sr.m so. iniitjai, Z Dtiillge des„Nsmillts" Ktlllner DoldsblM. s-»-»-'-- W«MnwlZ Ems der fraucnbcwcguwg. Kranhbeit und Bterblicbkdt des Kindes. Es gibt kein Gebiet sozialer Fürsorge, das dankbarer wäre für das ihm zugewandte tatkräftige Interesse, keines aber auch, auf dem bisher durch Unterlassung so entsetzlich gesündigt worden wäre, wie das der Fürsorge für die kleinen Kinder des Volkes.„Hier liegen die wichtigsten, erfolgreichsten, ivertvollsten Aufgaben der Gesundheitspflege, liegen die heiligsten Pflichten der Gesellschaft und des Staates." So sagt Dr. G. Tugendreich in seiner Abhandlung über den „Einfluß der sozialen Lage aus Krankheit und Sterblichkeit des Kindes" in denr wiederholt von uns erwähnten großen Sammelwerke„Krankheit und soziale Lage". Die Abhandlung Tngendreichs ist eine Fundgrube authentischer Zahlen— und Tatsachenmaterials über die Wirkung der sozialen Verhältnisse auf den Nachwuchs des Volkes. Einige der wichtigsten Gesichts- punkte seien in folgendem kurz hervorgehoben. Die natürliche, d. h. die unvermeidbare Sterblichkeit der Säuglinge beläuft sich nach ärztlicher Ansicht auf etwa ? Proz.; vereinzelt wird eine Mindeststerblichkeit von 2 bis S Proz. als möglich angegeben. Allein an dem Maßstab von T Proz. gemessen, fallen in Deutschland jährlich mindestens 200 000 Säuglinge dem Tode unrechtmäßig zum Opfer. Wenn zu Ansang des 19. Jahrhunderts der Arzt Wappäus mit Recht die Kindersterblichkeit geradezu zum Gradmesser der materiellen und sittlichen Kultur eines Volkes machte, so ist das Massensterben unserer Säuglinge die vernichtendste Anklage für die Herr- schenden Zustände, die es in immer steigendem Maße ver- hindern, daß Hunderttarisenden von kleinen Kindern die ihnen einzig naturgemäße Nahrung der Mutterbrust zu teil wird. Alach verschiedenen Richtungen ist der Einfluß der sozialen Lage auf die Säuglingssterblichkeit untersucht worden, immer mit demselben Endergebnis. Legte man die Einkommensver- Hältnisse, die Wohnungsgröße, den Kinderreichtum der Eltern, eheliche oder uneheliche Geburt den Untersuchungen zugrunde, immer zeigte sich ein erheblicher Aufstieg der Sterblichkeit bei Verschlechterung der sozialen Lage. Stets aber sind es die künstlich ernährten Säug- linge, die den Schädigungen aus der Umwelt zum Opfer fallen, während das Brustkind eine hohe Widerstandskraft so- gar gegen die Wirkungen der Armut besitzt. Selbst der in den übervölkerten Wohnhöhlcn der Armen so gefürchteten Sommerhitze fallen nach einer Berliner Statistik nur ein halb mal soviel Brustkinder zum Opfer als in den übrigen Jahres- Seiten, während der Anteil der Flaschenkinder auf das Fünf- fache emporschnellt. So ist die Sterblichkeit der Flaschen- kinder maßgebend für die Höhe der Säuglingssterblichkeit über- Haupt. Der große Komfort, dessen ein Flaschenkind be- darf, um gesund zu bleiben, ist den unteren Schichten der Be- völkerung selbst bei erheblicher Besserung ihrer Lage noch auf lange hinaus unerreichbar. Die sozialen Ursachen, welche die Mutter hindern, ihr Kind überhaupt oder ausreichend lange— d. h. mindestens neun Monate lang— zu stillen, sind einmal die Armut, die sie zu außerhäuslichem Erwerb zwingt, und außerdem die Unwissenheit, die Unkenntnis der hohen Bedeutung der Brust- stillung, die in den proletarischen Schichten ungemein weit verbreitet ist, weil der Unterricht- der Volksschule für die jungen Mädchen zu früh aufhört und die wichtige Schulung der künftigen Mutter auch in der Fortbildungsschule, die überdies noch immer keine obligatorische Einrichtung ist, eine Stätte noch nicht gefunden hat. Unmittelbar nach dem Verlassen der Volksschule beginnt für die meisten jungen Mädchen die Berufsarbeit. 96 Proz. etwa entbehren jeglicher hauswirtschaftlicher Unterweisung. So steht denn die junge Frau und Mutter nur zu häufig hilflos ihren Aufgaden gegenüber, ohne sachverständigen Rat in den ersten Lebens tagen des Säuglings, die so oft über dessen Leben und Tod entscheiden. Die Ärmur ist aber auch die Ursache, daß viele Mütter ihre Unwissenheit nicht durch den Rat eines Arztes korrigieren lassen können. Eine bayerische und eine ungarische Statistik liefern Beweise dafür, wie selten kranke Säuglinge und auch ältere Kinder in ärztliche Behandlung gegeben werden. Nicht die Stillunfähigkeit charakterisiert die Stillungsnot, sondern die Stillunmöglichkeit, die einen ihrer Hauptgründe in der zunehmenden Erwerbsarbcit der Frau hat. Krippen, Kindergärten und Kinderhorte erleichtern vielen Fronen den von der Not diktierten schmerzenreichcn Verzicht auf volle Erfüllung ihrer mütterlichen Pflichten, aber einen vollgültigen Ersatz für die mütterliche Pflege und Ernährung köuuen sie nicht bieten. Wie verhältnismäßig wenig oft dazu gehört, um dem Säugling die Mutter zu erhalten, zeigt das Beispiel einer Frankfurter gemeinnützigen Baugenossenschaft; in ihrem großen Vaublock hatte sie eine Krippe errichtet, die aber unbenutzt blieb, weil die Arbeiterfamilien hier so billig wohnten, daß ihre Frauen nicht mitzuerwerben brauchten. Die Zahl der durch Erwerbsarbeit am Stillen gehinderten Frauen wird sür Wien auf% aller Wöchnerinnen, für Berlin auf mindestens ebensoviel geschätzt. Ein großer Teil davon entfällt auf die unehelichen Mütter, deren Säuglinge als Haltekinder fast ausnahmslos Flaschenkinder und somit an der Höhe der Säuglingssterblichkeit in erster Linie beteiligt sind. Die Lebenserwartung, d. h. die Aussicht, am Leben zu bleiben, ist bei den unehelichen Kindern um rund 80 Proz. schlechter als bei den ehelichen. Verbesserungen in der Organi- sation des Halterinderwesens vermögen in nicht un- erheblichem Maße die Lebenserwartung der unehelichen Kinder zu erhöhen, wie zahlenmäßige Nachweise aus Leipzig und Danzig ergeben. Weit notwendiger noch wäre eine von echt�ni sozialen Geiste getragene Reform der heutigen Alimentierung. So lange die Versorgung des un- ehelichen Kindes sich nicht nach dem Stande des Vaters, sondern nach oem der Mutter richtet, ist die übergroße Mehr- heit der unehelichen Mütter gezwungen, sich von ihrem Kinde zu trennen und es so billig wie möglich in Pflege zu geben. Wie sehr häufiger Pflegewechsel, wie er bei unregelmäßiger Alimentierung die Regel ist, Gesundheit und Leben des Säug- lings gefährdet, geht aus den Zahlen Spanns für Frank- surt a. M. schlagend hervor. Das Kleinkinderalter von 2— 6 Jahren zeigt allgemein ein rasches Sinken der Kindersterblichkeit, Bedrohten im Säuglingsalter die Ernährungsstörungen das Leben des Kindes, so sind es im Spielalter die übertragbaren Krankheeten, insbesondere die Tuberkulose. Von großem Interesse ist hier für die Gestmdheitsstatistik die Frage, ob die Vorteile der Brust- stillung sich auch in diesem Alter noch geltend machen. Nach dem vorliegenden lückenhaften und dürftigen Zahlenmaterial scheint eine günstige Nachwirkung der Brusternährung, be- sonders für das zweite Lebensjahr, Tatsache zu sein. Besser ist das Material über die Einwirkung von Reichtum, Wohl- habenheit und Armut auf die Sterblichkeit und Krankheits- Häufigkeit der Kinder im Spielalter. Vcrriyn Stuert weist nach, daß die Sterblichkeit der Kleinkinder der Armen 2— 2'/2 so hoch ist als die der Reichen. In Bremen sank im Jahrfünft 1896/1900 die Sterblichkeit der Kinder von 1—5 Jahren nur bei den Wohlhabenden; bei den Armen blieb sie unverändert. Bei Masern zeigt sich ein beut- sicher Einfluß der Armut. Die armen Kinder erkranken nicht häufiger, als die reichen an Masern, aber sie sterben häufiger daran. Von den dem Berliner Waisenhause zugeführten Kindern von 1—6 Jahren hatten normales Körpergewicht nur i'/s Proz, der Knaben und 16 Proz. der Mädchen. Kaum 25 Proz. waren frei von Krankheit, mehr als 37 Proz. waren rachitisch. Ebenso traurige Resultate er- mittelte Hoffa in Barmen. Nach allem ist die Gefahr der körperlichen— und damit auch der geistigen— Degeneratton, ist die direkte Gefährdung des Lebens für den im Zeitalter der kapitalistischen Frauen- arbeit geborenen Nachwuchs des Volkes so ungeheuer groß, daß wir nichts unversucht lassen dürfen, um die heutige Ge- scllschast auf dem Wege eines umfassenden Mutter- und Säuglingsschutzes unablässig vorwärts zu treiben. Hier liegt ein weites Aktionsfeld für die Frauen brach, auf dem ihr stärkster Impuls, ihr mütterliches Empfinden rein und stark ins Weite wirken kann, wenn sie aufklärend und kämpfend der kommenden Generation gesunde und glückliche Lebens- bedingungcn erringen helfen. Die bürgerlichen Stimmrechtlerinnen gegen das gleiche Mahlrecht. Das Vorstandsmitglied des Deutschen Verbandes für Frauen- stimmrecht, Frau Dr. Kempf, bittet uns mitzuteilen, daß sie nicht für den Antrag des Preußischen Landesvereins:„Der Ver- band erstrebt als Ziel das allgemeine, gleiche, direkte und ge- Heime aktive sowie das passive Wahlrecht für beide Geschlechter.."» sondern nur für ein Amendement von Frau Lindemann ge- stimmt habe, das folgendermaßen lautete:„Z 4, Ziel. Der Deutsche Verband für Franenstimmrecht will nicht die Interessen einer einzelnen'Schicht oder Klasse von Frauen, sondern die Interessen aller Frauen vertreten, darum erstrebt er das allge- meine, gleiche, direkte und geheime aktive, sowie das passive Wahl- recht zu den gesetzgebenden Körperschaften und den Organen der Selbstverwaltung." Wie wir hören, hat auch Frau Lindemann- Stuttgart nicht für den preußischen Antrag, sondern nur für ihr Amendement gestimmt. Dazu ist zu bemerken: Das Amendement Lindemann way zweifellos besser als der preußische Antrag, wenngleich auch er das ominöse Wort„Ziel" statt der früheren Fassung„Grundsätze" vor- anstellt. An der ganzen Beurteilung des Deutschen Verbandes für Frauenstimmrecht wird durch die Berichsigung natürlich nichts geändert. Unsere Auffassung von der fortschreitenden Reaktion im Frauenstimmrechtsverbande wird durch die Meldung bestätigt, daß der Hamburger Landesverband mit etwa 1000 Mitgliedern, der zugleich die größte Ortsgruppe des Verbandes bildete, auS dem Deutschen Verband für Frauenstimmrecht ausgetreten ist.. Vermutlich wird es nicht bei diesem einen Verein bleiben, andere werden dem Beispiel folgen, Spaltungen einzelner Ortsgruppen find wohl auch zu erwarten, und daß die ausscheidenden Gruppen sich zu einer neuen Organisation zusammenschließen, kann als wahrscheinlich vorausgesetzt werden. So ist also schon sür die nächste Zukunft damit zu rechnen, daß statt der alten zwei Frauenstimmrechtsverbände vier vorhanden sein werden, falls der vor kurzem entstandene Reichs- verband für Frauenstimmrecht sich nicht mit dem neu zu be- gründenden Verband verschmilzt. Die jetzt den Deutschen Verband für Frauenstimmrecht verlassenden Mitglieder haben wohl erkannt, was auch wir voraussahen: daß sie innerhalb des Verbandes nichts mehr ausrichten können, und sie ziehen die Trennung dem Zer riebenwerden vor. 1. B. Die Stütze der Rausfrau. „Nein, Hermann, jetzt habe ich den ewigen Aerger mit den Dienstmädchen satt. Alle Tage werden sie frecher und anspruchs- voller, dabei natürlich immer fauler. Wie Prinzessinnen treten sie auf. Man sollte sie noch bedienen, statt daß sie arbeiten. Eben habe ich der Sophie gekündigt. Die Person verlangt belegte Stullen und Bier zum zweiten Frühstück. Die wird sich wundern, wenn sie mal heiratet. Froh wird sie sein, wenn sie immer trockenes Brot hat. Ihr Bräutigam hetzt sie auch noch auf.„Det is'n Orga- nisierter," wagt sie mir noch ins Gesicht zu sagen. Ich glaube, darauf bildet sie sich noch was ein, statt sich zu schämen." Erschöpft warf sich die Frau Professor auf das Sofa in ibres Mannes Stube und fuhr in ihrem Lamento fort, als er endlich auch zu Wort zu kommen suchte.„Aber liebe Henriette,!oas willst Du denn an- fangen ohne Mädchen? Wir sind doch nun leider mal angewiesen auf diese elenden Kreaturen, die einem das Dasein verleiden. Die Sophie können wir natürlich nicht behalten mit einem organisierten Bräutigam. Das ist ja ein Skandal! Wir müssen eben wieder eine andere suchen."„Suchen, die Vermittlerin hat neulich gesagt, zu uns käme keine mehr. Dabei haben sie es doch nirgends so gut. Aber ich weiß, was ich tue. Ich annonciere im„Daheim" und suche eine Stütze der Hausfrau."„Eine Stütze der Hausfrau," stöhnte der Professor.„Liebes Kind, bedenke, daß ich unmöglich noch mehr Lohn bezahlen kann, als bisher. Und wer soll dann die grobe Arbeit tun und wo soll sie wohnen?"„Laß mich nur machen," meinte seine kluge Frau.„Erstens sichere ich gute Behandlung und Familienzugehörigkeit zu. Dafür brauche ich ihr nur ein Taschengeld geben, höchstens die Hälfte von dem, was ein Mädchen bekommt. Dann haben wir ja Zentralheizung, warmes Wasser und elektrisches Licht. Die Wäsche geben wir aus dem Hause. Ich verlange nur die Arbeit, die ich selbst mache, helfe in der ersten Zeit beim Aufräumen, Geschirrspülen usw. Zum gründlichen Reinemachen muß die Portierfrau jede Woche einmal kommen, ebenso zum Teppichklopfen. Die bekommt das, was das Mädchen an Lohn mehr betommt. Schlafen muß die Stütze bei den Kindern. Da kann gut noch ein Bett stehen. Die Kinder müssen dann eben mehr im Eßzimmer sein, und da kann dann auch das Fräulein sitzen und nähen oder stopfen. Das habe ich bisher auch alles machen müssen, denn die Mädchen werden ja nie fertig in der Küche. Das Fräulein kann dann auch nach den Schularbeiten 1 sehen, wenn ich keine Zeit habe, und es ist mir sehr sieb, daß die Kinder nicht mehr den ordinären Ton der Mädchen hören. Von denen haben sie nur Schlechtes gelernt." Bewunderno hörte der Professor auf den Schlachtplan seiner Gattin. Sie wußte doch immer Rat. Ein paar Tage darauf suchte sie durch ein Inserat im„Daheim" ein gebildetes bescheidenes junges Mädchen, das neben der Sausfrau alle Arbeiten im Haushalt wie eine Tochter übernehmen' sollte. Fertigkeiten in der bürgerlichen Küche und in Handarbeiten war Voraussetzung. Familienanschluß wurde ge- währt und ein Taschengeld von zehn Mark monatlich. Der Pro- fessor war allerdings etwas skeptisch, ob sich auf dies verlockende Angebot jemand melden würde und warf ein, daß ja die Kinder nicht erwähnt seien.„Von denen spricht man erst beim Engage- ment," meinte seine Gattin, und voller Triumph zeigte sie ihm die Offerten, die stoßweise in den nächsten Tagen einliefen. Mädchen aus allen Gesellschaftskreisen meldeten sich: Offizierstöchter, die von vornherein ausgeschieden wurden, da sie alle einen Piep hätten. Ebenso erging es den höheren Beamtentöchtern. Aber es waren noch genug andere da. Mädchen vom Land und auS der Stadt, Mädchen, die Pensionsbildung hatten und mehrere Sprachen kannten. Mädchen, die die Haushaltungsschule absolviert hatten, und solche, die zu Hause alle erforderlichen Kenntnisse erworben hatten. Fast alle waren Waisen oder sie hatten den Vater ver- loren. Viele betonten, daß sie es nicht nötig hätten. Manche wollten einmal fort van Hause, andere hatten das Bedürfnis, sich nützlich zu machen. Die Auswahl war nicht leicht. Nicht gewählt wurden die, welche ein eigenes Zimmer wollten, denen monatlich zehn Mark zu wenig schien, die Ansprüche auf Theater und Konzerte machten, die freie Sonntage und Abende verlangten, die auf den mitgeschickten Photographien zu verwegene Frisuren oder zu elc- gante Kleider hatten. Endlich fand sich eine mit glatten Scheiteln, nicht zu jung, die viel Wert auf einen christlichen Haushalt legte. Man betete ja alle Tage vor dem Essen und gab auch gern ab uiid zu die Zeit zum Kirchenbesuch am Ikachmittag frei. Der große Tag des Einzugs der Stütze kam heran. Sie war Vollwaise, das hatte auch für sie gesprochen, denn da hatte sie doch keinen Anhang und ihr Interesse konzentrierte sich auf ihre Dienst- Herrschaft. Die abziehende Sophie half noch, ihren Koffer herauf- tragen und rief ihr ironisch„Viel Glück " zu. Das Leben der Stütze begann. In den ersten Wochen legte die Frau Professor noch selbst Sand mit an. Bald blieb aber die Arbeit ausschließlich der Stütze"zugewiesen. Sie gehörte zu der Familie. Darum durfte sie mit am Tisch sitzen zwischen den Kindern und auf deren Manieren aufpassen. Wenn Besuch kam, verwandelte sich die Stütze in das Zimmermädchen und mußte servieren,„da sie ja doch niemand kannte". Wollte sie in der Küche einen Rat, dann hieß es:„Ja, Fräulein, eine Stütze, die gestützt werden muß, kann ich nicht brauchen." Bekamen die Kinder in� der Schule eine schlechte Note, dann war die Stütze schuld. Man hatte doch kein Dienst- mädchen mehr, weil man bei einer Stütze voraussetzt, daß sie eine bessere Schulbildung halte und die Aufgaben der Kinder beauf- sichtigen sollte. Als die Stütze sich weigerte, einen Hasen abzu- ziehen, erzählte die Frau Professor, daß sie das bei ihrer Mutter immer hätte machen müssen. Als die Stütze keine Glanzwäsche plätten konnte, hieß es, gerade das gehöre zu den Dingen, die man von einer Stütze verlangen könne. Zu diesen Dingen gehörte überhaupt so unendlich viel, dazu gehörte Pastetenbacken und per- fektes Französisch, dazu gehörte Ausbildung im Schneidern und Putzmachen wie im Klavierspiel. Dazu gehörte, daß man Lehrerin, Erzieherin, Köchin, Zimmermädchen, Plätterin und Schneiderin in einer Person war. Dazu gehörte, daß man nie widersprach, nie müde war, nie eigene Wünsche hatte. Die bescheidene Stütze, die niemand zur Aussprache hatte, niemand, der ihr raten konnte, niemand, der sich darum kümmerte, daß sie immer elender und blasser wurde, wunderte sich, ob es solch vollkommene Wesen, wie die Phantasie der Frau Professor sie sich ausmalte, überhaupt geben könne. Die hätte am liebsten gesehen, wenn die Stütze sich auch noch den Schlaf abgewöhnt hätte, um nur mit aller Arbeit fertig zu werden, die sie ihr aufhalste. Eines Tages traf die Stütze ihre Vorgängerin, die entlassene Sophie, auf dem Markt.„Na Fräulein," fiagte sie,„find Sie denn noch immer bei dem Drachen?" Entsetzt hörte die Stütze diese respektlose Bezeichnung der Frau Professor. Aber Sophies Rede- fluß war nicht mehr zu bändigen. Sie„packte auS". Die Frau Professor wäre eine Menschenschinderin, eine Blutsaugerin, mit- samt ihrer Veterei, dazu ein Geizkragen, eine richttge Hexe. Ein ordentliches Mädchen ginge schon längst nicht zu der. Darum hätte sie sich eine Stütze genommen. Die ivären dumm genug, sich alles aufhalsen zu lassen. Aber ihr, Sophies Bräusigam, hätte sie auf- geklärt und nun wäre sie bei der Dienstbotenorganisation. Da solle daS Fräulein nur auch �hingehen. Da würde man sie schon schützen und ihr eine bessere Stelle verschaffen. Das Fräulein ging nach Hause und kämpfte einen schweren Kampf. Sollte sie, die Tochter aus„besserer" Familie, sich mit den Dienstboten auf eine Stufe stellen? Heimlich ließ sie sich das Organ der Hausangestellten kommen. Da stieg allmählich die Ueberzeugung in ihr auf, daß sie doch nicht so ganz schütz- und rechtlos wäre. Eines Tages kündigte sie der Frau Professor und teilte ihr mit, daß sie sich organisiert und bessere Stellung gefunden hätte. Die Frau Professor loar sprachlos. Eine solche Schande machte ihr eine Person, die sie doch nur aus Mitleid genommen hatte. Die hatte sie Fräulein genannt und sie bei Tisch essen lassen! Na, bei der nächsten Stütze würde sie doch vorsichtiger sein! Und sie bekam loieder eine Menge Angebot«, als sie im Jba' heim" eine Stütze suchte, und wird sie bekommen, so oft sie noch annonciert. Die Stützen sind ja, nach Sophies Aussage, dnmrn genug!_' A- B. Die frau In der Partei, Eine Frauenkonferenz für den Agitationsbezirk Breslau tagte am Sonntag, den 12. d. M., in Breslau . Anwesend waren 1b Ge- nossiunen als Delegierte. Den Parteivorstand vertrat Genossin Zietz, die Bezirksleitung die Genossen Löbe und Scholich und die Genossinnen Wulf und Lawatsch. Die Breslauer Kinderschutz- kommission war durch ihre Vorsitzende vertreten. Außerdem nahmen noch einige Genossinnen als Gäste au den Verhandlungen teil. Ueber das Thema:„Wie gewinnen wir die Frauen für den politischen Kampf" referierte Genossin Frieda Wulf. Gewünscht wurde in der Diskussion, daß der in den Frauenversammlungen vorzutragende Stoff ein möglichst leichter sei, und daß alle Ver- sammlungen möglichst mit Chorgesängen eröffnet und geschlossen werden. Andere, namentlich aus ländlichen Distrikten, forderten den Ausbau der Kranken- und Wöchnerinnenpflege durch Ge- nossiunen als Agitation sür die Frauenbewegung. Der Mithilfe der Frauen beim Kinderschutz war ein zweites Referat der Ge- nossin Wulf gewidmet, in dem namentlich die KinderauSbeutuug auf dem Lande ein besonderes Kapitel bjldete. Gewarnt wurde vor dem Zusammenarbeiten mit der bürgerlichen Jugendzentralc, empfohlen dagegen die Veranstaltung von Kinderspaziergängen und Ferienwanderungen. Die Agitation unter der weiblichen Jugend behandelte die Genossin Zietz-Berlin ; sie bezeichnete unsere Jugend-■ bewegung als einen Akt der Selbsthilfe gegenüber der kapitalisti - scheu Wirtschaftsweise. Die Kampfesweise der Gegner gegen die proletarische Jugendbewegung wurde von der Rednerin gebührend gekennzeichnet und dabei hervorgehoben, daß gerade die weidliche Jugend nirgends mehr vor sittlichen Gefahren geschützt ist, als in der proletarischen Jugendbewegung. Notwendig sei, die weibliche Jugend schon zu kleinen Agitations arbeiten heranzuziehen.
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