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Die freundfcbaft zwifcben jVIarx und Engels . Der vor kurzem bei I. H. W. Dietz Nachfolger in Stutt- gart erschienene öierbändige Nriefwechsel zwisc�n Karl Marx und Friedrich Engels , herausgegeben von Bebel und Bernstein , erschließt nicht nur eine schier unüber- sehbare Fülle von unschätzbarem Material für die Zeit- und Parteigeschichte, sondern läßt auch einen Blick tun in eine Freundschaft, in eine, mit Marx zu sprechen,Orestes- Pyladesschaft", wie ihrer alle Jahrhunderte kaum einmal eine vorkommen dürfte. Allerdings war es eine ganz und gar männliche Freund- schaft, die beide verband. Schon als sich 1844 der junge Marx und der junge Engels fanden, hatten sie sich manchen Wind um die Nase wehen lassen und vor allem beide ihre Sache aus die Revolution gestellt. Die nähere Be- kanntschaft offenbarte eine so tiefsitzende Uebereinstimmung in Gedanken, Gefühlen und Anschauungen, aber auch eine so auf- richtige Wertschätzung der Charaktere, daß aus beiden zu- sammen diese unverbrüchliche Freundschaft erwuchs, die fast vierzig Jahre, bis zum Tode des älteren, währte. Bon dem Freundespaar war E n g e l s, der Sohn eines Barmer Groß- kaufmanns, der Nabob, aber auch der, dem das Blut leichter durch die Adern floß. Auch diese Briefe malen sein Bild als das eines Junggesellen, der dem Leben nicht eben gram war. In seinen Briefen aus Paris ist gelegentlich die Rede von hübschen Grisettenbekanntschaften und viel Pläsier" und in dieser mit Spannung geladenen, aber noch tatenarmen Zeit des Vormärz seufzt Engels einmal aus:Hätte ich 5000 Franken Renten, ich täte nichts als arbeiten und mich mit den Weibern amüsieren. Wenn die Französinnen nicht wären, iväre das Leben überhaupt nicht der Mühe wert." Auch als er in Manchester auf deni Kontorschemel der Baumwollfirma Ermen u. Engels sitzt, ist er nicht dem Karthäusertum zu- getan. Sein Vater hat ihm ein Reitpferd zu Weihnachten geschenkt und hier und da nimmt er Gelegenheit, eine Fuchs- Hetze mitzureiten,sieben Stunden im Sattel. So eine Ge- schichte regt mich immer für ein paar Tage höllisch auf, es ist das großartigste körperliche Vergnügen, das ich kenne. Im ganzen Felde sah ich nur zwei, die besser ritten als ich, sie hatten aber auch bessere Pferde. Wenigstens zwanzig Kerle fielen vom Pferde oder stürzten, zwei Pferde wurden ruiniert, ein Fuchs getötet." Bescheiden wie er ist, gesteht der Fuchs- jäger übrigens ein paar Briefe weiter, daß Reiten die ein- zige körperliche Fertigkeit sei, in der er es wenigstens bis zur Mittelmäßigkeit gebracht habe, und als im Mai 1858 M a r x zu Besuch in Manchester weilt, wird auch er auf einen Gaul gesetzt triumphierend berichtet Engels an Frau Jenny Marx :Ter Mohr hat heute zwei Swnden ge- ritten und findet sich so wohl danach, daß er anfängt, Enthu- siasmus für die Sache zu bekommen." Auch seinen Wein- keller hält Engels in Ordnung. Wie oft ist in seinen Briefen die Rede von Claret, Rheinwein oder Bordeaux , den er demMohr", wie oft von Portwein oder Sherry , den er Frau Jenny zur Stärkung sendet: eine Einladung nach Manchester unterstreicht er einmal mit der Bemerkung, es sei Zeit, den 1857 er Rheinwein auszutrinken und dabei müsse ihm Marx helfen, und noch in dem letzten trüben Lebens- jähre 1882/ als Marx krank und niedergedrückt auf einer Erholungsreise in der Schweiz sich aufhält, empfiehlt Engels ihm mit liebevoller Vertiefung in Einzelheiten roter Neuchllteller, Cortaillod , der etwas schäumt, der Schaum bildet einen Stern mitten im Glase" allerhand Weine:Trinke recht tapfer von allen diesen Sorten!" ein Trübsalbläser war er nun einmal nicht, der große Friedrich Engels . Auch Marx neigte nicht zu einer schwermütigen Be- trachtung der Dinge, aber einmal lastete mit Not und Krank- heit das Schicksal schwerer auf ihm als auf Engels; außer an seinen eigenen Leiden hatte er noch an denen der geliebten Frau und der Familie zu schleppen und schließlich schwamm er auch nicht mit so leichten und sichern Stößen im Strom wie der Freund. Wenn Engels Humor besaß, so hatte Marx Witz, der in Bekümmernissen und Fährnissen weniger taugt als jener. Freilich auch er kann sich ab und zu mit Lachen über sein Elend wegbringen, so, wenn er in der eigenen Person ein gutes Thema für eine Novelle erblickt: Vorn der Mann, der seinen inneren Menschen mit Port, Bordeaux , Stout und massivsten Fleischmassen regaliert. Von vorn der Schlemmer. Aber hinten auf dem Buckel, der äußere Mensch, verdammter Karbunkel", doch gepreßten Herzens ge- steht er ein andermal:Ich beneide die Kerls, die es verstehen, Purzelbäume zu schlagen." Aber was beiden gemeinsam eignet, ist die herbe Zurückhaltung von Gefühlsbekenntnissen. In der ersten Zeit hat Engels eine Liebesgeschichte, die ihm scharf an die Nieren geht, er deutet es in einem Briefe an den Vertrauten nux flüchtig an und in einem späteren Briefe berichtet er kurz und bündig:Meine Liebesgeschichte hat ein Ende mit Schrecken genommen. Erlaß mir die lang- weilige Auseinandersetzung, es kann doch nichts mehr helfen. und ich habe so schon genug mit der Sache durchgemacht." Diese knappe Erledigunst einer ihn doch stark mitnehnienden Gefllhlsangelegenheit ist bezeichnend für beider Art: sie tragen ihr Herz nicht auf der Zunge, sie machen keinerlei Wesen von sich und sie sprechen tausendmal von der Sache, der sie dienen, ehe sie einmal von der eigenen Person reden. Es ist schon ein ausschweifender Gefühlserguß, wenn Marx einen Brief schließt:Lieber, teurer Freund!" Und wenn er in der Nacht, da der erste Band desKapital" fertig korri- giert vor ihm liegt, an Engels schreibt:Bloß Dir ver- danke ich es, daß dies möglich war! Ohne Deine Aufopferung für mich konnte ich unmöglich die ungeheuren Arbeiten zu den drei Bänden machen. Ich umarme Dich dankerfüllt", so will das bei dieser Natur unendlich mehr heißen, als wenn sich etwa im empfindsamen Zeitalter W i e l a n d seinem Freunde Merck mit einem schwärmenden Schreiben in die Arme wirft:Bruderherz, Dein Brief, den ich eben itzt erhalte, nein. Du bester, Du einziger, edler, guter Mann! ich kann's nicht zu Worte bringen, wie heilig er mir ist, wie ich Dich liebe, was für einen süßen Schauder er durch mein ganzes Wesen ausgegossen, was für neues Leben er mir gibt, wie ich Dich an mein Herz drücke, mich inniglich freue, daß der Himmel Dich mir zum Gefährten, Waffenbruder und Her- zensfreund für die andere bessere Hälfte ineines Lebens auf- gespart habe! O Freundschaft, Freundschaft! Du heilige Brunst! Süßer Trost!" So schtvatzselig sind die Gefährten, Waffenbrüder und Herzensfreunde Marx und Engels nicht auf den Höhepunkten ihres Freundschaftsverhältnisses. Selbst gegen gute Bekannte wie Georg W e e r t h, den Dichter und Mitredakteur derNeuen Rheinischen Zei- tung", verschließt sich Marx : als Weerth ihn, derbis an den Hals im Drecke sitzt", in London besucht, ist es ihm peinlich,einen so feinen Gentleman sich gegenüber zu haben, vor dem man die gar zu beschämenden Dinge verheimlichen muß". Für Engels aber, der so sehr ein Freund nicht nur des Freundes, sondern auch seiner Familie ist, daß sich Laura Marx nicht ohne seine Zustimmung mit La- fargue verloben will, gibt es keine Schleier und Hüllen: in seiner ganzen erschreckenden Nacktheit und Blöße offenbart sich ihm das tiefe Elend, in dem Marx immer wieder zu versinken droht. Wenn es schon ein alter Brauch der Deutschen ist, ihre großen Geister darben und hungern zu lassen, so hat doch wohl selten ein gewaltiger Genius Jahre und Jahr- zehnte einen so erschütternden Kampf gegen Hunger und Not in ihrer gemeinsten Form durchgekämpft wie Marx in den bitteren Tagen der Londoner Flüchtlingsmisere. Vermögens- los wie er ist, muß er sich mit seiner Feder durchschlagen, aber die meisten Blätter nehmen keine Artikel von dem ge- fürchteten Revolutionär und Kommunisten, und die sie ab- drucken, wie dieNew Jork Tribüne", bezahlen schlecht und noch dazu unregelmäßig. So ist im Haushalt Marx die ökonomische Krisenstimmung in Permanenz erklärt: der Kopf schwirrt ihm vor Schulden, die Gläubiger stürmen das Haus, ie Steuerbehörde droht mit Pfändung, Bäcker und Fleischer wollen nicht mehr borgen, der Hauswirt skandaliert wegen rückständiger Miete, die Gasgesellschaft stellt dem säumigen Zahler die Beleuchtung ab, die Psandhauszinsen wollen be- l�ignon von I�aeKne auf Petzow am Schwielowsee. Kennst Du das Land, wo die Kartoffeln blühn? Die dicksten sind's im weiten Umkreis hin. Ein scharfer Wind von oben immer weht, Und stramm der Untertan vor Junkern steht. Kennst Du es wohl? Dahin! Dahin Möcht' ich zu der Familie Kaehne ziehn l Kennst Du ihr Haus? Auf Säulen ruht ihr Dach, Von Waffen glänzt und schimmert das Gemach, Und die Gewehre stehn und sehn mich an: Was hat man Dir, Du armes Kind, getan? Du weißt es nicht? Egal! G schwind, Nimm das Gewehr und schieß ein bißchen, Kind I Kennst Du den See? Hier sucht auf schwankem Steg Das Großmaultier benebelt seinen Weg. In Höhlen wohnt der Häusler freche Brut. Man schießt auf sie, sie stürzen in die Flut. Weißt Du das wohl? Hurra l Hurra I Denn so befahl es schon der Großpapa. ?. Die feftrede. Von A. K u p r i n. Das zweihundertste Jahr der neuen Aera neigte sich seinem Ende zu. Nur fünfzehn Minuten fehlten noch zum Ablauf des Monats, deS Tages und der Stunde, in der sich vor kaum zivei- hundert Jahren der letzte Staat Deutschland, der sich am hartnäckigsten jedem Fortschritt entgegenstellte, endlich entschlossen hatte, die veraltete und lächerliche nationale Selbständigkeit fallen zu lassen, und zur großen Freude der ganzen Welt dem inter - nationalen sozialistischen Bund der freien Menschen beigetreten war. Nach dem alten, christlichen Kalender aber war es der Weih- nachtsabend des JahreS 2906. Nirgends jedoch begrüßte man das neue Jahr so herrlich und feierlich, wie auf dem Nord- und Südpol, auf diesen Haupt- stationen der großen elektromagnetischen Assoziation. Im Verlaufe der letzten dreißig Jahre hatten einige tausend Ingenieure, Tech- niker, Astronomen, Mathematiker und Architekten mit bewun- derungswürdiger Selbstverleugnung an der Verwirklichung der höchsten, erhabensten, grandiosesten Idee deS zweiten Jahrhunderts gearbeitet. Sie hatten es sich vorgenommen, den Erdball in eine gigantische, elektromagnetische Kugel umzuwandeln, und zu diesem Zwecke umspannten sie sie von Norden nach Süden mit einer Spirale von Stahldrähten in der Länge von ungefähr vier Milliarden Kilometern. Auf beiden Polen wurden riesenhafte Elektromotore aufgestellt, und schließlich stellte man die Verbin- dung mit allen Winkeln der Erde her. Die Verwirklichung dieses bewunderungswürdigen Unternehmens wurde nicht nur auf der Erde mit allergrößtem Interesse von den Bewohnern verfolgt, sondern auch von den benachbarten Planeten, mit denen die Erd- bewohner in ständiger Verbindung sich befanden. Viele jedoch betrachteten diese titanenhaften Anstrengungen der Assoziation mit einigem Mißtrauen, andere wieder mit Angst und'Entsetzen. Das abgelaufene Jahr aber hatte der Assoziation einen vollen Triumph gebracht und jeden Zweifel für alle Zeiten beseitigt. Die allmächtige magnetische Kraft hatte alle Fabriken, Werkstätten, Ackerbaumaschincn, Eisenbahnen und Dampfschiffe in Bewegung gesetzt, alle Gassen und Häuser beleuchtet und alle Wohnungen er- wärmt. Das Benützen von Steinkohle, deren Lager bereits er- schöpft waren, war nun überflüssig: die großen, dampfspeienoen, luftverpestenden Kamine verschwanden von der Oberfläche der Erde; schließlich wurde die Ertragsfähigkeit deL Erdbodens in un» geahnter Weise dadurch gehoben. » Einer der Ingenieure der Nordstation, den man für diesen Tag zum Präses gewählt hatte, erhob sich von seinem Sitz. Alles ringsumher wurde still, während der Präses zu sprechen begann: Genossen! Wenn es euer Wunsch ist, so werden wir uns sofort mit unseren teuren Mitgenossen, die am Südpol arbeiten, verbinden. Vor einigen Augenblicken habe ich von ihnen ein Signal erhalten.. Das Bild des riesengroßen BcratungssaaleS begann mit un- endlicher Geschwindigkeit in die Ferne zu eilen. ES war dies ein herrlicher Bau, ganz aus Glas, Eisen und Marmor, geschmückt mit exotischen Blumen und prachtvollen Bäumen, mehr einem Wintergarten ähnlich als einem öffentlichen Lokal. Außerhalb deS Gebäudes herrschte tiefe Nacht, aber dank gewissen Konden- satoren übergoß goloeneS Sonnenlicht das Grün der Bäume und Blumen, alle Bilder, Säulen, Statuen und alle die Hunderte und zahlt sein so geht es fort und fort. Traurige Weihnachten gibt es:Da meine Frau," heißt es 1858,selbst kein Weih- nachtsfest den Kindern bereiten kann, statt dessen von allen Seiten mit Mahnjjetteln gehudelt ist und dabei Mannskript schreibt, und dazwischen nach der Stadt in die Pfandhäuser laufen muß, ist die Stimmung außerordentlich düster." Zu allem Elend sucht Krankheit das Haus häufig heiin. Marx selbst leidet an Rheumatismus und Gallenerbreck)en, au Fu- runkeln und Karbunkeln und an dem, was er kurzweg die Königlich Preußischen" zu nennen pflegt und ihn am sitzen hindert, seine zarte Frau wird von Nervenansällen geplagt und bringt ein Kind zur Welt, das gleich nach der Geburt stirbt.Meine Frau ist krank," schreibt er ini Septeniber 1852,Jennychen ist krank, Lenchen hat eine Art Nerven- fieber. Den Doktor kann und konnte ich nicht rufen, weil ich kein Geld für Medizin habe. Seit acht bis zehn Tagen habe ich die Familie mit Brot und Kartoffeln durchgefüttert, von denen es noch fraglich ist, ob ich sie heute auftreiben kann." Unter diesen widrigen Umständen ein gigantisches Werk wie dasKapital" zu schreiben, ist eine der bewunderns- wertesten Leistungen menschlichen Genies im Kampf gegen die Materie. Freilich wäre Marx ohne die stete Opferbereit- schaft seines Freundes Engels unfehlbar zusammenge- krochen. Schon gleich zu Anfang ihrer Freundschaft zeigt sich diese Opferbereitschaft. Marx sitzt nach seiner Auswei- sung aus Paris in Brüssel und Engels verspricht ihm sein Honorar für einen Artikel:Die Hunde sollen wenigstens das Pläsier nicht haben. Dich durch ihre Infamie in pekuniäre Verlegenheit zu bringen." Von da ab reißt die E n g e I s sche Hilfe nicht mehr ab. Um dem Freunde und Mitkämpfer in seinen Lebensnöten wirksam beistehen zu können, nimmt er selbst ein hartes Opfer auf sich. Statt als Schriftsteller vom Ertrag seiner Feder zu leben, setzt er sich ins Kontor der Firma Ermen u. Engels , deren Teilhaber sein Vater ist, und kriecht so unters Joch, denn dersüße Handel" war für ihn doch ein recht saurer Apfel, in den er, wollte er M a r x helfen, notgedrungen beißen mußte. Was ihni die Freiheit und also der Verzicht auf die Freiheit war, kommt fast rührend zum Vorschein in dem Brief, in dem er von feinem ersten freien Tag nach Verlassen des Geschäfts berichtet: er feiert ihn durch einen langen Spaziergang in die Felder. Das aber war nach neunzehn Jahren Fronarbeit über Hauptbüchern und Baumwollaufträgen, nach Jahren, die es möglich machten. daß er Monat für Monat hundert oder zweihundert Mark oder auch mehr seinem Freunde überweisen konnte. Als Engels dann dem Baumwollhandel den Rücken kehrt, ge- schiebt es unter so günstigen Bedingungen er hat, um seine Bedingungen zu stellen, sich vorher nach der Gesamtsumme der Marx scheu Schulden erkundigt, daß er für die nächsten Jahre dem Freunde eine Summe von jahrlich 7000 Mark zur Verfügung stellen kann. Und das alles mit einer edlen Selbstverständlichkeit: Marx das Genie, das für Welt und Menschheit arbeiten kann, aber ein armer Teufel dabei, Engels in der Lage, durch kaufmännische Tätigkeit für beide genug zu verdienen, also tut er's! Und nichts auf der Welt kann für E n g e l s natürlicher sein. Ihren Lohn trägt diese seltene Opferwilligkeit in sich selber, da sie die Genug- tuung verschafft, ganz wesentlich das gewaltige Lebenswerk des großen Denkers erleichtert zu haben, und immer,>venn Marx es peinlich empfindet, Engels um neues Geld bitten zu müssen, kommt die beruhigende Antwort:Wegen desPressens" auf mich lasse Dir nur ja keine grauen Haare wachsen; ich würde es Dir übelnehmen, wenn Du mich nicht von der Notwendigkeit der betreffenden Intervention der Sovereigns unterrichtetest." Die Briefe von Marx und Engels handeln zehnfach mehr von Politik und Oekonomie als von den persönlichen Verhältnissen der Schreiber und es finden sich tausendfach mehr Bemerkungen darin über Geschichte, Volkskunde und Sprachwissenschaft als Freundschaftsbeteuerungen und Her- zensergüsse, und doch spiegelt der Briefwechsel das erhabene Bild einer seltenen, großen und reinen Freundschaft, die nicht nur die Freunde ehrt, fondern auch die moderne Arbeiter- klaffe, deren Befreiung dieses Freundschaftsverhältnis ge- widmet war. Im. aber Hunderte der versammelten Festgäste. Drei Wände des Be- ratungssaaleS waren durchsichtig, die vierte aber, gegen welche der Ingenieur mit dem Rücken zugewendet stand, bildete eine vier» eckige Fläche aus ungemein dünnem, glänzendem, zartem GlaS. Nachdem alle ihr Einverständnis erteilt hatten, drückte der Vorsitzende auf einen kleinen Taster, der sich auf dem Tische be- fand. Die Glastafel erhellte sich in diesem Augenblicke plötzlich und dahinter sah man einen ebensolchen, wunderschönen Pala'u in welchem, ebenso wie hier, siegesgewaltige Festgäste beim Mahle saßen. Und diese und jene, obwohl durch LöOOO Kilometer von sich getrennt, erkannten einander und lächelten sich zu. Da stand der Präses wieder von seinem Platze auf und sofort verstummten seine Freunde und Mitarbeiter auf den beide» Endvunkten der Weltkugel. Und er begann zu sprechen: Meine teuren Brüder und Schwestern! Tapfere Genossen und ihr lieben Frauen! Höret mich jetzt! Hoch das ewigjunge» wundervolle, unerschöpfliche Leben! Hoch der einzige Gotl auf Erden, der da heißt Mensch! Laßt uns preisen all die Freuden seines Leibes, laßt uns preisen seinen großen, unsterblichen Geist! Ich betrachte euch hier, meine Teuren, wie ihr so stolz, so kühn, so tapfer, so froh vor mir dasteht und mein Herz flammt auf in jauchzender Liebe! Nichts fesselt den Flug unseres Geistes, nichts vermag unseren Wünschen eine Schranke aufzulegen! Wir kennen keine Ergebenheit und keine Gewalt, keinen Neid und keinen Be- trug. Jeder neue Tag eröffnet uns immer neue Abgründe deS Lebens und immer lichter vermag unser Geist die Allmacht des Wissens zu erkennen. Selbst der Tod vermag uns nicht zu äng- stigen, denn wir verlassen die Welt nicht mit einem wilden«nl- fetzen in den Augen und mit einem Fluch auf den Lippen, sondern in Schönheit, mit einem Lächeln auf dem Antlitz, klammern uns nicht ängstlich an die letzten Reste des Lebens, sondern schließen leise die Augen, wie müde Wanderer. Nnserc Arbeit ist uns die höchste Wonne. Und die Liebe, der wir huldigen. ähnlich ist sie der Liebe der Blumen und ist so heilig, so frei! Und unser einziger Gebieter ist der Genius der Menschheit! Meine Freunde! Möglicherweise sage ich euch hier Dinge, die jedem schon lange bekannt sind. Aber ich mußte es auch sagen. Heute früh laS ich ein höchst interessantes, dabei aber schreckliches Buch. Es war dies die Geschichte des zwanzigsten Jahrhundert?. Als ich dieses Wert las, fragte ich mich unwillkürlich, ob dies nicht vielleicht eine Fabel sei? So unglaubwürdig, so abscheulich, so jeden Sinnes bar erschien mir das Leben unserer Vorfahren, die neun Jahrhunderte vor uns diese Erde bewohnten! Schmutz- triefend, grausam und verbrecherisch, behaftet mit zahlreichen Krankheiten an Seele und Leib ähnelten sie abscheulichen Kreaturen, die in einem großen Käfig gefangen gehalten werdenl