»Fchrbelliner Platz" erinnern an die gleichnamige Schlacht; schon die Eingangstore zeigen kriegerische Embleme jener Tage. Tie Beleuchtung des Bahnsteigs, der in einer Krümmung liegt, gewährt einen hübschen Anblick. Auf der Fahrt zum„Heidelberger- Platz" wurde die Wandelhalle besichtigt, welche einen Herr- lichen Ausblick auf den Wilmersdorfcr Seepark gewährt. Durch Eisemürcn, welche die Aufschrift„Notausgang" zeigen, gelangte man in die Säulenhalle, welche dem Publikum sonst nur von der Parkscite zugänglich sein wird. Der Uebergang über die Gleise, die unter hochgespanntem Strom stehen, ist nicht ungefährlich. Auf Station„Heidelberger Platz" durfte sich(wie beim Bahn- Hof Jnselstraße) eine freiere Bauweise gestatten, weil die Station wegen der erforderlichen Unterfahrung der Ringbahn, ziemlich tief liegt. Besonders vornehm ausgestattet ist die nörd- liche Vorhalle, von deren Treppen aus man durch zwei elliptisch geformte Bögen in den Bahnhof eintritt. Die folgende Station „Rüdes heimer Platz" steht naturgcmätz unter dem Zeichen des Weinbaues, Gott Bacchus schwingt hier das Zepter über alle Wesen, die ihm Untertan. Besonderes Interesse erweckten die assy- rischen Malereien an den Granitsäulen. Draußen warf man einen Blick auf die Prachtbauten des H a be r l a n d- Villenviertels mit seinen Vorgärten-Terrassen, seinem Laub- und Blumenschmuck. Tie letzte Untergrundbahnstation„B r e i t e n b a ch p l a tz"(früher Ra- statter Platz) erinnert uns schon an die Nähe von Dahlem mit seinen wissenschaftlichen Instituten; an t>en Wänden erblicken wir Tarstellungen aus dem Gebiete der Botanik, Landwirtschaft, der Chemie, der Astrologie usw. Durch den Tunnel geht es über die Dahlemer Strecke, die beim nächsten Bahnhof„P o d b i e l s k i- Alle e" an das Tageslicht tritt. Eine Fahrt über diese Einschnitt- bahn ist besonders interessant, wenn Sonnenschein die herbstliche Landschaft überflutet. Bahnhof„Dahlem Dorf", dessen Emp- fangsgebäude ein Strohdach deckt, wie Bahnhof „T h i e l p l a tz", gliedern sich ebenfalls an ihre ländliche Umgebung. An dem Wagen- schuppen des Bahnhofs wird noch eifrig gearbeitet, ebenso an der „Festhalle ", die sich neben ihm erhebt. Unweit des Bahnhofs thront ein mächtiger Findling, den man beim Bau zutage gefördert hat. Der Steinkoloß wird auf 500 Zentner Gewicht geschätzt; er soll später den Vorplatz zieren. In dem Abnahme-Protokoll wurde der Beginn des Probeb et riebes auf nächsten Montag festgesetzt. Die beiden Schnellbahnen haben eine Gesamtlänge von rund 9 Kilometer.____ Selbstmord eines Jugendrichters. Der Amtsgerichtsrat I. Roeder in der Courbisrestraße 3 hat Donnerstagabend seinem Leben ein freiwilliges Ende gemacht. Man fand ihn, der mit seiner Gattin und Tochter eine elegante Wohnung bewohnte, in seinem Arbeitszimmer mit einem Schuß in der Schläfe auf. Roeder wurde sofort nach dem Elisabeth- Krankenhause ge- schafft, wo er bald nach seiner Anlieferung starb. In einem Briefe, den man im Schreibtische des Toten fand, teilte der Amtsgerichtsrat seinen Angehörigen mit, daß er vor einiger Zeit den größten Teil seines Vermögens durch eine verfehlte Spekulation verloren habe. Herr Roeder war am Amtsgericht Berlin- Mitte Jugend- und Bormundschaftsrichter. In dieser seiner Eigenschaft hat er eine Un- masse von Ueberweisungsbeschlüssen in die Fürsorgeerziehung wegen Borliegens angeblicher Verwahrlosung Jugendlicher erlassen. Verhaftung eines Grafen. Nachdem bereits in der vorigen Woche der in Potsdam bei einem Freunde zu Besuch weilende schlesische Graf Sch. unter dem Verdacht, sich homosexueller Verfehlungen schuldig gemacht zu haben, fest» genommen worden ist, erfolgte am Donnerstag morgen auf Ver- änlassung der Hamburger Staatsanwaltschaft die Verhaftung des in einer Pension im Westen Berlins wohnenden Grafen S. Der Graf nmßte jedoch am Abend wieder freigelassen werden, da. der schon vor längerer Zeit ausgestellte Haftbefehl keine Gültigkeit mehr besaß. Zwischen den beiden Verhaftungen soll keine Verbindung be- stehen. Graf Sch. m Potsdam ist inzwischen ebenfalls wieder auf freien Fuß gesetzt worden, da allem Anscheine nach keine strafbare Handlung vorliegt._ Ein Unter grundbahnhof an der Stralauer Straße. Der Magistrat beschloß in seiner gestrigen Sitzung, an die Allgemeine Elektrizitäts- gesellschast gemäß dem mit ihr am 18. März 1912 abgeschlossenen Vertrage das Verlangen zu richten, an der Kreuzung der Neuen Friedrichstraße und der Stralauer Straße einen Bahnhof für die Untergrundbahn Gesundbrunnen— Neukölln anzulegen. Städtische Bauten. Ferner genehmigte der Magistrat die vom Geheimen Baurat Dr. Hoffmann vorgelegten Entwürfe für den Neu- bau eines Diphtheriepavillons und für die Erweiterungsbauten des Badehauses am Krankenhause im Friedrichshain und des Kinderasyls in der Kürassierstraße._ Gefälschte Geldrollen. Einen Schwindel mit gefälschten Geldrollen betrieb seit einiger Zeit ein Mann, der in der Kleidung und der Mütze eine? städtischen Gasarbeiters auftrat. Er besuchte Zweiggeschäste hiesiger Banken in verschiedenen Stadtteilen, um Papier und Gold gegen Zehnpfennig- rollen einzutauschen. Weil die Rollen das Papier zeigten, das die Gasanstalt zu verwenden pflegt und ebenso gesiegelt waren, wie die Anstalt ihre Rollen zu siegeln pflegt, so kamen die Banken um so weniger auf den Gedanken einer Fälschung, als der Mann ja auch durch seine Kleidung sich auszuweisen schien. Beim Nachwiegen stimmte auch jedesmal das Gewicht ganz genau. Erst wenn die Rollen an Bankkunden gelangten, die kleines Geld gebrauchten. stellte sich heraus, daß sie gefälscht waren. Sie enthielten Holzstäbchen, die genau auf die Länge der Zehn- pfennigrollen abgemessen, ausgehöhlt und mit soviel Blei gefüllt waren, daß sie ebenso viel wogen, wie die Zehnpfennigrollen. Die Kriminalpolizei benachrichtigte alle Bankgeschäfte von dem eigen- artigen Schwindel, und als nun gestern der vermeintliche Gas- arbeiter in einer Filiale im Zentrum der Stadt wieder erschien. holte man einen Beamten und ließ ihn festnehmen. Er entpuppte sich als ein 32 Jahre alter Mechaniker E., ein bisher ganz un- bescholtener Mann, der nach seinen Angaben durch Arbeitslosigkeit auf den Schwindel gekommen ist. In seiner Wohnung im Norden der Stadt fand man bei einer Durchsuchung noch eine ganze Anzahl Holzstäbchen, die zum Teil schon gefüllt und zum Teil noch in Arbeit waren. Der Verhaftete wurde dem Untersuchungsrichter vor- geführt.__ Zu einer Revolverschieficrei kam es gestern abend in einem Lokal auf dem Wedding . In dem Hause Kösliner Str. 17 betreibt . der Gastwirt Joseph Spychalla eine Schankwirtschaft, me hauptsächlich von Polen besucht wird. Bor vier Wochen wollte auch der Straßenhändler Emil D o b r a k aus der Kösliner Str. 16 mit Mei gleichaltrigen Freunden das Lokal aufsuchen. Weil die drei oem Wirt jedoch als Störenfriede und Raufbolde bekannt waren, verweigerte er ihnen die bestellten Getränke. Es kam deshalb zu einem Streit und später zu einer Prügelei; die Folge war, daß der Wirt aus einem Revolver einen Schuß abgab, durch den Dobra k schwer verletzt wurde. Nach seiner Wiederherstellung wurde letzterer am Mittwoch außerdem noch wegen dieses Exzesses zu einem Monat Gefängnis verurteilt. Jetzt schwor er dem Wirt blutige Rache. Mit einem Steinträger Büttner, der ebenfalls in der Kösliner Straße wohnt, drang er gestern abend nach 6 Uhr unvermutet in die Wirtschaft ein. Sie wollten sich ohne weiteres auf den hinter dem Ladentisch stehenden Wirt stürzen, um ihm, wie sie sagten, eine Heimzahlung zu geben. In der Notwehr griff der Wirt"jetzt zum Revolver und schoß auf Büttner. Er traf ihn in den Unterleib, so daß er besinnungslos zusammenbrach. Tobrak ergriff daraufhin die Flucht. Er wurde aber bald darauf in einem Lokal derselben Straße ausfindig gemacht und fest- genommen. Sein schwerverletzter Spießgeselle wurde in bedenk- lichem Zustande nach der Charite gebracht. Johannisthaler Herbstflugwochc. Die Konkurrenzen begannen mit dem Wettbewerb um den kürzesten Auslauf. Hierzu hatten sich Thelen, Rupp, Krieger, Ernst und Viktor Stoeffler uich Jngold gemeldet, die auch sämtlich star- tcten. Es galt bei diesem Wettbewerb in möglichst sanftem Gleit- fluge niederzugehen, um den Apparat in einer Entfernung von höchstens 100 Metern nach dem Aufsetzen auf den Erdboden zum Halten zubringen. Es glückte Rupp mit einem Auslauf von 50,95 Metern Sieger zu werden; Viktor Stoeffler wurde mit 61,80 Metern zweiter und sein Bruder Ernst mit 64,30 Metern dritter. Sablainig, der am Donnerstag vergeblich den Höhenweltrekord mit 5 Passagieren zu brechen versucht hatte, war gestern glücklicher. Auf seinem Union -Doppeldecker, der eine Last von 501 Kilogramm zu tragen hatte, stieg er in 12 Minuten auf 800 und in 15 Minuten auf 1000 Meter Höhe und ging dann in 2 Minuten herunter. Der neue Weltrekord ist also in 17 Minuten aufgestellt worden, einer Zeit, die der Maschine ein glänzendes Zeugnis ausstellt. Fiedler und Reiterer stiegen bis zu 1500 Metern-empor, fanden es dort aber zu böig und landeten nach einiger Zeit. Einen tollkühnen Flug, der leicht ein unglückliches Ende hätte finden können, unter- nahm der Union-Pilot Kanitz. Ter ehemalige Gradeflieger hatte zu einem Höhenfluge gemeldet und stieg, obwohl in der Höhe Luft- Wirbel an der Wolkenbildung zu erkennen waren, mit seinem Passa- gier Töpfer langsam höher und höher. Nach zwei Stunden hatte er 3000 Meter Höhe erreicht und befand sich von dem deutschen Rekord nur noch 100 Meter entfernt. Der Wind wurde aber immer heftiger und zum Unglück brach auch noch der Benzinhebel. Nun bekam der Motor Vollgas und Kanitz war in großer Verlegenheit, wie er den Abstieg bewerkstelligen sollte. Schon in der Höhe von 2000 Metern hatte die Maschine, als sie eine dichte Wolkenwand passierte, Schwierigkeiten gemacht. Das Wasser setzte sich überall fest und ein Zilinder nach dem andern setzte aus. Einen Augen- blick blieb sogar der Mercedes ganz stehen, erholte sich aber wieder und arbeitete weiter, Kanitz mußte also, nachdem er einige Zeit in 3000 Metern geflogen war, niedergehen. Eine Landung mit vollaufendem Motor wäre die sichere Vernichtung der Maschine und der Insassen gewesen. Der Kurzschließer, der den Motor abstellt, versagte, und so mußte Kanitz, der inzwischen bis auf 50 Peter herabgegangen war, sich entschließen, die Hebel, die vom Magnet- apparat den hochgespannten Strom zu den Zündkerzen führen, her- auszuziehen. Diese Arbeit war sebr gefährlich, da zu allem Unglück auch noch der Benzinbehälter leck gewovden war. Da das aus- tropfende Benzin auf den Motor lief, hätte das Flugzeug durch Funkenbildung leicht in Brand gerat enkönnen. Kurz entschlossen nahm Kanitz die Steuerhebel zwischen die Zähne, faßte nach hinten durch und riß die Hebel vom Magneten ab. So konnte er, zwar mit verbrannten Fingern, aber sonst heil, den Erdboden erreichen. Zum Schluß des gestrigen Tages wurden drei Rennen ausgeflogen. Zuerst kamen die schweren Eindecker heran. Hier kämpften Krieger, Jngold, Kohnert und Reiterer um die Palme des Sieges. Erster wurde Jngold, Zweiter Krieger; Gruner hatte-Defekt und war zurückgeblieben, während Kohnert die Wendemarke falsch gerundet hatte. Das Rennen der Doppeldecker wurde in zwei Gruppen aus- getragen. In der ersten Gruppe starteten die beiden Stoeffler. Lindpaintner , Schüler und Janisch. Letzterer blieb Sieger. In der zweiten Gruppe gingen Thelen, Reinus und Kießling an den Start. Erster wurde Kießling, Zweiter Remus, Thelen schied aus. Vorort- JSadmchtem Neukölln . An die Eltern der Arbeiterjngend. Mit rührigem Eifer betätigen sich jetzt in der Schulentlassungs- zeit die Gegner der proletarischen Jugendbewegung. Das will bei einem Arbeitsfelde von über 10 000 Jugendlichen in Neukölln viel besagen. Arbeitereltern, bedenkt, zumal die gegnerische Bewegung auch schon gewisse Erfolge erzielt hat, daß euch eure Kinder durch die chauvinistische Hetz- und Wühlarbeit des JungdeutschlandbundeS entfremdet werden sollen. Dies gilt es zu verhüten. Morgen mittag Punkt 2 Uhr findet in den.Bürgersälen", Berg- straße 147, eine große unpolitische Jugendversammlung statt, in der Dr. Rud. Breitscheid über das Thema:„Proletarische Jugend h e r a u S I" sprechen wird. Proletarische Väter und Mütter, sorgt ftir jugendlichen Massenbesuch!_ Lichterfelve. Für i>ie bevorstehende Delegiertcnwahl zur Allgemeinen Orts- krankenkafse wollen die Vertrauensleute der Gewerkschaften ihre Adresse an Genossen Peter Möckel, Marschncrstr. 3, einsenden. Wilmersdorf . Das Opfer eines räuberischen NcbcrfallS ist in der gestrigen Nacht der Monteur August K. aus der Paulsborner Straße ge- worden. Als K. gegen 11 Uhr die Brandenburgische Straße passierte, traten ihm am Preußenpark drei Männer entgegen und verlangten von dem Monteur die Hergabe seiner Barschaft. Als K. sich weigerte, dem Verlangen nachzukommen, fielen di'e drei über ihn her und schlugen auf ihn ein. Obwohl sich K. energisch zur Wehr setzte, wurde er bald überwältigt, zu Boden geworfen und so lange miß- handelt, bis er die Besinnung verlor. Dann raubten die Burschen ihm das Portemonnaie, in dem sich mehr als 20 M. befanden, und ergriffen die Flucht. Der Monteur, der mehrere blutige Verletzungen im Gesicht und einen Nervenschok erlitten hatte, wurde bald darauf von Passanten aufgefunden und zu einem in der Nähe wohnenden Arzt geleitet. Dann konnte sich der Monteur in seine Wohnung be- geben.— An jener Stelle sollen in der letzten Zeit mehrere derartige Ue Verfälle verübt worden sein. Schmargendorf . Zu der zu gründenden Ortskrankcnkasse soll am Sonntag, vor- mittags lOftz Uhr, in einer Versammlung Stellung genommen werden. Die Versammlung findet im Restaurant Waldkater, Warnemünder Straße 14/15 statt. Eichwalde . Die letzte Gcmcindcvertretersitznng nahm zunächst den Schul- arztbericht entgegen. Aus demselben ist zu entnehmen, daß von 189 untersuchten Kindern 23 körperlich zurückgeblieben, 30 blutarm und 29 kurzsichtig waren, 10 hatten Gehörfehler, 35 fehlerhafte Zähne, 3 Kinder waren zur Heilstättenbehandlung empfohlen, aber nicht verschickt worden, warum, geht aus dem Bericht nicht hervor. Auf die Ausschreibung von 4500 Quadratmeter Mosaikpflaster sind 40 Offerten eingelaufen. Die Angebote schwanken zwischen 30 000 bis 38 000 M.— Die Beschlutzfassung über das„Ortsstatut gegen bauliche Verunstaltung des Ortes" wurde bis zur dritten Lesung vertagt. Der Herr Kreissyndilus soll um ein Gutachten ersucht werden. Bei der Beratung über den vorliegenden Entwurf führte Genosse Allritz aus, daß in dem Ortsstatut unnötige Härten ent- halten seien, wodurch die Bautätigkeit am Orte lahmgelegt würde. — Die Beschlußfassung über die„Erhöhung der Anliegerbeiträge zur Bürgersteigpflafterung" wurde ebenfalls ausgesetzt. Es sollen von anderen Gemeinden Entwürfe eingefordert werden. Der wich- tigste Punkt der Tagesordnung war:„Bericht über die Vorarbeiten zu der am 30. September stattfindenden Gemeindevorsteher- wähl". Hierzu teilte der stellvertretende Gemeindevorsteher, Herr Thom, u. a. folgendes mit: Auf die Bekanntmachung, daß der Ge- meindcvorsteherposten zu besetzen sei, sind 34 Bewerbungen eingegangen. Eine aus vier Gemeindevertretern gebildete Kommission stellt drei Bewerber zur engeren Wahl, zwei noch tätige Bürger- meister und einen Hauptmann a. D. Aus bestimmten Gründen wurden die drei vorgeschlagenen Herren dem Landratsamt zur Be- gutachtung unterbreitet. Als den für Eichwalde geeignetsten Kay» I didatcn empfahl das Landratsamt den Herrn Hauptmann. Bei ' einer provisorischen Abstimmung hat der Herr Hauptmann(Herr Weidner) dann auch die Mehrheit erhalten. In der Debatte über diese Mitteilungen wendete sich Genosse Allritz gegen die Art und Weise, wie die Wahl des Herrn Hauptmanns protegiert worden sei. Der Herr Hauptmann soll sich von allen Bewerbern als der am besten orientierte gezeigt haben. Herr Merz sang ein Loblied auf die altberühmte Sparsamkeit unseres Militärs und er hofft, wenn der Herr Hauptmann als Vorsteher in Eichwalde einzieht, daß eine Verringerung unseres Beamtenpersonals eintreten werde. Ein Offizier hat einen scharfen, klaren Blick und ein solcher Mann sei für Eichwalde notwendig.— Dann wurde die Neuwahl von 8 Kam- Missionen vorgenommen, obwohl dieselben zum größten Teil noch nicht einmal ein Jahr in Tätigkeit waren. Zweck der ganzen Hebung war, wie Genosse Allritz ausführte, ihn, Allritz, aus der sehr einflußreichen, wichtigen Finanzkommission hinauszuwählen. Allritz lehnte daher auch die ihm gnädigst zugedachte Wahl in die für Eichwalde sehr bedeutungslose Armenkommission ab.— In der v. Achenbachstraße war ein Straßenschild und in der Stubenrauch- straße Laternen demoliert worden. Herrn Naninga blieb es vor- behalten, den nichtgcfatzten Tätern politische Motive zu unter- schieben. Der Herr wurde sofort in gebührender Weise von nnse- rem Vertreter und selbst von seinem Freunde Merz zurechtgewiesen. — Die nachdem stattgefundcne geheime Sitzung beschäftigte sich mit der Verleihung des Gemeinderechts an den zu wählenden Gemeinde- Vorsteher. Hierbei kam die interessante Tatsache zur Sprache, daß zufällig nur einer der Herren Bewerber in Eichwalde gemeldet war, daher konnte auch nur dem einen das Gemeinderecht verliehen werden, und das war der Herr Hauptmann Weidner. Gemeldet war der Herr Hauptmann bei unserem stellvertretenden Gemeinde- Vorsteher Herrn Thom. Wie wir nachträglich erfahren, ist inzwischen Herr Hauptmann Weidner zum Gemeindevorsteher gewählt. Bei einer früheren Gelegenheit wurde bekanntgegeben, daß der Herr die Berechtigung zum Tragen der Uniform besitzt, das scheinen die bürgerlichen Herren sich besonders hoch anzurechnen. Spandau . Zur zweiten Stadtverordnetensstzung im neuen Rathause hatten sich wieder eine größere Anzahl Zuhörer eingefunden, die auch bis zum Schluß den Beratungen beiwohnten. Zunächst wurde das Orts- statut über die Verpflichtung zur polizeilichen Reinigung der öffent- lichen Wege im Stadlbezirk Spandau genehmigt und dem Abschluß eines Vertrages mit der Versicherungsanstalt Deutscher Haus- und Grundbesitzer betreffend Vermittelung der Haftpflichtversicherung der Haus- und Grundbesitzer beigetreten. Hieraus wurden zur Zurück- zahlung von überhobenen Kanalisationsbeiträgen an die Pulver- sabrik 14 323 M. aus dem Kanalisationsreservefonds bewilligt. Debattelos wurden dann 10 200 M. bewilligt für. die Auswechselung des Straßenrohrs in der Feldstraße, das dem Gasverbrauch in diese? Gegend nicht mehr genügt. Eine Magistratsvorlage beantragte die Erbauung eines Kesselhauses im städtischen Krankenhause und Beivilligung der Kosten in Höhe von 70 000 M., die durch eine Anleihe ausgebracht werden sollen. Die Anleihe soll mit 3'/z bis 4 Proz. verzinst und mit Proz. getilgt werden. Weiter wurde die Bewilligung von 3500 M. für das Pro- visorium, das bis zum 1. Januar weitergeführt werden soll, ver- langt. Wie Stadtv. Weber mitteilte, mußten im Juni d. I. infolge Durchrostens die beiden Kessel im Krankcnhause außer Betrieb gesetzt werden. Der Betrieb wurde durch eine entliehene Lokomobile, die zum Mietspreise von täglich 12,50 M. zur Aufstellung gelangte, auf- rechterhalten. Stadtv. Lierow kritisierte die hohen Kosten des Pro- visoriums und verlangte die Vorlegung eines Kostenanschlages. Die Vorlage gelangte hierauf nach kurzer Debatte mit letzterer Bestim- mung zur Annahme. Ueber die Bewilligung von 2400 M. für Belegung des Fuß- bodens der Turnhalle der 12. Gemeindeschule entspann sich eine längere Debatte. Wie Stadtv. Walter erwähnte, war die Halle erst 1911 in Benutzung genommen worden, und schon nach einem Jahr haben sich Kinder Splitter eingerissen, weil seiner Meinung nach minderwertiges Material verwendet worden sei. Die Meinungen gingen sehr weit auseinander darüber, ob der Unternehmer Stadtv. Hülsebeck, der die Arbeit ausgeführt hat, haftbar zu machen fei, weil er eine Garantie von fünf Jahren übernommen habe. Genosse Pieck trat energisch dafür ein, daß mit dem jetzigen Submissions- Wesen einmal gründlich aufgeräumt werde. Magistratsmitglieder und Stadtverordnete dürften unter keinen Umständen städtische Arbeiten übernehmen. Im übrigen sei der Unternehmer, wenn er schlechtes Material geliefert habe und fünf Jahre Garantie über- nommen hat, für den Schaden haftbar zu machen. Genosse Götze war gleichfalls der Meinung, daß der Fußboden nicht einwandfrei ist, da direkt zu sehen sei, daß stellenweise minderwertiges Holz ver- wendet sein muß. Die Vorlage wurde hierauf zur nochmaligen Prüfung zurückverwiesen. Die wichtigste Vorlage betraf die Errichtung einer Badeanstalt in der Wilhelmstadt. Hierüber lag eine Vorlage zur Kenntnis- nähme vor, wonach das Gutachten über die Scharfe Laake ein- gegangen sei und die Allen demnächst der Versammlung vor- gelegt werden sollen, ein fester Vorschlag für die Errichtung der Badeanstalt aber noch nicht gemacht werden könne. Stadtv. Rupke führte aus, daß die Angelegenheit schon seit 1904 schwebe und der Magistrat beinahe zehn Jahre dazu gebraucht habe, um ein Gut« achten zu beschaffen. Wenn im Gutachten gesagt sei, das Wasser im Grimnitzsee und der Scharfen Lanke sei für Errichtung einer Fluß- badeanstalt nicht geeignet, so treffe das nicht zu. Stadtbaurat Paul stieß mit seiner Mitteilung bei den meisten Rednern auf Widerspruch, für die Wilhelmstadt ein Hallenschwimmbad zu errichten. Hierzu habe sich der Magistrat entschlossen, da die Kosten für die Errichtung einer Flußbadeanstalt zu hohe seien. Genosse Pieck kritisierte, daß hier, wo es sich um eine Kulturaufgabe, um das Wohl und Wehe eines ganzen Stadtteils handle, kein Geld dafür vorhanden sei. Wenn es sich aber um Aus- gaben für den Militarismus handle, dann sei Geld in Hülle und Fülle vorhanden. Redner wünschte, daß der Magistrat jetzt endlich mit mehr Eifer an die Errichtung einer Flußbadeanstalt für die Wilhelmstadt herangehe. Stadtv. Dr. Kantorowiez hielt das Wasser des Grtmmtzsees und der Scharfen Lanke mindestens ebenso ge- eignet für Errichtung einer Flußbadeanstalt, wie es das Wasser in Berlin sei. Nachdem noch eine Anzahl Stadtverordnete hierzu ge- sprochen hatten, wurde die Debatte über diesen Punkt beendet. Für Erweiterung des Friedhofs in der Pionierstraße wurde die Bewilligung der Kosten in Höhe von 72 000 M. verlangt. Da zu- nächst nur die eine Hälfte der Erweiterung zur Ausführung kommen soll, sv sollen 36 000 M. hierzu aus den Ueberschüffen des Rechnungs« jahres 1912 entnommen werden. Die Mittel für die andere Hälfte der Erweiterung werden später in einer besonderen Vorlage be- antragt werden. Die Stadtverordneten Wolter und Weber sprachen sich gegen die Vorlage aus, da erst ein genauer Kostenanschlag auf- gestellt werden müsse. Werde eine runde Summe bewilligt. so werde das ganze Geld einfach verpulvert, wie man das am besten am Wröhmännerparl gesehen habe. In der Debatte wurde auch wieder angeregt, den einzelnen Fraktionen aus- führliches Material zu den Vorlageu zugehen zu lassen. Die Vor- läge wurde mit knapper Majorität angenommen. Bei der Besprechung des Gesuches des Brückenwärters Ouast um Gewährung einer Pension machte Stadtverordneter Wolter recht interessante Mitteilungen. Danach ist dem Brückenwärter nach 22 jähriger Dienstzeit deshalb plötzlich gekündigt worden, weil er mit einein höheren Polizeibeamten eine Differenz� hatte. Trotzdem er sich zur Bedienung der Brücke auf seine Kosten noch einen Arbeiter halten mußte, betrug sein Monatsgehalt nur 78 M. Da die jetzt mit der Bedienung der Brücke betrauten städtischen Arbeiter die Arbeiten mcht zur Zu- friedenheit ausführe», stellte Oberbürgermeister Koeltze in Aussicht, den alten Brückenivärter wieder anzustellen. Die weitere Debatte über diesen Punkt wurde in die geheime Sitzung verlegt. Nach Erledigung einer Reihe kleinerer Vorlagen wurde hierauf die öffentliche Sitzung geschloffen.
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