Kellner angeschlossen. Die Regierung geht in der üblichen brutalenWeise gegen„die farbigen britischen Mitbürger" vor. Sie hatdie aus Kasfern bestehende Polizei und weisse Kavallerie auf dieInder losgelassen. Bei einem Zusammenstoß auf den Plantagenauf Mount Edgecombe sind 30 Inder und ein Polizist verwundetworden. Ein indischer Arbeiter soll im Sterben liegen.Nach einer Meldung der„Taily Mail" streiken auch die An-gestellten der Eisenbahn, der Post und der städtischen Behörden.Der Korrespondent dieser Londoner Zeitung meldet aus Durban:„Tie indischen Kulis werden immer kampflustiger. Mit Messern,mit denen das Zuckerrohr geschnitten wird, und mit Keulen be-Waffnet, leisten sie überall der Polizei Widerstand... Tie Zuckerplantagen gleichen militärischen Lagern und sind mit Ausrüstungs-gegenständen und Gewehrpyramiden besät." Tasselbe Blatt meldetauZ Kapstadt:„Samstag besuchte General Lukin die Plantagenan der Nordküste und versprach den Indern angemessenen Schutz,wenn Versuche gemacht werden sollten, sie einzuschüchtern. Ergab ihnen fünf Minuten Bedenkzeit, in der sie sich entschließensollten, die Arbeit fortzusetzen. Keiner der Inder rührte sich.Einer ihrer Rädelsführer erklärte, daß sie in Anbetracht der Er-Mahnungen des Herrn Ghandi nicht beabsichtigten, zu arbeiten.Die Polizei könne sie niederschießen, wenn sie wolle, aber sie wür-den nicht arbeiten." Herr Ghandi ist der Führer der Inder inSüdafrika und wurde vor kurzem wegen seiner propagandistischenTätigkeit zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt.Die lückenhaften Berichte, die aus Südafrika einlaufen, werdendurch Meldungen aus Indien ergänzt, wo die Behandlung derInder in den englischen Tochterstaaten die größte Entrüstung beiden Hindus wie bei den Mohammedanern hervorgerufen hat. HerrGokhale, der Führer der indischen Fortschrittler, hat aus Natalein Telegramm erhalten, nach dem die nataler Regierung die ein-gezäunten Kolonien der farbigen Bergarbeiter sdie sogenannten„Compounds") als Gefängnisse benützt. Leute, die sich weigern,zu arbeiten, werden zu Zwangsarbeit verurteilt und gezwungen,in den Bergwerken zu arbeiten. Wer sich weigert, wird aus-gepeitscht' oder mit dem Hungertod bedroht, und wenn sich jemandvermessen sollte, zu entfliehen, um sich bei dem Magistrat zu be-klagen, setzt er sich der Gefahr auS, als flüchtiger Gefangener er-schössen zu werden.Die schändliche Behandlung der Inder in den englischenTochterstaaten, die die Bewegung verursacht hat, bildet schon seitJahren den Gegenstand heftiger Proteste seitens der indischen Be-völkerung. Fast alle dieser Staaten haben Gesetze gegen die Ein-Wanderung oder gegen die Freiheit der einwandernden Inder er-lassen. Transvaal läßt überhaupt � keine indische Einwanderungmehr zu und die ansässigen Inder, ob Kulis oder Gelehrte, müssensich die schwersten Demütigungen gefallen lassen. Kein Wunder,wenn ein indisches Blatt schreibt, daß jeder sich selbst achtendeInder gerechtfertigt sein wird, das britische Bürgerrecht als etwasEntehrendes zu betrachten, wenn die Lage in Natal, nachdem dieReichsregierung davon Kenntnis genommen, auch noch einen Taglänger andauert. Freilich, die Reichsregierung möchte die Ange-legenheit schon gern aus der Welt schaffen, wenn sie könnte. DieUnterdrückung der Inder in den Tochterstaaten bildet den Zement.der Hindus und Mohammedaner zusammenfügen kann, und dieAuseinanderhetzung dieser beiden wichtigsten Elemente des indi-schen Volkes war bisher eines der Hauptmittel zur Aufrechterhaltungder englischen Herrschaft in Indien. Aber die ReichSregierungkann es nicht wagen, in die Angelegenheit der Tochterstaaten einzu-greifen; sie würde sofort auf den wütenden Widerstand der Weihenstoßen, die von der Arbeit ihrer farbigen„Mitbürger" leben. Der„eivis britannicus" ist außerbalb England? nur eine Sage. Unddie einzigen, die dem stolzen Namen nicht nur Lippendienste leisten,sind die englischen Arbeiter, die jahrelang einen Inder als Ver-trcter eines Londoner Arbeiterwahlkreises ins Parlament schicktenDa! Schweizer tßilizlyitem und derssmerilianssche Bürgerhricg.*)Von Karl B l e i b t r eu.l.In der Schweizer Republik machen sich jetzt, besonders nachdem Besuch Willielms II., Strömungen geltend, die ein ernstesAufmerken erfordern. Anläßlich der bekannten GehorsamSverweige-rung der Bündener Bataillone am Flüelapass, sich durch skandalösunfähige Vorgesetzte ernsten Krankheitsschädigungen aüssetzen zulassen, gebärdet sich die tonangebende„preußische" Schule imSchweizer Offizierkorps wie toll und läßt es an erftischenderOffenherzigkeit nicht fehlen. Der sattsam bekannte Oberst Gertschtriuuiphiert in einem bürgerlichen Temokratenblatt. der„ZürcherPost", daß„die Schweizer Miliz nur noch der Geschichte angehört".„TaS Prinzip des Milizsystems haben wir tatsächlich verlassen."Denn man sorgt jetzt dafür, daß der Kasernen-Kadavergehorsamaus Preußens heiligen Hallen herverpflanzt wird. Wie die sozial-demokratische„Neue Freie Zeitung" richtig sagt: man hat„einerClique von Berufsmilitärs Machtbefugnisse gegeben, die langsamjeden Rest von Bolksfrciheit zu ersticken droht." Natürlich schüttetder brave Gertsch über alle ausländischen Verfechter der Miliz-idee lieblichen Spott auS. So herausgefordert, wären wir lüstern.ein Wort mit diesem Geist zu reden, der sich auch ergötzlich in derverlegenen Aufnahme meines Werkes„Vor fünfzig Jahren" überden Amerikanischen Bürgerkrieg fühlbar machte. Diesen dokumen-tären Nachlveis, daß Volksausgebote unter Umständen Größeresleisten als jede Regulärarmee, überhäufte man zwar sonst mitLobsprüchen, suchte aber die daraus gezogenen Lehren durch allerleinichtssagende Redensarten zu entkräften. UebrigenS schrieb mirdamals der eigentliche Chef der Schweizer Militärpartei, seinebesondere Hochachtung möge ich daraus erkennen, daß er meinBuch allseitig loben lasse, obschon er davon den verderblichsten Ein-fluß auf das Schweizerheer erivartel Jüngst kam sogar in der„Schw. MonatSschr. für Offiziere", die mir sonst nahesteht, urplötz-lich ein Anonymus nachgehinkt, der nach der früheren Anerkennungzu nörgeln anfängt: ihm scheine der Amerikanische Bürgerkriegwenig geeignet, als Empfehlung für Milizsysteme zu dienen. Danun dieS von allgemeiner Bedeutung scheint, möchte ich kurz be-leuchten, mit welchen stumpfen Waffen oder Fälschungen der Mili-tariSmuS überall polemische Klohffcchterei betreibt, wobei ichfrühere Behauptungen meiner wohlmeinenden Kritiker mit heran.ziehe.Zugestanden, die amerikanischen Milizen haben Ueberraschen-de? geleistet, aber nur, weil sie allmählich in ihre Aufgabe hinein.wuchsen, d. h. aufhörten, Milizen zu sein. Beweis: in der erstenKriegshandlung bei Bull Run sei die Nordstaatlermiliz„von denregulären Truppen der Südstaaten jämmerlich geschlagen») Wir geben die Ausführungen des bekannten Militärschrift-stellerS hier wieder, weil sie interessante Beiträge zur kriegS-geschichtlichen Beurteilung deS Milizproblems liefern. Die s o z i a.listische Milizidee hat natürlich ausser der kriegSgcschichtlichen auchnoch sehr wichtige ökonomische, politische und soziale Seiten, beideren Beurteilung wir einen anderen Standpunft einnehmen, alse» Herr Bleibtreu tut. Di« Red. d.„B.",und erst bor einigen Tagen wieder einen Mulatten zum Bürger-meister der Londoner Vorstadt Baterfea machten.Herrn Dr. Dustberg! Mittel zur Verhütungvon Kindbettfieber.Zu der von uns am Mittwoch niedriger gehängten Mitteilungaus der Praxis des Sachverständigen in der Nüstungskommissionv. Duisberg, wird uns von fachmännischer Seile geschrieben:Die Vorstände der chemischen Fabriten suchen mit allen Mittelnder Reklame immer größere Verwendung der von ibnen hergestelltenFabrikate und Präparate zu erreichen. Wie die Fabrikanten vonSprengmunilion überall hin ihre toispendenden Zündstoffe abzusetzenstreben, so suchen sie auch das Absatzgebiet ihrer anderen Fabrikatemöglichst zu erweitern.Da hat sich ein von der Elberfelder Farbenfabrik seit einigenFahren hergestelltes Präparat als sehr wirksam zur Vernichtung dereitererregenden Bazillen lLtrextococous pyogenes) erwiesen. Aberder Kreis seiner Anwendung bleibt ein kleiner. DaS Mittel zersetztsich nämlich außerordentlich schnell schon während seiner Auflösung.Die Lösung muß in kaltem, sterilisiertem, destilliertem Wasser in einemschwarzen Glase möglichst imDunkeln in derWeisehergestelllwerden.daßman sür jeden einzelnen Fall das Sopholpulvcr in das möglichstabgekühlte Wasser schüttet, mit einem sterilisierten GlaSstabe um-rührt und die so erhaltene Lösung durch ein sterilisiertes F'lterfiltriert und die Lösung dann sofort auf die betreffenden Körperteileauftrögt. Bei syphilitischen Erkranlungcn hat sich die Anwendungeiner solchen sorgfältig und frisch hergestellten Sophollösnng als lehrwirksam zur Vernichtung der Eitcrbazillen erwiesen, und sie wirdvon einigen gewandten Praktikern in solchen Fällen mit gutem Er-folge angewendet. Aber groß ist der Kreis ihrer Anwender eigent-lich nicht geworden, weil eben die Anwendung eine umständliche undnur in sehr geschickten Händen erfolgreiche ist. Aber daswar dem Direttor der Elberfelder Farbwerke, HerrnDr. Duisberg. kein Hindernis. Warum, frägt er sich, sollnicht Sopbol auch die Eiterbazillen des Kindbettfiebersbeseitigen können, unter deren unheilvoller Einwirkung auch heutenoch so viele junge Mütter hinsterben müssen? Er läßt den HerrenProf. v. Herst und Döderlein in München reichlich Material mit derBitte zustellen, doch feststellen zu wollen, ob das Sophol nicht auchin Fällen von Kindbeltfieber nützlich ist, indem es da auch die Eiter«bazillen abtötet. Man könne dann da« Mittel den Hebammen zurAnwendung bei jeder Entbindung in die Hand geben. Ja in dengeschickten und mit solchen Arbeiten vertrauten Händen der HerrenProfessoren Dr. v. Herff und Döderlein und ihrer Assistenten dürftewohl Sophol auch gegen Kindbettfieber den gewünschten Erfolghaben. Aber eine andere Frage ist es, ob auch in den ungeübten,manchmal auch nickt hinreichend sterilisietten Händen jeder Dorf-Hebamme da? Sohpol seine so leicht versagende Wirkung behaltenwird. Hierzu möchten trotz der Empfehlung des Herrn Dr. Duis«berg die vorhandenen Einrichtungen wie die persönlichen Fähigkeitender Hebammen ganz unzureichend sein.«»•Zu unserem Artikel„Der gute Griff" in der Mittwochnummerersucht uns Sanilätsrat Dr. E. Falk um Aufnahme des nach-vlgenden:„Ich habe weder für das von mir in die Praxis eingeführteHhdrasttnin noch für das später von den Elberfetder Farbwerkenhergestellte Hydrastmin. noch für meine in Birckows Archiv undin den gynäkologischen Zeitichriften erschienene Arbeit über Hydra-stinin und Etyptici» von Merck oder von den Elberfelder Färb-werken irgendeinen pekuniären Vorteil direkt oder indirekt gehabt.ich bin bei Merck weder bei Slhpticin noch bei Hydrastinin pekuniärbeteiligt, daher nickt„an Merck gekettet". Im Gegenteil habe ichworden"! Das schreibt man unverfroren, trotzdem mein Werk,dessen Verläßlichkeit obige Kritik selber empfiehlt, mit dieserLegende aufräumte. Die Nordstaatler wurden erstens nichtjämmerlich geschlagen, zweitens focht von den wenigen Regulär-truppen nicht ein Mann gegen die Union, drittens standentatsächlich 2 Bataillone, 4 Batterien bei Bull Run als Reguläre,aber wohlgemerkt in den Reihen der Nordstaatler, viertens bestandendie Südstaatler durchweg aus eben ausgehobener Miliz. BeideParteien fochten mit gleicher Bravheit, die Unionistcn brachtenlange den Feind in Bedrängnis, ihr Bor- und Aufmarsch an undüber dem Fluß und Erstürmen jenseitiger Höhen erfolgte mitstaunenswerter Gewandtheit. Neben dieser vollständig«grünen"Landwehr ließ sich von irgendwelchem Vorrang der anwesendenRegulären ebensowenig spüren, als jemals im ganzenKriege. In keiner Schlacht taten die Regulären der Nordstaatenetwas Besonderes, wohl aber unzählige Male schlichte Milizregi-mcnter. Gleich der erste Zusammenstoß zeugte also dafür, daß eingänzlich ungedrilltes Volksaufgebot, wenn entschlossen geführt, sogarschon zu Anbeginn da? Nämliche leistet wie eine Kascrnentruppe.Wer„Bull Run" genau überlegt, wird die Frage, ob Reguläredort bei Angriff und Verteidigung besser abgeschnitten hätten, rund-weg verneinen. Die Panik beim Rückzug verursachte ein verstopftesBrückendefilee; viel unbegründetere und schmachvollere Panikenkamen unzählige Male bei Regulärtruppcn vor.Völlig aus der Luft gegriffen ist die immer noch aufgewärmteLegende, das frühere BerufsoffizierkorpS der Union sei größtenteilsauf südstaatlicher Seite gewesen. Das genaue Gegenteil trifft zu:nicht mal alle geborenen Südstaatler unter den Offizieren folgtendem Ruf ihrer Heimat, sondern blieben aus materiellem Interesseauf feiten der Bundesregierung. Doch die Beihilfe der Berufs-offiziere nützte den Nordstaaten nichts, ihre Generale wurden damitnicht besser, sintemal man das Führertalent nicht im„Dienst" er-wirbt. So leisteten schon bei Bull Run hüben der aktive MilitärD!c Dowell und drüben zwei aktive Rangälteste als Südstaatler-generale sehr wenig, dagegen machten sich hüben EisenbahnfinanzerSherman und drüben Professor Jackson bemerkbar. Diese warenzwar in ihrer Jugend Offiziere gewesen, ähnlich wie LcderhändlerGrant, der damals im Westen gleich anfangs hervortrat. NurVerblendung kann aber wähnen, daß militärische Gepflogenheitenhier nach so langem ausschließlichem Zivilleben noch festwurzelten.Freilich, Jackson, Professor der Naturwissenschaften, studierte priva.tim Napoleons Feldzüge; das hätte er genau so getan, wenn er nieden Degen getragen hätte, weil ihn eben sein angeborenes Feld-herrntum dazu trieb. Alle Militärs studieren auf der KriegsschuleNapoleons Feldzüge und lernen nichts boföus, Professor Jacksonaber erwies sich schon in seinem ersten Schenandoah-Feldzug alsMeister. Wenn also beiderseits die meisten höheren Kommando-stellen mit BerufSmilitärS besetzt waren, waS lehrt das Ergebnis?„Durch und durch Militär" nannte sich der unglaubliche Pope, unddie große Mehrzahl der Dankeegenerale war gleichen Schlage?:Haudegen und Heerverderber. Die beiden Einzigen, die scheinbarhöher standen, waren Ingenieure: Mc Clellan und Meade; auchsie aber erwiesen sich als mittelmäßig, mit allen Schwächen derBerufsvorurteil« behaftet. Der relativ beste Unionsgeneral imWesten, RosecranS, käme sogar noch bei mir zu gut weg, schriebmir ein Amerikaner; sein Benehmen bei Chicamauga soll geradezuunwürdig gewesen sein. Bei den Südstaatlern wie Bragg und Hoodselbst die für meine Versuche notwendigen, von Merck bezogenenDrogen aus eigenen Mitteln bezahlt. Die bezüglichen Bemerkungenin Nr. 805 des„Vorwärts" sind daher unwahr."'Die Darlegungen des Herrn Sanitätsrats wenden sich gegendas von uns w'.edergegebene Protokoll über die von den Herren derElbcrfelder Farbwerke im April 1911 abgehaltene Betriebskonferenz.Danach trifft also unsere Mutmaßung voll zu, daß das im Protokollzum Ausdruck gelangte Mißtrauen gegen den Arzl ein durchaushaftloses ist. Um so gravierender ist das Protokoll für die Auf-fassung der Teilnehmer der BelriebSkonscrenz, von denen jetztGeheimrat Professor Dr. Duisburg als Sackver»ständiger zur Beurteilung von etwaigen Skrupellosigkeilen berufenist, die in der Rüstungsindustrie vorkommen. Fürwahr: ein guterGrifftpolitiscde deberlicdt.Um die bayerische ZiviUiste.Der Ministerpräsident d. Hertling ist über Nacht sehr kleinlautgeworden. Er ist ganz Gemüt und Kummer. Er ruft das allge-mein menschliche Mitleid an. Herr v. Hertling hatte erfahren, daßdie Bewilligung der Zivilliste doch nicht ganz ohne Schwierigkeitvonstatten geht. Als in der achten Stunde die Abstimmung imFinanzausschuß erfolgte, stellte es sich heraus, daß hier keine Zwei-drittelmehrhcit vorhanden sei. Das beweist zwar nichts für dieendliche Abstimmung im Plenum, aber es ist ein StimmungS-zeichen. Nur das Zentrum stimmte geschlossen sür die Millionen-erhöhung der Zivilliste. Die Liberalen waren gespalten. ZweiMitglieder, die Herren Casselmann und Hammerschmidt, stimmtendafür. Der letztere aber behielt sich ausdrücklich die endgültige Ab-stimmung vor. Die andere liberale Richtung vertrat Herr Müller-Hof, der nur(300 000 M. bewilligen wollte und sich deshalb derStimme enthielt. Er wird diesen Antrag erst im Plenum ein-bringen. Der Vertreter der Freien Vereinigung, in der die bäuer-lichen Gruppen aller politischen Färbungen zusammengefaßt sind,der Konservative Gebhardt, enthielt sich gleichfalls der Stimme.Die drei Sozialdemokraten stimmten dagegen. So waren von15 Mitgliedern nur 10 für die geforderte Erhöhung der Zivilliste,eine Stimme weniger als die Zweidrittelmehrheit.Die Verhandlungen waren recht interessant. Zunächst wurdeder Ausschuß durch die Vorlage einer neuen Zusammenstellung derHofetatsziffern überrascht. Die frühere Aufstellung stimmte nicht.sicher wird auch die revidierte rioch nicht stimmen. Dann versuchteHerr v. Hertling bewegt die Herzen für die Notlage der Königs-familie zu gewinnen. Er wiederholte die famose Rechnung, daßder König trotz der Apanagen weniger habe, denn als Regent.Politische Beweggründe drohten in dieser Frage ausschlaggebendzu werden. Das hätten die letzten Tage, namentlich auch in derPresse, gezeigt. Er fürchte den Kampf nicht, aber zu solchenparteipolitischen Auseinandersetzungen sei im Laufe der Sessionnoch Gelegenheit genug. Jetzt handele eS sich um das Ansehen deSKönigtums.Das Zentrum schickte seinen radikalen Demagogen Held vor,der die Notwendigkeit der Erhöhung der Zivilliste haarklein bewiesund sogar die Regierung noch übertrumpfte, indem er ausrechnete,daß der König eine Million Ivcniger zur Verfügung hätte als derRegent.Der liberale Casselmann begründete seine persönliche Zu-stimmung genau so, wie sein intimster Gegner, der Abg. Held. Dieganze Fraktion behandele die Frag» nicht als politische Angelogen.heit, aber die Meinung sei unter den Liberalen nur geteilt über dieHöhe des Erforderlichen. Er für seine Person sei überzeugt, daß dieWittelsbacher nicht billiger regieren können.Der Fortschrittler Müller- Hof(Meiningen) vertrat denKompromißstandpunkt.stand es nicht viel besser. Wenn also zufällig der größte Feldherrseit Napoleon auS ihrer Mitte hervorging, so wird Lee seine vor-bildliche Strategie und Taktik wohl nicht„gelernt" haben, weiler ausgerechnet Jngcnieuroberst war! Das wäre, als ob Ingenieur»Hauptmann Carnot sein Organisationsgenie irgendwo im Militär-Wesen hätte lernen können oder gar später Zivilingenieur Frehcinetund Advokat Gambettal Lee bot wie Jackson den äußersten Gegen-satz zu schneidigem Militarismus; er unterschied sich persönlich innichts von seinem Großvater, dem Zivilmilizgeneral Washington?.Daß er überhaupt Militär wurde, hing mit sozialen Verhältnissenzusammen, und er wurde nach dem Kriege mit gleicher Würde— Gymnasialdirektor IWomöglich noch drastischer wird aber der Einwurf, woher dennander» als an„ausgebildetem Truppenmaterial im Frieden" dieFührer ihre Praxis lernen sollten, durch die Erscheinung widerlegt,daß die zwei größten Kavalleriespezialisten hier sozusagen überNacht auftauchten. Wo lernte denn Rittmeister Stuart das Hand-haben von 10 000 Reitern? Wo vollends der schlichte ViehhändlerForrest, der sich sein Lebtag nicht mit Militärischem abgab, alsMannschaftserzieher ein unerhörtes Phänomen, als kavalleristischerFachmann ohnegleichen? Die Auslegung, als ob die Milizführer,seien sie Bcrufsleute oder Zivilisten, nur durch den Krieg selberlangsam erzogen wären, zerrinnt in nichts. Denn die Bedeutendenwaren sofort bedeutend beim allerersten Austreten, die Unbedeutcn-den lernten nie etwas hinzu. Halbtalente blieben von Anfang bisEnde die gleichen. Höhnte doch Friedrich der Große treffend, daßMaultiere, die alle Feldzüge mitmachten, auch so„kriegserfahren"seien wie die KommißmilitärS"). UebrigenS bestanden die unterenChargen bis zum Brigadechef beiderseits fast durchweg aus Zivi-listen, besonders in der zweiten Hälfte deS Krieges. Es ist daherlächerliche Unterstellung, daß die Volksheere infolge der langenKriegsdauer ihren Milizcharakter verloren. Im Gegenteil tretenwegen der ungeheuren Verluste immer wieder Neulinge ein. dieweder Kascrnenstaub noch Pulver rochen. Wie komisch, von L«S„Veteranen" zu reden, da man sich an den Fingern abzählen kann,daß von den ursprünglichen Kämpfern Lccs nachher nur nochwinzige Bruchteile vorhanden waren und die furchtbaren BlutbäderdeS letzten KriegSjahreS ausschließlich vom Rekrutenlandsturm er-duldet wurden, der auch in LeeS Hungerlagern die gleiche Helden-hafte Hingebung bewies! Bei den Unionistcn verbot obendrein diegesetzliche dreimonatliche Ablösung der Milizaushebung jede wirk-liche Kriegsausbildung: nur Massen von Freiwilligen füllten dieLücken. Bis zum Schluß setzten sich die Heere überwiegend ausNeulingen zusammen, die. wohlgcmerkt, noch lange nicht eineSchweizer Dienstzeit hinter sich hatten. Es zeigte sich aber nichtder geringste Unterschied zu früheren„Veteranen", wie dennFriedrichs unauSgebildete Kanwntrekruten geradeso brav beiKunersdorf und Torgau fochten, wie seine Drillveteranen bei Pragund Leuthen. oder Napoleons Dolksheere 1813/14 womöglich nochtodesmutiger als feine Veteranen 1805/00.#) Natürlich besagt unsere Nichtachtung der BerufSmilitärSnicht, daß streberhafte Zivilisten wie Butler. BankS. Frimont, Hollack(letzterer lange oberster Stabschef der UnionSheere) Besseresleisteten, doch auch nichts Schlechteres, wie man un« einredenmöchte. Vielmehr mcimten 5darl Schurtz und der uberschätzte Siglimmer noch eine gute Mgur neben so manchem aktiven Bramarba».