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Nr. 261. 30. Jahrgang.

Beilage des Vorwärts " Berliner Volksblatt. Oftpreußischer Pferdehandel.

Montag, 6. Oktober 1913.

Nach der Melodie: Der Jäger aus Kurpfalz".

Viel Pferde braucht der Staat

Zum Reiten und zum fahren halt.

Major, nun komm daher

Und kauf, was Dir gefallt!

Jabi, jaho! Gar luftig ift der Pferdekauf Allhier im Preußenland.

,, Was bringft Du für ein Bieft?

Hch, Bauer, Du bist nicht gefcheidt!

Ich kauf die Mähre nicht;

Geb, bring's dem Itzig Veit."

Jabi, jabo! Gar luftig ift der Pferdekauf

Allhier im Preußenland.

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1400 M 19

goom

Ei wai! Was for e ROB! Neunhundert will ich wenden dran. Mehr ift das Vieh nicht wert,

Du dummer Bauersmann!"

Jabi, jabo! ufw.

Das Pferd nimmt Itzig Veit

and kommt damit zum Herrn Major!

,, Ich hab' e fein Remont',

Was zabl'n Se, mir davor!"

Jabi, jaho! ufw.

,, Gib her das fchöne Tier

and Vierzehnbundert zabl' ich fchnell.".

So macht noch manch' Geschäft

Major und Jud reell.

Jahi, jaho ufw.

Der Turm.

Sein Haupt hüllt Schweigen, trunken von Sonne ist jeder Stein,

und nächtlings, wenn die Sterne sich neigen zu ihm, dann strahlt im roten Schein

der kupfergeschmiedete Scheitel hell über Land, als wäre er der Sonne heiliger Brand.

Viel hundert Jahre starrt sein eisiger Blick hinab auf das Durcheinander der regsamen Erde. Kalt läßt ihn der Menschen und Dinge verworren Geschick. Was trennt dies von dem der Hunde, Katzen und Pferde?

Immer das eine alltägliche Brot:

die Angst vor dem Leben; Furcht vor dem Tod!

Und sah er auch manchen, der aus des Wirrsals Kreis sich erhob wie ein seltener Baum aus dem Gestrüpp seiner Zeit,

ihm wurde deshalb sein steinernes Herz nicht heiß, lachte nur heimlich, wenn vor dem vermörtelten Kleid seines Quadernleibes der Kühne, umkreist von der Menge, im Blute lag, getroffen von hunderter Fäuste wütendem Schlag. Menschentat! Ob die nun aus zahlloser Hände Schalen entſprang, ob sie der mächtige Griff eines einzelnen schuf und

erzwang,

ob sie ward in der Stunde oder im Werden hundert Jahre geschaut. sie mußte vergehen, denn alles an ihr war in Lärm und

Streit erbaut.

Nur er, der im trostlosen Schweigen tausender Büßer und Knechte entstand, blieb Sieger über die Zeit, über das lärmtolle Land. Alfons Pezold.

Die ,, fchlummernde Nymphe".

des aus:

-

Paris ausge

list auch die Sitte. Ich habe in Frankreich nommen, Spanien , Italien nicht annähernd so viele Nuditäten und erotische Schriften ausgestellt gesehen wie im Norden, speziell Der Herr Staatsanwalt, der gegen die schlummernde in Deutschland . Das hängt mit der Sitte zusammen. Während Nymphe" vorgehen zu müssen glaubte, um das Volk zu schützen, hat bei unseren Festen eine weitgehende Enthüllung des weiblichen dabei wohl die Ueberzeugung gehabt, daß er alle Frommen im Oberkörpers erlaubt ist, verbietet die Sitte den Damen die zu­Lande auf seiner Seite haben werde. Dem ist nun nicht so. Es fällige Enthüllung bei der Pflicht des Stillens. Warumwollen, gibt auch fromme und sehr fromme Leute, welche über Kunst und wir uns nicht zur Tatsache bekennen, daß der Moral, Sittlich und Unfittlich etwas anders denken als der An- Mensch ohne Gewand erschaffen ist? Nicht die Kläger in Moabit . Ja, es ist sogar das Entschliche vorgekommen, Schwarzseher und Pharisäer dürfen den Aus. daß in einer Versammlung der bekannten deutschen Sittlichkeits- fchlag geben. Die christlich Gesinnten dürfen auch Vertrauen bereine, deren Sympathie der Herr Staatsanwalt sicher zu sein zu der Gnade haben, an die sie mit dem Munde glauben. Selbst­annehmen durfte, genau das Gegenteil ausgeführt und von den verständlich ist die Kunst in der Behandlung des Nackten und Ero­anwesenden Klerikalen mit großem Beifall als richtig erklärt tischen nicht vollständig frei, denn auch der Kunstverständigste ver= wurde. Das geschah in München Mitte September 1913. Dort mag sich dem Inhalt nicht zu entziehen. Manche Motive sind des sprach ein angesehener katholischer Kunsthistoriker, Dr. Joseph Popp, halb von vornherein ausgeschlossen. Die geschlechtlichen Eigen in öffentlicher Versammlung, und in Gegenwart des Abtes fchaften des reifen Körpers dürfen nur distret und nebensächlich Danner von St. Bonifagius und anderer klerikaler Größen über gegeben werden. Die Oeffentlichkeit hat ein unbedingtes Recht Kunst und Moral, und führte über den Punkt, der die darauf, daß das sittliche Niveau nicht sinkt und deswegen muß " schlummernde Nymphe" betrifft, nach klerikalen Berichten folgen- alles ferngehalten werden aus Schaufenstern und öffentlichen Plätzen, selbst manchmal Reproduktionen von Meisterwerken, denn Man muß, um ein Kunstwerk zu verstehen, Reproduktionen sind nur ein Auszug und können nie so wirken wie seine Sprache verstehen. In ihren höchsten Leistungen ist das Original. Es muß aber auch unterschieden wer Es ist ein Unter die Kunst ebenso wenig jedermanns Sache, wie die den zwischen dem Publikum. höchsten Leistungen der Wissenschaft. Inwieweit ist das Häßliche schied, ob Großstadt, Kleinstadt oder Flachland in der künstlerischen Darstellung erlaubt? Giebt es eine Erlaubt- in Betracht kommt. Die Großstadtjugend wird heit des Häßlichen auch in moralischer Beziehung? In der Fähig- manches ohne Schaden ansehen, was ein Erwach keit der Kunst, über den Inhalt hinaus allein durch die Darstellung sener in der Provinz nie ohne Schaden ansehen zu interessieren, liegt die Berechtigung der Kunst, bis zu einem kann. Anders verhält es sich mit den Ausstellungen, wohin das gewissen Grade das Häßliche wiederzugeben, wie in der dramati- Publikum von vornherein nur der Kunst wegen hingeht. Noch schen Kunst Verführer und Mörder interessieren können. Im bewegungsfreier ist die Ausstellung in den Museen und Galerien. Radten selbst liegt die Berechtigung der Dar... Das wichtigste Mittel ist die Erziehung des Menschen und, stellung, auch auf die Gefahr hin, daß der In- eine gesunde Gewöhnung an das Nackte, eine ge­halt manchem gefährlich wird. Die Kunst muß uns die wisse Abhärtung." Idealgestalt, die paradiesische Urform des menschlichen Körpers Diese Ausführungen sind vom dogmatisch gebundenen und, wiederherstellen. Die Frage nach der Erlaubtheit der nackten und konfessionell engen Standpunkt aus gemacht, und es dürfte die erotischen Darstellung hängt nach christlicher Auffassung davon ab, Rücksicht auf die Sittlichkeitsvereine dem Vortragenden Vorsicht wie, weit solche Darstellung die Sinnlichkeit zu erregen vermag. diftiert haben. Nichtsdestoweniger stehen sie mit den Aus.. Man muß aber hier eine Unterscheidung machen, die meist nicht führungen des Staatsanwalts in dem genannten Prozeß in einem gemacht wird: Es gibt, wie eine berechtigte Erregung und Befrie- so grellen und scharfen Gegensatz, daß man sie ihm nur zum digung der Sinne, so auch einen berechtigten und zu gründlichen Studium empfehlen kann. Es wäre ja ein Schauspiel Iässigen Kunstgenu. Wir wollen ein gewisses Mit für Götter, wenn die Staatsanwaltschaft in der Beurteilung der schwingen des Sinnlichen bei der Betrachtung des Nadten gelten Darstellung des Nackten sich engherziger und sittlicher gebärden lassen, aber damit ja nicht die billigen Phrasen von der schönen würde, als die in ihrem Kampfe gegen das Nackte und die Kunst Sinnlichkeit unterstützen. Von weitgehender Bedeutung sich doch immerhin reichlich prüde gebende katholische Welt.