Kenntnisse verlangt werden und wo der Offizier Gelegenheit hat, sich diese anzueignen. Die Besetzung von Stellen mit Offizieren !arm u. E. nur von Fall zu Fall erfolgen, eine allgemeine Rege« lung halten wir für ganz ausgeschlossen. Wir sind im Interesse unseres Heere« sehr gern bereit, auch weiterhin die Bemühungen des Königl. KriegstnimsteriumS, den verabschiedeten Offizieren geeignete Stellen in Industrie und Handel zu verschaffen, soweit als irgend möglich unsererseits zu unterstützen, wir glauben aber doch nicht, die Bemerkung unterdrücken zu dürfen, dag es u. E. Sache des Reiches und des Staates ist, für ver- abichiedete Offiziere zu sorgen." Der Vorschlag der Handelskammer geht nämlich dabin, die für die Industrie nicht verwendbaren Offiziere von den Not« groschen der Arbeiter zu ernähren, indem sie in die Bureau» der Lrbeiterversicherung gesteckt werden sollen. Der Bericht sagt darüber: .Unsere grofie soziale Versicherung mit ihrem gewaltigen Beamtenpersonal hätte eine v o r z ü g- liche Gelegenheit geboten, vielen Hunderten und Tausenden von verabschiedeten Offizieren ein standesgemäßes Unterkommen und eine be� friedigende Tätigkeit zu verschaffen. Wir haben es da her lebbaft bedauert, daß auch bei der Verabschiedung der Reichs- versicherungsordnung und deS Gesetzes über die Angestellten- Versicherung diese Gelegenheit— angesichts gewisser Strömungen im Reichstag — nicht benutzt worden ist." Man sollte glauben, die Bochumer . Handelskammer müßte von dem Beispiel an der Bochumer Ortskrantenlasse die Nase voll haben. Der dort als Nendant beschäftigt gewesene Oberst- leuinant Meier mußte nach einjähriger Tätigkeit die Stelle aufgeben Wenn man auch mit seiner Tätigkeit, nach den Abschiedsreden zu schließen, dann.sehr zufrieden" gewesen sein will, so hat er doch nicht verhüten können, daß während seiner Amtsführung nicht weniger als 233 Beschwerden gegen die Kasse eingelaufen sind. Oeftcmlch. Der Mörder Schuhmeiers begnadigt. Wien , 22. Oktober. Der Kaiser hat den wegen Ermordung deS Abgeordneten Schuhmeier zum Tode durch den Strang verurteilten Eisendreher Paul Äunschak begnadigt. Kunschak wurde darauf vom Gericht zu zwanzig Jahren schweren KerkerL verurteilt. Die Flucht vor der Wehrpflicht. Wien , 21. Oktober. Das vom Budgetausschuß zur Erörte- rung des amerikanischen Schiffahrtsdienstes eingesetzte Subkomitee befaßte sich heute mit der Angelegenheit der Canadian P'aeifie Co. Handelsminister Dr. v. S ch u st e r legte die Gründe dar, welche die Regierung bestimmen, das Angebot der Canadian Pacific Co. wegen Errichtung einer Linie Triest -Kanada anzunehmen. Dabei kam das Interesse des bisher in dieser Be- ziehung vernchlässigten HafenS von Trieft in Betracht sowie die Möglichkeit, den Auswanderern eine im staatlichen Interesse ge- legene Fürsorge und Kontrolle angedeihen zu lassen. Der Minister legte die Urkunden vor, deren Prüfung ergebe, daß die Regierung nicht» verabsäumt habe, waS nötig sei, um vertragsmäßig alles zu sichern, was zu Nutz und Frommen der Auswanderer sei. ES sei sehr bedauerlich, daß trotz der von der Canadian übernommenen vertragsmäßigen Verpflichtungen sich offenbar Verstöße er- eignet hätten, die gegenwärtig den Gegenstand eingehender Polizei« licher und gerichtlicher Untersuchungen bildeten, die sich auf alle in Betracht kommenden Unternehmungen erstreckten, deren Ergebnis bisher aber noch nicht vollständig vorliege. Mini st er des Innern Dr. Freiherr von H e i n o l d er- klärte, die Regierung habe sofort mit allem Nachdruck die notwendi. gen Erhebungen eingeleitet und habe keineswegs die Absicht, in dieser Hinsicht ein Vertuschungssystem zu beobachten. E» sei aber selbstverständlich, daß man während dei gerichtlichen Verfahrens keine Mitteilungen über dessen Verlauf machen würde. Der Minister verwies darauf, daß in diesem Jahre von der Ge- stellung besonders viele weggeblieben seien, deren Zahl in Galizien und in der Bukowina allein sich auf 80 000 M a n n belaufe. Daß die Zahl der ausgebliebenen Gestellungspflichtigen eine solche Höhe erreiche, sei nicht allein auf die Agitation zurück- zuführen, sondern größtenteils auf die wirtschaftliche Lage, die ganz besonders ungünstig war. Diese hohe Zahl sei auch des- halb nicht so. erschreckend, weil darunter auch Personen seien, die als Kinder ausgewandert waren sowie die Saisonauswanderer, die größtenteils zurückkehren. Immerhin sei die Zahl so bedeutend, daß sie allein schon Grund für ein energisches Vorgehen sei. Der Minister betonte gleichfall», daß e» sich keineswegs um eine Ver- folgung der Canadian Pacifie Company, sondern um ein gleich- mäßiges Vorgehen gegen alle Gesellschaften, insbesondere gegen das Agentenwesen und die Reisebureaus handle, soweit sie Aus- Wanderungsgeschäfte betrieben. England. Ein Landulinisterium. London , 22. Okt. In einer Rede, die Lloyd George heute na-bmirtag in Swindon hielt, sagte er, die Regierung beabsichtige, die Errichtung eine« Landmini st eriumS zu beantragen, das über alle Grundbesitzfragen die Aufsicht baden würde. Die Mittel zur Lösung deS Landproblems müßten gründlich, durchgreifend und erschöpfend sein. Zuerst müßte das Landmonopol mehr unter die Aufsicht und Direktion des Staates gebracht werden. Die Fragen betreffend die kleinen Pachtungen, die Pachtstreitigkeiten zwischen Besitzern ünd Pächtern und die Aufforstung und Urbar. machung des Ltndes würden alle dem neuen Landministerium unterstellt werden. Diese Vorschläge beruhten auf einstimmig ge- faßten Entschlüssen des Kabinetts. Portugal . Der monarchistische Putsch. Lissabon , 22. Oktober. Unter den bei dem gestrigen Putsch Berhafteten befinden sich mehrere Persönlichkeiten in höherer gesellschaftlicher Stell u'ng. Auch Offi- ziere und Polizeibeamte haben an der Bewegung teil- genommen. Ein Kapttänleutnant wurde im Hospital verhaftet, aber eS gelang ihm zu entfliehen. Ein ehemaliger Beamter des Ministeriums de» Aeußern wurde bei Cascaes, mehrere Offiziere und Sergeanten in der Marinekaserne verhaftet. Ein Sergeant tötete sich durch einen Schuh in den Kopf. Die„Patria" schreibt, die Bewegung sei durch zwei Komitee», ein militärisches und ein bürgerliche», geleitet gewesen. Sie sollte mit der Ermordung der Minister und höheren Beamten beginnen, sodann sollten drei Kolonnen gleichzeitig in Aktion tretet«. Die Bewegung sollte in Oporto . Braga , Evora und Vianita einsetzen. Das Mobiliar der Zeitungen Dia und Nacao wurde demoliert. Au» Oporto wird gemeldet, daß im ganzen Slorden des Lande» Ruhe herrscht. Die Polizei hat dort zahlreiche Monarchisten verhaftet und Waffen beschlagnahmt. Der Plan der Aufständische». Lissabon , 22. Okiober. Es scheint, daß zwischen dem Ur- Heber der Auf st a'n dsversuche in Lissabon und Oporto und dem monarchistischen Parteigänger Paiva Eon- ceiro verabredet worden war, daß dieser mit revolutionären Banden an der Nordgrenze in Portugal einfallen sollte. Der verhaftete ehemalige Beamte des Ministerium» des Aeußern ist der frühere Konsul Roque Dacosta. Außerdem wurde auch der Milliardär Caravalho Mantiro verhaftet. £!iis der Partei.' Pressebureau. Der Parteivorstand und die Kontrollkommission baben in den Beirat des Pressebureaus die Genossen Gradnauer- Dresden, Müller- Müucben, Stalten- Hamburg undS t r ö b e l- Berlin iviedergewählt und an Sielle des verstorbenen Genossen Gewehr den Genossen Li m b e r tz- Essen neugewählt. Gegen den Jubiläumsrummcl von 1813 nahm in mächtigen De- monstrations-Versaminlungen die Arbeiterschaft des Bezirks Frank- f u r t a. M. scharfe Stellung. Im Hanauer Wahlkreis fanden allein 16 Versaminlungcn statt, drei in Frankfurt - Stadt und eine in Biebrich (Kreis Wiesbaden ). Die Versammlungen waren stark besucht. Ein sozialdemokratischer BezirkSrichter in der Schweiz . Im Kanton Bern ist am Sonntag im Bezirk Aarwangen im zweiten Wablpang unser Genosse Lehrer K r e n g e r niit 1198 gegen 1177 Siiinmcn, die auf seinen bürgerlichen Gegenkandidaten Leuen- berger fieleir, al« Bezirksrichicr gcwäbll worden. ES ist unseres Wissen« da» erstemal, daß in diese Gerichtsbehörde ein Sozial demokrat gewählt wurde._ Jugendbewegung. Wir sich Jungdentschland entwickelt. Im Weinhause„Rheingold" begann am DienStaanachmittag eine Tagung der Bundesleitung JungdeutichlandS. Den Vorsitz führte Herr v. d. Goltz. Außer ihin waren noch viele andere hohe Herrschaften und Exzellenzen erschienen, die beim Glase Wein ihr Herz für die Jugend höher schlagen ließen. Als Vertreter des preußischen Kultusministers wohnte Geheimer Ober- regierungSrat H i» z e, al» Vertreter des ÄriegSmini st eriumS Major K o r t e g a n, als Verlreier Bayern« Exzellenz von NaegelSbach.alS Vertreter Sachsens Exzellenz v. B r o i s e in. als Vertreter Württembergs Generalmajor Freiherr v. H ü g e l, als Vertreter Baden« Exzellenz Jaegerschmidt den Ver- Handlungen bei. Der Geschäftsführer des Bundes, Generalmajor Jung, hielt den einleitenden Vortrag über dieEntwickelung desBundeS. Der Bund fei gegründet worden, um in Preußen die staatliche „Jugendpflege" zu unterstützen und die Erziehungsmaßnahmen Preußen» auch auf die Bundesstaaten, die eine solche Jugend- ersiehung noch nicht besitzen, zu übertragen. Neben der werbenden Tätigkeil«volle der Bund die vorhandenen Jugendvereine des Bürgertums zusammenfassen und, insbesondere die schwächeren Ver- eiingnngen unterstützen durch Gewinnung fördernder Persönlichkeiten, Schaffung von Spielplätzen, Bade- und Schwimingelegenheiten sowie Einrichtung von VersammlungS- und Unterkunftsstätten. Das Kriegsministerium habe erklärt, daß die TruppenübungS- pläye besonders billig zur Verfügung gestellt werden sollen. Da« Geschrei der Pastoren beider Konfessionen, der Bund erziehe die Jugend zur Religionslosigkeit, da er sich um religiöse Andachten nicht kümmere, hat einen solchen Eindruck auf die BundeSleitung gemacht, daß der Geschäfts» führer Jung dringend mahnte,.auf die religiösen Pflichten der Jugend bei Ansetzen der Uebungen gebührend Rückficht zu nehmen". So dürste denn die heilige Allianz zwischen Weihwedel und Säbel wieder einmal zusammengeflickt sein. Besonders betont wurde auch, daß zwischen der Bundesleitung und dem Ausschuß der Deutschen Turner schaft da» best» Ein« vernehinen bestehe. Hoffentlich ziehen die Arbeiter in der Deutschen Turnelschaft, die bisher in dem Wahn lebten, der Berein sei politisch neutral, die Kpnsequenzen au» diesem feierlichen Be- kennlnt». Es sollte doch wahrlich keine» Beweise» bedürfen, daß der Jnngdeutschlandbund«me arbeiterfeindlich« Politik betreibt. Erllärte doch Herr Jung al? eine der wesentlichsten Ausgaben des Bunde », die auf nationalem Boden stehenden Srbeilerverbände(also die gelben Gewerkschaften!) für seine Bestrebungen zu gewinnen, damit.immer mehr Jugendliche der Sozialdemokratie abspenstig gemacht werden." Deutlicher kann wohl der arbeiterfeindliche Charakter de« Blinde« niä-t dokuinentiert werden, al« durch die Tat« sache, daß Jungdeutschland den gelben GeWerk- s ch a f t e n, den von ehrlichen und selbstbewußten Arbeitern best« gehaßtesten Organisationen, ausgeliefert werden soll. Zur weiteren Charakteristik de« Bunde » teilte Jung zu allem Ueber- flliß««och mit, daß der Kriegsini nister in einem besonderen Schreiben seine Sympathie mit den Bestrebungen des Bunde « ausgesprochen und die Förderung seiner Ziele zugesagt habe. Brachte der Vortrag keine neuen Gedanken, so trug er durch die Bekräftigung der Tendenzen deS Bundes erneut zur Klärung der Meinungen über den Bund, zur Aufklärung wesentlich bei. Ueber den Inhalt der längeren Diskussion freilich wird der staunenden Mitwelt nichts verkündet. Auch Schlveigcn führt eine Sprache. Er- freulicheS für den Bund hat die Diskussion sicherlich nicht gezeitigt. Ist doch die innere Zerfahrenheit und der Widerstreit der Meinungen t>n Bunde bei seiner letzten Generalversammlung nur allzu deutlich zum Ausdruck gekommen. Arieiter-Jugend. Tie soeben erschienene Nr. 22 des fünften Jahrgangs hat u. a. folgenden Inhalt: Was die Jugendbewegung uns Mädchen sein kann. Von Lmch Peter«.— Turnt nicht bei den„Deutschen " I— Streik. von Anna Mosegaard.— Da» Watt. Von Han« Bourquin.(Mit Abbildungen.)— �Schwarzwälderin. Zeichnung von Karl Spigweg. — Das Finanzwesen im Reick, Staat und Gemeinde.— Au» der Jugendbewegung. Die Gegner an der Arbeit usw. Beilage': Ter Sohn des Waldes. Erzählung von R. Kipling . — Vom Befreiungskrieg zum Kampf uin die Freiheit. — Der Zukimfl Krone. Gedickt von Klara Müller.— Im Bahnpostwagen. Von Rickard Wagner.(Mtt Abbildungen.)— Laubfall. Von Otto Liitben.— Blicker für die Jugend. Unser Prinzeßchen. Erzählung von Emil Unger.___ fim Industrie und Kandel . Die allgemeine Bedeutung der Zolltarifreform in de» Vereinigten Staaten . Ter HandelsvertragSverein schreibt nn»: Der neue amerikanische Zolliarif bedeutet einen entscheidenden Wendepunkt in der ainerikanischen Handelspolitik. Ei» so plötzlicher und radikaler Wechsel hat bisher weder in den Vereinige ten Staaten noch anderswo stattgefunden, sowohl hinsichtlich deS Zollschutzes«vie der allgemeinen Grundsätze, die für die Gestaltung des neuen Tarifs maßgebend warxn. Besonders letztere sind von außerordentlicher Bedeutung. Man würde der Tragweite der Tarifreform durchaus nicht gerecht werden, wenn man sie lediglich vom Standpunkte des ermäßigten Zollniveaus beurteilen wollte. Der Hauptnachdruck ist vielmehr darauf zu legen, daß e» sich um einen vollständigen Bruch mit dein bisherigen handelspolitischen System handelt, wi« es in den Vereinigten"Staaten von Anfang an bestanden hat und zurzeit noch in allen europäischen Schutzzoll- staaten besteht. Tatsächlich haben die Vereinigten Staaten jetzt al» erster Staat da» einseitig vom Produzententnteresse diktierte sogenannte Soli» daritätssystem, den„allseitigen" Schutz der nationalen 'Arbeit, verlassen und sich auf den Schutz derjenigen Prv' duktionszweige beschränkt, die nach Ansicht der gesetzgebenden Fat toren noch einen Schutzzoll gegen das Ausland nötig haben. Unser? Zollsätze sind ohne den Nachweis der wirtschaftlichen Notwendiakc- einseitig von Jnteressentengruppen diktiert worden. In den Per einigten Staaten ist der neue Tarif von der Regierung im� schärfste: Gegensatze und gegen den erbitterten Widersland der bisher pr' vilegierten Kreise durchgesetzt worden. Auch der Zollbund zwischcr Industrie und Landwirtschaft, der jetzt wieder in Deutschland ob ein« nationale Notwendigkeit gepriesen wird, hat in den Vereinigter Staaten aufgehört zu existieren: denn die meisten landwirtschaf! lichen Produkte sind auf die Freiliste gesetzt worden. Damit ist aua das alte Ideal der natwnalwirtschaftlichen Selbständigkeit, de- möglichsten Selbstdeckung des eigenen Bedarfs preiSgegebei worden, ein Ideal, das bei uns noch immer Triumphe feiert. Ob wohl doch das Streben nach wirtschaftlicher Selbständigkeit, das fi! einen halben Kontinent noch Sinn und Berechtigung haben mag. für die Duodezstaaten Europas zi:m Unsinn und Verhängnis wer den muß. ES gehört dieses sogenannte Ideal aber zu dem ganze' handelspolitischen Rüstzeug uiid�Phrasentum, das wir im Jahr? 1879 eben von den Vereinigten Staaten übernommen haben. A l i die Schlagworte vom Schutz der nationalen Arbeit, der Soli- darität der produktiven Stände, de» Schutzzolles als Dogma, da? keiner Begründung bedarf usw.. haben wir aus Amerika im portiert. Das ist heute freilich in Vergessenheit geraten. Kein Geringerer als Bismarck selbst hat sich bei der Jnaugurieruiig seiner berühmten„Steuer- und Wirtschaftsreform" im Jahr« 1379 ausdrücklich auf das amerikanische Beispiel berufen, und unser-: damaligen führenden Schutzzöllner, inibesondere Herr v. Kardorff und die Herren vom Zentralverband Deutscher Industrieller, wur. den«sicht müde, aus die Vereinigten Staaten als zollpolitisches Vorbild hinzuweisen. Heut« aber sagen dieselben Kreise: Wak für die Vereinigten Staaten richtig ist, oaS ist eS für uns noch lange nicht; sie können uns in keiner Weise zum Muster dienen. Gewiß, die Amerikaner dürfen sich von einem Abbau ihrer Schutzizollmaue« ein«„Renaissance ihres Wirtschaftslebens" versprechen, aber bei unk liegen die Verhaltnisse doch ganz anders! Gewiß hat die Zollfreiheit für Lebensmittel und einen Teil der Rohstoff« augenblicklich noch keine große praktische Bedeutung für die ainerikanische Landwirtschaft, da in normalen Jahren eine lleberschujjprodukiion über den heimischen Bedarf besteht. Die Ver. einigten Staaten stehen aber iin Begriff, au» einem Agrarexport- ein Agrarimportland zu werden und befiiiden sich damit ungefähr in derselben Lage wie Deutschland Mitte der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Im Gegensatz zu Deutschland soll aber diese Eni- Wicklung erleichtert und nicht gehemmt werden. So stehen wir jetzt vor der sonderbaren Erftheinung, daß Deutschland und andere europäische Schutzzollstaaten an einem handelspolitischen System festhalten, das ursprünglich au» den Vereinigten Staaten bezogen ist, das diese jetzt aber wegen der unerträglichen Mißstände, zu denen eS geführt hat, aufgeben, Die Kaufkraft deS Geldes. Trotz der günstigen Ernteergebnisse im laufenden Jahre ist keine durchgreifende Milderung der herrschenden Teuerung eingetreten. Teilweise gehen die Preise der wichtigeren Lebensbedürfnisse bereits wieder nach oben. Die» gilt vor allem von den Fleischpreisen. Hieraus ergiebl sich naturgemäß eine beträchtliche Verminderung der Kaufkraft des Geldes. Im Monat August der nachstehend genannten Jahre erhielt man nämlich für eine Mark Roggenmehl. Weizenmehl. Kartoffeln.. Rindfleisch.. 1907 1918 in Kilogramm 6.00 3.28 6,00 2,50 11,11 14,28 0,83 0,55 1907 1918 in Kilogramm Schweinefleisch. 1,00 0.31 Hammelfleisch.. 0.67 0.43 Butter...... 0,45 0,80 Eier(Stück)... 20 12 Mit Ausnahme von Kartoffeln sind alle genannten Waren gegen 1907 im Preise bedeutend gestiegen. Selbst wenn die Geldlöhne diese» Jahres die Höhe des Hochkonjunkturjahres 1907 erreicht hätten, was bekanntlich durchaus nicht in allen Industrien der Fall ist, würde der Reallobn beute niedriger sein, al« vor sechs Jahren. Die Preisermäßigung für Kartoffeln ist übrigens auch nur eine schein- bare, da Kartoffeln im Jahre 1907 relativ teuer waren; im Jahre 1909 z. B. erhielt man für 1 Mark 16,7 Kilogramm Kartoffeln, also 6,7 Kilogramm mehr als im Jahre 1907. Letzte Nacbrficbteit« Wahlsieg in Sachsen-Meiainge«. Salzungen, 22. Oktober. (Privattelegramm de« „V o r w ä r t§".) Bei der heutigen Landtagsersatzwahl in Salzunaen haben unsere Genossen glänzend gesiegt. Genosse Eckarot wurde mit großer Mehrheit gegen den national- liberalen Gegenkandidaten gewählt. Obstruktion im österreichischen Landtag. Wien , 22. Oktober. (W. T. B.) Bei der heutigen Verhandlung der Finanzverlagen im Abgeordnetenhaus« setzten die Abgeordneten der Ukraine die Obstruktion durch lange Reden fort. Dt» nächste Sitzung findet morgen statt. Amerikanische Verstimmung gegen England. London , 22. Oktober. (Meldung des Reuterschen Bureaus.) Der Umstand, daß der neue britische Gesandte in Mexiko , Sir Lionel Carden, Huerta sein Beglaubigungsschreiben überreichte, nachdem Huerta sich einen Tag vorher zum Diktator erklärt hatte, scheint in Washington angesichts der von der amerikanischen Re- gierung Huerta gegenüber kundgegebenen Politik verstimmt zu haben. UeberdieS hat die Erklärung, die der englische Gesandte in einem Interview abgegeben haben soll, daß die Vereinigten Staaten die Verhältnisse in Mexiko nicht völlig verständen, ein« wettere Verstimmung hervorgerufen. Einige amerikanische Zeitungen äußerten, daß Sir Lionel Carden in Wirklichkeit die Pearsonschen Oelinteressen vertrete, welche von der britischen Regierung unter- stützt würden. Dem Reuterschen Bureau wird dazu mitgeteilt, daß England einzig und allein um geordnete Zustände in Mexiko be- sorgt ist und Huerta anerkannte, weil er ihm als der beste Mann am Platze erschien. Ein Engländer als Berater der chinesischen Marine. Peking , 22. Oktober. (Meldung dek Reuterschen Vur-eauS.) Dem Vernehmen nach wird der englische Konteradmiral Christian zum Berater der chinesischen Regierung in Marineang-clegenheiten ernannt werden. Die AuswandcrungSbegünstigung in Oesterreich . Wien , 22. Oktober. (W. T. B.) Das Subkomitee des Budget- ausschusseS setzte heute die Erörterung über die Auswanderung?- Propaganda der Canadian-Pacific-Gcsellschaft fort. Kolischer legte ein Schreiben vor, das ihm vom Verwaltungsrate der Lustro» Arnerikana zugegangen war und in welchem die gegen die Gesellschaft erhobenen Anschuldigungen als unrichtig zurück- gewiesen werden. Bei der auf Verlangen der Gesellschaft seitens des Handelsministeriums durchgeführten Untersuchung habe sich ergeben, daß eine Propaganda durch die Austro Americana oder deren Agenten nicht getrieben wurde; es sich vielmehr um die Abwickelung eines Prepaidgefchäfts handelte, bei welchem die Passage durch die brasilianische Regierung bezahlt wurde. Der Minister de« Innern ,Dr. Freiherr v. Heinol-d, stellte fest, daß nach Lage der Akten ein die Beförderung von Freipassagieren der brasilianischen Regierung bewilligender Erlaß seitens de» Mini» steriumS des Innern nicht ergangen sei.
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