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etwa die Geschäftspraktiken ausländischer Kanonenfirmen appetitlicher seien als die der Firma Krupp  . Aber aus dieser Erkenntnis ergibt sich doch nicht etwa die Folgerung, daß nun die internationale kapitalistische Korruption j�u tolerieren sei. sondern im Gegenteil die Lehre, daß der Kapitalismus überall mit gleicher Schärfe zu bekämpfen ist. Wie die Sozialdemokratie in Frankreich   und England mit der gleichen Energie die gemeingefährliche Korruption des Kanonenkapitalismus entlarvt und bekämpft, so gilt der brüderliche Kampf in allen Ländern dem Ursprung aller poli- tischen und moralischen Zerrüttung: dem kapitalistischen  System überhaupt! * Der Srlte Staatsanwalt bei Demi v.(Zottberg! Eine befremdende Mitteilung geht uns zu. Der Anklagevertreter im Moabiter   Krupp-Prozeh, der sich zweimal mit so großer Schärfe gegen die ungeheuerlichen Verdächtigungen und Zumutungen deö Scherl-OffiziosuS v. Gottberg zu wenden genötigt sah, soll wie uns bestimmt versichert wird am Sonnabend mittag zwischen 2 und 3 Uhr Herrn v. G o t t b e r g in der Redaktion des.Lokal- Anzeiger" einen halbstündigen Besuch abgestattet haben! Wie kommt der Erste Staatsanwalt zu einer solchen Visite? Nach seiner anscheinend so hochgemuten Zurückweisung der Gott  - bergschcn Unverfrorenheiten hätte man doch annehmen sollen, daß ein so hoher Vertreter der preußischen Justiz alles vermeiden würde. um mit einem Manne wie v. Gottberg überhaupt in Berührung zu komnien. Und nun soll der Erste Staatsanwalt sich dazu verstanden haben, sich selbst zu seinem Widersacher h i n z u b em ü h en? Die Sache kommt uns so unglaublich vor, daß wir uns einstweilen jedes weiteren Kommentars enthalten möchten. Erst wenn der Erste Herr Staatsanwalt eine Erklärung diese? auf- fallenden Besuchs gegeben oder verweigert haben sollte, würden wir weitere Bemerkungen für angemesten halten! Wir brauchen wohl kaum zu bemerken, daß wir doch wohl eine sofortige Aufklärung über diesen Vorgang umso eher erwarten dürfen, als es ja der Herr Staatsanwalt mit seinen amtlichen Erklärungen zum Fall Gottberg während des Prozesses so außerordentlich eilig hatte! Ilm öS! schlestvig-holstelnische Kommunalwahlreclst. Aus Kiel   wird unS geschrieben: Die Nachricht von der Absicht der preußischen Regierung, dem preußischen Landtag in seiner bevorstehenden Tagung den Entwurf eines Gesetzes über Aende- rung de? Kam m unalwahlrechts in Schleswig.Holstein   vorzulegen, mit natürlich in erster Linie in der meerumschlungenen Provinz selbst Aufsehen erregt. Wer die Entwickelung der Dinge in den letzten Jahren in Schleswig-Holstein   mit nüchternem Blick der» folgt hat, war sich allerdings darüber klar,'Saß die Reaktion in absehbarer Zeit in der Frage deS schleswig-holsteinischen Wahlrechts einmal auf» Ganze gehen würde. Die Regierung scheint es aller- dings vorläufig noch für geraten zu halten, ihre Karten nicht aufzudecken. Die.Kieler Neuesten Nachrichten" haben sofort die Nachricht dementiert. Das Blatt schreibt, es habe von unbedingt zuverlässiger Seite aus Berlin   erfahren, daß beim Ministerium gar kein Gedanke bestehe, einen solchen Gesetzentwurf dem Land» tage vorzulegen, daß die Nachricht vielmehr auf freier Erfindung beruhe. Die freisinnigeKieler Zeitung  " aber hat sich direkt mit einer Anfrage an das Ministerium des Innern gewandt und dort folgende Antwort erhalten: Auf die telearaphifche Anfrage vom heutigen Tage teile ich ergebenst mit. daß bisher ein Beschluß, dem Landtage«inen Entwurf über Aendcrungen des schleswig-holsteinischen Kom­munalwahlrechts zugehen zu lassen, nicht gefaßt ist." Da» klingt schon etwas ander?. Das Ministerium weicht einer klaren bündigen Antwort au». ES sagt zwar, daß bisher ein solcher Beschluß nicht gefaßt worden ist, schweigt sich aber darüber aus, ob es dem Landtage einen Entwurf auf Wahlrechts- änderung zugehen lassen will oder nicht. Wenn jetzt das Ministerium des Innern Wahlrechtsraub be- treiben will, so setzt eS damit nur den Schluß in die Kette der seit Jahren gegen das schleswig-holsteinische Wahlrecht betriebenen Hetze. Mit den Zensuserhöhungen in den einzelnen Konmuinen begann der Kampf gegen dieses Wahlrecht. Als trotz der erfolgten Zcnsuserhöhung die Sozialdemokratie nicht unterzukriegen war, vielmehr in von Jahr zu Jahr verstärkter Zahl in das Kieler Rathaus einzog, da entstand im Kieler   Magistrat der erste Ge- dank«, das gleiche Wahlrecht durch ein Klassenwahlrecht zu er- setzen. Eine dem Minister vorgetragene Bitte, dem Landtage ein Wohlnotgesetz für Kiel   vorzulegen, beantwortete dieser dahin, daß Sie sozialistische lüllizidee. Gin in letzter Zeit in unseren Reihen viel gebrauchtes Wort ist: Ter Kampf gegen den Militarismus und Imperialismus müsse in der schärfsten Weise geführt werden. Die mit einem RüstungSfiebcr verbundenen imperialistischen Tendcirzen des Kapitalismus geben dieser Forderung ihre vollste Berechtigung. Es ist daher nur zu begrüßen, wenn das geistige Rüstzeug für den Kampf gegen den Militarismus durch eine neue Waffe�vermehrt wird. Eine solche ist da« Buch des Genossen H u.g o S ch u l z,Die Welt   in Waffe n"?). das soeben als neues Werk der vom Berlage der Buchhandlung Vorwärts herausgegebenenKulturbilder" zu erscheinen beginnt. Genosse Hugo Schulz   hat schon in dem doppelt- bändigen illustrierten WerkBlut und Eisen" die Entwickelung des Kriegswesens vom Altertum bis zu den Napoleonischen Kriegen auf Grund der Methode der materialistischen Geschichtsauffassung ge> schildert. In dem neuen Werke werden die wichtigsten Tatsachen der Kriegs- und Militärgeschichte des lg. Jahrhunderts dargelegt. Schon die Einleitung des Buches enthält eine Fülle wertvoller und anregender Gedanken. Wir geben aus ihr eine Stelle, die die sozia- listische Milizidee behandelt, hier wieder: Da der Kampf gegen den LllilitarismuS vorläufig nur auf einem Nebenschauplatz des großen Klassenkampfes der Arbeiterklasse niit der Kapitalistenklasse geführt wird, herrscht über das eigentliche Ziel der autimilitaristischen Politik im Proletariat trotz aller tbcoretischen Einsicht doch nicht immer zureichende Klarheit. Begreif- licherweise beanspruchen die Kultur- und Friedenstdeale, die der sozialistischen   Idee eingeboren sind, in allen antimilitaristischen Er- wägungen einen gewissen Spielraum und es kann da oft geschehen, daß unter dem Einfluß überlieferter bürgerlicher Ideologien, die der rationalistischen Denkart des 18. Jahrhunderts entsprossen sind, dieser Spielraum zu groß wird. E» gibt zweifellos viele Sozial- dcmokraten, die sich auf dem Gebiete des Kampfes gegen den Mili- tariemus ihrer sonstigen historischen Beurteilungswcise cntschlagen und gaitz ideologisch auf die Abschaffung der militaristischen Heere hinarbeiten möchten, ohne ein anderes Wehrsystem ernstlich zu wünschen. Denn eine Wehrvcrfassung hat doch nur«inen Sinn im Hinblick auf den Krieg, und in den Jdeenkomplex des Sozia- lismuS patzt der Krieg nickt hinein. Der Sozialist verabscheut den Krieg als den Todfeind aller Kultur und kann daher im Grunde seiner Seele auch für die Miliz keine rechte Sympaihie haben, weil auch sie ja die Möglichkeit eines Krieges zwar einschränkt, aber nicht *) H u g o Schulz,D i e W c l t i n W a f f e n". Verlag Buchhandlung Vorwärts. Sy illustrierte Hefte i 20 Pf, er nur dazu bereit fei, wenn die Mehrheit der Kieler   Stadtver­tretung das wünsche. So mußte der Magistrat denn die städtischen Kollegien um ihre Zustimmung fragen. Nach einem glänzend ge- führten Wahlrechtskampfe der Kieler Sozialdemokratie nach zwei langen erregten Sitzungen warf die Mehrheit des Stadtverord- netenkollegiumS dem Magistrat seinen Antrag vor die Füße. DaS Bürgertum behalf sich nun vorerst mit der Schaffung einer unge- rechten Wahlbezirkseinteilung, wie es ja auch erst kürzlich in Altona   geschehen ist. Aber diese Bezirkswahleinteilung ist keine Schranke gegen eine sozialdemokratische Mehrheit auf ewig. Seit Jahren ist darum schon die Propaganda für Einführung des Drei- klassenwahlrechts betrieben worden, sie setzte bald nachher ein, als in Kiel   der erste Versuch, das Dreiklassenwahlrecht einzuführen, abgeschlagen war. Der Provinzialverband schleswig-holsteinischer Bürgervercine und der Provinzialverband der Haus- und Grund- besitzervereine beschäftigten sich bald auf jeder Tagung mit der Frage der Wahlrechlsänderung. Und wenn der preußische Mi- nister deS Innern um einen Entwurf verlegen ist, er kann von diesen Körperschaften schon einen fertigen Entwurf eine? Klassen- Wahlrechts beziehen. Es kam auch gewiß nicht von ungefähr, als der Oberscharfmacher Freiherr v. Zedlitz in der letzten Session des preußischen Abgeordnetenhauses eine Attacke gegen das Kam- munalwahlrecht in Schleswig-Holstein   und Frankfurt   a. M. ritt. Vielleicht sind auch schon längst Fäden zwischen den Magistraten der größeren Städte und dem Ministerium des Innern gesponnen worden, denn die Herren Magistratspersonen sind dem schleswig- holsteinischen Kommunalwahlrecht erst recht nicht grün, weil es den gesamten für die Stadtverordnetenwahlen wahlberechtigten Bürgern auch die Wahl der Bürgermeister und Stadträte überträgt. Die Wählerschaft hat also die Herren vom Magistrat etwas mehr unter der Fuchtel als anderswo, und das ist natürlich diesen Herren besonders unangenehm. Alles spricht also dafür, daß die Nachricht von dem beabsichtigten Attentat auf das schleswig-holsteinische Kommunalwahlrecht zutrifft und daß mit den ganzen und halben Ableugnungen der Wähler- schaft nur Sand in die Augen gestreut werden soll. Sie soll ein- gelullt Iverden und sich an die drohende Gefahr gewöhnen, damit der Raub nachher um so leichter wird. DieSchleswig-Holsteinische BolkSzeitung" hatte deshalb nur zu recht, daß sie. wie schon in der Mittwochnummer deSVorwärts" berichtete wurde, sofort Alarm schlug und die Wähler und Parteigenossen zum Schutze ihre? Wahl- rechtes aufrief. Man sollte meinen, daß die liberale Presse in diesen Ruf mit einstimmen würde. Hat sie doch immer die freie schleswig-holsteinische Städteordnung als heiliges Palladium des freien schleswig-holsteinischen Bürgers hingestellt. Statt dessen er- lebt man es jetzt, daß die freisinnigeKieler Zeitung" den Eifer derSchleswig-Holsteinischen Volkszeitung  " im Kampfe um da? freie Bürgerrecht verhöhnt, spöttisch gutes Wetter für eventuelle Stratzendemonstrationen wünscht von denen übrigen? in dem Artikel derVolkszeitung" gar nicht die Rede war und meint, man solle die Gestaltung der Dinge mit etwas größerer Ruhe ab- warten. Allerdings, das fortschrittliche Bürgertum wird die Dinge in Ruhe an sich herankommen lassen, eS wird sich auch in Ruhe sein freies Bürgerrecht nehmen lassen, denn die Freude daran ist ihm seit dem Tage vergällt, seitdem feststand, daß ZensuSerhöhungen und Wahlbezirksgeometrie nicht dauernd die Sozialdemokratie in den Kommunen niederhalten. So wird denn die Sozialdemo- kratie in den bevorstehenden Kämpfen allein das liberale Wahlrecht verteidigen müssen, und sie wird es mit Ehren tun. pol'tifcbe(leberNckt. Eidesleistung Ludwigs III. In München   hat am Sonnabend die Eidesleistung Konig Ludwigs III. in Anwesenheit der Prinzen des königlichen Haufe«, de« Großen Dienstes, der StaatSminisier, der Mitglieder des Staats- rate« und der Abordnungen der beiden Kammern de« Landtages im Thronsaale de« Königsbaue« der königlicken Residenz stattgefunden. Vor der Eidesleistung verlas Ludwig III.   folgende Ansprache: Ick habe Sie hier al» Zeugen einer bedeutungsvollen Hand- lung versammelt. Eine mit der Zeit fortschreitende und ihren Anforderungen entsprechende Entwicklung unsere« Verfassungs- leben« ist stets Gegenstand der ernsten Sorge der Herrscher Bayern  ? gewesen. ES ist daher zu beklagen, daß nicht rechtzeitig durch entsprechende Maßnahme der Entstehung eines ZustandeS vorgebeugt worden ist, der als auf die Dauer un- vereinbar mit dem monarchischen Gedanken und dem Gtoatswohl zu erachten ist. Nur die Erkenntnis, daß die Sorge für das Wohl der Monarchie und des Vaterlande« eine Beendigung diese? Zustande« dringend erheischt, hat in mir den tckweren Entschluß reisen lassen, den schritt zu tun, der tu diesem feierlichen Akte seinen Abschluß findet. Es hat mich mit Befriedigung erfüllt, ausschaltet und weil ein etwa entbrennender wirklicher Volkskrieg in gewisser Hinsicht noch greuelhaster wäre, als zum Beispiel die mit kleinen Söldnerheeren geführten Kriege de? 18. Jahrhundert», die die Masse des Volkes nichts anfingen und nicht nur örtlich loka- lisiert blieben, sondern auch nur eine ganz bestimmte, vom Kultur- leben ohnehin losgelöste Menschengruppe mit voller Wucht trafen. Gegen diese Vorstellungsweise läßt sich nun allerdings nichts ein- wenden, wenn man sie unter dem Gesichtspunkt« der letzten Ziele unserer Kultureniwickelung beurteilt, sie ist aber durchaus abzu- lehnen, wenn man den wirklichen Verlauf des historischen Prozesses und seine Niederschläge im Bewußtsein des Menschen betrachtet. Antimilitarismus als Abschaffungspolitik ist eine leere Ideologie, und zwar nicht einmal eine proletarische, sondern eine bürgerliche. Schon der BegriffAbschaffung" ist der rationalistischen Ideenwelt der bürgerlichen Demokratie entlehnt, der proletarische Sozialismus schafft die historischen Kategorien, die seinen Tendenzen wider- streiten, nicht ab, sondern er revolutioniert sie, treibt sie auf der Bahn der Entwickelung dorthin, wo allmählich oder plötzlich ihr bisheriger Wesensinhalt abstirbt, nachdem er aus seinem Schöße einen anderen geboren hat. Mit dem Militarismus verhält e» sich da nicht anders als mit feinem Nährvater, dem Kapitalismus, der auch nichtabolttioniert" werden kann, ehe seinen Lenden alle Elc- mente einer neuen Produktionsweise entsprossen sind. Man gerät mit einem Antimilitarismus, der lediglich die Ausrottung alle« kriegerischen Wesens im Auge hat, gar leicht in gefährliche Nachbar- schaft zu den bürgerlichen Friedensschwärmern und gelangt da im Handumdrehen in den Bannkreis von Gedankengängen, die, wofern sie nicht ganz zwecklos« Utopistereien sind, den geheimsten Wünschen der Reaktion entgegenkommen. DaS Schlagwort von der Ab- rüstung hat durchweg einen zwiespältigen Sinn und wenn man da nicht scharf unterscheidet, kann es einem leicht passieren eS ist auch schon wirklich wiederholt passiert daß man einen Weg einschlägt, aus dem man dann die Bannerträger des reaktionärsten Junkertums und die verknöchcrtsten Generale als Marschgenossen findet. Wir können das Wort Abrüstung nur so auffassen, wie es Friedrich Engels   aufgefaßt hat, nämlich als Abdankung des stehenden Heeres zugunsten der allgemeinen Volksbewaffnung und der Demokratisierung des Wehrwesens. Das ist nun freilich, wenn man es genau nach dem Wortsinne nimmt, keine Abrüstung, son- dern kann unter Umständen sogar eine Aufrüstung sein. Im reinen Wortftnne ist die Abrüstung etwas ganz anderes, nämlich die Restringierung der stehenden Heere auf daS Maß der früheren Elitearmeen" aus Konskribierten oder aus geworbenen Söldnern, unter Verzicht auf die allgemeine Wehrpflicht, die Rückkehr zur Be- rufSsoldateska, kurz die Aussonderung aller EntwickelungSelemente, die im Laufe der Zeit den Charakter d«S Militarismus als aus- daß eS dem einmütigen Zusammenwirken meiner Regierung und des Landtages gelungen ist. in verfassungsmäßiger Form die Wiederherstellung des Zustande? zu ermöglichen. der dem Gedanken der Erbmonarchie, dem Geiste der bayerischen Verfassung und dem Empfinden des Volkes in gleicher Weise enl« spricht. Möge eS mir beschieden sein, die erfreuliche kulturelle und wirtschaftliche Entwickelung, die Bayern   in den letzten Jahrzehnten genommen hat, in gemeinsamer Arbeit mit der Volksvertretung fortzuführen. Für all mein Tun aber wird daS Wohl meines teuren Volkes die Richtlinie bilden." Roald Amundsen   darf norwegisch reden. ' Der preußischen Regierung scheint die abfällige Be- urteilung, die das Verbot des Amundsenschen Vortrags in der ganzen nichtchauvinistischen deutschen   Presse, besonders aber im ganzen Auslande gefunden hat, doch etwas sauer auf- gestoßen zu sein: denn der preußische Minister hat kurzweg das Verbot des Regierungspräsidenten in Schleswig   zurück- genommen und diesen angewiesen, dem Vortrag Roald Amundsens in norwegischer Sprache über seine Entdeckung des Südpols keine Hindernisse in den Weg zu legen. Da für diese Korrektur des Verhaltens des Schleswiger Regierungspräsidenten eine Begründung angebracht ist, so hat man herausgefunden was übrigens von vorn- herein fe st st and daß das Verbot deshalb juristisch unhaltbar ist, weil es mit einer Entscheidung des Ober- Verwaltungsgerichts im Widerspruch steht, der zufolge der be- kannte Sprachparagraph des Reichsvereinsgesetzes auf wissen- schaftliche und künstlerische Vorträge keine Anwendung findet. Interessant ist übrigens die Art und Weise, wie die Nordd. Allg. Ztg." die Aufhebung des Verbotes mitteilt. Sie schreibt lakonisch: Wie wir erfahren, hat der Regierungspräsident in Schleswig  den Gebrauch der norwegischen Sprache bei dem vom Polar- forscher Roald Amundsen   in Flensburg   geplanten Vortrag auf Anweisung des Ministers des Innern gestattet." Fast scheint es, als schäme man sich doch in gewissen sog.maßgebenden Kreisen" des Verbotes. Einliberales" Organ. DasHamburger Frcmdcnblatt", das sichliberal" und freisinnig" nennt, mußte kürzlich einestechnischen Versehens" wegen seine illustrierte Beilage ausfallen lassen. Was die mannhafte Redaktiontechnisches Versehen" nannte, bestand darin, daß sie bei der letzten Ersatzwahl auch das Bildnis des sozialdemokratischen Kandidaten veröffentlicht hatte. Sie erhielt dafür vom Verleger einen fürchterlichen Rüffel und die ganze Auflage von 60 000 Exemplaren wurde des technischen Versehens" wegen vernichtet. Die Angestellten mußten sich sogar einer Leibesuntersuchnng unterziehen, da- mit nur keins der gefährlichen Exemplare in die Außentvelt geriete, wo es dastechnische Versehen" hätte verraten können. Ein derartiger Vorfall erregt natürlich einiges Interesse für ein Organ und seine mannhafte und charakterfeste Leitung. Und siehe da, dertechnischen Versehen" gibt es mehr. In der letzten Woche hat die ganze Kulturwelt sich über die Maß- regelung des Südpolentdeckers Amundsen entrüstet. Selbst die offiziöseKölnische Zeitung  " hat von der preußischen Regierung Rechenschaft verlangt. Es sind eigent- lich nur diePost" und dieDeutsche Tageszeitung", die den Mut gehabt haben, den Regierungspräsidenten zu Schleswig  in Schutz zu nehmen abgesehen vomHamburger Fremden- blatt". Es schreibt: Darob süber das Verbot) natürlich große Entrüstung. Wozu Frithjofstatuen usw.(?!) Wir teilen diese Aufregung nicht. Denn die Dänen selber find ti, die jede denkbare Gelegenheit öffent- licher Verherrlichung ihreSJdiomS zu einer politischen Kund» gebung machen. Unterschiede darin kann also die Regierung nicht machen. WaS einem dänischen Politiker oder Sänger recht ist, muß auch dem Polarreisenden billig sein. Wer.klug ist und taktvoll, setzt sich eben einem Verbot gar nicht erst aus. Und einö ist doch sicher auffällig: Wenn Herr Amundsen heute deutsch erzählt, warum nicht auch morgen? Verstehen tut ihn deutsch jeder, dänisch   nur ein kleiner Bruchteil in Flens- bürg. Aber die Sache ist eben die, daß die Dänen mit allen Mitteln versuchen, Präzedenzfälle für eine Durchbrechung des V er e ins g es e tz e S zu schaffen. Wenn Herr Amundsen Unannehmlichkeiten hat, muß er sich also bei ihnen bedanken. Die Regierung kann schlechterdings Ausnahmen nicht machen, solange die schließlich« Macht und Schutzorganisation der herrschenden Klassen vergiftet und geschwächt haben. Das aber ist das geheime Ideal der Junker und bewußt oder unbewußt auch das Ideal der bürgerlichen Frieden»- und Ab- rüstungsapostel. In kleinen, lediglich aus Berufsmilitär bestehenden Armeen erhalten sich die Privilegien des Adels und der Bourgeoisie leichter, sie find ein reineres Gefäß des Herrn und zur Nieder- Haltung des inneren Feindes besser geeignet als die modernen Massenheerc. Gegen schlechtbewafsnete Rebellen sind nur gute Ge- lvehre und Kanonen nötig: hat man die, so ist die Ueberlegenheit gesichert, und zwar nicht desto mehr, je größer die Zahl der zu Ge- böte stehenden Truppen ist, sondern desto mehr, je verläßlicher diese sind. Dies ist auch offenbar der Grundgedanke der Friedens- Propaganda des Zaren Nikolaus gewesen, der ja zweifellos von jeher ein ganz ehrlicher FriedenS-reund gewesen ist, weil er in- stinktiv begriffen hat, daß die Weiterentwickelung der russischen Armee in den durch das international« Wettrüsten vorgeschriebenen Bahnen ihren Charakter al» ausschließliches Gewaltinstrument de» Zarismus arg gefährdet. Ebenso wie es verfehlt wäre, dem Militarismus solche Forde- rungen entgegenzusetzen, die auS der Studierstube bürgerlicher Ideologen oder gar aus den Berechnungen bürgerlicher Schlaumeier stammen, ist es auch verfehlt, den Kampf gegen den Militarismus auf dem moralischen Gebiete zu führen und das Proletariat zum Träger einer Gesinnung zu stempeln, die das Gewaltprinzip, das im Kriege zum Ausdruck kommt, in ganz besonderer Weise ver- abscheut. Ter Abscheu vor dem Kriege ist keine Klasscneiacntüm- lichkeit des Proletariats, er hat in jeder Ethik seinen Platz, selbst in der ganz wilder Völker, deren Existenz auf brutalste Gewalttat gestellt ist. Das schrecklichste Kriegervolk Nordamerikas  , das Volk der Irokesen, erklärte, mit all seinen Greueltaten nichts anderes zu erstreben als die Pazifikation feines Gebietes und damit einen Zu- stand ewigen Friedens. Man braucht es auch durchaus nicht für Heuchelei zu halten, wenn bedeutende Kricgsmänner wie Mottle starke Worte gegen den Krieg gesprochen haben. Dagegen wäre es doch ein wenig Heuchelei, wenn man darauf hinweisen wollte, daß in der Ethik anderer Klassen neben dem?lbscheu vor dem Kriege auch die Verherrlichung bei kriegerischen Heldentums ihren Platz findet, weil ja dafür daS Proletariat da» unter Umständen nicht minder blutige und gewalttätige revolutionäre Heldenum mit Recht feiert. Man wirb auch wenig Glauben finden, wenn man das Pro- letariat als einen weißgekleideten Friedensengel malt und am Ende gar die absurde Vorstellung wecken will, daß der Bankdirektor ein kriegerischer, schwertrassc Inder Raufbold ist, wähcnd der ober- bayerische Flößer oder Holzknecht mit Vorliebe die andere Wang« hinreicht, wenn er einen Streich auf die eine erhalten hat. S« hat