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können. Nun können wir den Buchhändlern bestätigen, daß sie in verschiedenen Theilen Teutschlands sofort Erklärungen gegen den Zentrumsantrag erlassen haben, ehe noch unsere Besprechung erschienen war. Es sind nur wenige rückständige Kleinkrämer unter ihnen, die, wie der von uns gekennzeichnete Kreisverein Norden aus zünftlerisckier Beschränktheit sich bereit erklärt haben, der kulturzerstörenden Reaktion Vorspanndiensie zu leisten. So hat jetzt der Börsenverein der deutschen Buchhändler, der anerkannte Vertreter der Interessen des gesammten deutschen Buchhandels, durch seinen Vorstand unter dem 20. Dezember v. I. eine Eingabe, betreffend den Antrag Gröber aus Abänderung der Gewerbe-Ordnung, an de» Reichstag gelangen lassen, in der die Bitte ausgesprochen wird,der Reichstag wolle dem Antrag Gröber und Ge> nossen, soweit er die Abänderung der geltenden Bestimmungen der Gewerbe-Ordnung über den Gewerbebetrieb im Umherziehen betrifft, seine Zustimmung versagen." Wir wollen hoffen, daß es diesen energischen Protesten und der Wirksamkeit aller der Aufklärung nicht feindlich gegenüberstehenden Volks' Vertreter gelingen wird, den Antrag Gröber zu Fall zu bringen. Politik und Geschäft. Ein Sprichwort sagt:Im Haus des Gehängten soll man nicht vom Strick reden, und in Gesellschaft von Spitzbuben nicht von Diebstahl". Die Kreuz-Zeitung " kümmert sich um diese praktische Lehre nicht vermuthlich weil sie denkt, daß die gewöhnliche Aioral nicht für Junker gilt, und daß ein Junker sich nicht schämt, wo bürgerliche Kanaillen es thun. Sie bringt in ihrer heutigen Nummer ganz unverfroren einen Leitartikel, betitelt:Politik und Geschäft" Natürlich denkt sie dabei nicht an die eigene Partei. Freilich, daß die Herren Junker den Staat als Milchkuh betrachten und melken, daß sie dem steuerzahlenden Volk alljährlich Hun- derte von Millionen in Gestalt von Kornzöllen, Liebesgaben zc. aus der Tasche nehmen, daß sie alle ihreLoyalität" in den Wind schlagen, sobald die Regierung einmal Miene macht, ihrenProfit" ein klein wenig zu beschränken das Alles hat, nach den Begriffen derKreuz-Zeitung ", vermuthlich mitGeschäft" gar nichts zu thun. Das istritter- lich". Das ist ehrliche, selbstlose, gottesfürchtige, christliche Politik": und wenn der Junker dem ftenerzahlenden Volk die Tasche leert, so ist das ebenso wohl sein gutes Recht, wie iveiland die Ahnen unserer Junker nur ihr gutes Recht ausübten, wenn sie als Ritter vom Stegreif auf die Land- straße gingen und die daherziehenden Bürger plünderten. Letzterer adelige undedelste" Zeitvertreib dauerte so lange, bis die bürgerliche Kanaille der Sache müde ward und die Herren Ritter todt schlug wie tolle Hunde oder ihnen den Prozeß machte und einen Strick drehte. Wie lange wird das deutsche Volk es noch mit ansehen, daß die Nachkonimen und Geschäftsnachfolger der Raub- ritterPolitik und Geschäft" treiben? TieKreuz-Zeitung� schreibt wieder einmal wider besseres Wissen, daß wir jüdischer Geldunterstützung die Möglichkeit der großen Wahlagitation und damit unsere großen Erfolge bei den letzten Wahlen verdanken. Es ist dies eine der Ahlwardt Ehre machenden Entdeckungen der antisemitischen Presse, die ebensowenig aus der Welt zu schaffen sind wie der Irrwahn eines Insassen von Dall- dorf. En» Blick in unsere Abrechnungen, etwa? Kenntniß der Art unserer Geldsammlungen könnte derKreuz- Zeitung " die UnHaltbarkeit ihrer Behauptung beweisen. Doch sie behauptet wider besseres Wissen und deshalb ist sie keiner Widerlegung würdig. Ihre Leser erinnern wir aber an den Wahlaufruf der reichen jüdischen Bankiers zwr Unterstützung der Militärvorlage! Wo steckt nun der Jude? Die sittenreine Dante Vost schreibt in einem Rück- blicke aus die Vorgänge in Frankreich während des ver- flofsenen Jahres: Di« unterste und breiteste Volksschichte nahm an ihr (der Panama -Angelegenheit) überhaupt keinen besonderen An- theil. Sie hatte kein Geld an Panama verloren, weil sie eben überhaupt keines zu verlieren hat. Sie horchte auf den Panamalärm nur mit dem boshaften Vergnügen hin, das ehrenrühriger klatsch und tobender Streit im Nachbarhause sittlich schwach entwickelten Leuten immer bereitet, aber sie regte sich nicht besonders auf und wurde der ganzen Geschichte überdrüssig, als diese aus langweilige Wiederholungen hinauslief. Das Kleinbürgerthum, das geblutet hatte, war eine Weile sehr erzürnt, aber es wurde bald verständigen Erwägungen zugänglich. ES sagte sich, daß die mittleren Klassen in Frankreich ihr ganzes Wirthschaftsleben aus Vermittelung, Empsehlung, Be- güustigung, gegenseitiges Händewaschen zugeschnitten haben, und es fand allmälig bei Ministern und Abgeordneten recht, was ihm selbst billig ist. Kein Geschäft ohne Maklerlohn, Betheiligung, Trinkgeld man nenne es wi« man will. Das ist nun einmal fran s isch e Anschauung, und als man sich erst wieder aus sich und seine tiesst wurzelnde Denk- gewohnheiten besonne» hatte, war man auch schon bereit, über die Panamatasel mit dem Schwamm zu fabren." Ist es wirklich nur französische Anschauung: Kein Geschäft ohne Maklerlohn, Betheiligung und Trink- Selb. Liegt denn dieBossische Zeitung" auf der Insel lobinsons oder im Deutschen Reiche, in der Stadt der Gründer, in Berlin . Ist sie so unbekannt mit dem Börsen« treiben, hat sie noch nie etwas von Preßkorruption durch die Börse gehört, daß sie derartige Erscheinungen, die überall existiren, wo der Kapitalismus herrscht, blos hinter den Vogcjku sucht? Sie thäte gut, die Werke eines Glagau und Rudolf Meyer's und die Verhandlungen des preußischen Landtages vom Jahre 1875 ihrer Bibliothek einzuverleiben und von ihren Redakteuren genau studiren zu lassen, damit diese auch erfahren, daß Panama auch in Deutschland mög- lich ist. Würden diese auch etwas genauer die französische Wahlstatistik vom verflossenen Jahre studiren, so würden fle vielleicht erfahren, daß diesittlich schwach" entwickelten Leute aus deruntersten und breitesten Boiksschichte' noch nie so viele Sozialisten ins Parlament sandten als nn Jahre 1893 und dies nicht zum mindesten wegen des Panamaskandals. Die Sittenreinheit und das nationale Selbstgefühl derVosstschen Zeitung" hält eine starke Be- leuchtung nicht aus. Die elende Polizeikomödie, welche am 1. und 2. Januar in Paris und dem übrigen Frankreich auf- gefuhrt ward, hatte neben dem Hauptzweck, das Rothe Gespenst wieder aufzufrischen und den Spießbürgern Angst zu machen, auch noch den weiteren Zweck, unbequeme S o z i a l i st e n und unbequeme Ausländer ohne Unterschied der Parteistellung zu belästigen und wo- möglich aus dem Lande Kinauszutrelben. Als die Agenten dcS Herrn Casimir Pener die 2000 Haussuchungsbefehle gegenAnarchisten" ausfertigten, mögen sie bei sich nicht wenig gelacht haben über die allerdings in den Plan paffende Reklame fit« die Herren An» a r ch i st e n. Zwei Tausend Anarchisten in Frankreich ! Zwei Tausend Ravachol's und Vaillant- Marchals! Und da jeder der Zweitausend doch über mindestens 10 Koch- topfe verfügen muß: 20 000 Kochtöpfe! O Graus! lieber die Reklame waren sogar die Herren Anarchisten selbst etwas erstaunt. Tech, gleich den meisten an- deren Menschen sind auch s i e für Schmeicheleien empfänglich. Aber die ehrlichen Arbeiter und Gesellschafts- opfer, die sich mühsam eine Existenz geschaffen hatten, und nun, als unfreiwillige Opfer der großen Gescllschaslsretterei von der Polizei zuAnarchisten" und Versüchsthicrcn ge- braucht wurden, sind sicherlich, wenn sie es nicht schon waren, grimmige Hasser dieses Bourgeoisie- Staates ge- worden. Ter größere Theil der Behaussuchten das wissen wir jetzt hat nie etwas mit Anarchistcrei und Spitzelei zu thun gehabt. Die Polizei, zum Theil aus Elementen zweiselhastestcr Art bestcbend, schlenderte ihre Berhaflsbefehle gegen Jeden, der ihr auf die eine oder andere Art mißliebig geworden ist. Selbst Männer, von denen es bekannt war, daß sie den Anarchismus auf das Heftigste bekämpft haben, murden zu Anarchisten gestempelt, und viele der zahlreichen russischen, polnischen und sonstigen Flüchtlinge, die in Frankreich ein Asyl und ihr kärg- liches Brot gesunden, werden den Wandersiab ergreifen muffen und wie wilde Thicre durch die Welt weiter gehetzt werden weilVäterchen" es will. O Schmach über diese Kosaken-Republik! Mit Baillant-Marchal's Prozeft hat die französische Regierung verdächtige Eile. Am 9. Dezember platzte der Kochtopf, und heute schon nach nicht vier Wochen sollte die Gerichtsverhandlung sein. Ter Vertheidiger Vaillant-Marchal's erklärte, daß die Frist zu kurz sei und er sein Material noch nicht beisammen habe. Das Gericht ernannte darauf von Amtswegen einen Vertheidiger. Der ernannte lehnte jedoch ab; und desgleichen ein zweiter. So wird der Prozeß doch noch vertagt werden müssen zum großen Llerger der Regierung, die gerne jetzt unter dem frischen Eindruck der Masseuverhastungeu und des künstlich aufgefrischten Sozialistenschrcckens die Verhandlungen über's Knie gebr«chen hätte. Dann wäre es so leicht gewesen, über die vielen dunklen Punkte des Kochlops-StaatsstreicheS hin- weg zu gleiten. Auf Vertuickelungen mit Madagaskar macht man sich in Frankreich gefaßt. Zu Tongking, Dahoniey noch Madagaskar , das ist gar zu viel Segen der Kolonialpolitik aus einmal. Der Nachrichten aus Sizilien sind heute nicht viele, aber um so gewichtigere. Ter Belagerungszustand, dessen Verhängung wir schon gestern mittheilen konnten, wird von den Agenten Crispi's in aller Strenge gehandhabt. Alle bürgerlichen Freiheiten und Rechte sind mit einem Feder- strich aufgehoben für alle Vergehen bestehen nur Kriegs- gerichte; es herrscht die nackte Gewalt. Jetzt ist die einzige Frage die: genügen die 60 000 Mann des Generals Morra nicht 40 000, wie einige Blätter noch heute Morgen behaupteten zur gewalt- samen Unterdrückuug des siziliauischen Volks? Heut können wir da? noch nicht sagen. Herr Crispi meinte im letzten Ministerrath: Die ent- sandten Truppen reichten vollauf aus; und mit zynischer Heuchelei fügte er hinzu: es seiein Akt der Humanität", daß er gleich zu Anfang eine so große Truppenmasse nach Sizilien geschickt habe. Nun, wenn einegroße Menschen masse" nieder- geschossen wird, so ist das auch ein Akt Crispi'scher Humanität. Einschüchtern lassen die Sizilianer sich nicht so leicht, und auch gestern und heute fanden an ver- schiedenen Punkten Unruhen statt. Ob viel Blut geflossen ist, wissen wir nicht; was wir aber nachträglich erfahren haben und was sich auch vermuthen ließ» ist, daß die Zahl der Getödteten in den letzten Dezember- und ersten Januarlagen eine weit größere war, als die Tele- gramme gemeldet haben, Tie letzte Depesche aus Rom meldet die Verhaftung des Abgeordneten de Felice Giusfuda, des ge- schäftlichen Leiters der Arbeiterorgani- s a t i o n e n(der Fasci). Ob die Kammer sich'« bieten läßt, daß ein Abgeordneter ohne ihre Genehmigung verhaftet wird, das muß sich bald zeigen jedenfalls hat Crispi der radikalen Minorität den Hand- schuh hingeworfen. Herr Crispi ist ganz von dem Holze geschnitzt, mit dem man Monarchien zertrümmert. Es gingen über die siziUanischen Vorgänge noch fol- gende Depeschen ein: Neapel , 5. Januar. Wie derCorriere di Napoli" aus Palermo vom 4. d M. meldet, hat das Zentralkomiiee der Fatzc» ein Manifest an die Arbeiter gerichlel, in welchem aus- geführt wird, die gegenwärlige Bewegung sei eine schmerz- liche und nothwendige Folge der gegenwärtigen Ordnung der Dinge. Indem eS dieselbe unerbittlich verdammt, verlangt es eine Reihe von Zugestädnissen jeilens der Regierung, um die Humanitären Versprechungen ber Bonr- geoisie zu erproben. Das Manifest ersucht die Arbeiter, sich zu organisiren, aber sich ruhig zu verhalten. da durch ein vereinzeltes Vorgehen dauernde Vortheile nicht zu erlangen feien. Zum Schluß besagt das Manifest:aus den Emschließungen der Regierung werden wir erfahren, welche Haltung wir einzunehnien haben." Infolge dieses Manifestes, wurden der Deputirte Tefelice-Giuffrida und drei andere Häupter der Fasci in Trapani , Messtna und Girgenli verhaftet. Der Bund in Palermo wurde ausgelöst; bei der vor- genommenen Haussuchung wurden zahlreiche Papiere beschlag- nahmt. Ealatafim»(Prov. Trapani ), V. Januar. Einige hundert Landleute und Kinder überfielen die Verzehrungesteuer- poste», indem sie riefen:Nieder mit der Verzehrungssteuer Wir wollen freien Markt!" Neapel , ö. Januar. Nach einer MeldunadesCorriere di Napoli" aus Palermo den 4. d. M. fand in Macineo, einer etwa 10 000 Einwohner zählenden Ortschaft der Provinz Palermo , ein Zusammenstoß zwischen den Truppen und Ruhe- störern statt, welche die Abschaffung des Oktroi verlangten und einen Angriff auf die Bürgermeisterei machen wollten. Wie es heißt, sollen bei dem Zusammenstoß einige 30 Personen aelödlet und einige 50 verwundet worden sein. Einzelheiten liegen nicht vor. Rom , 5. Januar. Nach einer Meldung de?Folchetto" sind auch die übrigen Führer der Fasci in Palermo verhaltet worden. Bourgeois und Spitzel. Der Prozeß wegen des anarchistischc.t" Attentates gegen die spanische Kammer ist beendigt: Die Geschworenen haben sämmt- liche Angeklagte des Attentates für schuldig, das Geständniß de» Vi u n o z aber, daß er im Auftrag der Polizei das Attentat veranlaßt habe, für unbewiesen erklärt. Die Polizei und Regierung ist also freigesprochen. O diese guten Bourgeois! Sie können die staatsrctterischen Prak- tiken, die ihnen zu Liebe geübt werden, doch nicht ver- nrtheilen. Das wäre ja undankbar. Wir hoffen demnächst in der Lage zu sein, über den hochinteressanten Prozeß, den die bürgerliche Presse fast ausnahmslos todtgeschwiegen hat, ausführlich berichten zu können. Tie amerikanische Regierung hat sich endgiltig für die Wiedereinsetzung der Königin von Hawai entschieden. Tie Amerikaner schwärmen bekanntlich fürlebeudigeFürsten" als Raritäten. Unruhen werden wieder einmal aus S a m o a ge- meldet. DemReuterschen Bureau" wird unter dem gestrigen Datum über Auckland telegraphirt, daß nach den daselbst eingetroffenen Stachrichten unter den Ein- geborenen auf Samoa seit der Abfahrt der fremden Kriegs- schiffe lebhafte Erregung herrsche und neue Unruhen zu ve- sürchten seien. Chinesisches. DerStandard" nicldet uns Sfjangai von gestern, daß Nachrichten ans Peking zufolge wahrend des Zuges des Kaisers nach seinein Winterpalais eine An- zahl Briganten das kaiserliche Gefolge anhielten und sich einer Menge von Wcrthgegenständen bemächtigte, sowie mehrere Beaniten wegführte. Ob dies gewöhnliche Räuber gewesen sind, oder ob es sich um eine aufständige Bewegung handelt, wird man erst, wenn überhaupt, nach Monaten erfahren. Pavfctnarfmdtlcu. Zum Protokoll vom Kölner Parteitag sendet uns Genosse Leo Arons gegen die aus S. 132 wiedergegebene Aus- führungen Fischcr's gegen seine(Arons') Vorschläge für die Re- daklion, eine Richtigstellung dahin, daß er den in den Fischer- schen Bemerkungen enthaltenen Vorwurf noch am nämlichen Verhaudlungstag in folgender nicht abgedruckten persön- lichen Bemerkung widerlegt habe: Ich bemerkte, daß ich zufälligerweise an einem Tage in das Redakrionslokal desVorwärts" kam, an welchem die Preßkom- Mission die Wahl eines Lokalredakteurs besprechen sollte. Auf die Frage, ob ich nicht zufällig eine Persönlichieit bezeichnen könnte, nannte ich einen Namen. Kaum hatte ich denselben aus- gesprochen, als Genosse Liebknecht erklärte:Das ist ein guter Vorschlag; ich kenne den Mann seit zwei Jahren und kann für seine Zuverlässigkeit eintreten". Leo Arons . DieUnterm Neue» Kurs" am 4. Oktober unter Wies- baden aufgeführten 2 Monate 3 Wochen Gefängnis) traft» nicht den Tischler Seelig, sondern den Drechsler Müller. Der schlesisch- polnische''Parteitag, welcher am 31. De- z..,,ber 1bg3 und t. Janur 1834 in Hayna» tagte, war von 34 Delegirte», 32 aus Schlesien und 2 aus der Provinz Posen , besucht, welche insgesammt 24 Ortschaften vertraten. Ferner sind anwesend die schlesischen Reichstagsabgeordneten August Kühu-Langenbielau, Dr. Bruno Schoenlank-Berlin, Franz Tutzauer -Berlin und Genosse Morawsky- Berlin als Vertreter der polnisch- sozialdemokratischen Partei. Letzterem wird durch Beschluß Sitz und Stimme aus dem Parteitage zuerkannt. Die Abrechnung der Agitationekommisfion für die beiden Provinzen ergiebt, daß sür Langagitation. Flugblätter, Referenten u. s. w., 852,35 Mark verausgabt wurden. Die Kommisston hat im verflossenen Jahre in regster Weise gearbeitet; während der Wahl sind 120 000 Flugblätter zur Verbreitung gekommen und fünf größere Land-Agitationstouren sind unternommen worden. An Korrespondenz liefen vor und nach der Wahl bei der Kom- Mission ein 263 Briefe, 37 Karten; außerdem 13 Tele- gramme. Während der Wahl gingen ein 49 Briefe und 19 Karten, Telegramme unkontrollirbar. Die Agitations- kommission stand vor der Reichstagswahl mit 23, nach dieser Wahl mit 32 Vertrauensleuten in Verbindung. Die Preßkommission derVolkswacht" berichtet, daß an Strafen für Preßvergehen 720 M bezahlt wurden; des weiteren sind 8 Monate Gefängniß verhängt worden. Für Redaklions- zwecke(Redakteure, Mitarbeiter, Rechtsanwaltsgebühren u. s. w.) wurden insgesammt bezahlt 12 152,80 M. Der finanzielle Stand desProletariers " ist folgender: Die als wirklich gut zu belrach- lenden Aktiva betrugen am 31. Dezember 1898 2500 M., die Passiva 4100 M., das Defizit 1600 M. Am Ende des Jahres 1892 betrug das Defizit 4000 M. Die Auflage stand am Be- ginn des Jahres 1893 auf 3350, am Echluffe desselben auf 4200 Exemplare. Eine lange, sehr erregte Debatte wurde geführt über die Rechte und Pflichten der Redakteure. Mehrere Parteigenossen verlangten, daß die Preßkommission über die Mitarbeilerschaft am Parteiblatt zu verfügen habe solle. Die Genosse» S ch e b s- Breslau, Kühn-Langenbielau und Dr. Bruno Schoenlank-Berlin wendeten sich in ganz entschiedener Weise gegen diese Zumuthung. Genosse Schoenlank stellt den Antrag, daß den Redakteuren bei Zuziehung der Mitarbeiter das M i l b e st i m m u n g s r« ch t zugesichert werde, welcher nach kurzer Debalte auch angenommen wird. Der Antrag Zahn-Breslau, den Porteivorstand zu ersuche», ein sozial- demokralisches Preßbureau zu errichten, durch welches der Partei- presse alle wichtigen Tagesereignisse schnellstens zugeführt werden können, wird auf Antrag Schoenlank's dem nächsten Parteitag überwiesen. In bezug auf die Organisation wurde die Theil»» g Schlesiens in vier selbständige Agilationsbezirke mit Komitees in Breslau , Liegnitz , Langenbielau und Grimberg beschloffen; Posen soll sich selbständig oigamsiren und nur seine deutschen Orte sich nach Schlesien und die polnischen Distrikte Oberschlestens sich nach Posen halten dürfen. Polizeiliches, Gerichtliches:c. Wegen Beleidigung des Amtsvorstehers Bärwolf in Walschleben verurtheille das Schöffengericht gester» den Redakteur Hülle- Erfurt zu 50 M. Geldbuße. Der Anttsanwalt hatte 100 M. beantragt. Aus Brünn (Oesterreich ) wird die Ausweisung des sozialdemokralischen Advokaten Dr. Ingwer berichtet. Dr. Ingwer ist ein in Mähren sehr bekannter, sehrthätiger Parleigenosse. Er wurde am Neujahrstage nach Abbüßung einer dreiwöchentlichen Arreststrase, zu welcher er wegen emes revolu­tionären Ausrufes in einer Sozialistenversammluna in Brünn verurtheilt worden war, vom Landesgerichte entlassen. Gleich- zeitig wurde ihm jedoch der Bescheid zugestellt, daß er Mähren binnen vierzehn Tagen zu verlassen habe. Dr. Ingwer ist nach Tarnopol zuständig. Sein Vertheidiger hat gegen die Aus- Weisung Beschwerde beim Reichsgerichte erhoben. Dr. Ingwer hat sich übrigens am lO. Januar auch noch vor dem Troppauer Landesgerichle wegen Religionsslörung zu verantworten. LehreralsZeugen. Zu der Landgerichtsverhand- lung in Bochum wegen des Hochs aus die Sozialdemokratie, worin der dortige Amisanwall durchaus einengroben Unfug" erblicken will, find hauptsächlich Lehrer als Belastungszeugen geladen worden. Ob angenommen wird/ daß diesen Zeugen die Auesagen einigermaßen schwer werde, sie hätten an dem Hoch keinen Anstoß genommen? Wir wissen nicht, ob einer der- selben irgendwie zur Sozialdemokratie hinneigt, die Vorladung der Lehrer erregt aber allgemeine Verwunderung.