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Nr. 273.

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S.

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Berliner Volksblaff.

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Telegramm- Adresse: ,, Sozialdemokrat Berlin".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Moritplatz , Nr. 1983.

Um Bebels Wahlkreis.

Stolten gewählt!

Wenn die bürgerlichen Gegner sich wirklich der törichten Illusion hingegeben hatten, die Sozialdemokratie aus dem 1. Hamburger Wahlkreis zu verdrängen, so sind sie jetzt gründlichst eines Besseren belehrt worden. Bebels Wahlkreis ist nicht einem mehr oder minder nationalliberal gefärbten Kandidaten zugefallen, sondern dem Genossen Stolten, dem Erkorenen der Sozialdemokratie.

Sonnabend, den 18. Oftober 1913.

Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt Morikplatz, Nr. 1984.

als ein Sinnbild für den Lauf der Dinge. Auch Goethe während der Friedensverhandlungen, will, daß wir ver­empfand ähnliches wie Platen, als er sich im Spät- wundbar bleiben." herbst 1813, nach der Leipziger Schlacht, zu Luden über Mit der Leipziger Schlacht endete die französische und die politische Lage ausließ: begann die russische Fremdherrschaft über Preußen, das zu

Und was ist denn errungen oder gewonnen worden? Sie Zeiten nur wie eine moskowitische Satrapie behandelt wurde, fagen, die Freiheit; vielleicht aber würden wir es richtiger Be- und deshalb stehen mit vollem Recht die Pelzmügen und freiung nennen; nämlich Befreiung, nicht vom Joche der Tatarenschnauzbärte am 18. Oktober im Schatten des Völker­Fremden, sondern von einem fremden Joche. Es ist wahr: schlachtdenkmals. Der auf Befehl Napoleons erschossene Franzosen sehe ich mehr und nicht mehr Italiener, dafür aber Nürnberger Buchhändler Palm Hatte seine Schrift benannt: fehe ich Rosaten, Baschtiren, Kroaten , Magharen, Deutschland in seiner tiefsten Erniedrigung." Aber mochten Kassuben, Samländer, braune und andere Husaren. Die deutschen Potentaten noch so liebedienerisch vor Napoleon Wir haben uns seit einer langen Zeit gewöhnt, unseren Blick nur in den Staub sinken, mochten die besigenden Klassen Deutsch­nach Westen zu richten und alle Gefahr von dorther zu erwarten, lands dem Imperator noch so verschwenderisch Weihrauch aber die Mode dehnt sich auch noch weithin nach streuen, seine tiefste Erniedrigung erreichte Deutsch­Morgen aus. Selbst wenn wir all das Bolt vor unseren land doch erst durch Preußens Abhängigkeit von Rußland , Augen sehen, fällt uns teine Besorgnis ein, und schöne Frauen denn die Franzosenherrschaft war wenigstens die Herrschaft eines haben Roß und Manu umarmt." entwickelten westlichen Voltes, das auf seinen unvergänglichen

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Dabei hatten es die Gegner diesmal besonders raffiniert angefangen zu haben geglaubt. Nach der Devise: wer vieles bringt, wird jedem etwas bringen, hatten sie sich nicht auf Es lag ja an der geringen wirtschaftlichen und politischen Ruhmestitel, die große Revolution, stolz sein durfte, während bürgerliche Sammelfandidaturen geeinigt- was sie doch bei dem Entwickelung Deutschlands , an der ganzen Wisere und Zurück- es sich bei der Russenherrschaft um die Herrschaft einer halb­Geiste des hanseatischen Liberalismus" leicht gefonnt hätten, gebliebenheit seiner Zustände, daß seinem Volte, das unfähig wilden, barbarischen, grausam reaktionären Horde aus dent sondern recht viele Sonderkandidaten aufgestellt. Während 1912 war, sich selbst zum Wagen und Schlagen aufzuraffen, Osten handelte. Namentlich die preußischen Junker gefielen eigentlich nur ein nationalliberaler und ein freisinniger Kan- Revolution wie Gegenrevolution als Geschenk fremder Herren sich, vor allem in den Jahren der Reaktion nach der Nieder­didat der Sozialdemokratie entgegengestellt worden waren, gebracht wurden. Als die Bataillone der Republik und werfung der 1848er Revolution, in wahren Drgien der Knecht­hatten sich diesmal nicht nur die Konservativen den Napoleons Heersäulen über den Rhein drangen, die Miniatur- feligkeit vor dem Zarenthron. Als Väterchen eines bei Lurus einer Sonderkandidatur geleistet, sondern besondere staaterei zerstörend, den Feudalismus niederlegend, die Leib- russischen Selbstherrschern unnatürlichen Todes, nämlich an Schlauberger hatten auch noch die Kandidatur eines Gelben eigenschaft auslöschend, der Industrie die Bahn ebnend, da einer Krankheit im Bett, starb, rief der Junker v. Gerlach war das die bürgerliche Revolution für Deutschland ! Und als in der Kammer aus: Es herrsche allgemein der Eindruck, als betrieben. Diese Schachzüge haben natürlich vollständig ver- die Kosaten und Baschkiren hinter den Trümmern der großen ob ein Vater gestorben sei, die Kreuz- Zeitung " erschien mit fagt. Stolten, der Sozialdemokrat, wurde ge- Armee" über die Memel setzten und russische Hilfe die Schlachten schwarzem Trauerrand und die Junker der Garde trugen wählt, und zwar mit so gewaltiger Mehrheit, daß den Gegnern des Jahres 1813 schlagen half, die heilige Allianz" vor- Trauermedaillen mit dem Bildnis des biederen Nikolaus am wohl für fünftig alle Hoffnungen vergehen werden. bereitend, der Reaktion den Weg bahnend, auf die Karlsbader schwarzen Bande auf dem preußischen Offiziersrock ja, in Es erhielten diesmal: Beschlüsse hinweisend, da war das die feudal- absolutistische Brandenburg wurde die Uniform des Zaren sogar, als fäme Gegenrevolution für Deutschland ! Die Träger der einen die der heilige Rock" in Frage, in feierlicher Prozession Franzosen , die Träger der anderen die Russen! Fern liegt es in die Kirche Kaum Kirche getragen! ein halbes Jahr­uns gewiß, den Opfermut der Landwehren wie die Tatkraft, hundert ist seitdem seitdem verflossen und auch in dent Entschlossenheit und Umsicht eines Blücher, eines Gneisenau Tagen der Depesche: Russische Trauer ist deutsche Trauer!" und eines Scharnhorst herabzusehen, aber darum bleibt wäre, wenn es nach unseren Junkern, den Geistes- und es nicht minder wahr: Ohne die Unterstützung des Zarismus Gesinnungsverwandten der echt russischen Leute" ginge, es um tein preußisches 1813! Dhne die Kosaken kein Leipzig ! Die das Verhältnis zwischen Preußen und Rußland nicht anders preußischen Verbündeten, die auf dem Schlachtfeld von den lieben bestellt, denn der Zarismus ist froß seiner Morschheit und Bundesgenossen" aus dem Land der ewig freisenden Fuselflasche seiner Risse und Sprünge für sie immer noch der Fels, an bis aufs Hemd ausgeplündert wurden, die deutschen Bauern, dem sich die Fluten der Revolution brechen sollen, und ihre gegen deren Familie, Leben und Eigentum die fosakischen hochverräterische Losung lautet nach wie vor: Lieber die. Befreier" hundertfach wilder wüteten als je französische oder russische Fremdherrschaft als ein demokratisches Deutschland ! rheinbindische Plünderer, bekamen noch während des Krieges Solche Gedanken und Erinnerungen werden wachgerufen einen Vorgeschmack von der Bedeutung der russischen Allianz durch die russischen Gäste am Völkerschlachtdenkmal, aber auch zu kosten, und auch die preußischen Staatsmänner wurden, die Mahnung lassen sie in den Herzen der Massen erklingen, während

Rechtsanwalt Karl Petersen( Vp.) 4737 Stimmen Hauptpastor Dr. Rode( natl.).

Landrichter Dr. Koch( f.)

2421

.

"

984

.

"

225

"

Redakteur Otto Stolten ( Soz.) 17533 Zersplittert..

"

143

Arnholdt( deutschsozial).

Demgegenüber wurden 1912 abgegeben:

für Bebel... 20 633 Stimmen Nationalliberale. Freisinn.

Sonstige

2 999 6 331

"

"

500

"

Kofaken und Freiheitsschlacht. der tollpatschige König immer wieder ſeinem Freunde daß die große Freiheitsschlacht noch zu ſchlagen iſt, nicht im

Ex oriente lux! Aus dem Osten kommt das Licht, das den Völkerschlachtrummel auf dem Leipziger Blachfeld mit un­barmherziger Schärfe beleuchtet, denn der russische Blutzar ist es, der sich den blutigsten Wig auf die loyale Gedächtnisfeier des deutschen Bürgertums für 1913 erlaubt hat: aus dem Troß von Helmen und Zylinderhüten, Gendarmen und La­taien, die sich am 18. Oktober um den Steinkoloß des Völker­schlachtdenkmals drängen, ragt das Gesicht eines Großfürsten aus der berüchtigten Familie der Romanows , ragen die Pelz­müßen und Tartarenschnauzbärte eines Dugend Kosaken her­vor! Der Zar hat sie zum Jubiläum entsandt, der Name des Zaren sei gepriesen, und in Purzelbäumen der Untertänig­feit überschlagen sich alle die Blätter, die jeden kulturbeslissenen russischen Studenten als unerbetenen Gast von Deutschlands Schwelle wegweisen möchten, vor den barbarischen Gästen aus dem Moskowiterreich. Die Dresdner Polizei gar- mir in Sachsen sein, weeß Gnebbchen, helle! hat den russischen

der

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Alexander in Arme taumelte, ihres Giftgeruchs inne Bunde mit den Kosaken, sondern gegen die Kosaten diesseits - Die russische Politit", sagte der Freiherr vom Stein wie jenseits der Grenzen.

Eine neue Zeppelin- Katastrophe.

,, 2. 2 in der Luft explodiert. 28 Tote.

Das

Der neue Zeppelin- Kreuzer 22" explodierte| Hafen, teilgenommen. Die Abfahrt erfolgte um 10% Uhr. am Freitagvormittag 10% Uhr bei einer mili- Luftschiff überflog die Albatros- Schuppen und die dort hinter ge­tärischen Abnahmefahrt in Johannisthal unweit legenen Häuser von Johannisthal . Dann kam es auf das freie Feld, das zwischen Johannisthal und Brizz liegt. des Flugplatzes. Mit furchtbarer Detonation ging Die Zuschauer saben wie üblich dem Luftschiff interessiert nach. der Lenkballon in Sekundenschnelle in Flammen In sausender Fahrt rauschte es in 150 Meter Höhe über ihren auf. Unter den herabstürzenden Trümmern wurden Häuptern dahin. Man hörte das Schnurren der Propeller und den Lärm der 700 Pferdestärken entwickelnden Maschinenanlagen. Nie­27 verkohlte Leichen geborgen. Ein Schwer­mand konnte ahnen, daß im nächsten Augenblick eine furchtbare, verleiter ringt mit dem Tode. alles bisher Dagewesene übertreffende Katastrophe eintreten werde. Freunden einen Empfang bereitet, der ihnen die trauten Sitten Vor wenigen Wochen erst stürzte das Marineluftschiff In dem Augenblick, als 2" die nach Rudow führende Chaussee rauheren Heimat ins ins Gedächtnis rufen mußte: irgend einen harmlosen Fremdling, von denen die Fremden- 1" aus 100 Meter Höhe in die Nordsee , die 16 Mann passierte, schlug plötzlich in der vorderen Maschinengondel eine helle Dann folgte eine furchtbare Deto stadt an der Elbe Zut allen Zeiten voll ist, hat starke Besatzung in den Wogen begrabend. Und schon ist eine Flamme empor. fie als Anarchisten" hinter Schloß und Riegel neue, noch furchtbarere Statastrophe zu beklagen. Fanden nation. Mit einem Krach, mit dem sich nichts vergleichen läßt und der so stark war, daß in allen Straßen Johannis­gesezt, und damit auch die Zeiten der Demagogenheze bei diesmal doch nicht weniger als 28 Personen der durch die thals und fogar in den benachbarten Drten, wie dem Leipziger Rummel plastisch hervortreten, wird es unter Marineprüfungskommission verstärkten Besagung einen grau- in Rudow und Treptow , alle nach dem Felde zu gelegenen Fenster­den begeisterten Jubiläumsteilnehmern von besonders be- sigen Flammentod. Und während", 1" im September den scheiben auf Entfernungen bis zu 2 Kilometern zertrümmert wurden, geisterten Kriminalbeamten und Achtgroschenjungen nur so untergang durch stärkere elementare Gewalten fand, brach das dann Verhängnis diesmal ganz unvermutet über die Besatzung des barst das Luftschiff. Eigentlich aber sollte man, statt zu höhnen, dem Zaren Eine ungeheure Flamme schoß 20 bis 30 Meter hoch zum Himmel für seine Stosakenabordnung aufrichtigen Dank abstatten, denn stolzen Luftkreuzers herein, des größten und modernsten, das mit beißenderer Fronie konnte das sozialdemokratische Wit- bisher die Luftschiffwerft des Grafen Zeppelin in Friedrichs- empor. Im nächsten Augenblid fab man unförmige Klumpen Eisen­blatt nicht dartun, was es mit der Freiheit auf sich hat, die hafen verlassen hatte. Bei ruhigem, windstillem Wetter, kurz stücke, Leinwand und Gummizeug und menschliche Körper durch die in dem großen Ringen vor hundert Jahren hier erkämpft nach dem Aufstieg, ereilte dem Luftkreuzer das Verhängnis. drei Sefunden, etwa 30 bis 40 meter weit durch die Luft, da die Luft fliegen. Das nackte Aluminiumgerippe flog noch etwa zwei bis worden. Die kofatische Nagaifa und die deutsche Freiheit Innerhalb weniger Sekunden vernichtete ein furchtbarer Motore noch arbeiteten und die Propeller sich drehten, durch die Luft. sie gehören zusammen und so ist's in der Ordnung! Die Schicksalsschlag zahlreiche Menschenleben. Von dem gewaltigen Dann schoß das Wrack senkrecht zu Boden, was noch atmete, ver­bärbeißigen Stofaten am Völkerschlachtdenkmal fie unter- Luftkriegsfahrzeug blieb nichts übrig als ein rauchender nichtend. Die Zuschauer standen im ersten Augenblick wie gelähmt. streichen die ganze Komödie erst recht, denn sie erst erinnern Trümmerhaufen, der verkohlte Menschenleiber bedeckte! Dann aber eilten Hunderte von Personen auf Wagen und Fahrrädern, daran, daß die Schlacht bei Leipzig ein Sieg der Gegen­rebolution war und daß deshalb so urreaktionäre Wächte Wie sich die Katastrophe abspielte! mit Beilen, Aegten und Spaten bewaffnet, auf das Feld, um zu

mimmeln.

wie der Barismus fich fröhlichen Herzens an der Gedenkfeier Am Freitag vormittag um 10 1hr wollte Kapitän Freher, der

helfen, um zu retten, was noch zu retten war.

Die Trümmerstätte

dieser Freiheitsschlacht" beteiligen dürfen. Freiheitsschlacht, Führer des Luftschiffes, eine Probefahrt mit dem Schiff machen, an jawohl! Freiheitskriege, jawohl! Der deutsche Dichter der auch Korvettentapitän Behnisch, der neue Leiter des Marine- bot einen furchtbaren Eindruck. Auf den ersten Blid erkannte man Blaten schon erkannte ihre Bedeutung besser, als er das flugwesens, der nach dem tragischen Tode des bei Helgoland er nichts als einen wirren, gen Himmel ragenden Berg von Aluminium­bittere Distichon schrieb: trunkenen Korvettentapitäns v. Meging dessen Posten übernommen röhren und Spanten, zwischen denen sich unentwirrbar Tausende und Freiheitstriege fürwahr! Stand einst Miltiades etwa hatte, teilnahm. Außerdem befanden sich noch zwei Ingenieurführer, Abertausende von Drähten hinzogen. Der ganze Plazz war von mit Baschfiren im Bund, als er die Perser bezwang? fechs Dbermaate und Steuerleute sowie 11 Mechanifer an Bord. vielen Tausenden von Neugierigen umfäumt, die dicht gedrängt, in Denn die Kosaken, Kalmüden und Baschkiren, die ihre Ferner hatten an der Fahrt zwei junge Offiziere der Armee und atemlosen Schweigen das Bild des Grauens und der Verwüstung Pfeile gegen Napoleons Bataillone abschossen, waren mehr zwei Zivilpersonen, offenbar Angestellte der Luftschiffwerft Friedrichs- umstanden. Alle nur verfügbaren Gendarmen waren herangezogen