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t von Iber Deutschen   Waffen- und Munitionsfabrik suchte Herr Döring seinen Betrieb mit Arbeitswilligen zu füllen. Speziell der katholische Fachverein stellte einen hohen Prozentsatz dieser nützlichen Elemente. Von Diedenhofen   im Elsaß   kamen sieben Nichtorganisierte Arbeiter, die jedoch dem Betrieb den Rücken kehr- ten, als sie erfuhren, um was es sich handelte. Das Arbeitermaterial, das Herr H a n s ch seinem Freunde Döring liefert«, scheint allerdings die Erwartungen nicht erftillt zu haben, die man auf es setzte, denn durch Meister und Beamte läßt Herr Döring streikende Arbeiter besuchen, um sie durch die allerschönsten Versprechungen und Wochenkontrakte zur Wieder- aufnahm« der Arbeit zu beivegen. Ja, selbst aus die Frauen der Streikenden wird eingewirkt, damit sie ihre Männer zur Wieder- aufnahm« der Arbeit veranlassen sollen. Es geht demnach der Firma nicht zum Besten, was schon daraus hervorgeht, daß sie gezwungen ist, neue Aufträge abzulehnen. Sie motiviert dies dautit, daß sie angeblich schon mit Arbeit überbürdet sei. In Wirklichkeit kann sie eben mit ihrem jetzigen Arbeiter- material nichts leisten. Versucht sie doch, Teile, wie Türen, Fahr- körbe. Schlöffer und Werkzeuge, bei anderen Firmen anfertigen zu lassen, was bereits zu Differenzen in jenen Betrieben geführt hat. Die Streikenden sehen dem weiteren Verlauf der Dinge un- gebeugten Mutes entgegen. Sie erwarten aber auch, daß ehrliche Arbeiter und Arbeiterinnen den Betrieb der Otis-Elevator-Gesell- schast, Wittenau  , Hauptgeschäft Berlin  , Königgrätzer Straße  , streng meiden werden,. Deutfchcs Reich, Ter Konflikt im Hanpttarifamt des Baugewerbes ist beendet. Der geschäftsführende Unparteiische de-Z Haupttarifamts hat am 22. September ein Schreiben an den Zentralverband der Zimmerer gerichtet, das besagt, daß die Unparteiischen durch eine Er, klärung B r i n g m a n n s in Nr. 8S desZimmerer  * die entstandenen Differenzen als erledigt ansehen. Die nächste. Sitzung des Haupttarifamts soll nun am 7. und 8. Oktober in den Räumen des Berliner   Gewerbe« und Kaufmanns- gerichtS in der Zimmerftraße tagen. Der Direktor des ReichstagSgebäudeS   hat es abgelehnt, für diese Sitzung Räume im ReichstagSgebäude zur Ber- fügung zu stellenl Zur Entscheidung steht eine Anzahl grundsätzlicher Fragen, unter anderen auch die, ob die Unternehmer die Möglichkeit bekommen sollen, den Arbeitern in einem Hauptberuf die Akkordarbeit auch dann aufzuzwingen, wenn bis jetzt nur in einem Spezialberuf, nicht aber im Hauptberuf selbst, im Akkord gearbeilet worden ist. Neue Disserenzeu i» der Binnenschiffahrt. Als am b. Mai, nach elfwöchigem Kampfe in den Strom- gebieten der Elbe, der Oder und der märkischen Wasserstraßen die Arbeit aufgenommen wurde, ohne daß es zu einem Vertragsschluß gekommen war, wurde beiderseitig zum Ausdruck gebracht, daß man nicht abgeneigt sei, die Verhandlungen fortzuführen. Der Unter- nehmerverband war der Meinung, daß jedoch eine andere Ver- Handlungsbasis geschaffen werden müsse, er machte dem Transport« arbeiterverband im Juli dahingehende Vorschläge. Nach diesen sollte ein Vertrag bis Ende 1916 abgeschlossen werden, der für die Elbe und die märkischen Wasserstraßen eine Lohnerhöhung von ö M. monatlich vorsieht und die Ueberstundenlöhne um ö Pf. erhöht werden sollten. Für die Oder sollte dieselbe Tarifdauer, dieselbe Lohnzulage, nur keine Erhöhung der Ueberstundensätze gelten. Als Sicherheitsleistung für die Einhaltung des Tarifs forderte der Unter- nehmerverband eine Hinterlegung von 50 000 M. Der Transportarbeiterverband erklärt« sich, soweit die Elbe   in Betracht kommt, mit der Tarifdauer sowohl als auch mit der Lohn« erhübung einverstanden, nur die Normierung der Ueberstundensätze wünschte er anders geregelt. Für die Oder wurde die Tarifdauer ebenfalls angenommen, nur mit der Bedingung, daß innerhalb der Tarifdauer eine weitere Lohnerhöhung erfolgen müßte. sDie Löhne auf der Oder sind um 15 M. niedriger als auf der Elbe  .) Weiter wurde für die Oder eine Aufbesserung der Ueberstundensätze ge- fordert. Das waren die Hauptpunkte. Eine Reihe Nebenfragen sind nicht von großer Bedeutung. Die Forderung auf Stellung einer Kaution lehnte jedoch der Verband ab. Nachdem die Vorverhandlungen soweit gediehen, mußte erwartet werden, daß mündliche Verhandlungen über die Differenzpunkte statt- finden würden. Der Unternehmerverband gab jedoch Ende September an die Arbeiterorganisationen den Bescheid, daß er es ablehne, in Verhandlungen einzutreten; angeblich, weil die Arbeiter die ver- langte Kaution nicht stellen wollten. Zur Stellung der ver« langten Kaution aber liegt keinerlei Veranlassung vor, denn gerade jn der Binnenschiffahrt sind keine Kontraktbruchfälle zu verzeichnen. So vereitelt die Leitung des ttnternehmerverbandes den Abschluß eines Vertrages. Sehr viele Unternehmer haben dazu aber wieder- I. holt ihre Bereitwilligkeit bekundet und erklärt, froh zu sein, weim der Bertrag endlich zustande käme. Es ist daher nicht anzunehmen, daß die Stellung der Leitung des Unternehmerverbandes den Wünschen seiner gesamten Mitglieder entspricht. Der Transportarbeiterverband hat die ablehnende Stellung des Unternehmerverbandes damit beantwortet, daß er die Forderungen der Schiffsmannschaften einer Reihe von Betrieben eingereicht hat, so dem Berliner   Lloyd, der Vereinigten Berlin   Hamburger Schlepp- schiffahrt und der sächsischen Steineschiffahrt. Die Schiffs- Mannschaften sind empört über dieses Verhalten der Unternehnrer. Wie die Dinge sich entwickeln werden, kann gegenwärtig noch nicht gesagt werden. Die Oeffentlichkeit ersieht aber aus dieser Dar« stellung, daß die Arbeiterorganisation alles getan hat, um den Frieden in der Binnenschiffahrt sicherzustellen. Die Differenzen, namentlich auf dem Stromgebiet der Elbe   und der märkischen Wasser- straßen, find materiell so minimal, daß sie einer Einigung nicht im Wege stehen sollten. Zu betonen ist, daß die gestellten Forderungen bereits in einer Reihe von anderen Betrieben eingeführt sind und somit ihre Durchführbarkeit bewiesen ist. Es liegt gegenwärtig in der Hand de? UnteniehmerverbandeS, neue Unruhen, die auf den Güterverkehr Hemmend wirken würden, abzuwehren. Dies wird allerdings nicht dadurch geschehen, daß man mit allen Mitteln versucht, gelbe Organisationen zu züchten. Für solche Gebilde sind die Schiffsmannschaften nicht zu haben; dies sollten Me Unternehmer in den letzten fünf Monaten doch zur Genüge festgestellt haben. Ein BertragSschluß, der den Parteien Gerechtigkeit widerfahren läßt und keine einseitigen Bestimmungen enthält, könnte die Un- ruhen beseitigen, die gegenwärtig ihren Anfang nehmen und die sich auf die Schiffahrtsperiode 1914 noch sehr lebhaft bemerkbar machen dürften._____ Deutsche Zentrale für Jugendfürsorge. Darmstadt  , 30. September. Kinder als Erwerbsmittel, insbesondere die Miß- stände im Pflege- und Advptionswesen, bildeten den Gegenstand der Verhandlungen am heutigen zweiten Tag der Deutschen Zentrale für Jugendfürsorge. Der Referent, Gerichts- assessor Tormin-Berlin, bestätigte unumwunden das Ver- sagen der heute für das hilflose, namentlich uneheliche Kino' vor- lmndenen Schutzinstanzen, wie Vormund, Gemeindewaisenrat, Haltekinderpolizei usw. Er wandte sich gegen die gewerbsmäßigen Haltefrauen, die sich infolge unzureichender Vorschriften einer Kontrolle zu entziehen wüßten, gegen die leichtfertige Weggabe dasVerschenken" von Kindern, lediglich um sich der pekuniären und sonstigen Lasten zu entziehen, gegen die Gewissenlosigkeit solcher Personen, die ein Kind nur um des VermögenSvortcils willen gegen Abfindungssumme annehmen, gegen Engelmacherei. Besonders auch ging er mit dem Unfug und Schwindel in der Pflege und Adoptionsvermittelung ins Gericht. Aber es blieb bei aller Freimütigkeit doch der Bekennermut zu vermissen, um auch das zu sagen, was hier unbedingt gesagt werden mußte: Wer ist es denn, der die junge außereheliche Mutter geradezu zwingt, das dem Weibe ureigenste, die Mutterliebe, zu unterdrücken, und mit bluten- dem Herzen das arme Wurm wegzugeben? Ist das nicht dieselbe privatkapitalistische Wirtschafisordnung, die nicht einmal für die werdende Wöchnerin einen ausreichenden Schutz gewähren mag, vielweniger, daß sie der jungen Mutter ihr Liebstes läßt, weil sie um das tägliche Brot in der Fabrik frondcn muß?! Die heutige Rechtsordnung und laute Moral unseres bürgerlichen Klassenstaats ist es doch, die der unehelichen Mutter einen Makel anheftet und so viele veranlaßt, das Neugeborene zu verstecken bei irgendeiner Engelmacherin. Ter Kinderhände!, die kleine weiße Sklaverei wird nicht ausgerottet werden können, wenn nicht auch die heutige Rechts- und Wirtschaftsordnung geändert wird. Der Referent hat ja den Schriften von Henriette Arendt   Gerechtigkeit werden lassen; aber er mußte in der Diskussion merken, in welches Wespennest er dabei gestochen hatte. Pastor Bahn son-Ham bürg eiferte gegen die frühere Stuttgarter   Polizeiassistcntin; ihre Schriften und ihr Kampf hätten dem Kindcrschutz nur geschadet. Jn dieser be weislosen Behauptung spiegelte sich drastisch die satte Selbstgefällig. koit pasioraler Freude an ocm heutigen Gescllschaftszustand. Frei. lich mußte sich der wackere Hamburger Gottesmann von einem GlaubenSbruder, dem Pfarrer Bruhns in Straßburg  , zurechtsetzen lassen, daß es nicht nur Leute gibt, die etwas kritiklos annehmen, sondern auch solche, die kritiklos ablehnen. Pfarrer Bruhns hat mit Henriette Arendt   zusammengearbeitet und ist zur Erkenntnis gekommen, daß vieles, was sie sagt, stimmt, daß sie schwere Schäden aufgedeckt habe. Jn der Schweiz   gäben ange- sehenc, hochgestellte Beamte und Organisationen, durch sie angeregt, die Ilebel zu und kämpften dagegen; warum bei uns nicht so? Mit anerkennenswerter Offenheit legte der Referent auch die schweren Schäden dar, die die gewissen Inserate auf dem hier fraglichen Ge- biete in den Annoncenplantagen der bürgerlichen Presse hervor- rufen. Unter dem stürmischen Beifall der Versammlung verlangte er, dieser Presse müsse das soziale Gewissen geschärft werden. Seine Ausführungen gipfelten in der Forderung eines Auskiues des VormundschaftÄvesens und Regelung des Haltekinderwcsens; Vereinheitlichung von Pflcgestellen-Nachwciscn, Schaffung eines Netzes von Uebertvachungsstellen über das ganze Land, Ucber- wachung jener Annoncen. Der Korreferent, Ver w alt ungsdirektorDr. Blau m- Straßburg, berichtete über die Einrichtungen, die man in Straßburg   zur Bekämpfung der von dem Vorredner angeführten Mißstände geschaffen habe. Dort ist durch das städtische Waisen- und Jugendfürsorgeamt die Vermittelung des Pflege- stellen- und Adoptionswcsens in die Hand genommen, und zwar für alle bevormundeten Kinder und alle unter Schutzaufsicht stehen- den gefährdeten Kinder und Jugendliche. Ferner muß zur An- nähme eines Kindes in fremde Pflege die polizeiliche Erlaubnis nachgesucht werden, die nur auf ein Gutachten des Waisenanites erteilt wird, wenn dieses die betreffende Person in gesundheitlicher und sittlicher Hinsicht einwandfrei hält. Endlich unterstehen alle in fremder Pflege gehaltenen Kinder, auch die ohne Entgelt unter- gebrachten und die ehelichen, bis zum zweiten Lebensjahre der waisenärztlichen Kontrolle, ebenso von Berufswaiseninspektorinnen. Diese Einrichtungen beständen jetzt 10 Jahre; Mißstände erheb- licher Art seien seitdem nicht mehr hervorgetreten. Den Beschluß der Tagung machten zwei Referate über die sozialhpgienischen Aufgaben der Aerzte im Zusammenhang mit der gesamten Jugendfürsorge. Die beiden Referenten, Dr. Lewandowski-Berlin und Sanitätsrat Dr. Sonnenberger-Worms, hatten gemeinsame Forderungen aufgestellt. Der Arzt müsse sich nach drei Richtungen hin bewähren, als Arzt, als Hhgieniker und als Lehrer der Gesundheit. Die Ausbildung der Aerzteschaft könne zurzeit allgemein noch nicht als ausreichend angesehen werden. Darum müßte auf den Universitäten besondere sozialhygicnische Jugendfürsorge gelehrt werden. Es fehlen Schulärzte noch in vielen kleineren Städten, in den meisten Landkreisen, an der Mehrzahl der höheren Schulen, an den Studienanstalten, den Fortbildungsschulen usw. Ferner ist die schwierige und brennende Frage der Behandlung der von den Schulärzten als krank oder hilfsbedürftig befundenen Schulkinder immer noch ungelöst. Auch sind die deutschen   Kinderhorte ärztlich fast unversorgt. Die ärztliche Tätigkeit müsse dabei ein angemessenes Entgelt finden. Stadtschulrat Dr. Peters-Halle besprach die Erwerbstätigkeit der Schulkinder, die in seinem Bezirk sehr groß sei. Diese Tätigkeit ist für die Kinder nicht nur gesundheitlich von Nachteil, denn auch die Schul- leistungen müssen stark darunter leiden. Ein weiterer DiSkussions- redner Dr. F ü r st e n h e i m von M i ch e l st a d t bekannte offen. daß auf dem Lande der Arzt zumeist gar nicht die Zeit findet, sich auf dem Gebiete der Jugendfürsorge zu betätigen. Warum? Weil er Geld verdienen muß. Gibt es eine bessere Rechtfertigung un- serer Parteiforderung nach Verstaatlichung des Aerztewescns? Stadtverordneten- Versammlung. 28. Sitzung vom Donnerstag, den 2. Oktober 1913, nachmittags 5 Uhr. Borsteher Michelet eröffnet die Sitzung nach 6X Uhr. Zunächst erfolgt die E i n f ü h r u n g des an Stelle des gestern aus dem Amte geschiedenen Stadtrats Düring gewählten be- soldeten Stadtrats Karl L ö h n i n g, bisher zu Posen. Der Ober- b ü r g e r m e i st e r und sodann auch der S t a d t V e r o r d- netenvorsteher begrüßen das neue Magistratsmitglied. Jn den Ausschuß für die Vorlage wegen Bildung emer be- sonderen Verwaltungsstelle für die Angelegenheiten des Ä r b e i t s- Nachweises sind auch die Stadtv. Brückner, Glocke, Hintze, Ritter und Sassenbach(Soz.) deputiert; Sagen- bach ist stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses. Nachträglich auf die Tagesordnung gesetzt ist zur Kennt- niSnahme die Magistratsvorlage wegen Veranstaltung einer Gedenkfeier zur Erinnerung an die Völkerschlacht bei Leipzig  . Die Feier soll am 18. Oktober, nachmittags 2 Uhr, auf dem Kreuzberg   stattfinoen und aus Gesang, Musik und �est- rede bestehen; die Versammlung wird ersucht, zehn Mitglieder zur Vorbereitung abzuordnen. Wie der V o r st e h e r mitteilt, soll diese Vorlage in der g e- Heimen Sitzung verhandelt werden.. Den Ankauf der Herrschast L a n k e für rund 20 Millionen Mark hat der niedergesetzte Ausschuß am Montag, den 22. Sep- tember, nach vier Stunden langer Beratung mit 13 gegen 2 Stimmen zur Genehmigung empfohlen. Das Referat erstattet Stadtv. Körte(Fr. Fr.). Eine Minorität im Ausschusse nahm an der Höhe des Kaufpreises(4400 M. pro Hektar) Anstoß und erhob wiederholt die Forderung, daß hinsichtlich der Preisfrage nochmals mit den Verkäufern verhandelt werden sollte. Außerdem bemängelte ein Teil des Ausschusses die große Entfernung Lankes von Berlin   und die ungenügenden Verbindungen dahin, die dem Gros der Berliner   Bevölkerung Ausslüge nach Lanke noch auf lange Zeit sehr erschweren würden. Alle diese Bedenken aber hat die überwiegendste Mehrheit als ausschlaggebend nicht anzuer- kennen vermocht.,, Oberbürgermeister Mermuth  : Ich habe der aufrichtigsten Freude darüber Ausdruck zu geben, daß der Ausschuß mit so großer Mehrheit beschlossen hat. auf den Boden der Vorlage zu treten. Stimmt die Versammlung bei, so erwächst dem Magistrat die un- abweisbare Pflicht, die in der Herrschaft steckenden Werte alsbald fruchtbar zu machen, und zwar so. daß auch die finanziellen Ruck« sichten zu ihrem Rechte kommen. Auch meinerseits wiederhole ich, daß die Frage, ob näher au Berlin   gelegene Guter oder GntSteile jetzt abzustoßen seien, ausgiebig geprüft und untersucht werden ivird. Es liegt nun die Erwartung sozusagen in der Luft, daß heute eine neue Debatte über die Steuererhöhung in Nieder-Barnim entspinnen wird. Was w i r darüber haben sagen können, ist früher gesagt worden; das weitere muß im Ver- anlagungsvcrfahren vorgebracht werden. Die inzwischen uns zu- teil gewordenen Gegenbemerkungen treffen, wie ich meine, den Kern der Sache nicht.(Sehr richtig!) Es ist erklärt worden, die Leiter des Kreises würden schlechte Geschäftsführer gewesen sein, wenn sie nicht auf die Nachricht von dem Ankauf Lankes hin die Erhöhung der Umsatzsteuer beschleunigt hätten. Darin beruht ja eben der Urgrund unserer Beschwerden; wir sind der Meinung, daß die Steuerhoheit nicht im Sinne eines Geschäftes geübt werden darf, bei welchem durch Sclbstzusassen ein Gewinn erzielt wird, son- dern im Sinne gleichmäßiger Gerechtigkeit für alle.(Lebhaftes Sehr richtig!) Die Steuergesetzgebung richtet sich auf die Zukunft; wir halten nicht für zulässig, sie in Bewegung zu setzen, um Rechts- akte zu erfassen, welche unter Zugrundelegung der bestehenden Steuer vollzogen worden sind und hier noch dazu so eminent dem Gemeindewohl dienen.(Wiederholte lebhafte Zustimmung.) Unsere Besorgnisse sind in der Richtung erfüllt und leider sogar noch übertroffen worden, daß der berlinische Besitz im Kreise Nieder- barnim von der Verwaltung dieses Kreises als eine Art unerfreu- licher Fremdkörper angesehen wird, daß weniger die ungeheuren Fortschritte Beachtung finden, welche der Kreis durch den Zu- sammenhang mit Berlin   gemacht hat, als die kleinen Unebenheiten und Unbequemlichkeiten, welche die Ausstrahlungen der Großstadt für die traditionelle Verwaltung eines Kreises naturnotwendig bringen müssen. Es handelt sich um einen Verwaltungsbezirk, dessen näher an Berlin   gelegene Grundstücke mindestens um das Zehn- bis Zwanzigsache im Werte gestiegen sind und dessen ferner gelegene Teile, wie der Vertrag mit Lanke beweist, auch schon von der Nachbarschaft Berlins   einen recht achtbaren Nutzen haben. Es handelt sich um einen Bezirk, in den allein die Berliner   Stadt- lasse Hunderte von Millionen hineingetragen hat; nach einer sehr niedrigen Berechnung sind es 240 Millionen, ein bescheidener Teil davon dürfte doch auch der Bevölkerung Niederbarnims zugute ge- kommen sein. Ein Verwaltungsbezirk solcher Art durfte nicht mit uns über wenige tausend Mark rechten, welche ihm vermeintlich durch die den großstädtischen Anforderungen entsprechende Ver- Wendung unseres Grundbesitzes entgangen sind. Daß ein uns so ungünstiger Gedankengang sich wiederspruchslos im Kreistage durchsetzen konnte, erklärt sich nur daraus, daß unsere Interessen in diesem Kreistage so gut wie gar nicht vertreten waren.(Zu- stimmuug.) Unser Grundbesitz beträgt mit Lanke ein Zehntel der ganzen Kreisfläche, trotzdem ist unter den 66 Mitgliedern des Kreistages bestenfalls ein einziges, welches die Wünsche Berlins  und des Berliner   Grundbesitzes vertreten könnte. Die Gerechtig- keit erfordert, daß über das Wohl und Wehe unseres gewaltigen Besitzes nicht entschieden werden sollte, ohne daß dieser Besitz selbst gebührend zum Wort und zur Geltung gelangt. Im Ausschuß des Groß-Berliner Zweckvcrbandes hat Berlin   von 19 Vertretern nur 6, Niederbarnim aber 3 Mitglieder lHörtl hört!), obwohl der Kreis in der Bevölkerung um das Fünffache und in der Steuerkraft um das Zehnfache hinter Berlin   zurücksteht. Auch im Plenum ist Niederbarnim   in diesem Sinne weitaus Berlin   überlegen. Wir hören ja gern die Verkündung, daß die Zeit kommen wird, wo die beiden Verwaltungen nicht gegeneinander, sondern Hand in Hand gehen werden; aber das Einvernehmen muß sich doch vollziehen bei gleicher Verteilung von Licht und Luft, und wir dürfen auch nicht mit sanfter Hand einer Entwickelung zugeführt werden, wo die Rechte des Bürgertums aufgehen in einen wohlmeinenden behörd» lichen Organismus. Lassen Sie uns durch einmütige Abfertigung der Vorlage kundtun, daß Berlin   entschlossen ist, seine Stellung und seine Rechte zu behaupten und dadurch auch dem Wohle des Ganzen zu dienen. CLebhafter Beifall!) Stadtv. Cassel(A. L.): Nach dem Gange der Ausschutzberatung sind meine Freunde immer noch der Ansicht, daß der zu zahlende Preis ein außerordentlich hoher ist; ja, es will uns jetzt scheinen, als ob auch Schönwalde-Gorin früher schon zu teuer bezahlt worden ist. Eine Minorität von uns kann deshalb für die Vorlage nicht stimmen. Wir verkennen nicht, daß das Terrain geeignet ist, der Bevölkerung Berlins   zu großem Nutzen zu gereichen, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt werden. Auf die Erleichterung der Wasserversorgung Berlins   von Lanke her legen wir weniger Wert; die Hauptsache bleibt für uns die Möglichkeit, das Terrain durch teilweise Bebauung wertvoller zu gestalten und den Verkehr Berlins  zur Erholung der Bevölkerung zu einem wesentlichen Teile dahin zu leiten. Das hängt nun ganz erheblich von guten und billigen Verbindungen mit Lanke ab. Wenn auch die Schwierigkeiten in dieser Beziehung noch nicht behoben sind, so nehmen wir doch an, daß früher oder später bessere Verbindungen nach Erwerbung dieses Besitzes für die Stadt geschaffen werden müssen. Wir geben auch zu, daß die Entwickelung Berlins   nach Norden und Nordosten zu alle Förderung verdient. Endlich ist es auch ein fragwürdiges Unternehmen, bei einer Aktion von dieser Bedeutung dem"Magistrat in den Arm zu fallen. Die Rede des Landrats Dr. Busch zur Ver- teidigung des Vorgehens des Kreistages wird man im Ver- waltungsstreitverfahren in beträchtlichem Umfange gerade für die Berliner   Interessen verwerten können.(Zustimmung.) Die Aeußerung auf dem Kreistage, daß der Kreis von Berlin   bloß den Segen habe, daß das Berliner   Gesindel da eindringe, genügt es wohl, niedriger zu hängen. Daß wir mit unserer Klage über den Kreistagsbeschluß und gegen die Selbstverwaltung versündigt hätten, ist ein leeres Schlagwort. Wir haben den Beschlutz be- kämpft, weil er eine Abweichung von der Gleichheit allervordem Gesetz statuiert. Auch in der Selbstverwaltung muß die Gerechtigkeit nach dem SprucheJedem das Seine!" auf- recht erhalten werden. Stadtv. Mommsen(Fr. Fr.): Wir stellen uns einmütig auf den Boden der Vorlage und stimmen ihr gern zu, nicht weil wir den Magistrat nicht im Stich lassen wollen, sondern weil wir finden, daß er damit durchaus auf dem richtigen Wege war. Die Opfer, die wir heute übernehmen, werden uns in der Zukunft sehr ge« dankt werden. Stadtv. Ladewig(N. L.): Mit einer einzigen Ausnahme stimmen wir der Vorlage zu. Obwohl der Preis exorbitant hoch ist, hoffen auch wir, daß uns die große Ausgabe, die jetzt gemacht werden muß, in der Zukunft reiche Früchte tragen wird. Stadtv. Bruns(Soz.): Wir stimmen der Vorlage einstimmig zu. Was den Beschluß des Kreistages betrifft, so habe ich zu konstatieren, daß meine Freunde in demselben die Erklärung ab« gegeben haben, sie würden für die betreffende Vorlage nicht ge« stimmt haben, wenn sie gewußt hätten, daß sie sich gegen Berlin  wende... Die Vorlage wird hierauf fast einstimmig angenommen. Für eine große Anzahl von Rechnungen aus den Jahren 1909, 1910 und 1911 wird nach den Anträgen des RechnungsauS« schusseS Entlastung erteilt und von dem Abschluß deS Lager- b u ch s der Stadt Berlin   für 1911 Kenntnis genommen. Mit sehr umfangreichen Erläuterungen hat der Magistrat der Versammlung jetzt das Bauprogramm und den Vorentwurf zum Neubau einer Heil- und Pflege statte Buch vorgelegt, die zur Aufnahme von Brusttranken(tuberkulösen lungen- und tehlkopfleidendeii Männern, Frauen und Kindern) dienen, die städtischen Krankenhäuser und Heimstätten entlasten und ergänzen und für 500, erweiterungsfähig bis zu 1000 Krankenbetten angelegt werden soll. Der Kostenüberschlag beläuft sich cmf 8)4 Millionen Mark. Stadtv. Dr. Weist(Soz.): Diese Vorlage erfüllt meine Freund« mit großer Genugtuung, denn sie bedeutet unter allen Umstanden einen Schritt vorwärts in der Richtung, unsere Stadt zu verge;und» heitlichen. Wir haben schon seit mehr als 20 Jahren die Forderung aufgestellt, Spezialkrankenhäuser für Tuberkulöse zu errichten; wir haben diese Anregung fort und fort gegeben und durch unablässig« Kritik die Stadt Berlin   zu diesem Ziel hinzudrangen gesucht. ES bedurfte aber erst deS Eingreifens hervorragender Manner der Tuberknlofeforschung, eines Robert Koch  , emeS Bernhard Frankel  «