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Nr. 305. 80. Jahrgang. t Knlxge des Jotmäits" Sftliiift Mlttlvolh. 19. November 1918. Gcwerkrcbaftlicbcs. 25'Jahre 6nt Wickelung der Gewerkschaften. Heber die EntWickelung der deutschen   Gewerkschaften im Laufe eines Vierteljahrhunderts sprach Reichstagsabgeordneter Legten in einer sehr stark besuchten Versammlung der im Deutschen   Metallarbeiterverbande organisierten Gürtler und Kronenschlosser. Der Referent führte einleitend aus, daß infolge der großen Krise sich unter den organisierten Arbeitern ein ge- lvisser Pessimismus zeige. Hierzu liege aber absolut kein Grund vor, da die Organisationen stark genug fundiert seien, um auch eine ungünstige Wirtschaftskonjunktur zu überstehen. Sodann ging Legien auf das eigentliche Thema ein und entwarf an Hand der Tatsachen und gestützt auf seinen reichen Erfahrungsschatz auf diesem Gebiete ein überaus interessantes Bild von dem Entstehen, dem Aufblühen und Gedeihen der deutschen Gewerkschaften. So wies er unter anderem auch darauf hin, daß in der Anfangszeit selbst angesehene Arbeiter- sichrer bezüglich der Entwickelungs. und Aktionsfähigkeit der Gewerkschaftsbewegung pessimistische Ansichten hegten und äußerten, daß aber ihre Befürchtungen nicht eingetroffen sind. Ja, zurzeit mache sich sogar die gegenteilige Auffassung geltend, indem man öfter auf eine gewisse Ueberschätzung der Gewerkschaften stoße, denen nianche Leute Aufgaben zuweisen möchten, die den Gewerkschaften als Wirtschaftsorganisationen nicht zukämen. Was das Verhältnis der Gewerkschaften zur Politik betreffe, so seien die freien Gewerkschaften Partei  - politisch neutral und kein Glied der sozialdemokratischen Partei. Da aber jede wirtschaftliche Organisation, die Ein- fluß haben wolle, sich auf eine politische Partei stützen müsse. so sei es ganz selbstverständlich, daß für die freien Gewerk- schaften, als den Organisationen der klassenbewußten Arbeiter, einzig und allein die Sozialdemokratie als politische Ver- tretung in Betracht komme, wie ja auch die Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine zum Freisinn und die christlichen Gewerk- schaften zum Zentrum hielten. Es habe früher zwischen den freien Gewerkschaften und der Partei Differenzen gegeben, sie seien jedoch nicht prinzipieller Art gewesen, sondern sozusagen nur eine Differenz in der eigenen Familie, eine Meinungsverschieden- heit über die Entwickelungsmöglichkeit der Gewerkschaften. Das sei aber längst vorüber und heute arbeiteten beide Teile, wo es erforderlich sei, einträchtig zusammen. Dieses friedliche Verhältnis habe nicht wenig zur EntWickelung der Gewerk- schaften beigetragen. Die Gewerkschaften seien heute so stark, daß die Arbeiterschaft voller Vertrauen in die Zukunft blicken könne. Wie erfreulich die Entwickelung vor sich ge- gangen ist, zeigt sich darin, daß die Ansicht, durch hohe Bei- träge werde in die Gewerkschaften eine verderbliche Tendenz getragen, so gut wie verschwunden ist. Niemand stehe bei uns heute noch auf dem Standpunkte, daß niedrige Beiträge der Gewerkschaftsbewegung förderlich seien. Sicherlich bedeuten die hohen Beiträge, wie sie jetzt üblich sind, für die Arbeiter ein erhebliches Opfer. Aber das Großartige in der Sache ist, eben, daß der Arbeiter von der Notwendigkeit dieser Opfer überzeugt ist. Redner zeigt auch an Zahlen, wie dje Finanzen und die Leistungsfähigkeit der Gewerkschaften in stetem Aufwärts sich entwickelt haben. Dieses finanzielle Fundament habe auch mitbewirkt, daß die Absicht der Unternehmer, die freien Ge- werkschaften durch Aussperrungen zum Weißbluten zu bringen. vollständig mißlungen ist. Dem schärferen Vorgehen der Unternehmer haben die Arbeiter eine verstärkte Opferwillig- keit entgegengesetzt. Das sei einer der wichtigsten Punkte in der deutschen   Arbeiterbewegung. Es hat aber auch mit dazu beigetragen, den Ausbau des Unterstützungswesens zu beschleunigen und zu vervollständigen. Auch hier bestanden Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Beteiligten. Man wurde aber bald einig, und heute gebe es über den Wert der Unterstützungseinrichtungen keinen Streit mehr. Sie sind Kampfeseinrichtungen und sichern dem Arbeiter einen Einfluß auf den Arbeitsmarrt. wie er früher nicht be- stand. Die Unterstiitzungen sind nicht als Wohltätigkeit zu betrachten, wenngleich dainit mehr Tränen gestillt worden sind, als je eine andere Organisation in der Weltgeschichte vermachte, t�ei doch auch der Streik nichts weiter als ein Versuch, den Arbeitsmarkt zu beeinflussen. Redner zeigt, welch ungeheuren Summen von den Ge- werkschaften zur Stillung der Not und Arbeitslosigkeit ver- ausgabt worden sind, und fordert von Staat und Gemeinde rasche und durchgreifende Maßnahmen, zumal andere Länder hierbei schon init gutem Beispiel vorangegangen seien. Der Ausbau des Unterstützungswesens hat die deutschen Gewerkschaften vorwärtsgebracht und ihnen ermöglicht, die Interessen der Arbeiter wirksam zu fördern. Redner weist zahlenmäßig die Errungenschaften der Gewerkschaften nach. Wenn diese auch wieder durch die Steuergesetzgebung beschnitten worden seien eines sei den Arbeitern aber doch voll und ganz geblieben: die Verkürzung der Arbeitszeit. Und dies alles habe sich vollzogen gegen den Willen der Herrschenden und Besitzenden, die neuerdings schon wieder energisch gegen die Gewerkschaften mobil machen. Nachdem Redner noch die übrigen Gewerkschaften als da sind: Christliche und Hirsch-Dunckersche gestreift und deren Bedeutungslosigkeit als wirtschaftliche Kampfesorganisation gezeigt, geht er auch auf die gelbe Seuche ein und spricht die feste Zuversicht aus, daß diese Bewegung an dem gesunden Empfinden der deutschen   Arbeiter scheitern werde. So wenig wie mit der gelben Bewegung würden die Unternehmer mit Aussperrungen die Gewerkschaftsbewegung zertrümmern können, wenn es auch nicht ausgeschlossen erscheint, daß eines Tages ein Kampf der gesamten organisierten Arbeiterschaft mit dem gesamten organisierten Unternehmertum ausbrechen kann. Aber auch einem solchen Kampfe könnten die deutschen Gewerkschaften in aller Ruhe entgegensehen. Wir müßten zwar immerzu rüsten, aber die Entwickelung der Gewerk- schaften zeigt, daß sie nimmermehr unterdrückt werden können. Grund zur pessimistischen Auffassung sei also nicht gegeben. Genoffe Legien, dessen Ausführungen die Ver- sammelten aufmerksam folgten, erntete starken, allseitigen Beifall. Eine Diskussion folgte dem Vortrage nicht. Ter Vorsitzende der Versammlung forderte dann die An- wesenden noch auf, dahin zu wirken, daß dort, wo Arbeiterent- lassungen stattfinden sollen, lieber auf Einschränkung der Arbeits- zeit hingewirkt werde. Bei der Festsetzung der Akkordpreise sei darauf zu achten, daß auch der Durchschnittsarbeiter zu seinem Gelte komme, lieber- stunden sollen vermieden werden, und sollen die Arbeiter den Unter- nehmernachweis nicht benutzen und keine Reverse unterschreiben, worin ihnen jede Beziehung zur Organisation untersagt wird. In einzelnen Betrieben nimmt das Lehrlingswesen überhand. ES gibt Betriebe mit 20 Lehrlingen. In der Regel steht die Zahl der Lehrlinge in keinem Verhältnis zu der Zahl der Arbeiter, wo- durch die jungen Leute natürlich in ihrer Ausbildung schwer ge- schädigt werden._ Berlin   und Umgegend. Den Autogenschweißern ist es leider nicht gelungen, ihre Tarif- bewegung zu günstigem Abschluß zu bringen. Wenn auch verschie- dene Firmen den Vertrag anerkannt haben, so lehnte doch die Mehr- zahl der Unternehmer den Tarif ab, indem sie sich hinter ihre Arbeit- geberverbände stellten. Diese waren aber für eine Anerkennung nicht zu haben. Die eigenartige Berufslage trug das ihrige zu dem Miß- erfolge bei. Der einzig volle Erfolg der Bewegung ist ein organi- satorischer. S i e r i n g s Vorschlag, die Bewegung einzustellen, wurde in stark besuchter Autogenschweitzerversammlung von den meisten Rednern gutgeheißen. Ein Antrag, der die Berufsange- hörigen verpflichtet, nicht unter 7S Pf. Stundenlohn anzufangen, fand einstimmige Annahme. Das Kündigungsverhältnis in den städtischen Betriebe». Gegen eine Aenderung der Kündigungsfrist nahm eine vom Deutschen Metallarbeiterverband und dem Zentralverband der Maschinisten und Heizer Deutschlands   nach den Sophiensälen ein- berufene Versammlung aller in den städrischen Be« trieben beschäftigten Mitglieder dieser Organisation Stellung. Die Versammlung wurde eingeleitet durch ein wirkungs- voll ausgebautes Referat des Genossen Stadtverordneten Galle überdie Arbeitslosigkeit und die Mittel zu ihrer Bekämpfung." Zu dein Tagesordnungspunkt: Stellungnahme zu berge« planten Einführung der achttägigen Kündig» ngs« fr ist führte Genosse Weg euer aus, welche Gefahr für die An- gestellten darin bestehe, wenn sie sich für den Plan einfangen Hetzen. Das haben diese auch bereits eingesehen und deshalb eine derartige Versammlung selbst gewünscht. Um aber keinerlei Irrtum anfkommeil zu lassen, welches die Auffassung der Arbeiter ist, werde eine Resolution unterbreitet, die etwaigen ferneren Versuchen nach der gekennzeich- nelen Richtung entgegengehalten werden soll. Die einstimmig von den zahlreich Erschienenen angenommene Resolution lautet: Die Versammlung der in den städtischen Betrieben Berlins  beschäftigten Heizer, Maschinisten und Metallarbeiter ist der Auf- fassung, daß es in der Frage der Kündigungsverhältnisse am besten so bleibt, wie es gegenwärtig ist. und eine Aenderung des Kündigungsverhälinisses den Arbeitern in den städtischen Betrieben keinerlei Vorteil bringt. Die Versammlung beauftragt die Verwaltungen der verschie- denen in Frage kommenden Organisationen, in obigem Sinne zu wirken. Kutscherstreik bei der Dcutsch-Amerikanischen Petroleum-Gesellschaft. Die Kutscher   und Mitfahrer der Deutsch-Amerikanischen Petroleum- Gesellschaft haben gestern früh in den beiden hiesigen Betrieben der Gesellschaft am Spandauer   Schiffahrtkanal in Plötzensee und in Tempelhof   am Teltowkanal die Arbeit einmütig niedergelegt. Vor einigen Wochen traten die Kutscher   und Mitfahrer der D. A. P. G. sowie auch der Olex-Petroleunr-Gesellschaft in eine Lohnbewegung. Sie Hetzen durch ihre Organisation, den Transportarbeiter- verband, beiden Direktionen ihre Forderungen in Form eines Tarifvertragsentwurfs zustellen und stellten gleich- zeitig das Ersuchen auf mündliche Verhandlung mit einer Lohnkommission der Kutscher   sowie Vertretern des Verbandes. Während sich die Direktion der Olep-Gesellschaft herbeiließ, am ver- gangenen Freitag mit den Verbandsvertretern und ihren Kutschern zu verhandeln, ivobei auch ein Einverständnis erzielt 10 u r d c, lehnte der Berliner   Geschäftsführer der D. A. P. G., deren Hauptsitz sich in Hamburg   befindet, jede Verhandlung mit der Organisation ab. Durch frühere Erfahrungen gewitzigt, legten die Angestellten diesmal großen Wert darauf, daß mit dem Verbände schriftliche Abmachungen, ein sogenanntes VertragSverhältniS, über die Lohnregulierung herbeigeführt wird. Da troy de« wiederholten höflichen Ersuchens sich der Herr Geschäfts- sührer Bedenburg nicht zu Verhandlungen herbeiließ, beschlossen die Kutscher   in einer Versammlung am Montag, die Arbeit Dienstag früh einzustellen. Der Betrieb ruhte am DienStagvonnittag voll- ständig. Am Nachmittag fuhren einige Benzinwagen jn Plötzensce vom Lagerhof, welche von einigen Handwerkern(Klempnern) geführt wurden. Die Kutscher   und besonders die Automobilführer Berlins  werden gebeten, den iin Streik befindlichen Petroleum- und Benzin- kutschern die größtmögliche Solidarität zu bezeugen. Veutkcbes Keieb. Tic Militärkommandantur als Lohndrückerin. Auf dem Truppenübungsplatz bei Neuhammer am Ouais, Kreis Sagau, sind Differenzen ausgebrochen, die zur Arbeitseinstellung resp. zur Entlassung einer Anzahl der beschäftigten Bauarbeiter ge- führt haben. Von den Bauunternehmern wurde den Arbeitern das tarifmäßige Landgeld nicht gezahlt. Die von den Bezirksleitungen der Organisationen beantragte Sitzung der tariflichen Schlichtungs- kommission wurde nicht einberufen. Die Unternehmer berufen sich darauf, daß ihnen von der Militärkommandantur auf- gegeben worden sei, das Landgeld nicht zu zahle». Jedenfalls hat der Bezirksarbeitgeberverband den Antrag auf Einberufung des Tarifamts ignoriert. Nun haben die Zimmerer die Arbeit eingestellt. Die Hilfsarbeiter, die von den Unternehmern aufgefordert wurden, Balken zu transportieren und zu verlegen, Kleines femUeton. Wie der Herr.. Der neue Massenwahn, der Männlein und Weiblein wie die Tanzmäuse rhythmisch im Kreise dreht, ist in die Zwangsjacke gesteckt, der Tango zur Carmagnole gestempelt: der Kaiser hat diesen Tanz für das Militär verboten. Es heißt, es sei eine Kabinettsorder ergangen. Wenn sie nicht ergangen ist, hat bloß die Form der kaiserlichen Willensäußerung gefehlt, ist sie ergangen, wäre sie lustig anzuschauen. Es ist natürlich gänzlich gleichgültig, ob die.Herren von der Armee und der Marine" auch weiterhin in Uniform diese schwierigen Schritte exekutieren dürfen. Sie werden wie zu manchen Vergnügungen die Uniform aus- und ein ewig gleiches Zivil anziehen. Die angebliche Kabincttsorder aber soll die Worte enthalten:.... werden hier« durch ersucht,... Familien zu meiden, in denen diese Tänze aus« geführt werden." Das scheint ein bißchen weit zu gehen und be- leuchtet nicht unwitzig die Abhängigkeit der KriegSmänner. Der Herr liebt Spitzbärte: alle tragen Spitzbärte. Der Herr ist dem Tango abgeneigt: alle tanzen Polka. Sie würden auch auf einem Bem hüpfen, wenn es befohlen würde. Man muß einmal Leute vom Dienst darüber haben sprechen hören, wie groß der Druck ist, wie weit die Abhängigkeit geht, an der sie alle bammeln. Oben hat man den Schnupfen, unten wird geniest. Oben wird geräuspert, unten tragen sie wollene Halsbinden. Aus allgemeinem Respekt, und weil es überhaupt einen guten Eindruck macht. Wie lustig man rechts die Welt ansieht, geht daraus hervor, daß einer sagt:.DaS wird sehr abkühlend auf die Tangobegeisterung wirken, denn wenn die Offiziere gerade beim Clou eines Hausballes untättg an der Wand stehen müssen, macht eS schließlich kernen Spaß mehr." Ja. was wird bloß die gute Literatur anfangen? Da stehen die. zu denen das Bürgeraug' treu emporblickt, auch untätig an der Wand, weil« ihnen leinen Spaß macht. Aber abkühlend hat es noch nie gewirkt.... Klassenteilung im Wasserklosett. Was man auch vom heutigen Preußen-Deutslbland sogen mag: in seinem Bemühen, das geeinte Reich m einen vormärzlickien Zustand zurückzuversetzen, handelt eS außerordentlich folgerichtig. Im Rathaus zu Hannover   hat man beispielsweise erkannt, daß die strenge Einteilung der guten Deutschen   in bestimmte Klassen auch vor der Tür der Wasser lloiett« nicht Halt machen darf. ES genügt nicht, daß die Klasseneinteilung im Einkommen, in der Wohnung, in der Kleidung, in den Standesschulen, im persön- lichen Berkehr usw. zum Ausdruck kommt; wenn wir wirklich selig werden wollen, muß sie auch bis auf den Hintern ausgedehnt werden. Es war also durchaus logisch und konsequent, daß man im RathauS zu Hannover   die drei Klaffen von Wasserklosetts schuf Klaffet, für dw höheren, eme Klaffe B sür die mittleren und eine Klasse C für die unteren Beamten. Auch ist eS nur zu loben, daß man diese ganze wohlriechende Angelegenheit mit der strengsten Sorgfalt behandelte. Vertrat bei- spielsweise ein Beamter der Kaste B einen solchen der Kaste A, dann durste er, so lange die Vertretung währte, seinen vorüber- gehend geadelten Darm auch auf dem Klojett der besseren Menschheit entleeren. WaS wir persönlich einzuwenden haben, ist lediglich, daß man auf halbem Wege stehen geblieben ist. Sah man denn nicht, daß durch die Benutzung deS gleichen Pa prerS immer noch eine ge- fährliche Demokratisierung möglich ist? Wir gestatten unS folgenden Vorschlag zu machen: Den schäbigen Unterbeamten könnte sehr wohl der.Lokal- Anzeiger" zugebilligt werden, ohne daß man gleich einen AuS- brück von Erößenwahnsinn zu befürchten brauchte. Für die mittlere Klaffe würde die nationalliberale Presse eine reiche Auswahl bieten. .Kreuz-Zeitung  " und.Deutsche Tageszeitung" aber dürften ausschließlich mit den hohen und höchsten Beamten in Berührung kommen. Die sozialdemokratische Presse wäre selbstverständlich von vorne- herein auszuscheiden. Das Element Europium. Merkwürdige Aenderungen in dem Spektrum eines Sterns im Slernbilde der Jagdhunde, die der Astronom Belopolski an der Sternwarte in Pulkowa verzeichnet hatte, haben jetzt durch den englischen Astronomen Baxandall eine überraschende Aufklärung gefunden. Die Veränderung bestand im Auftreten mehrerer auffälliger Linien rätselhaften Ursprungs. Diese sind jetzt als solche deS erst vor kurzein entdeckten Elements Europium nachgewiesen worden, und damit ist die Chemie der Weltkörper um eine neue Tatsache bereichert worden. Jedoch ist schon bor einiger Zeit die Gegenwart von Europium auf dem großen Fixstern Arkturus und auch im Spektrum der Chromosphäre der Sonne als wahrschein- lich bezeichnet worden. Tbeater. Paul Brauns Marionettentheater<bei Keller und Reiner) kommt in feinem neuesten Programm ganz ohne alles ernsthaft Tragische. Derbirdischer Biedermeierwitz und Himmel- ankletternde Koloraturenlust verbünden sich. Zur tanzenden Fröhlich- keit der Nürnberger Puppe führt jetzt ein Weg, auf dem man dem ältesten deutschen   Serenissimus begegnet. Der paßt mit seinem Hof- staat auSgemackt gut auf die Bretter, wo das fingerfertig geleitete Spiel fädenbeherrschter Kunstfiguren in eigener Art das Leben bildet und die Welt baut. AuS einem sehr ernsthaften Grunde schrieb der Leipziger   August M a h 1 in a n n. der in der Napoleonzeit lebte, den vcrsifizierten Scherz von.König Biolon und Prinzessin Klari- nette". Er parodierte das französische   Drama, seit Gottsched   bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein der Beherrscher der deutschen  Fürstenhöfe, die fest und treu an den Bräuchen des ancien rögirne klebten. Aber die Itterarische Spottarbeit war ihm nicht die Haupt- fache. Er ivollte dem durch jene Heldendramen gelangweilten Publikum die Lust und Liebe zum Theater retten:Durch kleine leichte Stücke, von freier und kecker Erfindung, nicht in der Bücher« spräche geschrieben, die dem freien Fluß der Rede widerstrebt, aber auch nicht in dem platten Jargon des Pöbels, nicht mit vornehm witzigen Pointen, aber auch nicht mit niedrigen und pöbelhaften Späßen, voll Satire, aber ohne Persönlichkeiten." Diese Stücke nannte er dann Marionettenspiele, weil er glaubte,.die gezogenen Puppen von Holz werden sie echter und besser aufführen, als die hölzernen lebendigen aus unfern Haupt- und Staatstheatern." Darin hat er sich, wie nun Paul Braun beweist, nicht getäuscht. Weil die Puppen nicht beladen werden mit Aufgaben, die ihrer Natur widerstreilen, können sie nun in ihrer Art prächtig lebendig werden. Ihr Wesen ist der Schein, der durch groteske Zeichnung getroffen werden muß, und Paul Brauns Aufführung traf sehr glücklich in allem mitten ins Ziel. Die Groteske sichert dem Marioncttenspicl am meisten einen Platz in unseren Tagen. iti. Notizen. Theaterchronik. Als zweite Vorstellung im S h a k e- speare-ZykluS des Deutschen Theaters geht Freitag neu einstudiertViel Lärm um Nichts" in Szene. H m Künstler-Theater konnte am Montag bereits die 25. Aufführung von.HanneleS Himmelfahrt" und KleistsZer- brochcnem Krug" begangen werden. Die gediegene, sorgfältige Arbeit deS SozietätSthcaters scheint also auch ihre Früchte zu tragen. Vorträge. Der zweite derKunst- und Künstlcrvorträge" findet am Freitag, S'/z Uhr abends, Potsdamer Str. 122a, statt. Karl S ch e f f I e r spricht über das Thema:Der Deutsche und die Kunst Italiens". -Ignatz Waghalter  , der Kapellmeister des Deutschen Opernhauses hat soeben seine neue komische OperMandragola" beendet. Die Texlunterlage des Werkes bildet die gleichnamige Komödie des Darnistädter Intendanten Dr. Paul Eger. DaS Werk soll im Januar 1914 im Deutschen   Opernhause seine Uraufführung erleben. DaS moralische M ü n st e r. Jn der frumben West« falenstadt verbot die Polizeiverwallung Elisabeth Duncans Harm- loie(mehr hygienische) Tanz- und Reigenkünste, weil sie ihre Schule nicht erst der Polizei zur Zensur vorführen wollte. Man denke, das von mehreren Hoftheatern approbierte Programm war den Münstercr Sittlichen zu nackt. Ja es gibt noch christliche Männer so rühmen sich die Mitglieder des Vereins zur Bekämpfung der öffent« licken Unsittlichkeit, die diesen Triumph ihrem Wirken zuschreiben. Allerdings: Männer, die vor nackten Kinderbeinen unkeusch zu werden fürchten. Die s ch w e d i s ch e A k a d e in i e läßt durch ihren Sekretär kategorisch" erklären, daß die Nichtzuweisung des literarischen Nobel- Preises an Rosegger nichts mit den Protesten zu tun hat, die von slawischer Seite dagegen erhöben wurden.