von einer schworzblauen ParlamentsmeHr�eit verschont bleiben soll. Die Bttttel und Wege zu finden, wie das letztere am sichersten zu erreichen ist, das wird die Aufgabe der Parteileitungen der Linken sein. Das Schlimmste kann bei allseitigem gutem Willen ohne Zweifel noch abgewendet werden. Was von unserer Seite getan werden kann, um diesen Erfolg zu sichern, das wird ohne Zweifel geschehen. Wir haben jetzt keinen Anlaß dazu, die National- liberalen den Mandatsgewinn entgelten zu lassen, den sie sich in vcidelberg-Land und Heidclberg-Eberbach auf unsere Kosten mit Hilfe der Wackerschen verschafft haben. Es ist also anzunehmen. daß der G r o ß b t o ck, der nun schon zweimal das Land mit Erfolg vor einer klerikal-konsecvativen Mehrheit behütet hat, auch für den vcvorstehenden zweiten Wahlgang wieder zustande kommt und dabei zum dritten Male seinen Zweck erreicht... Was die Stimmcnzahl der Sozialdemokratie betrifft, so war von vornherein zu erwarten, daß die ungekvöhnlich hohen Stimmziffern, die unsere Partei 1309, bei den Wahlen, die unter dem unmittelbaren Einfluß der eben vollendeten volksfeindlichen Steuerreform stattfanden, erzielt hatte, sich diesmal kaum werden halten lassen. Andererseits war die Kampfcsweise des Rechtsbloiks, insbesondere die des Zentums, diesmal eine derart niedrige, aller politischen Moral bare, und wurde insbesondere die Religion in so schamloser Weise in den Wahlkampf hineingezerrt, daß es wahrhaft wunder nimmt, wenn der bis zur höchsten Leidenschaft entfachte religiöse Fanatismus gewisser Vollskrcisc sich nicht noch in schlimmeren Ausbrüchen kund tat. als es da und dort im Lande ohnehin schon geschehen ist. „yfriburger BolkSwacht": DaS ist das wesentliche Ergebnis de? ersten Wahlganges. Wir sind enttäuscht, aber nicht mutloS. Man mußte damit rechnen, daß der rapide Erfolg von 1909 schwer aufrechterhalten werden konnte. Die Empörung der badischen LandtagSwähler über die erbärmliche Reichsfinanzrcform drückte vor vier fahren manchem Wähler den sozialdemokratischen Stimmzettel in die Hand, der sich sonst nicht zu den Ideen unserer Partei bekannte. Dazwischen liegen nun vier Jahre der infernalischen Hetze de» Zentrums und seiner. Presse gegen die Sozialdemokratie und den Großblock, eine systematische Agitation gegen uns auf dem Lande wie in der Stadt, ein stetiges Betonen der sozlaldemokrati- schon Gefahr in Baden, ein Denunziantenwescn schlimmster Sorte für jeden, der nicht zum schwarzblauen Block gehörte. Dazu kam ein gewisser Mißmut in den Reihen der sogen. Rechts- nationalliberalen, der verkappten Konservativen, die ihre Partei nach rechts drängen wollten und bei der jetzigen Wahl mit der Rastatterei und anderen Symptomen der inneren Partei- zersetzung aufwarteten.... Auch fehlte eS an einer auch nur einigermaßen zugkräfti- gen Wahlparole für die Sozialdemokratie und für die ge- samte Linke. Ihre Wähler wurden nicht durch ein momentanes politisches Ereignis aufgepeitscht, und die Reaktion brachte auch den letzten Mann auf die Beine. Daß erklärt unseren Stimmen- rückgang. Denn wir dürfen getrost behaupten, daß die Sozial- demokratie in diesem Wahlkampf ibre Schuldigkeit getan, daß sie an Agitation und an intensiver PersammlungStättgkeit nichts fehlen ließ. Trotz alledem: Kopf hoch! Wir haben einen starken Stimmen- Verlust erlitten und müssen auch mit Mandatsoerlusten rechnen. Aber zum Pessimismus, zur tatenlosen Klage liegt keine Veranlassung vor. Unser Aufstieg war in Baden zu jäh, es mußte die normale EntWickelung unserer Partei Platz greifen. Jetzt heißt es alle Kraft für den zweiten Wahlgang einsetzen. Wir müssen zeigen, daß uns die Erfolge des Zentrums und der Konservativen nur um so eifriger anspornen, den sozio I- demokratischen Trotz, die proletarische Energie umzuwandeln in echte und rechte Kampfeslust. Tann können wir auch den SluÄjai'g de» badischen Landtagswahlkampfes von 1Sl3 ertragen. teutsniiel'llligstollal. Aiils Wien wird uns vom 22. dieses Monats geschrieben: Es ist ein echt österreichischer Skandal, der niit der Ver- folgung der Direktoren und Agenten der Canadian-Pacific- Schiffahrtsgeselfifchaft offenkundig geworden ist und über den nun immer wunderbarere Einzelheiten bekannt werden. Die Eanadian war. als sie vor fünf Jahren zum Geschäftsbetriebe zugelassen wurde, ein Teil des nordatlantischen Schiffahrts- Pools. Sie trewnte sich im vorigen Jahre von dem Trust des Herrn Ballin"und erhielt vom österreichischen Handels- Ministerium die Bewilligung zur Errichtung einer eigenen Schift'ahrtsverbindung, die die Auswanderung von Oesterreich über Trieft leiten sollte. Die Erteilung dieser Bewilligung wird von der österreichischen Regierung damit begründet, daß mit der Leitung, des Auswanderungsverkehrs über Trieft der eigene Verkehr und der eigene Hafen gehoben wird. Diese sachliche Begründung hat sicherlich etwas für sich: aber bloß mit sachlichen Argumenten wird diese Konzession nicht er- worden worden sein. Es werden dabei auch andere mitgespielt haben. Auch in Wien haben die ungarischen Gewohnheiten, wonach bei großen Geschäften ftir Wahlkosten und Dis- Positionsfonds geopfert werden muß. Eingang gefunden, und es wird wohl etwas daran sein, wenn erzählt wird, daß die Eanadian für die Bewilligung auch andere Leistungen als die fachlichen der Schiffahrt übernommen hat. Um so mehr kommt man auf den Gedanken, als sich die Eanadian in Oesterreich mit einem echt amerikanischen Bluff, den Aussichtswagen, die sie den österreichischen Staatsbahnen gratis beistellt und einer sich daranschließenden pompösen Reklamefahrt, eingeführt hat. Jedenfalls war die Eanadian geradezu ein Schoßkind des österreichischen Handclsamtes, besaß seine Gunst und wurde von ihm mit allen Hilfsmitteln der offiziösen Presse ver- teidigt. Gleichzeitig aber wurde sie vou militärischer Seite aufS schärfste befehdet und als eine regelrechte Gauner- organisation hingestellt. Die Gesellschaft soll nämlich, obwohl sie gelobt hatte, die Interessen der Wehrmacht besonders zu wahren, die„Verleitung" von Militärpflichtigen zur Aus- Wanderung in dem allergrößten Maßstabe unternommen haben, und das war den Militärs, die auf das Menschenfleisch ein Monopol zu haben glauben, gar nicht recht. Monatelang tobte der Kampf zwischen den militärischen Amtsstellen, die immerwährend schärfere Erlässe gegen die Gesellschaft heraus- gaben, und dem Handelsministerium, das die angegriffene Gesellschaft immer deckte und verteidigte. Endlich gelang es, den Kaiser und den Thronfolger für die Sache zu interessieren und ihnen einzureden, daß dieses Treiben die gesamte Wehr- macht in ihren Grundlagen bedrohe. Darauf wurde eine rück- sichtslose Untersuchung angeordnet, die Verdächtigen in Haft genommen, der Betrieb wurde gesperrt und alle Schiffahrts- gesellschaften werden durchsucht und überprüft. Wenn es also ein aufgelegter Skandal ist. daß sich derlei Auswüchse des Auswanderungsverkehrs, die doch nicht geheim bleiben konnten, gleichsam unter den Augen der Behörden ab- gespielt haben, und die verdächtige Gesellschaft von der Ztegie- rung noch geschützt wurde— es sollen dabei mehrere Beamte auch direkt bestochen worden sein—. so sieht die Sachlage auf der anderen Seite nicht sauberer aus. Denn es unterliegt keinem Aweifel, daß in dem Krieg gegen die Eanadian der Pool seine Hände im Spiele hat. die Hände und vor allem nuch Geld. Was die christlichsoziale Presse betrifft, voran die berüchtigte„Reichsposl", so ist es durch einen aufgefangenen Brief sichergestellt, daß die ganze wilde Kampagne von einem Agenten des Pool inspiriert und geleitet worden ist. und der Mann rühmt sich in dem Briefe selbst, daß er mit Geld reich- lich versehen sei. Natürlich können die sogenannten patrio- tischen Momente, nämlich die Besorgnis uni den Verlust, den die Wehrmacht durch den großen Abfluß von Militärpflichtigen erleidet, niitgewirkt haben: aber daß dem Pool, der mit seinen skandalösen Kontrollstationen die Vergewaltigung der Aus- Wanderer nicht minder arg betreibt, diese idealen Beweggründe nicht bestimmt haben, daß er daran ein materielles Interesse hat, die Konkurrenzgesellschaft unmöglich zu machen und den ganzen Auswandererverkehr an sich zu reißen, ist selbstver- ständlich. Wie wahrscheinlich auch gewisse reichsdeutsche Blätter, die sich über die aufgedeckte Korruption der Eanadian so empört zeigen, von diesem Gedankengang. nickst frei sein werden. Natürlich wird bei den Schilderungen auch sehr übertrieben, und mit Absicht übertrieben. Wie die Regierung amtlich angibt, sollen in Galizien nnd der Bukowina etwa 80 000 Stellungspflichtige ausgeblieben sein. Aber die Zahl, erklärt sie selbst,„sei deshalb nicht so erschreckend groß, weil ja darunter Personen sind, die schon als Kinder ausge- wandert und in Amerika vielleicht gestorben sind, und Per- sonen, deren Aufenthalt nicht zu eruieren ist, endlich auch Saisonauswanderer, die zum großen Teile wieder zurück- kehren, um sich bei der Nachstellung ihrer Stellungspflicht zu unterwerfen". Es wird wohl auch das meiste, was nun von den ränkevollen Listen bei der Anwerbung von Auswanderen! erzählt wird, Neporteraufschneiderei und Reklame der unter- suchenden Polizeimenschen(die sich in Wien auf Reklame ver- stehen) sein. Denn man braucht den polnischen und ruthenischen Bauern heute weiß Gott nicht mehr zuzureden, um sie zur Auswanderung zu bestimmen. Und das ist der dritte und ärgste Skandal, daß sich die Machthaber absichtlich blind stellen und es nicht sehen wollen, warum die Leute in Galizien der Heimat massenhaft ent- fliehen. Natürlich mag bei dem Steigen der Auswanderung auch die Verleitung durch die profitgierigen SchiffahrtSgesell- schaften mitwirken, wohl auch die ungewöhnlich günstige Ge- legenheit(es ist nämlich der Preis der Ueberfahrt durch den Konkurrenzkampf zwischen dem Pool und der Eanadian auf die Hälfte herabgedriickt); aber die wahre und entscheidende Ursache ist die entsetzliche Not in den zwei Grenzländern, die die Menschen mit Verzweiflung erfüllt und mit dem sehnlichen Wunsche, sich eine neue und bessere Heimat zu suchen. In Galizien herrscht heute eine wahre Hungersnot und in den Städten müssen reaelrechte Verteilungen von Lebensmitteln organisiert werben, um die Menschen vor dem Verhungern zu retten. Die Patrioten geberden sich, als ob die Bauern, die die Eanadian von Oesterreich wegführt, dem bösesten Elend ent- gegengeführt würden und daß sie Gott weiß was verlieren, wenn sie in Kanada die österreichische Staatsbürgerschaft einbüßen: aber es wird den Leuten in Kanada unzweifelhaft besser gehen als in der galizischen Heimat, und den Verlust, kein Oestereicher mehr zu sein, werden sie schwerlich empfinden. Galizien ist ja immer das klassische Land der Auswanderung, und ihre Ursache waren immer die traurigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes: auf der einen Seite Latifundien, auf der anderen Zwergbesitz und überall Mangel an Industrie, die den riesigen Zuwachs von Menschen aufnehmen könnte. Nun ist zu diesen gleichsam natürlichen Vorbedingungen die Verwüstung durch die Krise gekommen: was Wunder, daß die Leute die Heimat massenhaft fliehen und dorthin auswandern. wo ihnen die Arbeit Ernährung verspricht! Diese Krise ist aber vornehmlich die Wirkung jener auswärtigen Politik, die das Grenzland durch Monate in Beunruhigung versetzte, die Geldverhältnisse verschlechterte, der produktiven Arbeit die Hilfsquellen entzog. Tie gewissenlosen Direktoren und Agenten der Eanadian niögen die Leute zur Auswanderung verlockt haben, aber die leichtfertige Politik des Grafen Berchtold, die mit der Wohlfahrt der Völker spielt, die über die Menschen Not und Elend bringt, die hat sie zu der Aus- Wanderung geradezu gezwungen! polWcKe(Jchcrücht. Die Aktion gegen die Arbeitslosigkeit. Die sozialdemokratische Fraktion wird beim Zusammentritt des Reichstages folgende Interpellation einbringen: „Welche Maßregeln gedenkt der Herr Reichskanzler zu ergreifen, um den schlimmen Folgen der Arbeitslosigkeit ent- gegenzuwirken. die durch immer wiederkehrende wirtschaftliche Krisen verschärft werden? Ist er insbesondere bereit, eine alle Arbeiter und An- gestellten umfassende reichsgeschltche Arbeits- l o se nv e rsi ch e run g in die Wege zu leiten, sowie zur Bekämpfung der zurzeit besonders sich geltend machenden nach- tciligen Folgen der Arbeitslosigkeit geeignete AbhilfSmittel zu ergreifen?"_ Tirpitz gegen Churchill . Einem Londoner Telegramm zufolge erklärt„Daily Chronicle" zur Mitteilung ermächtigt zu sein, daß Staats- sekretär Tirpitz positiv erklärt hat, daß Deutschland nicht von seinem fe st gesetzten Flotten- Programm abgehen werde. Im Reichstag wird man ja wohl bald erfahren, welche Stellung die Regierung zu den Verhandlungs- Vorschlägen des englischen Marineministers einzunehmen ae- denkt. Dr. Pape als Brudermörder. Der früher in Weitzensee bei Berlin angestellte besoldele Schöffe Dr. Pape hat, wie uns telegraphisch mitgeteilt wird, tn Bangkong feinen Bruder im Streite erschossen und nach der Tat sich dem deutschen Konsul gestellt. Als besoldeter Schöffe hatte er der Weißen- seer Verwaltung so viel Schwierigkeiten gemacht, daß gegen ihn zweimal ein Verfahren auf Dienstentlaffung schwebte. DaS zweite Verfahren führte zum Ziele, im ersten war auf lebhafte Fürsprache au» den Kreisen des Reichsverbandes zur Bekämpfung der Sozialdemo- krotie nur auf die höchste zulässtge Geldstrafe erkannt. Nach feiner Dienstentlassung ging Dr. Pape nach Siam. In deffen Hauptstadt leitete er mit seinem Bruder eine Apotheke. Sein Name Ivurde viel genannt, als er vor acht Jahren den Vorstand der Weißenfeer OrtS« krankenkasie seines Amtes enthob, weil aus Kaffenmitteln Gelder zur Verfügung gestellt wurden, um dafür Flugblätter gegen den AlkoholiSmuS an die Mitglieder zu verbreiten. Auf Klage hin wurde dt« Entsetzung de» Vorstandes aufgehoben. Der Vorsitz im Gewerbegericht muhte Dr. Pape wegen gar zu falscher Recht- sprechung zuungunsten der Arbeiter einige Jahre nach seiner Amtie- rung genommen werden. Dr. Pape zeichnete sich als besonderer Kämpfer gegen die Sozialdemokratie aus. Nun ist diese Stütze der Mugdanesen und des RcichSverbandeS zur Bekämpfung der Sozial» demokratie zum Brudermörder geworden. Erleichtertes Anfatmen der„Kölner ". ES muß doch innerhalb des Zentrums noch schlimmer stehen, als man gemeinhin annimmt. Zu Anfang dieser Woche hdt Dr. Karl Bachem in Krefeld eine mehrstündige Rede gegen den ehemaligen Abgeordneten R o e r e n gehalten, indem er diese» Manne, der jahrzehntelang in der Zentrumspartei gefeiert wurde wie wenig andere,„unsinnigste Verdrehung" und ähnliche Dinge: portvarf. Und nach dem Ergebnis der badischen Landtagswahlen jubelt die„Kölnische Volkszeitung"cin über da. anderemal: Ein Sieg der Kölner Richtung: „In Baden hat nicht nur der Arbeitseifer, der arbeitswillige Optimismus der Badischcn„Kölner ", wie die Außenseiter sie nannten, gesiegt, sondern auch ihre Taktik, ihre vielsach so schlecht verscandene und darum so sehr angcsochtene Taiiii... Es ist nicht so ungefähr, daß die Dinge in Süddeutschland sich so günstig entwickeln. Dort merkt man von den Quertreibern nichts, die in einzelnen preußischen Bezirken die Parteigenossen ärgern und hier und da ihre AktionSlust hemmen. Dort läßt man den Volksvcrein für das katholische Deutschland in Ruhe und freut sich seiner EntWickelung, dort legt man auch den christlichen Gewerkschaften nichts in den Weg..,." Ob dieser Appell an gewisse deutsche Bischöfe und an Seine Heiligkeit in Rom Eindruck macht, bezweifeln wir. Solang« über Köln selbst die rote Fahne weht, werden die„Kölner " schwerlich wieder zu dem rechten Ansehen kommen. Ein Land von der Wirt- schaftlichen Rückständigkcit großer Teile wie Baden ist für die Kölner Taktik nicht entscheidend. DaS werden sich wohl auch die Freunde der„Quertreiber" im Zentrum sagen. Aus dem bayerischen Landtag. Ueber Nacht mag den bürgerlichen Parteien die Erkenntnis ge» kommen fein, welchen Eindruck es machen würde, wenn alS einzige Partei, die für den Arbeitßlosencrlaß deS Prinzregenten eintrete, die Sozialdemokratie erscheine. Sowohl die Liberalen als das Zentrum ereiferten sich daher cm Donnerstag, zu versichern, daß sie für die Forderung der Regierung für den StaatSzaschuß der gemeindlichen Arbeitslosenversicherung eintreten würden. Der Zentrumsvertrcter Ankenbrand glaubte sogar, schon die Zustimmung des RcichSrateS in Aussicht stellen zu dürfen. Dabei ließen auch die Ausführungen dieses ZentrumSrednerS leinen Zweifel darüber, wie sehr dem Zentrum eine Arbeitslosen- Versicherung zuwider ist und sie erwarten nun alles von einem mög» lichst kraftlosen Vollzug der Arbeitslosenversicherung. Für die Sozialdemokratie redete am Donnerstag nochmals Genosse Vogel den Parteien in? Gewissen. Die Parteien sind inzwischen überein» gekommen, alle Anträge zur ArbeitSlosenfrage einer besonderen Kom» Mission zu überweisen. In einem persönlichen Nachspiel versuchte der christliche Arbeiter« sekretär Oswald die Tatsache auS der Welt zu schaffen, daß noch in der vorigen Session das Zentrum den Arbeitslosen- antrag der Sozialdemokraten ablehnte, den jetzt die Regierung aufgenommen hat. An der Hand des vor ihm liegenden amtlichen Stenogramms stellte Herr Oswald fest, daß damals über den sozial» demokratischen Antrag überhaupt nicht abgestimmt worden sei. Oswald wurde sofort auf die Fälschung ertappt, daß er auZ dem vor ihm liegenden Protokoll, aus dem er die Befchlüffe vorlas, ein» fach den seine Behauptungen widerlegenden Vermerk unterschlagen hatte. Sein Gefährte, der Zentrumsabgeordnete Schlitten» Hauer, mußte in der gleichen Sitzung einen beschämenden Rückzug antreten. Zur Welfenfrage. Der braunschwcigische Landtag wurde vom Herzog-Regenten zum 27. Oktober zu einer außerordentlichen Session einberufe». Vermutlich soll er sich mit dem Regierungsantritt des CumberländerS beschäftigen. Ausdehnung des Einjährig-Areiwilligen-Privilegs! Eine durch die Scherlpresse verbreitete amtliche Notiz teilt mit, daß künstig nicht nur die Schüler der staatlicken oder staatlich unter- stützten BaugewerkSschnlen und kunstgewerblichen Unterrichtsanstalten zur erleichterten Prüfung für den Einjährig-Freiwilligendienst zu. gelassen werden, sondern ouch die Schüler der übrigen staatlichen oder staatlich unterstützten gewerblichen Fachschulen(z. B. Maschincnbanschulen, Fachschulen für Textil«, Eisen- usw. Industrie, Handwerkerschulen). Voraussetzung dafür ist die Ersüllung der all» gemein bekannten Bedingungen, insbesondere gemäß§ 89, 6a M-O.. der Nachweis besonder? hervorragender oder kunstgewerblicher Leistungen in der Schule. Die gleiche Vergünstigung kann auch den Schülern anderer gewerblicher Fachschulen gewährt werden, sofern diese Schulen von dem Minister für Handel und Gewerbe, dem Minister de» Jimern und dem Kriegsminister al» den staatlichen nnd staatlich unterstützten gewerblichen Fachschulen gleichwertig anerkannt worden sind. Diese erweiterte Zulassung zum einjährigen Dienst nimmt der ganzen Institution nicht» von ihrem Charakter als einem Pri- vileg der Besitzenden, denn der Schüler einer der genannten Anstalten kann von dem ihm zugestandenen Vorrecht nur Gebrauch machen, wenn ihm die hierfür nicht unerheblichen Mittel zur Ver- fllgung stehen.__ Steine statt Brot. Als Würdige Volksvertretung einer Republik, in welcher der Geldsack regiert, hat sich die Hamburger Bürgerschaft bei der Ab» stimmung über die von unteren Genossen beantragten Maß» nahmen gegen die Arbeitslosigkeit erwiesen. Den hungernden Arbeitslosen wurden Steine statt Brot gereich»: mit Ausnahme der Vereinigten Liberale», die allein für die sozial- deniokratiichen Anträge sprachen und stimmten, hat keine bürgerliche Fraktion die Pflicht des Staates, helfend einzugreifen, anerkannt, ihre Redner wetteiferten vielniehr darin, die Sozialdemokraten zu ver- dächtigen und ihnen vorzuwerfen, daß sie mit der Arbeitslosenfürsorge nur Parleigcschäfte besorgen wollten. Da» äußerste darin leistete der schon im Bericht über die erste Sitzung erwähnte Sekretär des llnternehmcrschutzverbaudes Dr. Westphal, der nicht nur gegen jede Arbeitslosenunterstützung, sondern auch gegen die Forderung tariflicher Löhne wetterte. Darauf wurde ihm am vorigen Montag bei der Fortsetzung der Debatte vom Genoflen Huffmeier entgegengehalten, daß er früher, al« er im Dienste einer MiltelstandSvereinigung in Berlin stand, f ü r Tarifverträge gekämpft habe. Dr. Westphal schl, tiefte die unbequeme Erinnerung mit einer Bemerkung aö, die zu sogen schien, daß er jetzt eben anders gesinnt sei. Vom Syndikus des Vereins Hamburger Reeder. Dr. S t u b m a n n, wurde versucht, durch Statistiken des Hafen» betriebsvereins die Arbeitslosigkeit wegzuleugnen. Genosse H e n z« wies den zweifelhaften Wert solcher Zufallsstatistiken nach. Ueber» dies wurde am Mittwoch, bei der Fortsetzung der Universila tSdebatte, vom HandelSkammerpräsidenten B o h l e n mir großer Schäfte hervor» gehoben, daß wir unS mitten in einem wirtschaftlichen Niedergang schwerster Art befinden.
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