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Nr. 267. 30. Jahrgang.

5. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Sonntag, 12. Oktober 1913.

Gerichts- Zeitung.

Schleifen als Plakate.

Das Kammergericht verwarf die Revision des Angeklagten. Es führte aus, die Vorentscheidung laffe keinen Rechtsirrtum" er­tennen und im übrigen scheitere die Revision an der tatsächlichen Feststellung des Landgerichts.

Mordversuch gegen seine Ehefrau.

Vor dem Schwurgericht des Landgerichts III   stand unter der Anklage des versuchten Mordes an seiner Ehefrau der Arbeiter Johann Schilling, ein Mann, der früher bessere Tage gesehen, mit Der Gärtner Gay hatte am 14. und 15. März im Schau- Rechtsirrtum" vor, wenn das Landgericht das Vorhandensein und als diese längere Zeit im Krankenhause lag, verkaufte er das Auffällig ist die Annahme des Kammergerichts, es liege fein seiner Frau eine Plättanstalt besessen hat, aber später auf die schiefe Ebene geraten ist. Er lebte mit seiner Frau in Unfrieden fenster seines Geschäfts verschiedene rote Aranzschleifen aufge- eines Blatats bejahte und deshalb das Vorliegen einer Nach Geschäft und gab das Geld aus. Es tam dann wiederholt zu hängt, die zu Kränzen gehörten, welche die Arbeiter verschiedener richt über den gewerblichen Verkehr" als nicht vorhanden annahm, heftigen Szenen zwischen den Eheleuten, die sich aus der Forderung Fabriken bei ihm bestellt hatten und die sie am 18. März auf dem weil die Inschriften auch für die Ziele des Märztampfes Propa- des Angeklagten um Geld, das ihm die Frau nicht geben wollte, Friedhofe der Märzgefallenen in Berlin   niederlegen wollten. Die ganda machen sollten. Ist wirklich die Annahme nur ein tatsäch entwidelten. Am 1. Juli d. J. befand sich Frau Schilling zu Besuch im Sinne des Freiheitstampfes gehaltenen Widmungen waren von licher" Irrtum, eine Schleife sei ein Plakat und eine gewerbliche bei der Schwester des Angeklagten, die eine Laube in der Lauben. der Beusselstraße aus, wo sich das Geschäft befindet, zu lesen. Gah Nachricht verliere diesen Charakter, weil der Inhaber seine Sache Dort erschien ihr Ehemann, verlangte wieder von ihr eine größere kolonie der Gesellschaft vom Roten Kreuz in Charlottenburg   besaß. wurde wegen Uebertretung des§ 9 des preußischen Preßgesekes vortrefflich gemacht habe, daß sie Propaganda treibt? Sind Ver- Summe Geldes, und als sie sich weigerte, seinem in befehlendem angeklagt, der bestimmt: stöße gegen die Gesetze der Logik und des Sprachgebrauchs kein Tone ausgesprochenen Verlangen nachzukommen, zog er plöblich Anschlagezettel und Plakate, welche einen anderen Inhalt" Rechts  " irrtum? Und beruhen nicht tatsächliche Feststellungen", einen Revolver Hervor und gab einen Schuß auf sie ab. Die Kugel haben, als Ankündigungen über gesetzlich nicht verbotene Ber  - bie dem Gesetzgeber hahnebüchenen Unsinn zumuten, auf Rechts- traf den Hals und blieb zwischen Schlagader und Halswirbel stecken. sammlungen, über öffentliche Vergnügungen, über gestohlene, ver- irrtum"? Darin hat das Kammergericht recht: wird bei der Ver- Frau S. jant befinnungslos zu Boden und mußte in das Kranken­lorene oder gefundene Sachen, über Verkäufe oder andere Nachfolgung mit zweierlei Maß gemessen, so fällt nicht dem Gericht, haus Westend   geschafft werden. Die Kugel konnte bisher noch nicht richten für den gewerblichen Verkehr, dürfen nicht angeschlagen, sondern der Polizei und der Staatsanwaltschaft dies zur Last. entfernt werden. Der Gesundheitszustand der Frau ist noch ein so angeheftet oder in sonstiger Weise öffentlich ausgestellt werden." Das Gericht kann nicht anklagen, die genannten Behörden sind geschwächter, daß sie nicht imstande war, als Zeugin vor dem Schwurgericht zu erscheinen. aber zur Anklage verpflichtet. Warum haben sie, wenn Gay mit Antrage des Staatsanwalts zu 5 Jahren Buchthaus verurteilt. Der Angeklagte wurde nach dem Recht angeflagt wurde, nicht die Aussteller von Kranzschleifen mit hurrapatriotischem Klimbim angeklagt, warum ferner nicht die Personen, die zu Kaisergeburtstag, zum Jubiläumsfest und dergl. Blatate veröffentlichten? Das war ja nach§ 9 des preußischen Breßgefeßes strafbar. Weshalb gehen sie nicht gegen die Eisen­bahndirektion, gegen die Mädchenrettungsheime usw. vor: sie sind ja alle nach dem Plakatgeset strafbar. Wir verlangen, daß solche Anklagen endlich erhoben und daß mit gleichem Maß gemessen werde. Geschähe das, so würde endlich der völlig überlebte§ 9 des preußi­schen Preßgesetzes aufgehoben werden.

Der Angeklagte legte dar, er habe die Schleifen ausgestellt, um zu zeigen, wie schön er die erteilten Aufträge ausgeführt habe, also um für Fch Reklame zu machen. Die Kränze habe er nicht mit ausstellen töttnen, weil das Schaufenster dazu zu klein sei. Wäh­rend der testen Jubiläumstage seien in vielen Schaufenstern Schleifen unt Inschriften von nationalen Vereinen unbeanstandet ausgestellt worden. Er stelle auch Schleifen mit Inschriften von

Ariegervereinen aus, wenn sie bei ihm bestellt würden.

Das Landgericht verurteilte jedoch gleich dem Schöffengericht den Angeklagten zu einer Geldstrafe. Begründend führte es unter

anderem aus:

Wenn nur die Schleifen als solche und die Art der Ausführung des Aufdrucks dem Publikum zur Darstellung gebracht werden sollten, dann dienten sie allerdings nur gewerblichen Zweden und § 9 würde nicht zur Anwendung kommen können. Wenn es da= gegen dem Angeklagten darauf angekommen sei, dem Publikum den Inhalt der Inschriften zur Kenntnis zu bringen, so müßten die Schleifen als Plakate angesehen werden. Das Berufungs­gericht habe nun angenommen, daß der Angeklagte entweder aus­schließlich oder doch hauptsächlich letzteren Zweck verfolgte.

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Der Angeklagte legte Revision ein. Rechtsanwalt Dr. Kurt Rosenfeld bemerkte als Vertreter des Angeklagten in der Verhand­lung vor dem Kammergericht unter anderem: Das Bestehenbleiben des landgerichtlichen Urteils würde in der Tat zu zweierlei Recht sprechung führen, je nachdem, ob es sich um eine nationale Kund­gebung oder um eine sozialdemokratische Gedankenäußerung handele, da doch ähnliche Rundgebungen nationaler Vereine zu be­obachten seien, ohne daß dagegen eingeschritten werde.

Der Senatsvorsitzende unterbrach hier den Anwalt: Sie sind nicht berechtigt, uns einen Vorwurf zu machen. Wir sind doch nicht verantwortlich dafür, ob und wann eingeschritten wird, son­dern höchstens die Polizei.

Rechtsanwalt Rosenfeld erwiderte: Ich habe dem Gericht feinen Vorwurf gemacht und folge gern den Ausführungen des Herrn Vorsitzenden, indem ich der Polizei den Vorwurf mache.

Evangelische Toleranz.

195

Beraubung eines Kaffenboten.

Der freche Raubüberfall, der am 10. Mai auf einen Kassen­boten der Kommerz- und Diskontobant in der Christianiastraße unternommen ist, fand ſeine Sühne vor dem Schwurgericht des Landgerichts Berlin   III. In der Nähe der in der Christiania  , ein Mann, versette dem völlig leberraschten einen Schlag ins straße stehenden Rotunde näherte sich dem Kassenboten Stimmel Gesicht und versuchte, ihm, während er am Boden lag, die Geld­tajche zu entreißen. Der Ueberfallene wehrte sich aus Leibes­träften und rief laut um Hilfe. Als auf die Rase sich Leute näherten, ergriff der Straßenräuber die Flucht; awei Schüler, Bahr und Dünnebier, nahmen die Verfolgung auf, sie burden aber durch den Flüchtling durch die Drohung in Schach   gehalten, daß er sie über den Haufen schießen würde, wenn sie seine Verfolgung nicht aufgäben. Endlich gelang es einem Schußmann, den Mann zu stellen, der als ein Wilhelm Meyer festgestellt werden konnte. Er stand nun unter der Anklage des versuchten Raubes und der versuchten Nötigung vor den Geschworenen. Das Gericht ver­urteilte ihn zu zwei Jahren Zuchthaus.

Stattonen

Witterungsübersicht vom 11. Ottober 1918.

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ftand mm

Bind

Bunia

Ein eigenartiger Hausfriedensbruch, der die Toleranz der evangelischen Pfarrer beleuchtet, wurde jezt vor der Straffammer in Stolp   beendet. Zwischen der Baptistengemeinde und dem evangelischen Gemeindefirchenrat in Bütow   in Pommern   war es verschiedentlich zu Zwiftigkeiten gekommen. Sie führten dahin, daß dem Baptistenprediger von der evangelischen Kirchenbehörde das Betreten der Friedhöfe in amtlicher Eigenschaft, insbesondere die Vornahme von Amtshandlungen auf dem Friedhofe, untersagt wurde. Troßdem hatte am 3. Februar der Baptistenprediger Buhmann bei dem Begräbnis eines Mitgliedes seiner Gemeinde den Leidtragenden einige Trostesworte aus der Bibel vorgelesen und danach das Waterunser gebetet, weil er sich in seiner Eigen­schaft als Geistlicher hierzu berechtigt und verpflichtet hielt. Anders dachten unsere Frommen. Der Oberpfarrer Wurms_in Bütow stellte als Vorsitzender des Gemeindekirchenrates in dessen Swinembe. 771 Auftrage Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs. Er erzielte auch Hamburg   7710SD Berlin 771 GD vor dem Schöffengericht, daß der Baptistenprediger zu 10 M. Geld- Franki. a. 767 D a.M767 strafe verurteilt wurde. Gegen dieses Urteil legte Buhmann Be- München 768 ND rufung ein. Er wurde von der Strafkammer freigesprochen. Be- Wien gründend wurde ausgeführt, daß es sich hier um eine Rechtsfrage handelt, die vom Allgemeinen Landrecht geregelt sei. Danach sei die Baptistengemeinde eine anerkannte Religionsgemeinschaft und dem Prediger dürfe als Angestellter dieser Gemeinde nicht berwehrt werden, eine entsprechende Andacht abzuhalten.

Windstärke

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5° 6.= 4° R.

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7 Haparanda 762

4 Betersburg 761 BS 3 Scilly 755 4 Aberdeen 764 SD 761 DSD

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2wollen!-8 1Schnee 1 4wolfig

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6 bebedt 10 1bededt

769 NND 1 wollent Wetterprognose für Sonntag, den 12. Oftober 1913. Trocken und zunächst vorwiegend heiter, nachts ziemlich fühl, am Tage wieder wärmer bei lebhaften südlichen Winden; nachher zunehmende Be wolfung

Berliner Wetterbureau.

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