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fcm a»w i. Ifilüjf te Jatmätts" Uttliiift lolbHirtt Gcwcrkrcbaftlicbes. Die Lage in Dublin . London , 22. Oktober. (Gtfi. 59er.5 Ein Schiff nach dem andern schicken die englischen Ar- beiter ihren ausgesperrten Brüdern in Dublin . Das fünfte mit Nahrungsmitteln beladene Schiff ging gestern ab. und schon hat man mit der Beladung des sechsten angefangen. Ueber 27 OOl) Pfund hat das englische Proletariat schon für diese Schiffe aufgebracht und es scheint zurzeit nicht, daß der Strom der Unterstützungsgelder versiegen wird. Einzelne Arbeftgeber haben ohne Geräusch ihre Arbeiter wieder ein- gestellt, ohne von ihnen den Austritt aus der Transport- arbeitergewerkschaft zu verlangen. Aber die große Masse der Unternehmer hält unter der Führung des Herrn Murphy aus und ist entschlossen, die Arbeiter auszuhungern. Die Dubliner Arbeitgeber haben es fertig gebracht, die ganze Oeffentlichkeit gegen sich mobil zu machen. Konservative Blätter, wie dieTimes" und dieDaily Mail", unterziehen ihr Austreten und ihre Werke einer scharfen Kritik. So bringen dieTimes" heute einen Leitartikel, in dem die Wirt- schaff der Dubliner Stadtväter in bezug auf die Wohnungs- frage erbarmungslos gegeißelt wird. Es heißt da zum Schluß: Dublin sollte eine der gesundesten Städte in der Welt sein. Lebenbringende Seelüfte bestreichen die Stadt. Ihre Umgebung ist lieblicher als die irgendeiner anderen Stadt in den drei Königreichen. Sie hat genügend Platz, um sich aus- zudehnen. Und dennoch sterben die Leute wie die Fliegen in chren schmutzigen Spelunken, und selbst die breite Fläche des Phönix-Parkes bleibt meist verlassen und verödet." Die Genossin Montefiore ist nach Dublin gereist, um Kinder der Ausgesperrten zu organisierten Arbeitern in Eng- land zu schicken. Darüber haben die irischen Patrioten und Priester einen Mordsskandal gemacht. Die konservative Daily Mail" meint dazu, es könnte nichts schaden, wenn auch ein paar Dubliner Arbeitgeber mit herübergeschickt werden würden, damit sie ihre mittelalterlichen Ideen los werden und erfahren könnten, wie vernünftige englische Arbeitgeber die Gewerkschaften beurteilten. Aber die Arbeitgeber Dublins haben eine dicke Haut: derartige Kriftken beunruhigen sie wenig, obwohl sie von Leuten kommen, die man nicht gerade als die Freunde der organisierten Arbeiterschaft bezeichnen kann. Wie sie den Einigungsvorschlag der Untersuchungs- kommission zurückgewiesen haben, so haben stfe auch die Friedensvorschläge verworfen, die ihnen ein aus angesehenen Dubliner Bürgern zusammengesetztes Komitee gemacht hat. Sie bestehen auf den Kopf L a r k i n s, die Reorganisation der Transportarbeitergewerkfchast und die Aufgabe des Sympathiestreiks. Das Ansinnen, das die Unternehmer an die Dubliner Arbeiter stellen, sie sollten ihren Führer fallen lassen, ist eine Forderung, die von jedem verniinftigen Menschen als lächer- lich bezeichnet wird. Es wäre vielleicht besser, wenn in dieser kritischen Zeit ein anderer Mann am Steuer der Transport- arbeitergewerkschaft säße, der nicht L a r k i n s'Draufgänger- temperament besäße und seine Zunge mehr im Zaume halten könnte. Die Rede, die der Generalsekretär der irischen Transportarbeiter vor kurzem in London hielt, in der er er- klärte, daß der Teufel die Verträge holen könnte, hat der Sache der Arbeiter sicher geschadet. Aber was man auch gegen ihn vorbringen mag, er ist unbestritten der Mann, der in den letzten fünf Jahren das Proletariat Dublins von Sieg zu Sieg geführt hat und unr den sich die Massen, selbst wenn es den Arbeitgebern gelingen sollte, ihn für den Augenblick kleines feuilleton. Der Kaiser baut. Er baut; aber er bezahlt nicht. Bezahlen muß das Volk. Warum darf es da nicht auch bauen? Ja. wirklich, «S darf nicht. Auch das ReSt auf Architektur ist ein Ausdruck für Macht. Der Kaiser ging, wie man aus derNorddeutschen All- gemeinen" erfährt, über die Arbeiten des Wettbewerbs für ein Bot- fchafter-Palais in Washington zur Tagesordnung über; er hatbe- stimmt", daß dem Neubau ein Entwurf zugrunde gelegt werden soll, den der Oberhosbaurat von Ihne angefertigt hat. So lange der Kaiser Herrn I h n e mit dem Bau der Washingtoner Botschaft beauftragen kann, so lange dürfen die Amerikaner getrost glauben, daß wir absolutistisch regiertes Mittelalter sind. Auch der Bau, den der Oberhofarchitekt ausführen wird, wird sie'S lehren. Innen die Litiquilälen eines Thronsaales und dergleichen Reliquien, und außen Nun, Herr Ihne ist ein trockener Pedant, «in ganz gleickigültiger, schulmäßig ausgebildeter Zusammen- träger; seine Werke sind wesenlos, und wenn man sie awi- handwerklich als Gebautes schätzen kann, so entbehren sie doch jeder Lebensfähigkeit. Es wäre eine Art von Selbstentleibung, wollte man das Schema Ihne nach Amerika schicken, in ein Land, das Chikago nach einem gewaltigen Plane als die erste von Grund auf moderne Stadt baut. Aber man wird sich entleiben. Der Wettbewerb, über den der Kaiser sich hinwegsetzt, ist von 272 deutschen Architekten beschickt worden. Sie haben gearbeitet, ste haben es sich etwas kosten lassen. Werden sie sich mucksen, wenn nun all diese Leistungen durch einen autokratischen Federzug abgetan werden? Gewiß, der Entwurf des Architekten Bruno Möhring , der den ersten Preis bekam, war unzulänglich. Aber dieser Entwurf war ja nicht die beste Leistung unter den 272. Und jedenfalls gibt es in Deutschland bessere Architekten als Ihne. Und schließ- lich: wer bezahlt, sollte auch das Recht haben, den Baumeister, zu bestimmen. Aber wie Figura zeigt: er hat es nicht. Und des- halb kommt die Halbheit und Schlimmeres obenauf. Das zweite Bierteljahrhundert kaiserlicher Bauherrlichkeit hat am Ergebnis des ersten noch lange nicht genug. Der Schnup sw chpatriot. Er spaziert durch die Straßen von Gevelsberg sWestfalen), ein echter deutscher Mann, Oberlehrer oder so etwas. Leutnant der Landwehrinfanlerie ersten Aufgebots, den Schnurrbart hochgebürstet, eine Kornblume im Knopfloch, von der Theodor Fontane zu sagen pflegte, daß zu ihrer Nüchternheit noch ein roter Militärhosenstreifen kehle, so spaziert er hochgemut durch die Straßen. Bleibt hier und da stehen und betrachtet ein Schau- fenster. Mit hochgemuten Gedanken, wie sie einem Patrioten zu- kommen Deutsche Waren... deutsche Industrie... Welthandel... Weltmeet... Dreizack in untere Faust... Panzerschiffe... Hurrai Blickt dabei starr, immer starrer auf einen Haufen Toschentücher in einer Auslage. Taschentücher in englischen, franzö­sischen. amerikanischen Farben. Nur keine schwarz-weiß-roten. Der Patriot,ein klein wenig gereizt' so steht eS in derTäg­lichen Rundschau" zu lesen! betritt im Stechschritt den Laden. (fordert ein Taschentuch in deutschen Farben. Vergebliches Umher- uchen.Ein deutsches? Bedauere!'Ach so, verzeihen Sie, ich vergaß, daß wir in Deutschland sind I' Tritt den beschleunigten Rückzug an, der Ladeninhaber tippt an die Stirn, die Mamsells lachen hinterdrein. Aber der Patriot, die Brust geschwellt von einer Aufgabe, die Schnurrbartenden drohend gesträubt, stelzt weiter, tart nächste Geschäft. Dasselbe Spiel... Frage. Antwort, schachmatt zu setzen oder seine Organisation aufzureiben, über kurz oder lang doch wieder scharen würden. Tic unverschäintc Forderung der Unternehmer, die Transportarbeitergewerkschaft müsse sich zuerst reorganisieren, che sie sich mit ihr in Per- Handlungen einlassen könnten, kann natürlich von keinem Ge- werkschafter diskutiert werden. Die stärkste Position haben die Unternehmer in bezug auf den Sympathiestreik inne. Hier finden sie Unterstützung in dem Bericht der Untersuchungskonmüssion, in dem ja auch der Sympathiestreik verurteilt wird. Und der Bericht ist auch von dem der Arbeiterklasse angehörenden Konunissar C l y n e s unterzeichnet, der selbst Beamter einer der Transportarbeiter- organisation ähnlichen Gewerkschaft ist und den niemand im Verdacht haben kann, daß er die Interessen seiner Klasse nicht mit allen Kräften wahrt. Im irischen Transportarbeiterver- band selbst scheint man in bezug auf die Nützlichkeit des Sympathiestreiks geteilter Ansicht zu sein. So erklärte C o n n o l l y vor einigen Tagen, daß sich der Verband ver- pflichten würde, den Sympathiestreik in verniinftige Grenzen zu halten. Das sieht wie ein Kompromiß zwischen den leiten- den Personen der Transportarbeitergetverkfchaft aus. Doch was in Irland als Sympathiestreik bezeichnet wird, würde man anderswo eher Boykott nennen. Es ist eigentlich kein Wunder, daß der Boykott in den letzteil fünf Jahren in Dublin so populär war. Der Boykott ist eine Erfindung der irischen Patrioten, die zur Zeit der Agrarkämpfe erfolgreich aus- probiert wurde. Es ist eine Waffe, die der Nationalismus das irische Volk zu handhaben gelehrt hat. Das Wort selbst stammt aus Irland . Es war Parnell. der in einer berühmten Rede das Verfahren also beschrieb: Wenn ein Mann ein Pachtgut von einem anderen nimmt, der exmittiert worden ist. so müßt ihr ihm auf der Straße, im Kaufladen, auf dem Jahrmarkt, auf dem Marktplatz und selbst im Gotteshause eure Verachtung für das Verbrechen, das er bc° gangen hat, zeigen, indem ihr ihn links liegen laßt, indem ihr ihn inoralisch in Verruf tut und indem ihr ihn wie einen Aus- sätzigen isoliert." Drei Tage nach der Rede fand der Hauptmann B o y c o t t, daß man ihil gesellschaftlich geächtet hatte. Eine Woche nachher weigterten sich die Dubliner Hafenarbeiter, das Vieh eines boykottierten Pächters zu verladen. Der Unterschied zwischen einst und jetzt ist nur, daß heute dieser Knüppel-aus-dem-Sack die nationalistische Parole nicht mehr abwartet. Wie schon erwähnt, ist Genossin Montefiore nach Dublin gereist, um Kinder der Ausgesperrten nach England zu schicken, wo sie bis zur Beendigung des Kampfes gepflegt werden sollen. Einige Kinder sind schon abgreift. Für viele Hunderte der Kleinen hat man bei freundlichen Leuten auf der Schwesterinsel schon Unterkunft gefunden. Die Genossin Gräfin Marwick spielt eine führende Rolle in dieser Be­wegung. Dieser Versuch, die halbverhungerten Kleinen zu schützen und die Eltern in ihrem Kampfe gegen das arrogante Unternehmertum zu entlasten, hat in dem katholischen Erz- bischof von Dublin einen grimmigen Gegner gefunden. Dieser Herr hält es anscheinend nicht mit den Worten seines Herrn und Meisters:Lasset die Kindlein zu mir kommen." Er ist um das Seelenheil der Kinder besorgt, dem zuliebe der schnöde Körper geopfert werden muß, selbst wenn dadurch den Scharfmachern der irischen Hauptstadt geholfen werden sollte. In einem Schreiben sagte er: Ich babe mit wahrer Bestürzung gelesen, daß eine Be- wegung besteht und schon Fortschritte gemacht hat, die darauf hinzielt, die Frauen der Arbeiter, die jetzt infolge des be- dauernswerten wirtschaftlichen Stillstandes in Dublin arbeitslos sind, zu bewegen, ihre Kinder abzugeben, damit diese in England von Personen gepflegt werden, von denen sie natürlich nicht daS geringste wissen. Die Tubliner Frauen, die dieser grausamen Versuchung, sich von ihren hilflosen Kindern zu trennen, aus- gesetzt gewesen sind, sind in den meisten Fällen Katholiken. Haben sie ihren Glauben abgeschworen? Doch sicher nicht. Nun, wenn das nicht der Fall ist, so sollte es keiner Worte meinerseits bedürfen, sie an die klare Pflicht jeder latholischcn Mutter in einem solchen Fall zu erinnern. Ich kann ihnen nur erklären. daß sie fürderhin reicht mehr würdig sind, den Namen katholische Mutter zu tragen, wenn sie ihre Pflicht so weit vergessen, daß sie ihre kleinen Kinder fortschicken, damit sie in einem fremden Lande gepflegt werden, ohne daß man irgendeine Bürgschaft dafür hat, daß die, denen die armen Kinder überwiesen werden, auch Katholiken sind oder selbst Leute, die überhaupt eigen Glauben haben." Wie schrecklich würde es sein, wenn die hungrigen Tubliner Arbeiterkinder von freundlichen Protestanten oder gar Freidenkerhänden gefüttert würden, wenn die Kleinen erfahren würden, daß es unter den vcrinaledeiten Sachsen ", Protestanten, Sozialisten und Atheisten sehr nette Leute gibt und daß die Welt nicht überall so aussieht, wie in dem frommen Dubliner Schweinestall, in dem sie das Licht der Welt erblickten! Würde die Welt untergehen? Die Welt zwar nicht; aber der religiöse Aberglaube uud nationalistische Fanatismus, die bald bedenklich ins Wanken geraten würden. Kertin und Umgegend. Die Festsetzung der Akkordpreise durch Kaltulations- bnreaus beschäftigte die Eisen-, Metall- und Revolvordreher soivie Rund- schleifer in mehreren Versammlungen. Müller besprach die Schäden der Akkordarbeit, die Differenzen, die sich daraus ergebe», und die Maßnahmen, die die Arbeiter gegen übermäßige Ausbeutung trafen. Es war dies um so nötiger, als die Unternehmer bereits die raffiniertesten Methoden ausgeklügelt und ansprobiert haben, um möglichst viel Mehrwert aus den Arbeitern herauszuschinden. Sind sie doch in neuester Zeit sogar schon zu einer Art Taylorshstem übergegangen, um die LeistungS« fähigkcit bis zur äußersten Grenze auszunützen. Soweit ist cS in der Revolverdreherei und Rundschleiferei schon gekommen. Dem Werkmeister sind die wichtigsten Funktionen abgenommen, die Preise werden in den Kalkulatronsbureaus festgesetzt. DaS führt zu ständigen Unzuträglichkeiten, zumal es bei den Preiskalkulatoren weniger auf Sachkenntnis als auf Rücksichtslosigkeit uud Brutalität ankommt. Auch mit der Verwendung von jugendlichen, auch weib- lichen oder sonstigen ungelernten Arbeitern an Drehbänken suchen die Unternehmer die Löhne zu drücken, um ihren Profit zu erhöhen. Dies alles und noch sonstige Manipulationen haben naturgemäß im Gefolge, daß unter den Arbeitern dieser Branche eine tiefgehende Unzufriedenheit Platz gegriffen hat, Es wird hierdurch auch ein Wechsel der Arbeitsstellen erzeugt, der 63 vom Hundert umfaßt. Das Durchschnittsalter in dieser Arbeitergruppe ist gegen früher ganz erbeblich gesunken. Die ungeheure Arbeitslosigkeit ist ebenfalls zum größten Teil auf dieses Hetzsystem zurückzuführen. Um dagegen an- zukämpfen, müssen Maßnahmen getroffen werden, von denen die wichtigste das Mitbestimmungsrecht der Arbeilerorganisation bei der Lohnfestsetzung ist. In einzelnen Branchen, z. B. bei den Formern, ist dieses Recht bereits erkämpft. Da die Dreherbranche gut organi- siert ist und sich auch noch besser entwickelt, so ist zu hoffen, daß das, was die Former bereits haben, auch bei den Drehern Eingang findet. Was gleich geschehen muß, ist das Auslegen von Preis- büchern im Betriebe. Auch betreffs des Wartens auf Arbeit mutz eine Regelung getroffen werden. Des weiteren ist die Abhaltung von kombinierten Dreherversammlungen zu empfehlen. Mit dem eindringlichen Appell an die Versammelten, alles auf- zubieten, um diesen Zuständen ein Ende zu bereiten, schloß Redner seinen mit großem Interesse und Beifall aufgenommenen Vortrag. In der Diskussion wurde bedauert, daß die Frage der Kalku­lation jetzt, in der Zeit der Krise, aufgerollt werde. Im übrigen beschleunigter Rückzug, die Mamsells lachen hinterdrein, der Chef tippt an die Stirn. Der Patriot aber setzt sich hin und weint seinen Schmerz in derTäglichen Rundschau" aus:Eine einzige Farbe fehlte. Die in ihrer Einfachheit so wunderschön und geradezu klassisch- vornehm wirkende Farbe schwarz und weiß und rot! 18131913! Und in diesen Tagen feiern wir Leipzig !" Furchtbarl! Lieber Leserl So etwas-gibt es, so etwas läuft auf zwei Beinen unter unZ herum; wenn Du's nicht glaubst, schlag dieTag- liche Rundschau" nach! Aber mir kamen schreckliche Zweifel. Wie, wenn dieser feurige Schnupstuchpatriot endlich ein Taschentuch in deutschen Farben entdeckt, sich mit germanischer Extase darin schnaubt und dann jählings dessen inne wird, daß er mit den Exkrementen seiner Nase eigentlich die teuren Farben beschmutzt, entweiht, ge- schändet hat? Was dann? Wird er mit eherner Konsequenz am folgenden Tage in allen Geschäften nach Klosettpapier in den geradezu llassisch-vornehm wirkenden Farben schwarz und weiß und rot" fahnden? Wer weiß? Richtiggehend. In der Sprachecke de« Allgemeinen Deutschen Sprachvereins ist zu lesen: Habt ihr schon auf die lächerliche, aus Norddeutschland kommende neue Mode geachtet, nichts mehr als richtig, sondern richtiggehend zu bezeichnen? Es ist eine richtige Verzeihung! eine nchttggehende Krankheit. Man sagt nicht mehr: die älteste richtige Freimarke der Welt", nein: die älteste richttg- gehende Freimarke der Welt. Hübsch, nicht wahr? Ungemein witzig! Da ist einer ein richtiggehender Ketzer; da ist aus einer Novelle auS Versehen ein richtiggehender Roman geworden; da heißt es, wir hätten dies Jahr keinen richtiggehenden Sommer gehabt; da gibt eS Dinge, die für einen richtiggehenden Christen recht anstößig sind usw. usw. Kurz, eS ist nicht mehr ganz richtig mit dem Worte richttg": eS muß unter allen Umständen verlängert werden; und wenn Luther erst heute die Bibel übersetzte, dann müßte er im Hebräerbriefe schreiben: DaS Szepter deines Reiches ist ein richtig- gehendes Szepter. Humor und Satire. Breslauer Sitten. Ei, wie kamen, Richter Mundrh, Sie doch zu der Aeußerung, jene Mädchen, noch so jung, seien teuflisch wie die Kundrh? Aber diese Männer, ach, die in Amt und Würden fitzen , Staat sowie Familie stützen, diese wären man bloß schwach? Wie doch kann man die Geschlechter so verwechseln, schwach und stark? ?(st das nicht ein bißchen arg, agen Sie, Gesetzeswächter I Oder meinen Sie, es sei, ob man was alsstark" benenne oder eS alsschwach" erkenne, manchmal quasi einerlei? Soviel wäre zuzugeben: Was sie äußerten, war schwach, schwach wie Bohnenstroh, und ach, dennoch war es stark beineben. »»» Notizen. Harmlosigkeit. Als der Abgeordnete Bassermann im Bert. Tagebl." den anonymen Roman aus der Biilow-ZeitDie Auserwählten", in dem er sich selber geschildert fand, gelesen, meinte er mit tragischer Miene zu einem Parteifreunde: Immer gedenk ich des HarmS, der..." Also keimst du den Verfasser?" staunte der Freund. Bassermann aber blickte verständnislos. In seiner Harmlosig- keit begriff er nicht, welch bedeutungsvolles Wortspiel er soeben gemacht. Ein Zusammenschluß der Wirtschaftsarchive hat sich auf einer Tagung zu Köln vollzogen. Als Hauptziel wurde der gemeinsamen Arbeit die Aufgabe hingestellt, zu der immer noch unerfchloffenen Geschichte des Bürgertums ffm 19. Jahrhundert vor- zudringen. Vorträge. Oeffentlicher Vortrag am Institut für Meereskunde, Georgenstr. 34 36, Montag, 27. Oktober, Dr. H. M i ch a e l s e n- Berlin: Anfänge des Handels und Handel des klassischen Altertums.(1. Bortrag der Reihe: Geschichte des Welthandels vom Altertum bis in die Neu- zeit). Beginn 8 Uhr abends. Eintrittskarten zu 25 Pf. in der Ge- schäftsstelle. Im zweiten Vortrag des von der Humboldtakademie veranstalteten philosophische» Vortragszyklus spricht Hermann Cohen über: Das Unvergängliche in der Lehre KantS . Der Vortrag findet statt am Sonntag, den 2. November, 12 Uhr mittags, im Auditorium der Bereinigung für staatswiffen- schastliche Fortbildung, Alte Bauakademie,' Schinkelplatz 6. Ein- trittskarten zu 1 M. in den Bureaus der Humboldtakademie. Theaterchromik. In den Kamm er spielen des Deutschen Theaters gelangt heute Wilhelm SchmidtbonnS LegendenspielDer verlorene Sohn" in der Inszenierung von Max Reinhardt zur Uraufführung. Die Vorstellung be­ginnt um 7stz Uhr. Musikchronik. Am 1. November wirb LortzingS Undine" in einer textlich und musikalisch völlig gereinigten und auf LortzingS beide Urpartituren, die Hamburger und die Wiener, zurückgeführten Form im Deutschen Opernhaus« anf- geführt. Gerhart Hauptmann hat sein Drama anS du homerischen SagenweltDer Bogenspanner OdhsseuS', aus dem er Teile bereits öffentlich vorgelesen hat, vollendet. Die Veröffentlichung soll in Kürze zu erwarten sein. Ein zweite» Drama. an dem er noch arbeitet, heißtDer weiße Heiland" und spielt in der Zeit der Eroberung Mexiko » durch Eortez. Außerdem dramatisiert er zurzeit die NovelleHerrn Arne» Schatz' von Selma Lagerlöf . Ein Heidemaler. In Hamburg starb im besten Schaffens­alter der Maler Friedrich Schwinge , der seine Kunst mit hin­gebender Liebe der Schilderung der Heiden, Wälder und Dörfer der Lüneburger Heide widmete. Zwei neue Nildämme geplant. Die ägyptische Regierung beschäftigt sich, wie aus Kairo gemeldet wird,' gegen- wärtig mit dem Plan der Errichtung von zwei neuen Nildämmen, die in Oberägypten , in der Nähe von Assiut erstehen sollen. Die Vermessungen haben bereits begonnen. Oper und K i n e m a t o g r a p h. In Julius BittnerS SpielDer Abenteurer', das demnächst im Kölner Opernhaus zur Uraufführun�gelan� gjjJJg W iu«In« Oper(jüt