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sollen, daß die portugiesische Verwaltung unfähig ist, ihre Aufgabe zu erfüllen und daß es eigentlich den Geboten der Humanität cnt- spricht, den deutschen Wachmeister an Stelle des portugiesischen Gcldschinders zu setzen. Dabei läßt man durchblicken, welche reiche und verheißungsvolle Zukunft dieses Angola in sich birgt, dessen Hafenstädte einst vermögend wurden, weil die Jagd der Sklaven- Halter auf Menschenwild besonders ergiebig war. Aber eben des- halb sind Land und Leute unbekannt, weil ihren Herrschern nur daran gelegen war, die Früchte ihres Raubbaues zu ernten. Man weiß von ihm, daß es mehr als doppelt so groß ist als da! Deutsche Reich. Schon die Zahl seiner Bewohner schwankt sehr beträchtlich.- zwischen 4 und 6 Millionen. Die Zahl der Weißen wird auf 30 000 angegeben, von denen die Hälfte Mischlinge sind. Von dem ge- waltigen Gebiete, das Angola bedeckt, ist aber höchstens Vu über­haupt und nur Vjs bei den bestehenden Verkehrswegen kultivierbar. Das relativ fruchtbare, von Weißen bewohnbare Hochland ist 300 bis 500 Kilometer von der Küste entfernt. Das dazwischen liegende Land ist Wüste oder verödet von einer der furchtbarsten aller Krank- Helten, der Schlafkrankheit. In den Hafenstädten grassiert die Malaria. Die Eingeborenen entziehen sich dem Wirkungskreis der Portu- giesen nach Möglichkeit. Wo sie trotzdem mit ihnen zusammen leben müssen, degenerieren sie und nehmen alle Laster an, die sich sonst in den schmutzigsten Vierteln europäischer Hafenstädte breit machen. Dort aber, wo die Engländer mit den Eingeborenen in Berührung treten, sind Unruhen und Streitigkeiten eine Seltenheit ein Be­weis, daß der Portugiese der Friedensstörer ist. Was die Portu- giesen nicht mit Verstand erreichen können, suchen sie durch Gesetze zu erreichen. Sie zwingen alle Eingeborenen, die keine eigene Hütte haben, in Privatdicnst zu treten und sie verdingen sogar die ausgc- hobenen schwarzen Soldaten bis auf eine Höchstdauer von sechs Monaten an Private. Trotzdem gelingt ei nicht, dem Arbeiter» mangel zu steuern und viele Plantagen können aus diesem Grunde ihre Anlagen nicht vollständig ausnützen. Das wichtigste Landesprodukt ist der Gummi, der aber Kon» junkturware ist und dessen Preis deshalb den heftigsten Schwan- knngen unterliegt. Seine Ausfuhr betrug 1910 95 030 000 M., 1911 12 385 000 M. Daneben ist von einiger Bedeutung die Ausfuhr von Kaffee, der hier wild gedeiht, und Wachs. Die Gesamteinfuhr betrug 1911 23 029 000 M.. 1910 23 684 000 M.; die GcsamtauSfuhr 1910 27170000 M. und 1911 23 648 000 M. Die Einfuhr besteht großenteils aus Textilfabrikaten. Der Handel ist fast ganz in den Händen der Portugiesen, die ihren Besitzstand mit allen Mitteln einer hochschutzzöllnerischen Handelspolitik verteidigen. Die Viehzucht kann nur auf dem Hochlande im Großen betrieben werden, weil eine verheerende Krankheit(Cauhania) die Viehbestände gefährdet, wenn die Futterplätze und Tränken nicht gewechselt werden können. Der Getreidebau wird bisher nicht im großen Umfange betrieben; Mais ist das Hauptprodukt. Da das Klima und seine Schwankungen, die Niederschläge und ihre Ver- teilung unbekannt sind, so läßt sich über seine zukünftigen Aus- sichten wenig oder nichts sagen. Man hofft den Baumwollbau zu entwickeln, aber von den vier angelegten Versuchsfarmen sind drei eingegangen und der Agronom Martiniano Pereirea wurde von seiner Regierung zurück. berufen. Tie Aussuhr von Baumwolle betrug 1911 ganze 175 000 Mark. Der Anbau von Zuckerrohr rentierte sich nur solange als man daraus Schnaps für die Eingeborenen erzeugen konnte. Als «der Fusel später besteuert und im Jahre 1911 ganz verboten wurde, wurden auch die Rohrpflanzungen vielfach aufgelassen. Eine eigent- Zuckerfabrikation konnte sich noch nicht einbürgern. Das Land ist also in einem desolaten Zustande, so recht ge- eignet. Hunderte von Millionen zu schlucken und dann lange nichts und in fernen Zeiten sehr wenig zu ergeben. Zu einem großen Getreide- und Viehlande kann es sich nicht entwickeln, weil die Kulturfläche zu klein ist, e» keine schiffbaren Flüsse gibt und die Eisenbahnen nur bei hohen Tarifen bestehen können, lieber seine mineralischen Reichtümer weiß man aber nichts und das ist ent- schieden zu wenig, um den Uebcrgang Angolas in deutsche Hände zu rechtfertigen. * Wie weit übrigens die Tinge schon gediehen sind, beweist sol» gende Meldung der»Kolonialen Korrespondenz": Bei der im Einverständnis niit der portugiesischen Regierung geplanten finanziellen Hilfsaktion D c u tsch l a n d S zugunsten der wirtschaftlichen Erschließung Angolas erweckt neben dem beschleunigten Ausbau der Lobito. Bahn nach den lupferreichen Minenbezirken Katangas die Her- stellung einer Bahnverbindung zwischen Deutsch�Südwestafrika und dem benachbarten Angola ein besonderes Interesse. Der gegenwärtig dem südwestafrikanischen Landesrate zur Beratung vorliegende Plan einer in Otjiwarongo von der Otavi-Bahn ab- zweigendcn Bahnlinie nach dem nördlichen Amboland bildet nur ein Teilstück eines größeren Projektes, durch welches der Norden von Deutsch -Südweftafrika über das fruchtbare Hochland des Huilla -Distrikts von Angola hinweg mit dem portugiesischen Hafen von MossamedeS verbunden werden soll. Die vom ReichSamt des Jnncrr herausgegebenen »Berichte über Handel und Industrie" schreiben über dieses Projekt: .Die MossamedeS�Bahn(Spurweite 60 Zentimeter) ist bis Kilometer 169 fertiggestellt. Die Bahn ist RegierungsbaHn, das Material ist von Koppel geliefert, lieber die Fortführung bis Lubango, der Hauptstadt des Distrikts Huilla , und weiter schweben Verhandlungen. Es scheint, daß das alte Projekt einer Bahn von Porto Alexandre über Humbe nach dem deut- schen Schutzgebiet hinter dem Plan, die' Mossamcdes-Bahn in dieser Richtung zu verlängern, zurückgetreten ist... Die Re- gierung hofft, daß mit Hilfe dieser Linie Deutsch-Südwestafrika einmal ein guter Abnehmer von im Huilla-Distrikt gebautem Getreide werden wird." Aus alledem geht hervor, daß dem Reichstage in nächster Zeit ganz erhebliche Kolonialforderungen vorgelegt werden. Denn neben den Angolaplänen der Regierung wird auch die Verwaltung Neukamerunz hohe Summen erfordern; und die Wünsche der anderen Kolonien nach neuen Bahnbauten und dergl. wollen auch nicht verstummen. politische(leberlicbt. Z« starker Tabak! Die.Hamb . Nachr." sind natürlich entzückt darüber, daß die Regierung an Stelle einer Kominission zur Untersuchnng des Krupp- Pananras, eine Kommission zur Prüfung der Rüslungliefcrungen setzen will, der Vertreter aller möglichen und unmöglichen kapita- listischen Gebilde angehören sollen, nur nicht derjenige Abgeordnete, der sich durch Ausdeckung deS Kruppschen Bestechungssystems so außerordentliche Verdienste um das Bolkswohl erworben hat. .Liebknecht gehört nicht in die Kommission" erklärt daS Hamburger Scharfmacherblatt. Und warum nicht?»Die Kommission soll prüfen und untersuchen, waS das beste für den Bezug unserer Reichsrüstung ist, aber nicht von vornherein gegen den ersten und zuverlässigsten Lieferanten Stellung nehmen." Als ob Liebknecht identisch mit der ganzen Kommission wäre. als ob er die Haltung der Kommission bestimmen könnte, eS sei denn daß er mit seinen Anklagen recht behielte I D a s ist es gerade, was man befürchtet: man will überhaupt keine Anklagen hören, man will gar nicht untersuchen lassen, man will dem Krupp- Panama weit aus dem Wege gehen und eben deshalb soll Liebknecht nicht in die Kommission hineinl Die Zumutung ist so unglaublich, daß selbst dieHamb. Nachr." stärkste Zweifel hegen, ob sie von der Regierung im vollen Emste gemeint sein könnte. Schreibt doch das Blatt: Die ganze Untersuchungskommission hat, da man sie über- Haupt dem Reichstag auf das Geheiß seiner Demokratie be- willigte, gar keinen Wert, wenn ihre Objektivität nicht über jeden Zweifel erhaben ist. Deshalb hat die Regierung durch- aus recht, wenn sie Dr. Liebknecht ablehnt. Indessen wird man nun auch auf diesem Rechts st andpunkt bleiben? Die Sozialdemokratie ist tief gekränkt. Wenn nur. da alle« versöhnt wird, da mit der Kommission ohnehin schon der Demokratie ein erkleckliches Zugeständnis gemacht worden ist, die Nerven widerstandsfähig genug sind, um den Groll der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion zu ertragen. * Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion tritt am Donners- tag zu einer außerordentlichen Fraktionssitzung zusammen, um zu dem Fall Stellung zu nehmen. Ein Sachverständiger aus der Rüstungskommisfion. Unter dem halben Scheffel.Sachverständiger" in der Kommission zur Prüfung der Rüstungslieferungen, mit deren Namen die Oeffent- lichkeit überrascht wurde, befindet sich auch ein Rittergutsbesitzer v. N ä h r i ch auf Puschkowa in Schlesien . Herr v. Nährich kann als ganz besonders geeignet für diese« Ehrenamt angesehen werden, wenn man die Auseinandersetzungen kennt, die dieser Herr mit der Stadt Breslau gehabt hat. Wegen Verbreiterung der Eifenbahnstrecke befindet sich die Kommune in der Zwangslage, neues Straßenland erwerben zu müsien, darunter auch solches, das Herrn v. Nährich gehört. Als die Verhandlungen mit allen Nachbaren bereits beendet waren, mußte der Magistrat von der Stadtverordnetenver- iammlung die Zustimmung zum EnteignungSver- fahren gegen Herrn v. Nährich nachsuchen, weil dieser Herr der Stadt so exorbitante Preise abnehmen wollte, daß eine Einigung unmöglich war. Die Besitzer von vier Nachbargrundstücken hatten 9 M. pro Quadratmeter erhallen. Herrn v. Nährich waren selbst 30 M. viel zu wenig! Die Einleitung des Enteignungsvcrfahrens wurde beschlossen und erst jetzt wurde der Rittergutsbesitzer nach« giebig. Die Abschätzungskommission hatte sehr gut geschätzt, nämlich 20 M., aber es war doch weniger als die Hälfte dessen, was Herr v. Nährich zuerst gefordert hatte I Als er jetzt auf das An- gebot einging, erfolgte von konservativen Parteifreunden im Stadt- parlamenr noch ein Vorstoß, ihm doch 25 M. für den Quadratmeter zu gebe». Im Verlaufe der Debatte fielen folgende Bemerkungen: Stadlverordncter L ö b e(Soz.): Herr v. Nährich hat früher ganz enorme Summen gefordert. Es handelt sich um einen der Fälle, wo Privatleute sich wie Blutegel an den Körper der Stadt ansetzen und ihre Zwangslage ausnützen. Im Grundeigentums- rnisschuß ist erklärt worden, daß 20 M. schon zu viel sind. Also lassen wir es lieber auf einen Prozeß ankommen. Stadtv. Bischofs(liberal): Ich möchte Sie bitten, bei 20 M. stehen zu bleiben. Ich sehe nicht ein, warum wir dem Herrn Rittergutsbesitzer , der mit Breslau sonst gar nichts zu tun hat, noch mehr geben sollen, als das Land bei sehr guter Schätzung wert ist! Herr v. Nährich steckte schließlich die 20 M. ein, da er mehr nicht kriegen konnte. Dieser Herr ist jetzt.Sachverständiger" in der Rüstungsprüfungskommission. Gewiß ist er sachverständig. In welcher Richtung sich aber der Reichstanzler seine Sachverständigen ausgesucht hat, das zeigte der Fall des Herrn v. Nährich zur Geniige. Die Steuerzahler können sich freuen. Eine Vertrauenskundgebung für Herrn Rötger. Herr Landrat a. D. v. Rötger ist im Krupp-Prozeß wegen Verdachts der Mittäterschaft nicht dercidigt worden. Herr v. Rötger war bekanntlich aufs äußerste empört darüber, daß man ihm derartig diebürgerliche Ehre abzuschneiden" wage, und auch dieKreuz-Ztg." entriistet sich furchtbar darüber, daß ein Gerichtshof sich erkühnt habe, auf einen Mann wie diesen ehemaligen.strupp-Dircktor und jetzigen Vorsitzenden des Zentralverbandes deutscher Industrieller denVerdacht-des Meineides" zu werfen. Run ist Herrn v. Rötger ein kleiner Trost widerfahren. Das ganze Präsidium des Scharfmacherverbandes hat seinem Vorsitzenden sein unerschütterliches Vertrauen ausgesprochen. Komisch, daß die Herren das überhaupt für nötig hielten. Daß der Vorstand der großindustriellen Scharfmacher sich mit seinem schneidigen Präsidenten solidarisch fühlen werde, war doch als selbstverständlich anzunehmen! Immerhin, es war doch eineVcrtrauenö"-Kundgebung und zugleich ein Miß­trauensvotum gegen Staatsanwalt und Straf- kammcrl Hetzpatriotisches. Statt gegen die ungeheuerliche Beschimpfung Verwahrung einzulegen, die sich wie auch die amtliche Darstellung zugibt der Leutnant v. F o r st n e r gegenüber unseren elsaß-lothrtngischen Staatsbürgern herausgenommen, hetzt die R h e i n i s ch- W e st f ä l i s ch e Z e i t u n g" folgendermaßen: »ES ist ja jammervoll und beleuchtet die Zustände im Reichs- land, die Ohnmacht der Heuligen Regierung, blitzartig hell, daß der Ausruhr in Zaber» nun schon den dritten Tag andauert und heute abend vielleicht aufs neue wieder feine Fortsetzung findet. Tort unten muß mit eisernem Besen ausgefegt werden und eine Militärdiktatur würde dort unten wohl eher angebracht sein als eine bundcSstaatliche Verfaffung; eine neue dreijährige Militär- diktatur wie von 18711874 würde dort unten Wunder wirken." Unser Rüstnngskapitalismus will eben keine Politik der Vernunft und der Aussöhnung! Er will Haß, Z w i e- tracht, Empörung aussäen, damit der Appell an die Kanonen und Bajonette ewig die ultünn ratio bleibt und das Rüstungskapital fette Profite einsackt! Wie lange wird sich daS Volk noch diese Verbrecherpolitik gefallen lassen? Die Weltverbesserer als Steuerdrückeberger. DiePost" wiederholt heute in einer langen nichts- sagenden Erwiderung ihre Behauptungen und stützt sich aber- mals darauf daß bei einer V o ll e i n b e z a h l u n g des Aktienkapitals die Gesellschaft mit Gewinn arbeiten würde, während sie jetzt und das ist der Kernpunkt des Artikels gewesen ge­flissentlich in eine Untcrbilanz hineingebracht worden ist." Der erste Teil dieses SatzeS beweist, daß der Artikel- schreiber ein I g n o r a n t ist und mit einem solchen zu streiten, lohnt nicht; der zweite Teil ist eine niederträchtige Unterstellung, wie sie dem Eharakter des Organs der Panzer- Patrioten entspricht. DaS stellt man fest; dagegen zu kämpfen, lohnt sich ebenso wenig, weil man eS hier ja nicht mit einer ehrlichen Ucberzeugung zu tun hat. Wie liederlich die ganzen Anwürfe derPost" sind, wurde schon in unserem letzten Artikel festgestellt, worin wir nach- wiesen, daß diePost" entgegen der schwarz auf weiß vorliegenden vorjährigen Bilanz behauptete, daßeine Dar- lehensschuld von wieder 926 590 M. aufgenommen worden ist". Heute bringt sie einen neuen Beweis ihrer liederlichen Leichtfertigkeit. Sie erklärt unsere Darstellung, daß der Ver- lust sich durch die Gründuugs- und Erwerbungskosten erkläre, frechhin für eine Finte, der Verlusthabe mit den Erwerbs- und Gründungskosten doch nichts mehr zu tun", denn am 30. Juni 1912. also mehrere Monate nach Grün- dung der Gesellschaft und nach dem Erwerb der Grundstücke", sei bereits ein Verlust von 68 069 M. dagewesen. Aber die Grundstücke sind erst mit 1. Juli 1912 in Besitz der Gesellschaft gelangt! Und vielleicht sagt dem Post-Esel" irgend ein Kundiger, daß auch der Aktien-Stempel zu 75 Proz. erst nach Jahresfrist der Gründung bezahlt zu werden braucht, also neben den Erwerbs- auch noch Gründungskosten im zweiten Geschäftsjahre erwachsen müssen. Die Behauptung derPost", daßdie sozialdemokratische Lindenhaus-Gesellschaft durch eine zielbewußte Ueberschuldung in eine Unterbilanz hineingebracht worden ist" erklären wir also noch einmal fiir eine nichtswürdige Verleumdung. Im übrigen: als Harden einmal sich gegen Vorwürfe verteidigte, meinte er zynisch:Lump ja! Esel nein!" DerPost-Esel" könnte das von sich nicht sagen. Fortschrittliche Scharfmacher. Die Fortschrittler in Sonneberg (Sachsen-Meiningen ) nahmen nach einem Referat des Landtagsabgeordneten Kom- merzicnrat Crämer eine Resolution an, in der betont wird, daß das Streikpostenstehen den Anlaß bildet zu Menschenauf- laufen und zu Gewalttätigkeiten gegen die Arbeitswilligen. Der Terrorismus zeige sich bei solchen Gelegenheiten in der rohesten Weise und dem allein sei es zuzuschreiben, wenn das Verlangen nach schärferen Maßnahmen mebr und mehr hervortrete. Der Referent hatte besonders auf England hin- gewiesen, wo den Streikvergehen die Strafe auf dem Fuße folge und hat dann dieses System auch für Deutschland emp- fohlen._ Protest gegen de« Hansabund. Zur Zeit der Stcuerkämpfe geboren und als Protest gegen die Vorherrschaft des Agrariertums gedacht, ist der Hansabund in der letzten Zeit immer mehr nach rechts hinübergeschwenkt und ist jetzt glücklich im Fahrwasser der Scharfmacher angelangt. Ans seiner letzten Tagung schloß er sich dem Verlangen der Konscr- vativen nach einem größeren ArbeitSwilligenschntz an. Der Haiffa- bund hat auch versucht, die kaufmännischen Angestellten an sich zu ketten mit dem Versprechen, auch deren Interessen zu ver- treten. Ter dem Hansabund nahestehende Verein der Deutschen Kaufleute, eine Organisation fiir Handlungsgehilfen und-gehil- sinnen, hat nunmehr gegen den Beschluß des Hansabundes Protest erhoben, in welchem ausgeführt wird: »Der Beschlutz deS Jndustrierats des Hansabundes, durch Präsidium und Direktorium einen verstärkten Arbeitswilligen- schütz von Regierung und Reichstag zu verlangen, ist geeignet, nicht nur die Entrüstung der Arbeiter, sondern auch weiter Kreise der Angestellten hervorzurufen, da hierdurch der Hansabund den- selben Weg einschlagen würde, den der Zentralverband deutscher Industrieller in Gemeinschaft mit den übrigen Verbänden de? »Kartells der schaffenden Stände" und anderer Scharfmacher zu gehen beabsichtigt. DaS Verlangen nach einem verstärkten ArbeitSwilligenschntz ist um so weniger berechtigst als erst durch Vorgänge aus letzter Zeit der Nachweis dafür geführt ist, daß die gegenwärtigen Gesetze den Arbeitswilligen in weitgehender Weise schützend zur Seite stehen." Die Präsidentenwahl im sächsischen Landtage. ist so ausgefallen, wie wir es in dem Artikel über die Landtags- eröffnung in Sachsen vorausgesagt haben. Zum Präsidenten wurde der Nationalliberale Dr. Vogel wiedergewählt; da die Konservativen mit dem Verzicht auf den Präsidenten sich adge- fnnden hatten, stimmten auch sie fiir Dr. Vogel, während unsere Genossen, die schon wußten, daß man uns den im letzten Landtage inne gehabten Sitz eincS Vizepräsidenten nehmen würde, weiße Zettel abgaben. Bei der Wahl de ? ersten V i z c p r ä i i- denken schlug die sozialdemokratische Fraktion durch den Ge- nassen Schulze den Genossen F r ä ß d o r f wieder vor. Darauf- hin erklärte der Vorsitzende der nationallibcralen Fraktion. Landgcrichtsdirektor H e t t n e r, seine Partei- freunde könnten nur dann für einen Sozialdemokraten stimmen, wenn dieser zuvor erkläre, alle mit diesem Posten zusammen- hängenden verfassungsmäßigen Pflichten übernehmen zu wollen. Da das aber nicht der Fall sei, könnten die Nationallibcralen Fräßdorf nicht unterstützen. Mit den verfassungsmäßigen Pflichten meinten die National- liberalen in erster Linie die Teilnahme an der sogenannten feier- lichen Eröffnung des Landtages durch den König im Schlosse. Unsere Genossen sind aber der Meinung, daß eine Verpflichtung zur Teilnahme an dieser mehr höfischen Zeremonie durch die Ver- fassung nicht vorgeschrieben ist. Genosse Lange wies den Herren auch aus dem Staatsrecht Professor Meiers nach, daß nach dessen Ansicht die feierliche Eröffnung keinerlei rechtsverbindliche Bc- deutung hat. Genosse S i n d e r m a n n betonte, daß die sozialdemokratische Fraktion nach ihrer Stärke Anspruch aus einen Vizch-cäsidenten habe und man alle parlamentarischen Gepflogenheiten mit Füßen trete und die erdrückende Mehrheit des sächsisll)cn Volke? brüskiere, wenn man den Sozialdemokraten den Vizepräsidenten versage. Diese B'o s h e i t s p o l i t i k wolle er vor dem Lande festnageln. Ter Präsident erteilt ihm erregt einen Ordnungsruf, gegen den unsere Genossen protestierten, während die Nationalliberalen durch Zurufe den Präsidenten bei seiner deplazierten Schneidigkeit zu stützen suchten, so daß es zu einem erregten Zusammenstoße kam. Ter Freisinnige Günther erklärte für seine Fraktion die Zustimmung Aur national- liberalen Haltung, obwohl die Forfichrittler vor zwei Jahren Fräßdorf gewählt hatten! Diesmal kam der Herr auch mit den verfassungsmäßigen Bedenken. Er desavouierte sich so selbst und dokumentierte zugleich, daß die Fortschrittler im Bündnis mit den Nationalliberalen und Kon- fervativen waren, soweit die Wahl eines Vizepräsidenten in Betracht kam. Der konservativ-nationalliberal-fortschrittliche Block funktionierte alsdann ganz gut. Der Konservative Opitz wurde mit 62 Stimmen von 89 zum 1. Vizepräsi- d e n t e n und der Fortschrittler Bär mit ungefähr der- selben Stimmenzahl zum 2. Vizepräsidenten gewählt. Bei den nun folgenden Wahlen der Sckretärc konnte man darauf gespannt sein, ob die Nationalliberalen vor den Kon- servativen, die ein sozialistenrcines Direktorium iorderten, völlig zu Kreuze kriechen würden. Es zeigte sich jedoch, daß sie einen Sozialdemokraten, und zwar wieder den Genossen Fleiß ner, neben dem Konservativen Dr. Schanz zum Sekretär vorschlugen. Unsere Genossen gaben, da sie entschlossen waren, den Gnadenbrocken eines Sekretärs nicht anzu- nehmen, nachdem man uns den Vizepräsidenten versagt hatte, weiße Zettel ab. Infolgedessen wurde lvohl der Konservative Dr. Schanz glatt gewählt, weil für ihn alle bürgerlichen Vertreter eintraten, aber nicht Genösse Fleißner, für den nur die Freisinnigen und die Mehrzahl der Nationalliberalen gestimmt hatten. Bei der engeren Wahl erlangte zwar Genosse Fleißner knapp eine Mcljrljeit, er erklärte jedoch unter dem lebbasten Beifall der So»