von deren Sünden. Wo etwas Geschlechtliches winkt,vergessen sie Programm und Ueberzeugung und stürzen sich darauf,wie der Hund auf den Randstein. Und dann benehmen sie sichganz ähnlich wie der!Zwei Menschen haben alle„Klugheit" vergessen und sind einemstarken Gefühl gefolgt. Das mußte von den Sensationlingen mit„Enthüllungen" bestraft werden. Denn wenn das Mode werdensollte, daß die Menschen ihrem Gefühl oder gar ihrer Ueberzeu-gung folgen würden, dann wäre die Zeit der Riesenverdienste durchpikante Spezialberichte vorbei.Die reinigende Pistole.In der Destille zum„Roten Ballon" in Berlin N. Schulze hatzwischen Feierabend und Nachhausegehen einen genehmigt undwendet sich eben zum Gehen. Da erscheint Müller unter der Tür.Müller hat auf Schulzen eine Bombenwut, weil der sich mit seiner,Müllers, Frau zu schaffen gemacht hat. Kaum sieht er ihn, als erauf ihn zufährt,„verdammter Lump" oder was Aehnliches schreitund ihm eine herunter haut. Schulze ist schwächer als Müller,Schulze fühlt sich bedroht, zieht seinen Revolver und knallt Müllernieder.Unter welchen lleberschriften wäre diese Affäre Ihrer' Ansichtnach in der Berliner Presse erschienen? Doch mindestens unterdem Schlagwort„Roheitsverbrechen"! Der Darstellung wäre aberbestimmt eine fromme Betrachtung angehängt worden, daß der„Großstadtmob" immer gefährlicher werde, daß die Sozialdemo-kratie mit ihren entsittlichenden Lehren jetzt schon die Achtung vordem Leben des Nächsten untergrabe, daß das Schwinden desGottesglaubens(das hätte der„Reichsbote" geschrieben) notwendigzu einer solchen Entfesselung der niedrigsten Instinkte führen müsse,und daß es die heilige Aufgabe des christlich-monarchischen Staatessei uftv.....Leider ist die Geschichte aber nicht in der Destille zum„RotenBallon" passiert, sondern in dem Dorado militärisch geschulterElitebürger, im Landwehrkasino, und leider waren die handelndenPersonen nicht die Arbeiter Schulze und Müller, sondern die loyalenStützen des Bestehenden, Herr Professor Maaß, Ritter des Ordensvon der lippischen Rose, und Herr Freiherr von Westernhagen,Kämmerherr Seiner Durchlaucht des Fürsten von Lippe-Detmold.Wir hätschelten ihn, wälzten ihn auf dem Rücken, freutenuns über die zappelnden Beine, die zarten Fühler, den geschweiftenStachel, richteten den üppigen Burschen wieder auf und wiesen ihmden Weg um den Tisch.„Bin ich jetzt Aufscherrr," sagte Ponsior, streichelte den Brau-nen und ließ ihn im Kreise marschieren wie einen Sträfling, immerim Kreise.Aber plötzlich machten die sechs Beine Halt. Der Käfer duckteden Kopf, als besänne er sich auf etwas Wichtiges, ignorierteunsere Fingerzeige, stellte sich dumm, atmete schwer, pumpte sichpraller und voller, lockerte die Flügel und kreiste brummend durchdie Zelle.Maikäfer fliege... pfiff ich leise.„Fensterrr is auf!" raunte Ponsior fast entsetzt und ranntezum Gitter wie ein Kind, das um sein Spielzeug bangt. Aber derMaikäfer war schneller; sss! schnurrte er in die Sonne hinaus.Wir standen an den Scheiben, deren Gitter uns den Himmelin neun Vierecke zerschnitten. Unsere Augen flimmerten in dieblaue Lust hinaus. Draußen im Sonnenschein des jungen TageSzog unser Käfer große weite Kreise. Die Sonne ließ die Flügelbronzen schimmern...Is errr frei..." flüsterte Ponsior versunken und die Sehn-sucht leuchtete zwischen den Lidern seiner Schlitzaugen hindurch.„Möcht ich sein Maikäferrr! Möcht ich—--"Cit brach hastig ab, packte meinen Arm und fuchtelte mit dergrozen, roten Faust durchs Gitter.„Sich dort! Pschiakreff!Verrrdammt!"Vom Dache des Verwaltungsgebäudes drüben hatte sich einVogel gelöst. Es war ein ganz gewöhnlicher, minderwertiger unier-ernährter Sperling. Lautlos flog er neben den Maikäfer, lautlosund schwarz wie das Schicksal. Dann ein kurzes Flattern, einscharfes Rucken des Kopfes-- und der Maikäfer schwebte nichtmehr im Morgensonnenlicht....Langsam lösten sich unsere gekrampften Hände, die Arme san-len schlaffer und PonswrS Augen blickten wieder wässrig-blau,stumpf, sehnsuchtslos. Er grinste breit und unbestimmt und drehteden stülpnasigen Kopf in's Zellendunkel zurück.Bangte ihm vor dem Leben da draußen? Vor dem Leben,in dem er keinen rechten Platz finden konnte und in dessen Trubeler der Schwächere war, wie der Maikäfer...,Auf der Dachrinn« drüben saß der Sperling wie ein Hann-loser schwarzer Punkt und zerhackte den prallen Maikäfer.Dafür ist allerdings auch die Veranlassung des„Roheitsverbrechens'eine weitaus pikantere. Es handelt sich nämlich um die Frage, wieman Kammerherr wird. Darüber war sich ja seit langem niemandmehr unklar. Sollte irgendeiner noch über den geeigneten WegZweifel gehabt haben, dann möchten wir den folgenden Briefunterbreiten, der in der„Münchener Medizinischen Wochenschrift"veröffentlicht wurde:«Sehr geehrter Herr! Ich bin in der Lage, Ihnen den Hof-r a t s t i t e l vom Fürstentum Lippe oder Sachsen-Koburg-Gothazu verschaffen. Es sind für diesen Titel eine StiftungIhrerseits von zirka 3000 M. erforderlich. Ich bingern bereit, falls Sie Interesse für diesen Titel haben, sofort dieAngelegenheit einzuleiten und erwarte darüber Ihren wertenBescheid."Man muß sagen, daß dies eine wahrhaft demokratische Einrich-tung ist. Endlich Titel, deren Preis den Verhältnissen des Mittel-standes angemessen ist. 3000 M. kann auch ein kinderreicher Vatererübrigen, wenn es gilt, in die Sphären der Betitelten aufzusteigen.Der Kammerherrntitel allerdings ist etwas teurer, was aber nurder Tatsache entspricht, daß er für die Edelsten der Nation reserviertist. Manchmal allerdings endet so ein Aufstieg in die Hofluft auchmit einer Kugel im Bauch. Davon könnte Herr von Westernhagenein Liedchen singen, wenn er es nicht vorgezogen hätte, für einekavaliersmätzige Roheit mit Tod abzugehen. Er hatte den HerrnMaaß im Verdacht, die Art, wie er den strahlenden Titel erworbenhabe, einem Berliner Wochenblatt mitgeteilt zu haben. Dafürzeigte Herrn Maaß der Kammerherrn-Reserveoffizier beim Ehren-rat an. Der Ehrenrat ist bekanntlich die Einrichtung, deren Auf-gäbe es ist, ein Duell um 12 Stunden zu verzögern, um die Gegnerdann um so nachdrücklicher, unter Drohung der Ausstoßung ausdem Offiziersstand, gegeneinander zu Hetzen. Vor dem Ehrenratnun, vor der Schwelle des Zimmers, in dem die Leute saßen, diedas Blutvergießen offiziell zu einem höheren Kult der Edelmanns-ehre stempeln sollten, verkürzten die zwei Gegner die Zeremonie,indem der eine ohrfeigte und der andere schoß. Sie haben einfachBeleidigung und Duell in eine Handlung zusammengezogen undauf den Ehrcnratsschwindel gar nicht mehr gewartet. Wozu dadas Geschrei der Vaterlandslosen? Sie sollten diese Art, Ehrenzu lädieren und Ehren zu retten im Gegenteil segnen, denn dies-mal ist, im Unterschied zu den meisten Duellen, der wirklich Schul-dige gefallen.Bei Schulze und Müller hieß es„Roheitsverbrechen' oder ein„bestialischer Ausbruch", bei Maaß und Westernhagen— eine unselige Verkettung von Umständen. Man glaubt sogar, daß derMörder gar nicht vor Gericht gestellt wird, sondern zum Sanatoriumbegnadet wird. Er hat in Notwehr gehandelt! Eine seltsame Not-wehr, wenn man eine Ohrfeige mit einem Pistolenschuß quittiert!Uns scheint vielmehr, als ob der Duellunfug, der wie Knochenfraßdiese Herrschaften durchsetzt, bei ihnen das Gefühl allmählich er-zeugt, tätliche Beleidigungen könnten nur durch sofortiges Blut-vergießen gesühnt werden. Äei Offizieren sind ja diese Manierenk h Brüsewitz schon längst gang und gäbe. Es war ganz gut, daßdas Landwehrkasino Schauplatz der Mordtat war, das heißt derOrt, wo die monarchisch gesinnten Herren Bürger verkehren, die sichlieber Leutnant d. R. nennen, als bei ihrem bürgerlichen Berufschimpfen hören. Dort sitzt die tiefste Wurzel des Giftbaumes Mili-tarismus, bei diesen Hohltöpfen, die sich fast genieren, Kaufmannoder Richter oder Arzt zu sein und deren Leben eine ungeduldigeewige Erwartung der nächsten Uebung ist, wo man im bunten Rockumhcrstolzieren darf. Der Schutz, der einen der ihren niederstreckte,mag ihnen grell genug in den Ohren geklungen haben. Und derTote ist nicht eigentlich von der Hand des Professors, sondern vonder ihres zwiefachen Mordwahnsinns gefallen: dem blutigen Irr-sinn im kleinen, dem Duell, und dem blutigen Irrsinn im großen,dem menschenschlachtendcn Militarismus. Wenn sie jetzt unter denPrunkbildern ihrer Herren Monarchen beisammensitzen, mögenihnen manchmal die Ohren klingen, mögen sie manchmal die schlei-senden Schritte über ihren Köpfen hören, die einen erschossenenMann hinausschleppten, der den zwei Seuchen der herrschendenStände zum Opfer fiel: dem Titelblödsinn und dem Verbrechender Standesehre!Verlcbiedene Vorteile.In das Bureau der Hapag trat ein bescheiden gekleideterMann und äußerte dem am Gitterschaltcr lässig dienstbeflissenenBeamten den Wunsch, mit dem größten Schiff der Welt, dem„Imperator"— es war vor der Zeit des Brandes—, nachNew Dork zu fahren. Der Mann wünschte zu wissen, welche bc-sonderen Vorteile die Fahrt mit dem„Imperator" böte.Der Beamte musterte den Frager mit einem raschen Blickund sprach dann, ein wenig flüchtig:„Es sind außerordentlicheVorteile, die wir Ihnen bieten. Die Kammern sind abgeschlossenund enthalten nur zwei bis vier Betten."Der Fremde schauderte:„Sie muten mir zu, mit jedem be-liebigcn Menschen zusammenzuschlafen, und nennen das Vorteil?"„Wir können leider nicht jedem Amerikafahrcr ein eigenesSchiff zur Verfügung stellen/ erwiderte der Hapag-Mann ironisch.„Außerdem sind die Kammern elektrisch beleuchtet."„Ich dachte schon, daß sie mit Mondschein illuminiert werden,"meinte der andere;„weist der„Imperator" noch mehr solche Vor-teile auf?"„Gewiß! Die Speisen werden Passagieren an Tischen durchAufwärter und Aufwärterinnen vorgesetzt."„Herrlich! Wir brauchen also nicht um den Suppenkesselherumzustehen und mit den hohlen Händen oder der Mütze denFraß herauszuholen?"„Nein, Sie werden bedient— wie ein Fürst. ES werdenIhnen auch Teller. Messer, Gabel und Löffel geliefert..."Jetzt wurde der Fremde ängstlich und griff in die Tasche, alsob er einen Revolver suchte, den er im Falle der Not gebrauchenkönnte. Der Spott war ihm vergangen. Vielmehr versuchte erden Beamten zu begütigen, den zu reizen offenbar gefährlichwerden konnte. Und indem der Fremde sich ein wenig mit großerVorsicht nach der Tür zu entfernte, murmelte er:„Ausgezeichnet,sogar Teller, Messer, Gabel und Löffel werden geliefert. Einaußerordentlicher Vorteil, daß man sie nicht mitzubringen braucht."Der Beamte war über die Anerkennung gerührt und fuhrlebhafter und wärmer mit der Anpreisung fort:„Außerdemliefern wir Ihnen Matratze, Keilkissen und Bettdecke, Handtuch undSeife..Vom Jahrmarkt des Redens.Meiclmannskeil!Wilhelm II. ist bekanntlich ein leidenschaftlicher Nimrod bordem Herrn. Bei seinem Regierungsjubiläum ging eine Notiz durchdie Presse, in der fein säuberlich statistisch nachgewiesen war, wie-viel Böcke und anderes Viehzeug der Kaiser in den LS Jahrenseiner Regierung geschossen hat. Irren wir nicht, so waren esgegen 70 000 Tiere der verschiedensten Art. Auch in der letztenZeit ist Wilhelm II. seinem geliebten Weidwerk treu geblieben.Die wenige Zeit, die die RegicrungStätigkeit ihm läßt, benutzt erzum Abschießen von Wild. Bei seinem jüngsten Jagdaufenthalt inSchlesien wurden in Salza 1423 Fasanen, 326 Enten und 6 Rebhühner geschossen. Der Anteil des 5daisers daran betrug 6 26Fasanen, 85 Enten und 4 Hühner. Mancher wird erstaunt fragen, wo denn der ungeheure Fasanenreichtum in Ober-schlesien herkommt. Weniger erstaunt würden die Neugierigen sein,wenn sie wüßten, wie die oberschlesischen Magnaten der Jagd-leidenschaft des Kaisers entgegenkommen. So ließ einer von ihnenvor einigen Jahren, als der Kaiser sich bei ihm als Jagdgast an-meldete, auS Böhmen für 200 000 M. Fasanen im-Portieren, damit der Kaiser eine ertragreiche Jagd habe. Dennertragreiche Jagden reizen Wilhelm II. Das Abschießen der 526Fasanen hat seinen Jagdeifer so rege gemacht, daß er im Novemberwieder nach Schlesien zur Fasancnjagd fahren wird, nachdemer Anfang November in Göhrde Jagd auf Sauen gc-macht hat.Der unermüdliche Jagdeifer des Kaisers läßt hoffen, daß wirdas Hunderttausend-Jubiläum in absehbarer Zeit festlich begehenkönnen. Weidmannsheil!Oer verlorene Orden.In K e h l h e i m waren zur Fürstenfeier die Regierendenaller deutschen Staaten zusammengekommen. Enffprechend derBedeutung des Tages hatten sie die Orden und Jnsignien, die siefür ihre besonderen Verdienste sich zum Teil selbst verliehen haben,angelegt. Nun geht es bei solchen Festivitäten manchmal hochher und so kam es denn, daß ein Vevsicherungsbeamter aus Bam-berg nach der Feier von Kehlheim einen Orden vom Heili-gen Michael mit der Krone fand. Als ehrlicher Mannwollte er seinen Fund, für den ja nur der Verlierer Interesse hat,zurückgeben. Das ist aber nicht so leicht, als wenn es sich umeinen stehengebliebenen Regenschirm handelt. Der Finder machteden Versuch, den Orden, für den er absolut keine Verwendunghat, durch ein Inserat im Hertlingschen Leiborgan, dem„Bahe-rischen Staatsanzeiger", loszuwerden. Der„Staats-anzeiger" lehnte die Aufnahme des Inserats ab. Nunwill der Mann sich an das Ministerium wenden und so versuchen,den Verlierer zu ermitteln.Uns ist die konsequente Haltung des„Siaatsanzeigers" sehrsympathisch. Wie leicht könnten die Leser auf die Vermutungkommen, der Verlierer sei in so gehobener Stimmung gewesen,daß ihm der Sinn für derlei irdischen Tand abhanden ge-kommen sei.Der Canf des pfamro.Für pfarrherrliche Dienstleistungen hat die Kirche bestimmteNormalsätze festgelegt, die je nach der Ocrtlichkeit oder Zahlungs-fähigkeit wechseln. Doch nicht von diesen tariflichen Sätzen sollhier die Rede sein, sondern von einem Tarif, den sich der Pfarrereines thüringischen Ortes für bestimmt« außerdienstlicheHandlungen zurechtgelegt hat. Der Pfarrer ist der Meinung,daß, wenn er einem Dienstmädchen sagt:„wenn Du mir nocheinmal solch dreckiges Waschwasscr bringst, schmeiße ich esDir an den Kopf", und diese wenig scelsorgcrische Drohungbei anderer Gelegenheit in die Tat umsetzt, er dafür natürlich einPflaster drauflegen müsse. Dem bei ihm beschäftigten Dienjt-mädchen, dem ein an den Kopf geworfener Eimer eine a p f e k»große Beule am Hinterkopfe und wochenlangesNasenbluten und Kopfschmerzen zufügte, bot er eineMark Schmerzensgeld rmd eine Apfelsine an. Da-für mußte ihm das Dienstmädchen das Versprechen geben, von demVorgang Dritten oder ihren Eltern gegenüber keine Erwähnungzu tun. Der Versuch des VaterS des Mädchens, den eimerwerfen-den Diener der christlichen Kirche strafrechtlich zur Rechenschaftzu ziehen, scheiterte in allen Instanzen, da der Pfarrer zu seinerDer Fremde war ganz bleich geworden. Er fürchtete jedenAugenblick eine Katastrophe, und während er rascher den Rückzugzur Tür bewerkstelligte, wiederholte er sanft, beschwichtigend:„Ge-Witz, gewiß... Matratze, Bettdecke, Handtuch und sogar Seife..,ein beispielloser Vorteil.",-!'Jetzt stand der Mann dicht an der Tür und nun wagte ereinen Ausbruch seiner Gefühle:„Herr!! Ich wollte mich nachden Vorteilen einer ersten Kajüte des„Imperator" erkundigen—auf 10 000 M. wär's mir nicht angekommen, und nicht nach derTobsuchtszelle eines miserabel geleiteten Narrenschiffcs für geistes-kranke Bettler, von dem Sie offenbar entsprungen sind."Schon wollte er aus dem Bureau entwischen. Da lief derBeamte blitzschnell aus seinem Verschlag ihm nach und stotterte,wie im Fieber, so daß der Fremde aufs neue erschrak:„Vcr-zcihung, Herr Baron, ein bedauerliches Mißverständnis. Ich er-kannte sie nicht gleich und führte Ihnen deshalb die Vorteile desZwischendecks vor. Die Vorteile der ersten Kajüte des„Jmpe-rator" sind geradezu ozeanesk. Kammern, Kabinen gibts über-Haupt nicht. Uebereinanderstehende Betten sind abgeschafft. Siewohnen wie in einem EinfamilienhanS mit luxuriöser Einrich-tung, in großen Zimmern, mit Bad selbstredend. Sie haben elek-irische und türkische Bäder, in allen Zimmern fließendes undwarmes Wasser, Lift, Promenadendecks von K> Kilometer Länge,einen großen Ball- und Festsaal, Schwimmhalle, Speisesaal.Palmengartcn, Kindersalon und Kinderspielgartcn, Turnhalle undein Essen, ein Essen..." Ter Beamte begann zu schnalzen.Aber der Fremde war noch ganz benommen von den Greueln,die er vorher als Vorteile hätte bewundern sollen, und er fragt«ängstlich:„Werden auch Teller, Messer, Gabel und Löffel gc-liefert,..?"Das kleine Begebnis ist keine hetzerische Phantasie. Ich habenur ein wirkliches Inserat des„Imperator" gefilmt, das neben-einander die„Vorteil c" der ersten Kajüte und des Zwischen-decks also schildert. Vorteile des Zwischendecks, Vorteile der erstenKajüte! Die ganze soziale Welt in ihrem Wahnsinn auf einemSchiff. Auf demselben Schiff werden den Reichen ein ganz>Landhaus und die Mittel � eines ewigen Schlaraffenlebens gespendet, den Armen aber sogar Teller, Messer, Gabel und Löffel.And beides heißt gleichermaßen— Vorteile!