Verwertung durch Herrn Migge bedarf der ausdrücklichenschriftlichen Genehmigung des Herrn Ochs.Auf der anderen Seite ist Herr Migge verpflichtet, dafür Sorgezu tragen, daß regelmäßig und tunlichst rechtzeitig Veröffent-lichungen über Arbeiten und Projekte der Firma durch Wort undBild erläutert in den für die Firma zweckdienlich sich ergebendenZeitschriften und Zeitungen erscheinen.Bei sämtlichen derartigen Veröffentlichungen ist indes stetsunter folgendem Wortlaut„Jacob Ochs Gartenbau Hamburg,Künstlerische Leitung Lebr. Migge"zu firmieren...Es dürfte schwerlich einen Sinn haben, der Firma Ochs dieBrutalität dieses Paragraphen zu Gemüte führen zu wollen.I Obwohl sie aber Ochs heißt, dürfen wir vielleicht mit einigenkurzen Worten an ihren Verstand appellieren.Der letzte Absatz dieses Vertrages'ist nicht nur kapitalistischfrech, sondern in gleichem Maße auch kapitalistisch dum m. Wennumn schon Herrn- Migge verpflichten wollte, in Zeitungen und Zeit-schriften für die Firma eine wirkungsvolle und unbezahlte Re-klame zu machen, hätte man wirklich darauf verzichten müssen, dieReklameaufsätze durch die volle Unterschrift der kaufmännischenFirma eben als Reklameaufsätze zu kennzeichnen.Herr Leberecht Migge hat in diesem Fall gegen den kapita-listifchcn Stachel geleckt und seine Stellung aufgegeben.strenge Einwanderungskommission jedoch hat dem Liebespaar einendicken Strich durch seine Rechnung gemacht. Das Betretendes freien Landes wurde den beiden verweigert, trotzdem sieerklärten, daß sie sofort heiraten würden, wenn die Scheidung derFrau erfolgt sein würde. Wie schon gesagt, der Uankee ist sittenstreng und moralisch— wenn es sich um andere handelt. Auchauf ihn trifft Heines Wort zu: Sie trinken heimlich Wein undpredigen öffentlich Wasser!Der Clou der"Jahrhundertfeiern.Am 18. Oktober wird zum Andenken an die Völkerschlacht beiLeipzig auf dem Schlachtfelde ein Völkerschlachtdenkmal enthülltwerden. Seit Monaten wird in der bürgerlichen Presse die Re-klametrommcl gerührt, damit die zahlreich zu erwartenden fürst-lichen Gäste genügend Volk vorfinden. Für ll>ö M. pro Platzkann man sich der Hautevolee einreihen. Wem aber die blauenScheine nicht so lose sitzen, der kann schon für 6 M. unter dem gewöhnlichen„Volk" seinen patriotischen Gefühlen freien Lauflassen. Für den. der die vaterländische Geschichte kennt, stellt sichgerade diese Jubelfeier als ein ganz absonderliches nationales Festdar. Da bringen die Nachkommen Hochs auf die nationale Einheitaus, während ihre Vorfahren bei der Völkerschlacht bei Leipzigauf feiten des korsischen Eroberers gestandenhaben. Sachsen feiert natürlich mit, und doch gingen erstnach Leipzig die Sachsen zu den Feinden Napoleons über. Ganzähnlich liegt es bei den aus Bayern und Württemberg zuerwartenden Gästen. Auch ihre Vorfahren standen treu zuNapoleon, bis sie erkannten, daß es nun Zeit sei, zum Feindeüberzugehen, da sonst der Thron ins Wackeln geraten könnte. Eskommen Gäste aus einzelnen Kleinstaaten, bei denen Napoleon imVorbeigehen nur vergessen hatte, diese Staatengebilbe vom Erdboden verschwinden zu lassen. Auch unser treuester Bun-desftcund im Osten, Rußland, nimmt offiziell an der Jubel-feier teil. Dabei war es gerade der russische Heerführer Witt-gen stein, der Blücher und andere durch sein feiges Zau-dein in dick» größten Schwierigkeiten brachte.Alle nehmen sie teil an der Feier des Niederringens des kor-fischen Eroberers, nur einer fehlt: das wirkliche Volk! Esweiß, daß die Jubelfeier der Befreiung erst in künftigen Tagenbegangen werden wird.UebrigenS wird bei dieser Feier der technische Betrieb des„ReichsanzeigerS" zeigen müssen, ob er den modernen Anforde-rungen gewachsen ist. Bei dem zu erwartenden außerordentlichenOrdensregen ist die pünktliche Herstellung der Ordensliste keineKleinigkeit. Denn das Wichtigste ist doch nicht, daß man einenOrden bekommt, sondern daß die anderen mit grimmem Neidlesen müssen, daß General X., Major D. und Museums-diener Z. dekoriert worden sind.Slutracke auf Sarcimien.Eine an die schlimmsten Zeiten des Mittelalters ge<mahnende Tragödie spielt sich, wie uns unser römischerKorrespondent schreibt, seit sechs Jahren zwischen denFamilien C o r r a i n e und C o s s u in Orgosola aufSardinien ab. Es handelt sich um einen Familienzwist, derseinen Anfang in einer Erbschaftsstreitigkeit hat und in einerverweigerten Eheschließung. Die beiden Familien hatteneinen gemeinsamen Onkel, der in dem Rufe stand, einen Schahvon über 200 OVO Lire in Gold zu besitzen. Als er starb, wurdedas Geld nicht gefunden, so daß nur die großen Ländereiengeteilt werden konnten.. Der Verdacht, das Geld zurückbe-halten zu haben, fiel auf Giovanni C o r r a i n e. dessen Sohnman deshalb die Hand einer Cousine, Maria C o s s u. ver-weigerte. Seit diesem Tage wurden die Cossu beständigbedroht. Man tötete ihnen das Vieh auf der Weide und hingihnen Schafhäute vor die Fenster, die mit Messerstichen durch-bohrt waren, was in Sardinien eine Todesdrohung bedeutet.Das erste Todesopfer fiel aber aus der Familie der Cor-r a i n e. Ein Verwandter der Cossu erschoß einenC o r r a i n e. Nachdem beide ifut einander gerungen undder viel stärkere C o r r a i n e den Gegner entwaffnet hatte,gab er ihm als Zeichen der Nichtachtung das entwundene Ge-wehr zurück. Der Besiegte entfernte sich und erschoß seinennehmen ihr letztes bißchen Mut, den letzten Rest ihrer Energie zu-stimmen und streichen ihr Leben aus— aus der Kulturmensch»heit, ja.Schwerer— und jedenfalls länger— leiden die, die ihre letzteKraft verzweifelt ans Leben hängen und Stunde für Stunde, Tagfür Tag mit dem Gespenst ringen; deren Sinn unablässig nur vondem einen Gedanken beherrscht und befeuert wird: Brot, Brot!„Da ist ein Rembrandt für ein paarmal hunderttausend Mar!verkauft worden."Schön, Herr Professor, aber—„Gpethe ist in einer neuen Luxusausgabc erschienen..."Ja, Herr, Professor, aber—„Richard Wagner wird frei..."Ja, ja, gewiß. Aber—„Der Südpol ist entdeckt..."Erfreulich, aber—„Welch grandioser Triumph der Technik: der Panama-kanal..."Wohl, wohl, aber—„Wohin Sie blicken, überall sehen Sie ein beispielloses Blühendxr Kultur."Ueberall? Ein Blühen?Ich sehe ein entsetzliches Verdorren und Verkümmern.Sehe, daß man Hunderttausende von jungen frischen Lebenleiblich und seelisch zum Siechtum verdammt; sehe den Strom derKranken, Elenden und Verbrecher in die weit geöffneten Tore derSpitalc, Asyle, Irrenanstalten, Gefängnisse, Zuchthäuser fließen,sehe—Ach ja. dann sehe ich unsere Kultur:Wie Aerzte, Psychiater, Juristen und andere MenschenfreundeHeilung, Besserung, Rettung beraten.Und wenn hundert von diesen Hunderttausend mühsam wiederaufgerichtet und einem gesunden Dasein zurückgegeben wordensind, dann, seht, dann erklingen wieder die Triumphreden unsererKulturträger: Wie herrlich weit haben wir es doch gebracht! Ist'snicht eine Lust, zu leben?Nein, es ist kein« Lust zu leben.Oder doch nur für die Leute mit einem robusten Gewissen.Nur für die, die sich berauschen können an dieser sogenanntenKultur, die wie dünner Lack unser Barbarentum übertüncht.Nur für die, die nicht sehen können, nicht sehen wollen.—Wir aber sind die Barbaren.Weil wir nicht mit einstimmen in den Löbgesang.Weil wir ihrer„Kultur" das Gespenst der Unkultur zeigen: denHunger— den ganz gemeinen leiblichen Hunger, der wühlend undnagend die Eingeweide der Menschheit zerfrißt.Gegner, als dieser ihm den Rücken wandte. Ter Mörderwurde flüchtig, aber die Verwandten des Ermordeten fingenihn und hätten ihn getötet, wenn nicht der Stammesältcsteder C o r r a i n e, der Vater des Ermordeten, darairf be-standen hätte, ihn den Gerichten zu übergeben. Vor denAssisen wurde der Mörder freigesprochen, was mandurch Bestechung der Geschworenen durch die Reichtümer derC o s s u s erklärte.Von diesen: Tage an begann ein Krieg zwischen denbeiden Geschlechtern, dessen Ende heute nicht abzusehen ist.Zunächst versuchte man in: Winter 1909 das Haus derCossu durch Dynamit zu sprengen, ohne aber den Zweckganz zu erreichen. Tos Gebäude wurde schwer beschädigt,aber niemand getötet. Seitdem ist von der Familie Cor-r a i n e ein Mitglied getötet worden. Die Mörder drangenin sein Haus und erwürgten ihn in der Nacht. Als sie denLeichnan: wegtragen wollten, wurden sie von einem Kindegesehen: wenigstens nimmt man das an, denn ein zehnjährigerKnabe, der in dieser Nacht vor das Tor des Nachbarhauses ge-gangen war, verschwand und ist nie wieder aufgefundenworden. Die Leiche des C o r r a i n e wurde vorläufig in den:Hause einer befieundeten Familie der C o s s u versteckt, wozwei junge Töchter des Hauses sie sahen und sich so sehr er-schreckten, daß sie kurze Zeit darauf starben. In der nächst-folgenden Nacht warf man dann die Leiche des Ermordete>:in den Brunnen seines Hauses. Ter Arzt gab an. daß einSelbstmord vorliege, und mußte aus dem Orts fliehen, umsein Leben vor der Rache der C o r r a i n e zu retten. Seit-dem ergab sich Giovanni C o r r a i n e, der Sohn des Er-mordeten, dem Banditenleben im Verein mit drei Individuen,die wegen gemeiner Verbrechen vorbestraft waren. TieBanditen haben in den letzten Monaten fünf Mitglieder oderFreunde der Familie Cossu ermordet, zwei halbwüchsigeJungen geraubt, ohne daß man über ihr Schicksals etwas weiß,und über zehn Personen schwer verwundet. Die Beliördenhaben je 10 000 Lire Kopfgeld für die Tötung oder Verhaftungder Banditen ausgesetzt, die Familie Cossu weitere 4000Lire. Trotzdem und obwohl die ganze Umgebung mitKarabinieri besät ist, hat man der Banditen noch nicht habhaftwerden können. Die Knaben, die sie geraubt haben, befandensich unter der Bewachung von acht Karabinieri und ent«gingen doch nicht ihrem Schicksal. Tie Banditen zeigen jedeihrer Bluttaten vorher an und vollbringen sie auch am hellenTage. Man hat jetzt die Mutter. Schwester und Braut vonGiovanni Corraine verhaftet, und diese verfluchten nochauf dem Wagen, in dem man sie ins Gefängnis brachte, dieFamilie Cossu, von der überhaupt nur noch vier Personeniibrig sind. Zwei von diesen, die beiden Männer, sind aus-gewandert, zwei Frauen leben in ihrem Hause in Orgosola.das von Karabinieri bewacht ist und in dem fast alleTüren und Fenster zugemauert sind. Die Banditen habenwissen lassen, daß sie sich lebend nie ergeben würden, aber denKarabinieri nichts zu leide tun wollen, wenn sie sich nichtim Zustand der Notwehr befänden. Die öffentliche Meinungdes noch halbbarbarischen Ortes ist ganz auf feiten derFamilie Corraine!_Spiel und Sport.Den: Arbeitersport dient seit knrzem eine besondere Bei-läge der Arbeiter-Turnerzeitung".„Jugend und und Sport".Illustrierte Zeitschrift für körperliche Erziehung— so nenntsich die Beilage—, erscheint alle 14 Tage und bringt Be-sprechungen über verschiedene die Arbeiterschaft interessierendeSportarten. Da es sich um eine Gründung der Arbeiterturnerhandelt, so beschäftigen sich auch die einzelnen Darlegungenmit den: von den Turnern gepflegten Sport: mit der Leicht-athletik, mit Fußball, auch dem Schwimmen wird Aufmerk-samkeit gewidmet.Sportministcrium.Wir lesen in„Jugend und Sport":Wer da behauptet, Rußland 1«: cm kulturell rückständigesLand, der wird durch einen Ukas des Zaren eines anderen delehrtwerden. Durch diesen Ukas ist ein Sportmimsterium, mit einemneuernanntcn Sportminister an der Spitze, gebildet worden. Be-»Befriedigt diesen Hunger— und der Hunger nach Kultur'wirderwachen.Brot dem Manne, der Frau und vor allem, vor allem denKindern!ES gibt keine größere Kulturtat.Aber vorher seid nicht stolz, seid ja nicht stolz!Denn bis dahin seid Ihr Barbaren.Schlimmer als diese.KelheimUches.Die„Fränkische Volkstribüne" hat aus dem„Vorwärts" das Bild zur Kclhcimcr Feierentnommen und ihr R-daiteur ist dasür wegenBeleidigung des Prinzregcnten zu einemMonat Festung verurteilt worden.In Kelheim trafen sich die Herrn(Zwei Dutzend fast) von Gottes Gnaden.Die Bürger preßten froh die SchiernAn den verschlossnen Fensterladen.Die Polizei in langen Rcihn,Das Militär in tiefen Gliedern,Man sah die Fürsten kaum, doch einGefühl brach los im Hurraschreiu:Wir sind ein einig Volk von Brüdern!Dies malte nun ein Maler zierlich.So impsrator, rex und dux,DaS sah die Polizei und flugsErkannte fies als konsiszierlich.Nun nah'n auch Sie. Herr Staatsanwalt.Der Sic von jeher auf uns brennenUnd meinen, hierbei die GestaltDes Prinzregenten zu erkenn«!:.Und sagen:„Hm.. und meinen:„Aeh..Ter... also... jener... wie ich sagte...'nem Troddel gleicht.. Sie schweigen jähAls ob Sie eine Ahnung packte.Herr Staatsanwalt, das tut ja nix,Denn das Gericht ist schon im ReinenUnd packt den Sozen strengen BlicksWie immer an den Hammelbeinen.Daß Sie von Troddel... hm und soAls von Beweisen sich ergingen...!Tut nichts. Sie setzen sich doch ftohUnd hochbelobt auf den Popo,Dieweil Sie einen Sozen singen!Vom Jahrmarkt des Lebens*Hrrnes Braunfchweig.Die Braunschweiger Patrioten sind in ihren höchsten Erwar-tungen geiäuscht worden. Schon waren aus den Bratenröcken dieMotten geklopft und den Angströhren war ein neuer schimmernderGlanz angebügelt worden, alles war vorbereitet, den neuenHerzog von Preußens Gnaden mit der geziemenden Untertänig»keit einzuholen. Da ereignet sich das schier Unglaubliche. ErnstAugust will nicht, er will partout nicht, wenn ihm neben der Her-zogswürde von Braunschweig nicht auch das etwas schemenhafteAnrecht auf Hannover erhalten bleibt. Dieses Fiasko der preutzi-schen Diplomatie konnte selbst ein B e t h m a n n nicht voraus-sehen; hatte sich doch ein hervorragender junger Diplomat undRechtsgelehrter, Prinz August Wilhelm, der mit heißem BemühnCameralia und andere Dinge studiert hatte» um das Zustande-kommen der Eh» zwischen seiner Schwester und dem Welsen Aller-höchst sich bemüht. Beinahe wäre die ganze Sache vor der Hoch-zeit noch in die Brüche gegangen. Nur dem diplomatischen Ein-greifen August Wilhelms, der den widerstrebenden und ausreißen-den Ernst August zurückholte, ist es zu danken, daß nicht zweiHerzen mehr in hoffnungsloser Liebe sich verzehren.Armes Braunschweig! Was soll aus dir werden, wenn nichtbald ein„angestammtes" landesväterliches Auge vorsorgend deineGeschicke lenkt. Bete, daß der Herr die Herzen der Beteiligtenerleuchte, damit der rechtlich dir zukommende Herzog von GottesGnaden dir bald beschert werde. Denn es ist ans die Dauer un-möglich zu ertragen, daß der Schwiegersohn des Deutschen Kaisersals Prinz ohne Land herumläuft.Die moralischen Yankees.Die smarten Amerikaner können bei aller Robustheit auchsehr moralisch sein. Robust sind sie, wenn es sich um die grenzen-jose Ausbeutung der Arbeitskraft oder um das mutige Ertragenunglaublicher Polizeiskandale handelt. Aber der geschäftstüchtigeAmerikaner ist bei all seiner Robustheit auch ein gläubiger Christ.Er muß daher auch die Tugenden des Christen beweisen, moralischsein und sittliche Verfehlungen verabscheuen. Das heißt natür-lich, soweit es sich um die Moral und Sittlichkeit der anderenhandelt. Zur vollen Höhe der Sittenstrenge und Moralität hatsich die vom Staate New U o r k eingesetzte Einwanderung S-Kommission emporgeschwungen. Der in England sehr be-kannte Jockei Dillon hatte für die Varietesängerin Mary Lloydtiefe Neigung gefaßt, die auch erwidert wurde. Was war da ein-facher, als nach dem freien Amerika zu fahren und dort dieScheidung der Frau von ihrem Manne abzuwarten. Die sitten-Etwa so: Die hervorragendsten Geister aller Fakultäten, denen»in günstiges Geschick eine vollendete Ausbildung und EntWickelungermöglichte, wirken als Gärtner, erfüllt von demselben sorgsamenund liebevollen Geiste, der über Blumen. Büsche und Bäume wacht.Ihr Ziel und ganzes Sein kulminiere in dem heißen Bestreben, daswuchernde. Unkraut der Unwissenheit und Verderbtheit in derMenschheit auszureißen und ihre warnende, scheuchende, ankla-gende Stimme zu erheben, wenn großes oder kleines Raubzeugnahe, um die Aufwärtsentwickelung zu stören. Die Aufgabe dieserKulwrhüter sei es, die ganze Kulturmenschheit zu Kampf undWiderstand aufzurufen, sobald die zur Vordertür hinausgeworfeneBarbarei zur Hintertür wieder hereinkomme. Nicht ruhen undrasten sollten sie, wenn sich aus dem Kleide der Kulturmenschheitein Schandfleck zeigt, bis dieses Kleid wieder gereinigt und ganzsauber ist. Ganz, ganz sauber....Worauf ist die Kulturmenschheit nur so stolz?Ich denke nach und suche.Und werde kleiner und kleiner.Ein Gespenst geht durch die Gassen.Ein hohnlachendes Gespenst.Der Hunger.Es ist immer da, hockt immer in irgendwelchen dunklen Eckenund grinst.Die Kulturmenschheit grinst es an.Stößt hier einen nieder und da.Heimlich, ohne viel Aufsehen zu machen. So ganz nebenher.Nur das Bureau, in dem die Armenleichen registriert werden,merkt'S, weil die Nummern im Register immer höher werdenAber zu Zeiten wächst das Gespenst und geht auf die Gasse.Ganz offen und herrisch; denn seine Zeit ist wieder einmal ge-kommen.Die Zeit der Massenernte.In jedes Haus, da Arbeiter wohnen, kehrt es ein. Kehrt einund würgt und mäht.In allen Zeitungen knallt eS: Kultur, Kultur! Ueber demStrich, unter dem Strich.»Und nur im lokalen Teile stehen ein paar anspruchsloseNotizen:„Gestern erhängte sich der Maurer..."„Erschossen hat sich..."„Ins Waffer gegangen ist die Frau eines Arbeiters..."«Als Ursache wird anhaltende Arbeitslosigkeit angenommen..."„Nahrungssorgen bilden das Motiv der Tat."„Weil sie den Kindern nichts zu essen geben konnte.,Und so weiter.Vielleicht— schwer schreibt's die Feder hin— sind die, die frei-Willig sterben können, noch nicht die Allerbedauernswcrtesten. Sie