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mit zu entkräften, daß er diesen Arbeiter als Alkoholiker und Epi- leptiker bezeichnete, der nicht wisse, was er rede. In eine noch unangenehmere Situation kamen der klagende Direktor und der christliche Bezirksleiter, als sie den Beweis an- treten sollten über die Lieferung von Streikarbeit durch Streikende .Der Direktor Teufel hatte nämlich während des Streiks an Gen gl er einen Brief geschrieben(!) und in diesem mitgeteilt daß er der Dirktor ihm jederzeit die Bewise lifere, daß Streikende nicht nur Streikarbeit machen, sondern froh wären, wenn sie noch mehr bekommen könnten. In der ganzen Zentrums- presse und in Hunderttausenden Flugblättern haben die Christlichen damals diese Unwahrheit verbreitet, um die Aufmerksamkeit von ihrer Arbeitswilligenvermittelung abzulenken. In der Verhandlung mußte G e n g l e r zugeben, daß er überhaupt die ganze Sache nur vom Hörensagen kennt. Als er vom Gericht aufgefordert wurde, den Brief herbeizuschaffen, den der Direktor Teufel an ihn ge- schrieben, erklärte Gengler, er wisse nicht, wo er den Brief habe. Er habe ihn Wohl verlegt und der Beklagte verlangte die Vorlage des Briefes wohl nur deshalb, um aus dem anderen Inhalt des Briefes Material gegen den christlichen Metallarbeiterverband zu schlagen. Durch Gerichtsbeschluß wurde Gengler nun beauf- tragt, den Brief zur Stelle zu schaffen; doch er kam nach einiger Zeit wieder und erklärte, er könne den Brief nicht finden, er müsse ihm wohl unter einen Stoß Akten gekommen sein. Da Gengler eidlich bekundete, den Brief gesucht zu haben, so muß wohl die christliche Registratur etwas durcheinander fein, wenn ein so wich- tiger Brief, mit dem die Christen monatelang krebsen gingen, auf einmal nicht mehr zu finden ist. Die Beweisaufnahme über denStreikbruch durch Streikende fiel mehr als kläglich aus. Direktor Teufel und sein Werk- führer erklärten: Namen nennen sie nicht, damit diese Leute nicht hinterher terrorisiert werden. In die Enge getrieben, gestand der Werkführer dann zu, daß an eine ganz und gar am Streik un- beteiligte Frau Arbeit abgegeben wurde, die diese an die Frau eines Streikenden weitergegeben habens o l t". Wer diese Frau aber war, die die Arbeit durch eine andere erhalten haben soll, konnte nicht festgestellt werden. Die Verbreiter des Ge- rüchts verweigerten darüber die Aussage. Mut- maßen läßt sich, daß es sich um eine Frau handelt, deren Mann am Streik nicht beteiligt war und die Arbeit, um die es sich handelt, ist für die Streikenden ohne jede Bedeutung gewesen.(Bit wurde bei früheren Streiks schon gemacht, da sie jahraus, jahrein von Frauen in Heimarbeit hergestellt wird und auf die Fertigstellung von Waren ohne eigentlichen Einfluß ist. Das Märchen wurde also gründlich zerstört und die christliche Verbreitung von Unwahrheiten gerichtsnotorisch festgestellt. Tie geringe Strafe von 10 M., die der Geschäftsführer des Deutschen Metallarbeiterverbandes wegen formaler Beleidigung der Firma erhielt, wird mehr als reichlich aufgewogen dadurch, daß es in dem Prozeß gelungen ist, durch die eidliche Aussage eines Be- zirksleiterS des christlichen Metallarbeiterverbandes festzustellen, daß seine Organisation es den Mitgliedern frei- stellt, die Vlätze der Streikenden zu besetzen, die im Äanipfe mit dem Unternehmer stehen. Und dieses Agitations- Material ist auch ohne die Vorlegung des Briefes herbeigebracht worden._ LohiÄetvegung in der Offenbacher Karronn agenindustrie. In den Offenbacher Kartonnagefabriken find die Löhne noch äußerst schlechte. Die Arbeiterinnen werden im Durchschnitt 35 M. pro Woche niedriger entlohnt als in allen anderen Berufen. Auch in hygiemscher Beziehung lassen die Arbeitöräume alles zu wünschen Übrig. Die Arbeiter und Arbeiterinnen haben sich nun zahlreich dem Buchbinderverbande angeschlossen, sie streben einen Tansvertrag an, der gewisse Mindestlöhne vorsieht, um annähernd die Löhne zu erreichen, die in anderen Industrien längst gezahlt werden. Sie verlangen ferner bessere Reinhaltung der Betriebe und für jede Person alle 14 Tage ein Handtuch. Von dem Verhalten der Fabri- kanten wird eS abhängen, ob e» möglich ist, in Frieden zu einer Verständigung zu kommen. Arbeitsangebote nach Offenbach sind strikte abzulehnen. Kus cler parteü Gchetdemim» in den Bereinigten Staaten. New Jork , 3. Oktober. (Eig. Ber.) Auf Karl Liebknecht , DaAzhusti und Legten folgte Schetdemann. Der sozialistische Ver- treter Solingens im Deutschen Reichstag kam am Dienstag in N e w J o r k an, um aus Veranlassung der deutschen Sprachgruppe der Sozialistischen Partei eine mehrwöchige Agitafionstonr durch die Vereinigten Staaten zu unternehmen.-Gestern sprach der Genosse Schetdemann hierzulande zum ersten Male in einer öfienllichev Versammlung und zwar im Labor Lhceum(Arbeiter- hauS) in Brvotlyn(Groß-New Jorker Stadtteil) über dieKampf- methodeu des Proletariats". Die trotz des argen Unwetters von etwa 2000 Personen besuchte Versammlung nahm einen glänzenden, Erfolg verheißenden Verlauf. Schechemanns Ausführungen über die Notwendigkeit der gegen- seitigen Ergänzung der gewerkschaftlichen und der klassenbewußten politrschen Tätigkeit der Werktätigen Bevölkerung klangen dem größeren, mir den deutschen Zuständen nicht bekannten Teile seiner Zuhörerschaft wie eine Offenbarung. Auch soweit sie noch den bürgerlichen Parteien Gefolgschaft leistet, fühlt die Mehrheit der Arbstterschaft der Vereinigten Staaten instinktiv, däß sie von den herrschenden Klassen nichts zu erwarten hat. Sie empfindet das VedürsntS nach selbständiger politischer Aktion, hat aber in ihrer überwtsgendeu Majorität Mangels der klaren Erkenntnis nicht die Energie zur Tat, Außerhalb der sozialistischen Partei kamen die die bestehenden Zustände und die Radikalisierung die innerhalb der demokratischen Partei in die getretene Scheidung in Gemäßigte und Fortschritt- wie iurch die Loslösung der unter Roosevelts Führung nden Progressiven von der republikanischen Partei zum Ans- druck. Ans die Dauer lassen sich die unzufriedenen Elemente der noch im Fahrwasser der kapitalistischen Parteien treibenden Arbeiter- massen nicht mit radikalen Redensarten abspeisen, in Wirklichkeit aber verraten. Und etwas anderes prakfizieren weder die Jünger de? Rauhreiterobersten Teddy Roofevelt noch der radikale Flügel der Demokraten. Aber es vollzieht sich ein durchgreifender Wandel in der poli- tischen Auffassung des amerikanischen Proletariats. Er geht sogar in flottem Tempo vonstatten, wie die 838 000 bei der letztjährigen Präsidentenwahl abgegebenen sozialistischen Stimmen(gegen 424 000 im Jahre 1908) beweisen. Aber dieser Umschwung muß und kann durch die Verbreitung der Erkenntnis von der Klassen- scheidung innerhalb der Gesellschaft und der ausschließlichen Gegen- fätzlichkett der Interessen von Kapital und Arbeit beschleunigt �Dieser Aufgabe wurde der Genosse Scheidemann gestern abend mit seltenem Geschicke gerecht. Durch theoretische Darlegungen läßt sich der Amerikaner nicht leicht überzeugen. Glücklicherweise konnte Scheidemcmn an der Hand der in Deutschland gemachten Erfahrungen die ersprießlichen Folgen der sozialistisch-politischen Betätigung«us dem Gebiete der Sozialgesetzgebung wie der Ab- wehr reaktionärer, arbeitexieindlichcr Anschläge und die Notwendig- keit de? Zusammengehens der Gewerkschaften mit der Sozialdemo- krafie als politischer Partei nachweisen. Im Amerikaner steckt «in gut Teil Autoritätsglaube. Des vorübergehenden Reichstags- Vizepräsidenten Ausführungen läßt er doppelt auf sich einwirken. Bei der Stärke des deutschsprechenden Elements in den Ver- einigten Staaten, bei der kosmopolitischen Zusammensetzung der verschiedensten Nationalitäten durch die gleichen Gewerkschaften wird dt« agitatorische Tätigkeit Scheidemanns auch aus Arbeiter. kreise, die des Deutschen nicht kundig find, im Sinne unseru: Sache eine ante Wirkung auSuben. Und darin liegt d,e hauptsächlichste pedeutnng der AgitafionStour des Genoffen Scheidemann. Die Organisationen zum Parteitage. Der sozialdemokratische Berein für Köln -Stadt und Köln - Land hat m einer dritten Mitgliederversammlung die Aussprache über den Parteitag beendet. Mit Dreiviertel-Mehrheit wurde diese Entschließung angenommen: Die Parteiversammlung bedauert lebhaft die Art der Be- Handlung des Falles Rädel auf dem Parteitag. Sie hätte be stimmt erwartet, daß der Parteitag Rädel ei» geordnetes um parteiisches Rechtsverfahreu gewährt hätte. Sonstige Beschlüsse wurden nicht gefaßt. 8o2iales. Der Kampf zwischen Krankenkassen und Aerzten hat in Breslau in seinem ersten Stadium mit einem Siege der Krankenkassen geendet. Wie anderwärts, hatte auch in Breslau der Leipziger Verband seine Mitglieder, die Kassenärzte sind, verhindert, die fertigen Einigungsbedingungen zu unter schreiben. Sie mußten die bekannte Gruppeneinteilung und die freie Arztwahl verlangen.> Da dies bei dem Stande der Breslauer Kassen unerfüllbar war, kam es zur Kündigung der bisherigen Aerzte. Wenn diese gehofft hatten, es würde sich kein Ersatz finden, so täuschten sie sich sehr. Aus den zahlreichen Bewerbungen konnten etwa 60 erprobte und einwandfreie Aerzte aus gewählt und vertraglich für den 1. Januar 1314 verpflichtet werden Diese neuangestellten Aerzte beschlossen, den sämtlichen Kassen- Mitgliedern es kommen mehrere Kassen in Betracht unter sich die freie Arztwahl zu gestatten. Damit ist ein vorläufiger Stillstand der Fehde zu verzeichnen, aber auch die letzte Hoffnung der Aerzte, das Oberversicherungsamt, dürfte in diesem Falle ver- sagen._ Bolksfürsorge. Recht gehässige Feinde hat dieBolköfürsorge" in dem mär- kischen Städtchen Kirchhain in der Provinz Brandenburg . In dem daselbst erscheinenden Amtlichen Anzeiger für den Kreis Luckau (Neueste Nachrichten" heißt das Blatt) erscheint als Inserat ab und zu folgende Anzeige: Kein nationaler Arbeiter läßt sich und seine Angehörigen bei der sozialdemokratischenVolksfürsorge" versichern. Man weise den Agenten, d-ie auf dem Lande herumlausen, sofort die Tür." Wir zweifeln nicht daran, daß, wenn in einem Arbeiterblatt eine solche Aufreizung gegen die Agenten der agrarischen Lebens- Versicherungsgesellschaften oder der Deutschen Volksversicherung A.°G. veröffentlicht würde, die ganze bürgerliche Presse den Staatsanwalt gegen solchen Terrorismus aufhetzen würde. Aber derVolks- ürsorge" gegenüber glaubt man sich alles erlauben zu dürfen. Schaden wind das derVolksfürsorge" allerdings nicht; denn dieser Haß der Reaktionäre beweist mehr als alle Reklame die Güte der Volksfürsorge". Die Versicherung ist ein glänzendes Geschäft für die kapita- listischen Gesellschaften, ihre Aktionäre und Aufsichtsrätc! Im Jahre 1312 erzielten die 45 LebensversicherungSgcsellschasten einen Gesamtüberschuß von 175 908 281 M., davon entfallen aus die 26 Aktiengesellschaften 103 392 003 M., aus die 13 GegenseitigkeitS- gesellschaften 71916278 M. Von diesem Ueberschutz erhielten die Aktionäre 3 230 653 M., die AufsichtSräte an Tantiemen 3 863 265 Mark, die Kapital- und andere Reserven 3 051 153 M. An ihre Aktionäre zahlten z. B. die Thuringia-Erfurt 1 200 000 Mark, die Wilhelma -Magdcburg 1050 000 M., die Viktoria-Berlin 300 000 die Bayr. Versicherungsbank 850 000 M., die Providentia- Frankfurt 700 000 M.. die Friedrich-Wilhelm 570 360 M., Nordstern- Berlin 471 564 M., die Germania-Stettin 432 000 M. usw. Tantiemen an Aufsichtsrat und Vorstand zahlten: Viktoria 870 825 M., Nordstern-Berlin 324 131 M., Friedrich-Wilhelm 250 139 M., Thuringia-Erfurt 199 155 M., Wilhelma-Magdeburg 151 617 M., Providentia-Frankfurt 143 524 M. Da dieVolks- ürsorge" ihr Aktienkapital nur mit 4 Proz. verzinst, Dividende und Tantieme an Vorstand und Aufsichtsrat nicht bezahlt, kommen bei ihr alle Ueberschüsse restlos den Versicherten zugute. Sericbts- Leitung. Hinterpommersche Justiz. Vor der Strafkammer des Landgerichts in S t o l p als Berufungsinstanz stand ein bisher unbescholtener Streiksünder, den das dortige Schöffengericht wegen öffent- licher Beleidigung in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt hat. Seine Berufung wurde verworfen, weil die Hirsch- Dunckerschen Streikbrecher behaupteten, der Angeklagte habe ihnen zugerufen: Streikbrecher, Eisböcke, Lumpen, wenn Ihr nicht vom Bau geht, schlage ich Euch die Knochen entzweil Außerdem lvurde ein Eni- lastungszeuge vom Staatsanwalt in Haft genommen, weil ihn ein Streikbrecher beschuldigte, Zeugenbeeinflussung versucht zu haben. Dasselbe Gericht verhandelte dann gegen einen Kinder» s ch ä n d e r. der einen vierjährigen Knaben zu seinen geilen Lüsten mißbraucht hatte und wegen Sittlichkeitsverbrechens bereits vorbestraft war. Das Urteil gegen diesen lautete ebenfalls auf zwei Monate Gefängnis. Der harmlose Streiksünder, der seinem Zorn über die Arbeitswilligen in einigen nicht ernst zu nehmenden Schimpf- Worten Luft macht, scheint also der hinterpommerschen Justiz ebenso straswürdig zu sein wie der gemeingefährliche Sittlich- keitsverbrecher._ Der betrunkene Amtmann auf dem Hundekarren. Ein Beleidigungsprozeß, der einiges Anflehen erregte, kam vor der Bielefelder Strafkammer zur Verhandlung. Angeklagt war der Bauunternehmer Wilh. Gülker aus Hedem. Es war ihm zur Last gelegt, dem Amtmann Nuykrn aus Hedem Trunkenheit, Schankkonzessionsgeschäfte und sonstige ehrenrührige Sachen nachgesagt zu haben. G. erzählte öffentlich, der Amtmann habe seine vorzeitige Ent- lassung vom Militär durch starken Genuß von Essig herbeigeführt, indem er vorgab, von einem schweren Magenleiden geplagt zu werden. Weiter warf Gülker dem Amtmann vor, als Amtssekretär sei er einmal so betrunken gewesen, daß er von einem Chaussee- Wärter auf einem Hundekarren nach Hause befördert werden mußte. Eine Schankkonzession habe er einem Ziegeleibesitzer versprochen, falls dieser dem Amtmann unentgeltlich Steine zu einem Neubau liefere. In Begleitung eines Likörreisenden habe der Amimann die Inhaber von Reformwirtschaften besucht und sie zu Bestellungen veranlaßt mit den Worten:Kauft nur, wenn Anzeigen wegen un- erlaubten Ausschanks kommen, fliegen sie in den Papierkorb!" Endlich machte Gülker dem Nuhken zum Vorwurf, daß er sich, ob- wohl er ein Einkommen von 4000 M. hatte, selbst einen Bedürftig. keitsschein für sich ausgestellt habe. Auf diese Weise habe er aus Gemcindemitteln einen Zuschuß von 300 M. zu einer Badekur er- halten. Die umfangreiche Beweisaufnahme, zu der etwa 20 Zeugen geladen waren, bestätigten im großen und ganzen die Behauptungen Gülker». Bemerkenswert war die Bekundung eines Mühlenbesitzers Darmöller aus Holsen. D. war wider Erwarten nicht in den Gemeinderat gewählt worden. Der Amtmann empfahl ihm nun, Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zu erheben, er wolle ihn dabei unterstützen. In der Tat hatte der Einspruch Tarmöller» Erfolg. Beim zweiten Wahlgange wurde er gewählt. Der Amt- mann, der schon vor Erledigung des Einspruches geäußert hatte, Darmöller müsse sich aber erkenntlich zeigen, erhielt von D. eine fette Gans, die er annahm mit den Worten:Das braucht aber niemand zu wissen." Das Gericht sah den Wahrheitsbeweis als geführt an, insbesondere sei erwiesen, daß N. als Bierleiche aus einem Hundekarren nach Hause gebracht worden sei. Der Auge- klagte wurde daher freigesprochen. Ablehnung eines Richters durch einen Staatsanwalt. Der in der Gerichtspraxis gewiß seltene Fall, daß ein Staats- anwalt den Vorsitzenden des Gerichts als befangen ablehnt, er- eignete sich vor der Strafkammer in Stolp in Pommern . Unter der Anklage der Urkundenfälschung und des versuchten Betruges stand der aus dem Zuchthaus vorgeführte frühere Besitzer Josef v. Skowronsky aus Recklinghausen . Die Anklagen waren auf zwei hintereinander folgende Termine verteilt. Bar Eintritt in die Ver» Handlung der ersten Strafsache beantragte der Staatsanwalt v. Koenen, die zweite Strafsache zuerst zu verhandeln, da so die Beweisaufnahme in der elfteren wesentlich erleichtert werde. Ter Vorsitzende der Straflammer, Landgerichtsrat Lang-Heinrich, er- klärte darauf:Da kommt ja doch nichts dabei heraus." Als nun der Staatsanwalt darauf bestand, um die Glaubwürdigkeit eines Zeugen zu verstärken, erklärte der Vorsitzende,der Zeuge sei ein unsicherer Kantonist". Der Staatsanwalt beantragte darauf, eine Reihe von Zeugen aus einer Schwurgerichtsverhandlung gegen den Angeklagten zu laden. Darauf erklärte der Vorsitzende:Sie haben überhaupt keine Anträge zu stellen." Nunmehr lehnte der Staats- anwalt den Vorsitzenden wegen Befangenheit ab. Darob großes Befiemden. Die unter Vorsitz eines neuen Richters gebildete Spruchkammer wies den Antrag des Staatsanwalts als unbe- gründet zurück, da die fragliche Aeuherung des Richters als eine beiläufige Bemerkung in einer unterbrochenen Verhandlung ge- fallen war. Die Sache selbst wurde vertagt. Das verrückte Komma. Wegen Urkundenfälschung hat das Landgericht Stettin am 7. Februar d. I. den Güteragenten Otto Falk zu 6 Monaten Ge- sängnis verurteilt. Der Gutsbesitzer Fuchs wandte sich im No- vember 1911 zwecks Verkaufs seines Gutes an den Angeklagten. Dieser erbot sich, den Verkauf für eine gewisse Provision zu ver» mittel» und zwischen beiden wurde eine dahingehende schriftlich« Vereinbarung getroffen. Ter Verkäufer hatte sich aber vorbe- halten, wegen des Grundstücksverkcmss sich auch an andere Agenten wenden zu dürfen. Deshalb war in der schrifllichen Vereinbarung folgender Satz aufgenommen worden:Das Abkommen hindert den Verkäufer jederzeit nicht, auch mit noch anderen Vermittlern in Verbindung zu treten." Nachdem nun der Besitzer sein Gut verkauft hatte, aber nicht durch Vermtttelung des Angeklagten, trat dieser an ihn heran und verlangte die vereinbarte Provision, indem er sagte, laut schriftlicher Vereinbarung habe der Besitzer sich ver» pflichtet, nicht mit anderen Agenten zwecks Verkaufs seines Gute» in Verbindung zu treten. Der Angeklagte hatte sogar seine Provisionsforderung an einen Gläubiger verpfändet und diesen zur Klage auf Zahlung der Provision gegen den Besitzer veranlaßt. Im nun seinen Anspruch auf die Provision glaubhabt zu machen und zu beweisen, daß der Besitzer nicht mit anderen Agenten hätte in Verbindung treten dürfen, hatte der Angeklagte in der schrist- liehen Vereinbarung die bereits erwähnt« Stell« durch Verrücken des KonimaS ihrem Sinne nach geändert. Er hatte nämlich das Komma ausradiert und vor das Wortnicht" gesetzt, so daß' die wagliche Stelle alsdann lautete:Das Abkommen hindert den Verkäufer jederzeit, nicht auch mit noch anderen Vermittlern in Verbindung zu treten." Darin ist die von dem Angeklagten be- gangene Urkundenfälschung erblickt worden. Das Reichsgericht ver- warf am Donnerstag die Revision des Verurteilten. Berliner Automobilapachen. Am 24. April verhandelte die Strafkammer gegen 5 Ein- brecher Süßkind, Schröter, Leonhardt, Kehler und Bosseler.. Bei ihren Einbrüchen bedienten sie sich eines Automobils. Auf ihr Konto fällt u. a. der Einbruchsdiebstahl bei Mädler, bei Krüger u. Oberbeck und bei der Magdeburger Maschinenfabrik Wulf. Die Verhandlung verfiel der Vertagung, weil sich die Notwendigkeit herausstellte, den Angeklagten Leonhardt auf seinen Geisteszustand zu untersuchen. Jetzt erfolgte die Forfletzung der Verhandlung. Sie führte zur Verurteilung der Angeklagten. Mitangeklagt war der Schankwirt Kille wogen Beihilfe. Die Anklage batte behauptet, das Lokal Killes sei der Polizei als Treff- punkt von Verbrechern, den sogenanntenWeddingjungens". be. kannt. Dort hätten die Angeklagten ihre Raubzüge geplant und vorbereitet. Die Verhandlung ergab, daß die Kille betveffenden Behauptungen der Anklage durchaus haltlose sind und daß sein Lokal als ein durchaus anständiges bekannt ist. Kille wurde deZ- halb unter Ueberbürdung der Kosten auf die Staatskasse frn- gesprochen._ Hus aller Welt. Zur©rubenhatartropbe bei Careüff. Alle Versuche, das Feuer m der Universal- Grube z» löschen, waren bisher vergeblich. Kaum ist an einer Stelle der Brand etwas zurückgedrängt, so flammte anderwärts das Feuer mit verstärkter Gewalt wieder auf. Unausgesetzt versuchen die Reltungs- Mannschaften trotz der drohenden Gefahren das Feuer zu ersticken, um so an die Eingeschlossenen heranzukommen. Ein Mann der Rettungskolonne wurde Frestag früh von einer ein- stürzenden Versteifung erschlagen. Draußen vor dem Grubeneingang warten noch immer in dumpfer Ver- zweiflung die Angehörigen. Nur ab und zu ertönt aus der Menge ein Aufschrei, wenn wieder einmal ein armes Weib vor Schmerz und Schwäche zusammenbricht. * Der Deutsche Bergarbeiterverband hat den Gefühlen seiner tiefen Trauer in folgendem Telegramm an die Leitung der englischen Bergarbeiterorganisation Ausdruck gegeben: Tiefgerührt von dem schrecklichen Grubenunglück in Cardiff . welches Hunderten von englischen Bergleuten das Leben kostete, sprechen wir Ihnen und den englischen Kameraden unsere tief- gesühlteste Teilnahme aus. Ein besserer internationaler Berg. arbeiterschutz ist nötig, um zukünftig solche schmerzlichen und traurigen Ereignisse zu verhüten.. Verband der Bergarbeiter Deutschlands . H. Sackse. Otto Hue. Maffenstürze von Militärflieger«. Das jüngste Glied des Milttarismus. das Flugwesen. hat am Freitag einen schwarzen Tag gehabt. Drei Militärflugzeuge stürzten in verschiedenen Gegenden Deutschlands ab, wobei d r e i T o t e zu beklagen waren und außerdem drei mehr oder weniger schwer Verwundete ge- borgen wurden. Ueber die schweren Unglücksfälle berichten folgende Telegramme: