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gehend darlegen, daß diese Vermutung unberechtigt ist. Ein Beisitzer: Haben Sie sich von Ihren Korresponoenzen auch Kopien gemacht? Zeuge: Ich habe von allen Abschriften mehrere Durchschläge. Ein Beisitzer: Wo befinden sich diese Durchschläge und wo die Originale der Korrespondenzen? Zeuge: Sie be- finden sich sämtlich in meiner Wohnung. Ich bin bereit, sie auch ohne Beschlagnahme herauszugeben. Auf weiteres Befragen gibt der Zeuge an, daß die Durchschläge der Auszüge in einem Kuvert auf seinem Schreibtisch liegen, daß er dagegen die Originale des Briefwechsels mit Herrn Eccius im Sofa versteckt hat. Recht s- nnwalt Löwen stein beantragt, ungeachtet der Erklärung des Zeugen, das Material freiwillig herausgeben zu wollen, den Antrag auf Beschlagnahme aufrecht zu erhalten. Zeuge: Ich möchte doch betonen, daß der Fall jetzt etwas anders für mich liegt, als zur Zeit, wo ich vmn Untersuchungsrichter Wetzet ver- nommen wurde. Ich hatte damals überhaupt keine Veranlassung, die Sachen herauszugeben. Heute aber stehe ich unter dem Eid, und in dieser Eigenschaft m u ß ich die Sachen doch herausgeben. Verteidiger Löwenstein: Stehen Sie denn nicht schon seit einer Reihe von Monaten außer Anklage, und haben Sie denn nicht seit dieser Zeit eine Reihe von Eingaben an das Gericht geschrieben, und waren Sie denn nicht in der Lage, die Sachen herauszugeben, insbesondere, da Ihnen doch die Lage der Sache bekannt war? Zeuge: Nein, das konnte ich nicht. Der Borsitzende erklärt dem Rechtsanwalt Löwenstein, daß die letzte Frage über- Haupt nicht mehr zur Sache gehört habe. Verteidiger Löwen­stein: Es ist aber doch eine sonderbare Ausrede des Zeugen. Der Gerichtshof zieht sich zur Beratung zurück, und nach etwa Lll Minuten verkündet der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Dr. Karsten folgenden Beschlutz: In der Strafsache gegen Brandt und EcciuS wird eine Durchsuchung der Wohnung des Zeugen v. Mchen in Schlachtensee bei Berlin nach dem besagten dort oe- findlichen Briefwechsel zwischen v. Metzen und der Firma Krupp oder einem ihrer Direktoren oder Vertreter, seien es Originale oder Abschriften, angeordnet und gleichzeitig die Beschlagnahme alles dieses Materials ausgesprochen. Die Durchsuchung hat unter der Leitung des Landgerichtsrats Radier durch Beamte der Berliner Kriminalpolizei zu geschehen. Darauf wird die Sitzung bis 2 Uhr nachmittags unterbrochen. Die Wiedereröffnung der Sitzung zog fich bis nach 3 Uhr hin. Vor dem Gerichtsgebäude hatte sich eine große Anzahl Neugieriger angesammelt, die in den Zuhörer- räum gelangen wollten. Auch vor dem Gerichtssaal hatten sich aus die Nachricht von den sensationellen Vorgängen der Vormittags- sitzung hin noch zahlreiche Personen ohne Einlaßkarten einge- fundkn. Es wurde aber bei Eröffnung der Saaltüren eine außer- ordentlich strenge Kontrolle geübt und nur die Besitzer von Karten fanden Einlaß. Bei Eröffnung der Sitzung legte der Gerichts- diener ein großes, in Papier gehülltes Paket vor den Vorsitzenden auf den Gerichtstisch nieder. Es find das die inzwischen in der Wohnung des Herrn v. Metzen beschlagnahmten Papiere. Vors.: Herr Zeuge v. Metzen treten Sie wieder vor. Das Gericht hat eine Durchsuchung Ihrer Wohnung und eine Beschlagnahme aller Pa- piere des Schriftwechsels zwischen Ihnen und der Firma Krupp oder ihren Direktoren, oder Vertretern beschlossen. Das ist in- zwischen geschehen. Sie haben einen großen Teil der Briefe ftei- willig herausgegeben und Landgerichtsrat Nadler hat außerdem auch noch einige Briefe gefunden, von denen er annahm, daß sie vielleicht in Frage kommen könnten.. Sie haben erklärt, daß dieses große Paket hier schon früher dem Gericht vorgelegen habe, Ihnen aber als unerheblich zurückgegeben worden sei. Wir wollen zunächst historisch feststellen, woraus dieses Material besteht und es dann verlesen. Ich ersuche Sie, mich hierbei zu unterstützen, wenn ich die historische Reihenfolge nicht ganz einhalte. Der Bor - sitzende teilt dann mit, daß sich unter der Korrespondenz ein s r a n- zösischer Brief befindet und fragt zunächst den Gerichts- schreiber, ob er genug französisch könne. Der Gerichtsschreiber ver» neint mit Heiterkeit. Auch von den als Sachverständige anwesenden Offiziereu des Kriegsministeriums hat keiner das Dolmelscher- examen abgelegt. Es meldet sich jedoch der bereits gestern als Zeuge vernommene frühere Direktor der Firma Krupp , Mouths, der das Dolmetscherexamen abgelegt hat, worauf auch dep Zeuge v. Metzen erklärt, das Dolmetscherexamen gemacht zu hahen. Diese beiden Herren können jedoch als Dolmetscher wegen ihrer Zeugen- schaft nicht in Betracht kommen. Das Gericht beschließt hierauf. den Gerichtsdolmetscher. Rechtsanwalt Jllich, schleunigst herbeizu- bitten. Vors.: Da ist also zunächst der Brief vom 23. Oktober lgyg, über den wir vormittags gesprochen haben. ES ist ein Brief deS Herrn v. Metzen an Herrn Eccius. Er lautet... Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Löwenstein unterbricht den Vor- sitzenden mit folgenden Worten: Ich stelle als Verteidiger des Brandt hiermit den Antrag, die Vernehmung des Zeugen v. Metzen und die Verlesung irgendeiner der beischlagnahmten Urkunden so lange auszusetzen, bis der Verteidigung Gelegenheit gegeben ist, sich wenigsten» in großen Zügen über das beschlagnahmte Material zu orientieren und Stellung zu nehmen, ob und in welchem Umfange dieses Ma- terial zur Verlesung gelangen soll. Zur Begründung dieses An- trage? verweise ich auf die Ausführungen des Oberstaatsanwalts gegenüber der plötzlichen Vorbringung dieser Urkunden in der Heu- tigen BormittagSsitzmtg. Der Herr Oberstaatsanwalt hat meines Erachtsns durchaus das Recht, dieses jähe Vorbringen der Urkunden als einen Ueberfall des Gerichts, der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung zu bezeichnen. Ich stehe auf dem gleichen Standpunkt, daß es ein Ncberfall, ein geplanter Nebcrfoll war und bin der Meinung, daß, wenn keine gesetzliche Notwendigkeit besteht, ein solcher Ueberfall nicht unterstützt werden soll. Vors.: Als ein Ueberfall können di» Bekundungen des Zeugen v. Metzen meines Erachten? nicht bezeichnet werden. Der Zeuge ist doch bis vor einem Monat angeklagt gewesen und damals war er doch noch nicht verpflichtet, das Material vorzulegen, wenn er nicht wollte. Seit- dem hat sich das geändert. Er ist außer Verfolgung gesetzt worden, ist aber als Zeuge nirgends mehr vorgeladen tvorden. Und heute ist das hier die erste Gelegenheit für ihn, wieder aufzutreten. Verteidiger Dr. Löwenstei»: Ich habe nUr das aufgenommen, was der Herr Oberstaatsanwalt erklärt hat. Sie, Herr Vorsitzender, haben Ihre Ansicht noch nicht bekanntgegeben. Wein, ich annehmen müßte, daß sie gegenteiliger Art sei, so müßte ich erklären, daß ich sie nicht teile, denn Herr v. Metzen hat bereits seit Wochen oder Monaten den Beschluß in der Hand, daß die Boruntersuchung gegen ihn eingestellt ist. Er weih, daß er dieses urkundliche Ma- terial in der Hand hat. Er hat in Zuschriften an Zeitungen publi- ziert, daß dieses urkundliche Material für die weitere Behandlung der Sache von großer Bedeutung ist, und er ist kein Kind, daß er nicht wissen sollte, daß er in der Lage war, dieses Urkundcnmaterial so rechtzeitig zu den Akten zu geben, daß es in normaler Weise dem Gericht, der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung zur Ein- sichtnahme vorliegen kann, bevor es zum Gegenstand der Berhand- lung gemacht Wersen kann. Zur rechtlichen Seite dieser Angelegen- heit möchte ich bemerken: um jeder Mißdeutung vorzubeugen, er- kläre ich, es könnten diese Urkunden ein erhebliches Belastungs- Material gegen den Angeklagten Brandt enthalten, von dem ich vielleicht wünschen könnte, es dem Gericht oder der Oeffentlichkeit vorzuenthalten. Ein derartiger Gesichtspunkt kann mich bei meinen Ausführungen nicht leiten, da ich ja dazu, auch wenn ich die Ur- künden vorher gelesen habe» würde, nicht in der Lage sein würde. Meine dahinzielenven Ausführungen sind vielleicht gar nicht im Sinne des Klienten selbst, dem daran liegt, die Verhandlungen so bald Wie möglich zu Ende zu führen, aber derartige Wünsche können nicht die Richtschnur für die Verteidigung sein, wenn es sich um eine große bedeutungsvolle Frage handelt, von deren Entscheidung nicht nur das Ergebnis deS Prozesses abhängig sein kann, sondern vi- anS darüber hinaus in das ganze Rechtsleben als solches ein- eiit Der 148 der St.-P.-O. gibt der Verteidigung das Recht, lack Schluß'der Voruntersuchung Kenntnis von dem gesamten yiki-nmaterial zu nehmen, und ich behaupte, daß diese Bestimmung �s Gesetzes ausschließlich dem Zweck dienen soll, der Verteidigung die Möglichkeit zu geben, in bezug aufallesbelastende und entlastende Material, das die Akten enthalten, sich vor- zubereiten, um demnächst, wo es in der Hauptverhandlung gebraucht werden soll, durch ihre Anträge Stellung dazu zu nehmen, möglicherweise auch durch neue Anträge zu dem Aktenmaterial, durch Anträge, ob und wieweit von dem Aktenmaterial Gebrauch gemacht werden soll. Das liegt auf der Hand und ich brauche Ihnen auch nicht darzulegen, daß es eine die Revision begründende unzulässige Beschränkung der Verteidigung darstellen würde, wenn die Akten der Verteidigung vorenthalten würden, bevor sie in die Hauptverhandlung hereinkommen. Es ist heute der ganz außerordentliche und nicht alltägliche Fall ein- getreten, daß mitten in der Hauptverharchlung die Akten einen Zuwachs erhalten haben, über dessen Bedeutung im ganzen Saale . vielleicht mit der einzigen Ausnahme des Herrn v. Metzen, keiner sich irgend ein klares Bild machen kann, weil er eben nicht weiß, was in. diesem Aktenmnterial enthalten ist. Ich als Verteidiger des Brandt lege Wert darauf, mich im großen und ganzen wenig- stens darüber zu informieren. Ich kann, wenn jetzt ein Brief, über dessen Inhalt ich noch gar nichts weiß, zur Verlesung gelangt, aus dem Zusammenhang herausgerissen, unmöglich wissen, und mir ein Bild machen, ob und wie weit dieser Brief belastend oder entlastend ist. Das ist aber nötig, wenn ich die entsprechenden Verteidigungsmaßnahmen zu einem solchen Brief treffen soll, Weiter steht das Gesetz auf dem Standpunkt, daß in der Haupt- Verhandlung die Urkunden nur so weit zu verlesen sind, wie sie für die gegenwärtige Untersuchung als Beweismittel erscheinen, und daß Urkunden, die nicht zur Sache gehören, auch nicht in die Haupt- Verhandlung hineingehören. ES handelt sich hier nicht um Urkunden, die Brandt geschrieben und die er empfangen hat, sondern um Dinge, die außerhalb dieses unmittelbaren Wissens des Brandt liegen. Es entsteht eine naheliegende Möglichkeit, mit Rücksicht auf die langjährigen Beziehungen, teilweise familiärer Natur, die zwischen Brandt und v. Metzen bestanden haben<Bei den Worten von den familiären Beziehungen dreht sich der Zeuge v. Metzen ganz erstaunt nach dem Verteidiger um.) und über die wir nachher vielleicht noch hören werden, daß in dieser Korrespondenz Dinge enthalten sind, die ftür die Hauptverhandlung nichts bedeuten, aber die nicht in die breit« Oeffentlichkeit gehören. Von dem Inhalt dieser Briefe hat wohl auch der Vorsitzende noch keine Kenntnis und er kann daher auch noch nicht beurteilen, inwieweit ihr« Ver- lesung zur Sache gehört. Ich stehe hier aber nicht nur als Ver- teidiger Brandts, sondern bekleide als Rechtsanwalt und Verteidiger auch ein öffentliches Amt und halte mich verpflichtet, dem Ge- danken Ausdruck zu geben, daß wir hier eine Verhandlung haben, bezüglich deren ja doch eine ganze Reihe von Dingen zur Sprache gebracht worden sind, die nicht in die Oeffentlichkeit gehören, weil ihr Bekanntwerden geeignet ist, nach verschiedenen Richtungen hin gefährdend zu wirken, sei es in bezug auf die Staatssicherheit, sei es nach irgend einer anderen Richtung hin. So lange ich das Material nicht kenne, kann ich nicht wissen, ob nicht die Verlesung in der Tat solch« Dinge hier zur Sprache bringen würde, von der die Verteidigung und vielleicht auch die Staatsanwaltschaft sagen würde, daß hier die Oeffentlichkeit auszuschließen wäre. Ich erachte cS als ein Recht der Verteidigung, wenn ein derartiges, erhebliches und umfangreiches Aktenmaterial vorgelegt wird, mit der Behauptung eines Zeugen, daß es die Uebcrführung eines An. geklagten darstelle und diese Behauptung ist von dem Zeugen v. Metzen in verschiedenen Prcssenachrichten öffentlich aufgestellt worden, wenn auch nichts dahinter steckt und es mir ein Bluff zu fein scheint, und er auch noch dazugefügt hat, daß er auch noch anderes habe, daß es da das gute Recht der Verteidigung ist, bevor von diesem Material Gebrauch gemacht wird. Einblick zu nehmen. Ich beantrage deshalb, die Verhandlung so lange auszusetzen, bis der Verteidigung die Möglichkeit gegeben ist, das Material einzusehen. Unser Antrag soll keineswegs im entferntesten mit dem Antrag auf Vertagung verglichen werden, es würde UnS genügen, bis morgen vormittag Zeit zum Studium de» Materials zu erhalten. Bei einer derartigen Sache kann die Rücksicht darauf um einige Stunden früher fertig zu werden, keine Rolle spielen, da dieser Prozeß doch vielleicht wochenlang dauern wird, keines- falls aber darf wegen der Rücksicht, bielleicht um 2 oder 4 Stunden früher fertig zu werden, eine unzulässige Beschränkung der Vcr- teidigung eintreten. Vors.: Das Gericht hat natürlich schon erwogen, ob es die Briefe in öffentlicher oder mündlicher Verband- lung verlesen soll oder ab sie vorher geprüft werden sollen. Wenn sich das Gericht zunächst zu dem ersteren entschließen will, so hat nicht der Gesichtspunkt ein« Roll« gespielt, die Verhandlung mög- lichst zu fördern und weiterzukommen, sondern es erschien im Interesse der Sache liegend, daß Verteidigung und Staatsanwalt- schaft zugleich mit dem Gericht Kenntnis von dem Inhalt des beschlagnahmten Materials erlangen. Verteidiger Justizrat Dr. v. Gvrdon: Als Verteidiger des Herrn Direktors Eccius stelle ich nach der gleichen Richtung einen selb- ständigen Antrag nicht, und zwar deshalb nicht, weil Herr Eccius von dieser Korrespondenz, die ihn angeht, weiß und wissen mutz, was sie enthält. Er glaubt auch zu wissen, daß es unmöglich ist, daß er irgendwie von Bestechungen in diesen Briefen gesprochen hat. Daß Indiskretionen vorgekommen sind, hat er vom ersten Augenblick an rückhaltlos zugegeben. Das ist kein Geheimnis. Trotz- dem unterstütze ich den Antrag meines Herrn Mitverteidigers. Herr Direktor Eccius hat nicht aufgehört, bis zum heutigen Tage Mit- glied des Direktoriums der Aktiengesellschaft Krupp zu sein. Das Material, daZ von dem Zeugen v. Metzen hier vorliegt, ist Eigentum der Firma Krupp , und der Zeuge v. Metzen hat es sich widerrechtlich angeeignet. Wie- weit er hierfür zur Verantwortung zu ziehen ist, kann dahinge- stellt bleiben. Die Firma Krupp ist aber verantwortlich für ihre Korrespondenz der Heeresverwaltung gegenüber, und auch Herr Eccius fühlt sich als Direktor der Firma dafür verantwortlich, daß solches Material nicht ohne sorgfältige Prüfung in die Oesfentlich- keit gelangt. Von diesem Verantwortlichkeitsgefiihl heraus verlange Herr Direttor Ercius nicht als Angeklagter, daß vor der Ver- lesung dieses Materials von den Prozeßbeteiligten in Gemeinschaft mit den Sachverständigen geprüft werde, was veröffentlicht werden kann. Oberstaatsanwalt! Ich glaube, daß die rechtlichen Be- denken durchaus nicht durchgreifend sind und daß ein Interesse vor- liegt, daß wir zuerst gemeinsam in öffentlicher Sitzung durchlesen, waö das Material enthält. Das scheint mir das Richtige. Es hat sich heute vormittag der Zwischenfall ereignet, daß zu unserer Kenntnis gelangte, daß bisher unbekanntes Material vorhanden ist. Wir haben deshalb die Verhandlung unterbrochen, um dieses Material zu beschlagnahmen. Es muß nunmehr in öffentlicher Sitzung zu unserer Kenntnis gebracht werden, was an Material beschlagnahmt worden ist. Wir haben uns dabei zunächst nicht über das vorhandene Beweismaterial schlüssig zu machen, sondern nur zu sehen, welches Material sich im Besitze des Herrn v. Metzen be- fand; die Würdigung des Materials wird eine andere Sache sein. Der Verteidigung ist nicht zu bestreiten, daß sie nach Kenntuisnahme des Materials Gelegenheit haben müsse, zu prüfen, in welcher Weise sie dieses Material zu würdigen hat, aber die öffentliche gemeinsame Durchsicht mutz vorausgehen. Ich stelle daher diesen Antrag. Verteidiger Rechtsanwalt Löwenstein: Der Antrag des Herrn Ober- staatsanwalts ist gleichbedeutend damit, daß vier bis sechs Wochen hindurch hier Briefe verlesen werden, von denen niemand weiß, wie weit sie als BetveiSmaterial überhaupt Bedeutung haben. Das kann nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, der doch be- stimmt hat, daß bte_ Vorbereitungen zur Hauptverhandlung außer- halb derselben zunächst stattzufinden haben. Es ist ja überhaupt etwas Ungewöhnliches, daß die Akten einen so umfangreichen Zu» wachs erhalten. Wir dürfen die Angeklagten nicht der Gefahr aus- setzen, daß die Oeffentlichkeit Dinge hört, die nicht zur Sache ge- hören-, Der Oberstaatsanwalt erwiderte darauf, daß dt« der Vorbe- reituug gewidmete Zeit für eine» Teil der Verlesung ausgereicht hätte. Die Bedenken der Verteidigung bestätigen gar nicht, daß I irgendwelche Wische oder abgelegte Zeitungsartikel in die Akten hineingekommen sind. Dafür bürgt, daß die Beschlagnahme durch ein Mitglied des Richterkollegiums vorgenommen worden ist. Wenn Aktenmaterial herbeigeschafft ist, so muß es auch in öffentlicher Sitzung vorgelesen werden. Rechtsanwalt Löwenstein erklärt, daß er diese Ausführungen nicht begreisen könne. Vors.: Ich bemerke, daß nur ein ganz kleines Paket Briefe in Frage kommt. Rechts­anwalt Löwenstein: Ich muß meinen Standpunkt aufrechterhalten. Oberstaatsanwalt: Ich widerspreche dem Gedankengang, daß auch nur eine Zeile in nichtöffentlicher Sitzung verlesen wird; was dort beschlagnahmt worden ist, muß in öffentlicher Sitzung verlesen werden. Rechtsanw.: Löwenstein: Dann frage ich, ob der Herr Ober- staatsänwalt den Inhalt der Briefe kennt. Oberstaatsanwalt: Nein, es ist doch gar kein Zweifel, daß mir dieses Material entzogen worden war. Wir haben es ja deshalb doch beschlagnahmt. Es muß verlesen werden, es sei denn, daß die Staatssicherheit dadurch Gefahr laufen würde. In diesem Falle werde ich der erste sein, der mit den militärischen Sachverständigen der öffentlichen Verlesung widersprechen wird. Diese Gefahr besteht aber gar nicht, abgesehen davon aber muß jedes Wort in öffentlicher Sitzung verlesen werden. Rechtsanwalt L ö w e n st e i n: Wenn der Herr Oberstaatsanwalt sagt, daß er keine Kenntnis von dem Material hat, dann kann er doch auch nicht sagen, ob sich dieses Material zur Behandlung in der Oeffentlichkeit eignet. Oberstaatsanwalt: Jetzt han- delt es sich lediglich darum: Was ist bei dem Zeugen v. Metzen ge- funden worden. Der Gerichtshof zieht sich darauf zu einer halbstündigen Be- ratung zurück. Nach Wiedererscheinen im Saal fragt der Vor- sitzende Landgerichtsdirektor Karsten zunächst den Untersuchungs- richter Wetzet, ob es richtig ist, daß ein Teil deS beschlagnahmten Materials dem Gericht vorgelegen hat, jedoch während der Unter- suchung als unerheblich dem Herrn v. Metzen zurückgegeben worden ist. Dies wird bestätigt. Hierauf verkündet der Vorsitzende den Beschluß des Gerichts, daß auf den Protest der Verteidiger hin das Gericht erwogen habe, ob es praktisch sei, noch heute die beschlag- »ahmten Briefe zu verlesen. Das Gericht hat sich entschieden, die Verhandlung zu vertagen, denn wenn in die Verlesung der Briefe eingetreten würde, dann mühten sie, soweit es sich um Original- briefe des Eccius handelt, diesem Angeklagten erst vorgelegt werden. Das Recht des Eccius sei, sich auf die Originalbriefc zu erkläten, und dazu müßte ihm Zeit gegeben werden. Ferner ist die Ver- lesung des beschlagnahmten Materials in sachgemäßer Weise zu verbinden mit der Vernehmung des Zeugen von Metzen. Das könnte aber nicht geschehen, solange der Vorsitzende nicht das Material gesichtet hat. Das Gericht hält eS daher für praktisch, daß die Verlesung heute vertagt wird, und daß mit der Verhandlung erst am Donnerstag fortgefahren wird. In der Zwischenzeit erhält die Verteidigung und die Staatsanwaltschaft Gelegenheit, in das Material Einblick zu nehmen, und zwar die Verteidigung morgen Vormittag von U1 bis 2 Uhr in der Gerichtsverhandlung und nachher die Staats- anwnltschaft. Der Nachmittagsverhandlung wohnte auch der Vorsitzende iu dem militärgerichtlichen Krupp-Prozetz. KriegsgerichtSrat Dr. Coer- rens, bei._ Jugendbewegung. Der Wchrkrastrummel in der Fortbildungsschule. Im Würzburger Stadtmagistrat interpellierte Genosse Lang wegen eines unerhörten Vorgangs in den städtischen Fortbildungs- schulen. Er behauptete, daß die Fortbildungsschüler für den Wehr- kraftverein förmlich gepreßt werden und zwar durch den Oberlehrer Brand, einem verbissenen Agitator der Wehrkraftbewegung. Der Magistrat beschloß, erst nachfragen zu lassen, wobei sich herausstellte, daß Oberlehrer Brand in sämtlichen 24 Fortbildungsschulklassen Zweck und Ziele des Wehrkraflvereins erläutert und die Jungen zum Beitritt aufgefordert hat, woraus sich zirka ISll Schüler meldeten. Nach einigen Tagen wurde die Hälfte derMeldungenwiederrückgängig gemacht; auf Befragen nach dem Grunde erklärten die betreffenden Schüler, daß ihre Eltern den Beitritt zum Wehrkraftverein nicht duldeten. Nun wurde ein ganz unerhörtes PressionSmittel gegen die Ellern angewendet. Overlehrer Brand benachrichtigte den Wehrkraitverein, in dem natürlich das Unternehmertum den Ton angibt; einer der Unternehmer, Kommer, ienrat Sachs, erllärte. er werde jeden Arbeiter entlassen, der einen Schüler vom Beitritt zum Wehrkrastvercin ab« halte, und Brand kündigte dann in der Schule den Schülern, die ihren Beitritt nicht aufrecht erhalten wollten, weil es die Eltern nicht dulden wollten, an:.Sagt euren Leuten, sje möchten sich in acht nehmen, sie könnten sonst entlassen werden". Genosse Lang protestierte namens der Arbeiterschaft entschieden dagegen, daß dre Proletarierkindcr auf solche Weise in derartige Bereme hineingepreßt werden. Die bürgerliche Mehrheit hielt eS für ganz in der Ordnung, daß ein Oberlehrer die Fort- bildungsschülec zur Agitation für den Wehrkraftverein benutzt, nur mit der Art, wie Brand diese Agitation betrieb, will sie sich nicht identifizieren.___ Hub Industrie und Dandel. lieber den Konjunkturriickgang machte Generaldirektor Hilger in der Generalversammlung der Vereinigten Königs- und Laurabütte sOberschlesien) bemerkenswerte Mitteilungen: Am Eifenmartte hat sich der Rückgang der Preise in sehr scharfer Weise fortgesetzt, und dies hat� Veranlassung zur Einlegung zahlreicher Feierschichten der Gesellschaft gegeben, da die Verwaltung ihre Produktion zu niedrigen Preisen möglichst einschränken wolle. In der Hauptsache sei der Rückgang auf die Balkanwirren, die an- gespannte Geldmarktlage und die stark vergrößerte Pro- duklion der großen westdeutschen Montankonzerne zurückzuführen. Wie die Preise am Eisenmarkte gesunken sind, beweise eine Submission für 25 000 Tonnen nahtlose Leitungsrohre bei der Eisenbahndirektion in Köln , die für einzelne Sorten die Verdingung zu Preisen von 40 Pf. gegen 1.20 M. im Vorjahre ergab. Durch die soeben erfolgte Zinsfußermäßigung der Reichsbank und die Hoff- nung einer weiteren Erleichterung am Geldmarkt iin Frühjahr dürste das Baugeschäst und dadurch auch der Eiienmarkt eine Belebung erfahren. Was den Kohlenmarkt betrifft, so äußerte sich der Generaldirektor dahin, daß die Lage bei den oberschlesischen Kohlen- werken»och durchaus günstig sei. Besonders habe sich der Absatz nach Rußland gehoben, wo die oberschlesische Kohle sogar bis Moskau vordringe. Mit einem Rückgang des Jnlandbedarjs dürfe jedoch in nächster Zeit zu rechnen sein. Krisenzeichen in Oesterreich . Die Oesterreichische Alpine Montan « gesellschast gibt in ihrem Semestralbericht ein Bild von der zuge« spitzten Lage des Eisenmarkles in Oesterreich : Das mit dem Aus» gang deS Monats Juni abgeschloffene erste Semester ergab gegen das Vorjahr einen Ausfall im Erträgnis von rund zwei- einhalb Millionen Kronen. Die Ursache des Rückganges liegt über- wiegend in den besonders ungünstigen Verhältnissen de» EisenmarktcS. Die Ungunst der Verhältnisse, die nicht nur auf dem inländischen Absatzgebiete, sondern auch auf allen anderen für die Gestaltung deS Eisengeschäftes bestimmenden Märkten, in erster Linie den deutschen, eingetreten ist, hat eine Verschärfung erfahren, die sich m einer weiteren Schmälerung der einlaufenden Aufträge und in einem weiteren Rückgang der Verkaufspreise bemerkbar macht. Diese Berhälwiss« haben einschneidende BetriebSreduktronen zur Folge._ tvtarttprette vo» Berlin am z?. Oktober lUIZ.nach Ermilteluneen de« kgt. Polizeipräsidiums. Mais(mixed). gute Sorte 16,3016,70. mittel 00,0000,00. geringe 00,0000,00. MaiS(runder), gute»orte 14,2014,60. Richtstroh 0,00-0,06. Heu 0,00-0,00. Nartlhallenpreis«. 100 Ktlogr. Erbsen, gelbe, zum Kochen 30,00 50,00. Sveisebobnen. weihe 35,0060,00.«Wien 38,00-70,00. Kartofseln(Kleinhdl.) 4,007,00. 1 Kilogramm Rindfleisch, von der Keule 1,702.40. Rindslcisch, HauchsUilch 1-30t1'80- Schweinefleilch 1,602,00. »albfletlch 1,402,40. Hammelsi-isch 1,602,40. Butter 2,403,00. 60 Stück Ster 4,206.40. 1 Kilogramm Karpfen 1,203,40. Aal« 1,403,00; Zander 1,203,20. Hechte 1.202,60.»arfchc 1,002,40. Schleie 1,003,30. Bleie 0,801.80. 60 Stück Krebse 1,00 30,00.