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Kellner angeschlossen. Die Regierung geht in der üblichen brutalen Weise gegendie farbigen britischen Mitbürger" vor. Sie hat die aus Kasfern bestehende Polizei und weisse Kavallerie auf die Inder losgelassen. Bei einem Zusammenstoß auf den Plantagen auf Mount Edgecombe sind 30 Inder und ein Polizist verwundet worden. Ein indischer Arbeiter soll im Sterben liegen. Nach einer Meldung derTaily Mail" streiken auch die An- gestellten der Eisenbahn, der Post und der städtischen Behörden. Der Korrespondent dieser Londoner Zeitung meldet aus Durban  : Tie indischen Kulis werden immer kampflustiger. Mit Messern, mit denen das Zuckerrohr geschnitten wird, und mit Keulen be- Waffnet, leisten sie überall der Polizei Widerstand... Tie Zucker­plantagen gleichen militärischen Lagern und sind mit Ausrüstungs- gegenständen und Gewehrpyramiden besät." Tasselbe Blatt meldet auZ Kapstadt:Samstag besuchte General Lukin die Plantagen an der Nordküste und versprach den Indern angemessenen Schutz, wenn Versuche gemacht werden sollten, sie einzuschüchtern. Er gab ihnen fünf Minuten Bedenkzeit, in der sie sich entschließen sollten, die Arbeit fortzusetzen. Keiner der Inder rührte sich. Einer ihrer Rädelsführer erklärte, daß sie in Anbetracht der Er- Mahnungen des Herrn Ghandi nicht beabsichtigten, zu arbeiten. Die Polizei könne sie niederschießen, wenn sie wolle, aber sie wür- den nicht arbeiten." Herr Ghandi   ist der Führer der Inder in Südafrika   und wurde vor kurzem wegen seiner propagandistischen Tätigkeit zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt. Die lückenhaften Berichte, die aus Südafrika   einlaufen, werden durch Meldungen aus Indien   ergänzt, wo die Behandlung der Inder in den englischen Tochterstaaten die größte Entrüstung bei den Hindus wie bei den Mohammedanern hervorgerufen hat. Herr Gokhale  , der Führer der indischen Fortschrittler, hat aus Natal ein Telegramm erhalten, nach dem die nataler Regierung die ein- gezäunten Kolonien der farbigen Bergarbeiter sdie sogenannten Compounds") als Gefängnisse benützt. Leute, die sich weigern, zu arbeiten, werden zu Zwangsarbeit verurteilt und gezwungen, in den Bergwerken zu arbeiten. Wer sich weigert, wird aus- gepeitscht' oder mit dem Hungertod bedroht, und wenn sich jemand vermessen sollte, zu entfliehen, um sich bei dem Magistrat zu be- klagen, setzt er sich der Gefahr auS, als flüchtiger Gefangener er- schössen zu werden. Die schändliche Behandlung der Inder in den englischen Tochterstaaten, die die Bewegung verursacht hat, bildet schon seit Jahren den Gegenstand heftiger Proteste seitens der indischen Be- völkerung. Fast alle dieser Staaten haben Gesetze gegen die Ein- Wanderung oder gegen die Freiheit der einwandernden Inder er- lassen. Transvaal   läßt überhaupt keine indische Einwanderung mehr zu und die ansässigen Inder, ob Kulis oder Gelehrte, müssen sich die schwersten Demütigungen gefallen lassen. Kein Wunder, wenn ein indisches Blatt schreibt, daß jeder sich selbst achtende Inder gerechtfertigt sein wird, das britische Bürgerrecht als etwas Entehrendes zu betrachten, wenn die Lage in Natal, nachdem die Reichsregierung davon Kenntnis genommen, auch noch einen Tag länger andauert. Freilich, die Reichsregierung möchte die Ange- legenheit schon gern aus der Welt schaffen, wenn sie könnte. Die Unterdrückung der Inder in den Tochterstaaten bildet den Zement. der Hindus und Mohammedaner zusammenfügen kann, und die Auseinanderhetzung dieser beiden wichtigsten Elemente des indi- schen Volkes war bisher eines der Hauptmittel zur Aufrechterhaltung der englischen Herrschaft in Indien  . Aber die ReichSregierung kann es nicht wagen, in die Angelegenheit der Tochterstaaten einzu- greifen; sie würde sofort auf den wütenden Widerstand der Weihen stoßen, die von der Arbeit ihrer farbigenMitbürger" leben. Der eivis britannicus" ist außerbalb England? nur eine Sage. Und die einzigen, die dem stolzen Namen nicht nur Lippendienste leisten, sind die englischen Arbeiter, die jahrelang einen Inder als Ver- trcter eines Londoner Arbeiterwahlkreises ins Parlament schickten Da! Schweizer   tßilizlyitem und der ssmerilianssche Bürgerhricg.*) Von Karl B l e i b t r eu. l. In der Schweizer Republik machen sich jetzt, besonders nach dem Besuch Willielms II., Strömungen geltend, die ein ernstes Aufmerken erfordern. Anläßlich der bekannten GehorsamSverweige- rung der Bündener Bataillone am Flüelapass  , sich durch skandalös unfähige Vorgesetzte ernsten Krankheitsschädigungen aüssetzen zu lassen, gebärdet sich die tonangebendepreußische" Schule im Schweizer   Offizierkorps wie toll und läßt es an erftischender Offenherzigkeit nicht fehlen. Der sattsam bekannte Oberst Gertsch triuuiphiert in einem bürgerlichen Temokratenblatt. derZürcher Post", daßdie Schweizer   Miliz nur noch der Geschichte angehört". TaS Prinzip des Milizsystems haben wir tatsächlich verlassen." Denn man sorgt jetzt dafür, daß der Kasernen-Kadavergehorsam aus Preußens heiligen Hallen herverpflanzt wird. Wie die sozial- demokratischeNeue Freie Zeitung" richtig sagt: man hateiner Clique von Berufsmilitärs Machtbefugnisse gegeben, die langsam jeden Rest von Bolksfrciheit zu ersticken droht." Natürlich schüttet der brave Gertsch über alle ausländischen Verfechter der Miliz- idee lieblichen Spott auS. So herausgefordert, wären wir lüstern. ein Wort mit diesem Geist zu reden, der sich auch ergötzlich in der verlegenen Aufnahme meines WerkesVor fünfzig Jahren" über den Amerikanischen Bürgerkrieg fühlbar machte. Diesen dokumen- tären Nachlveis, daß Volksausgebote unter Umständen Größeres leisten als jede Regulärarmee, überhäufte man zwar sonst mit Lobsprüchen, suchte aber die daraus gezogenen Lehren durch allerlei nichtssagende Redensarten zu entkräften. UebrigenS schrieb mir damals der eigentliche Chef der Schweizer   Militärpartei, seine besondere Hochachtung möge ich daraus erkennen, daß er mein Buch allseitig loben lasse, obschon er davon den verderblichsten Ein- fluß auf das Schweizerheer erivartel Jüngst kam sogar in der Schw. MonatSschr. für Offiziere", die mir sonst nahesteht, urplötz- lich ein Anonymus nachgehinkt, der nach der früheren Anerkennung zu nörgeln anfängt: ihm scheine der Amerikanische   Bürgerkrieg wenig geeignet, als Empfehlung für Milizsysteme zu dienen. Da nun dieS von allgemeiner Bedeutung scheint, möchte ich kurz be- leuchten, mit welchen stumpfen Waffen oder Fälschungen der Mili- tariSmuS überall polemische Klohffcchterei betreibt, wobei ich frühere Behauptungen meiner wohlmeinenden Kritiker mit heran. ziehe. Zugestanden, die amerikanischen   Milizen haben Ueberraschen- de? geleistet, aber nur, weil sie allmählich in ihre Aufgabe hinein. wuchsen, d. h. aufhörten, Milizen zu sein. Beweis: in der ersten Kriegshandlung bei Bull Run sei die Nordstaatlermilizvon den regulären Truppen der Südstaaten jämmerlich geschlagen ») Wir geben die Ausführungen des bekannten Militärschrift- stellerS hier wieder, weil sie interessante Beiträge zur kriegS- geschichtlichen Beurteilung deS Milizproblems liefern. Die s o z i a. listische Milizidee hat natürlich ausser der kriegSgcschichtlichen auch noch sehr wichtige ökonomische, politische und soziale Seiten, bei deren Beurteilung wir einen anderen Standpunft einnehmen, als e» Herr Bleibtreu tut. Di« Red. d.B.", und erst bor einigen Tagen wieder einen Mulatten zum Bürger- meister der Londoner Vorstadt Baterfea machten. Herrn Dr. Dustberg! Mittel zur Verhütung von Kindbettfieber. Zu der von uns am Mittwoch niedriger gehängten Mitteilung aus der Praxis des Sachverständigen in der Nüstungskommission v. Duisberg, wird uns von fachmännischer Seile geschrieben: Die Vorstände der chemischen Fabriten suchen mit allen Mitteln der Reklame immer größere Verwendung der von ibnen hergestellten Fabrikate und Präparate zu erreichen. Wie die Fabrikanten von Sprengmunilion überall hin ihre toispendenden Zündstoffe abzusetzen streben, so suchen sie auch das Absatzgebiet ihrer anderen Fabrikate möglichst zu erweitern. Da hat sich ein von der Elberfelder Farbenfabrik seit einigen Fahren hergestelltes Präparat als sehr wirksam zur Vernichtung der eitererregenden Bazillen lLtrextococous pyogenes) erwiesen. Aber der Kreis seiner Anwendung bleibt ein kleiner. DaS Mittel zersetzt sich nämlich außerordentlich schnell schon während seiner Auflösung. Die Lösung muß in kaltem, sterilisiertem, destilliertem Wasser in einem schwarzen Glase möglichst imDunkeln in derWeisehergestelllwerden.daß man sür jeden einzelnen Fall das Sopholpulvcr in das möglichst abgekühlte Wasser schüttet, mit einem sterilisierten GlaSstabe um- rührt und die so erhaltene Lösung durch ein sterilisiertes F'lter filtriert und die Lösung dann sofort auf die betreffenden Körperteile auftrögt. Bei syphilitischen Erkranlungcn hat sich die Anwendung einer solchen sorgfältig und frisch hergestellten Sophollösnng als lehr wirksam zur Vernichtung der Eitcrbazillen erwiesen, und sie wird von einigen gewandten Praktikern in solchen Fällen mit gutem Er- folge angewendet. Aber groß ist der Kreis ihrer Anwender eigent- lich nicht geworden, weil eben die Anwendung eine umständliche und nur in sehr geschickten Händen erfolgreiche ist. Aber das war dem Direttor der Elberfelder Farbwerke, Herrn Dr. Duisberg. kein Hindernis. Warum, frägt er sich, soll nicht Sopbol auch die Eiterbazillen des Kindbettfiebers beseitigen können, unter deren unheilvoller Einwirkung auch heute noch so viele junge Mütter hinsterben müssen? Er läßt den Herren Prof. v. Herst und Döderlein in München   reichlich Material mit der Bitte zustellen, doch feststellen zu wollen, ob das Sophol nicht auch in Fällen von Kindbeltfieber nützlich ist, indem es da auch die Eiter« bazillen abtötet. Man könne dann da« Mittel den Hebammen zur Anwendung bei jeder Entbindung in die Hand geben. Ja in den geschickten und mit solchen Arbeiten vertrauten Händen der Herren Professoren Dr. v. Herff und Döderlein und ihrer Assistenten dürfte wohl Sophol auch gegen Kindbettfieber den gewünschten Erfolg haben. Aber eine andere Frage ist es, ob auch in den ungeübten, manchmal auch nickt hinreichend sterilisietten Händen jeder Dorf- Hebamme da? Sohpol seine so leicht versagende Wirkung behalten wird. Hierzu möchten trotz der Empfehlung des Herrn Dr. Duis« berg   die vorhandenen Einrichtungen wie die persönlichen Fähigkeiten der Hebammen ganz unzureichend sein. «» Zu unserem ArtikelDer gute Griff" in der Mittwochnummer ersucht uns Sanilätsrat Dr. E. Falk um Aufnahme des nach- vlgenden: Ich habe weder für das von mir in die Praxis eingeführte Hhdrasttnin noch für das später von den Elberfetder Farbwerken hergestellte Hydrastmin. noch für meine in Birckows Archiv und in den gynäkologischen Zeitichriften erschienene Arbeit über Hydra- stinin und Etyptici» von Merck oder von den Elberfelder Färb- werken irgendeinen pekuniären Vorteil direkt oder indirekt gehabt. ich bin bei Merck weder bei Slhpticin noch bei Hydrastinin pekuniär beteiligt, daher nicktan Merck gekettet". Im Gegenteil habe ich worden"! Das schreibt man unverfroren, trotzdem mein Werk, dessen Verläßlichkeit obige Kritik selber empfiehlt, mit dieser Legende aufräumte. Die Nordstaatler wurden erstens nicht jämmerlich geschlagen, zweitens focht von den wenigen Regulär- truppen nicht ein Mann gegen die Union  , drittens standen tatsächlich 2 Bataillone, 4 Batterien bei Bull Run als Reguläre, aber wohlgemerkt in den Reihen der Nordstaatler, viertens bestanden die Südstaatler durchweg aus eben ausgehobener Miliz. Beide Parteien fochten mit gleicher Bravheit, die Unionistcn brachten lange den Feind in Bedrängnis, ihr Bor- und Aufmarsch an und über dem Fluß und Erstürmen jenseitiger Höhen erfolgte mit staunenswerter Gewandtheit. Neben dieser vollständig«grünen" Landwehr ließ sich von irgendwelchem Vorrang der anwesenden Regulären ebensowenig spüren, als jemals im ganzen Kriege. In keiner Schlacht taten die Regulären der Nordstaaten etwas Besonderes, wohl aber unzählige Male schlichte Milizregi- mcnter. Gleich der erste Zusammenstoß zeugte also dafür, daß ein gänzlich ungedrilltes Volksaufgebot, wenn entschlossen geführt, sogar schon zu Anbeginn da? Nämliche leistet wie eine Kascrnentruppe. WerBull Run" genau überlegt, wird die Frage, ob Reguläre dort bei Angriff und Verteidigung besser abgeschnitten hätten, rund- weg verneinen. Die Panik beim Rückzug verursachte ein verstopftes Brückendefilee; viel unbegründetere und schmachvollere Paniken kamen unzählige Male bei Regulärtruppcn vor. Völlig aus der Luft gegriffen ist die immer noch aufgewärmte Legende, das frühere BerufsoffizierkorpS der Union   sei größtenteils auf südstaatlicher Seite gewesen. Das genaue Gegenteil trifft zu: nicht mal alle geborenen Südstaatler unter den Offizieren folgten dem Ruf ihrer Heimat, sondern blieben aus materiellem Interesse auf feiten der Bundesregierung. Doch die Beihilfe der Berufs- offiziere nützte den Nordstaaten nichts, ihre Generale wurden damit nicht besser, sintemal man das Führertalent nicht imDienst" er- wirbt. So leisteten schon bei Bull Run hüben der aktive Militär D!c Dowell und drüben zwei aktive Rangälteste als Südstaatler- generale sehr wenig, dagegen machten sich hüben Eisenbahnfinanzer Sherman und drüben Professor Jackson bemerkbar. Diese waren zwar in ihrer Jugend Offiziere gewesen, ähnlich wie Lcderhändler Grant, der damals im Westen gleich anfangs hervortrat. Nur Verblendung kann aber wähnen, daß militärische Gepflogenheiten hier nach so langem ausschließlichem Zivilleben noch festwurzelten. Freilich, Jackson, Professor der Naturwissenschaften, studierte priva. tim Napoleons   Feldzüge; das hätte er genau so getan, wenn er nie den Degen getragen hätte, weil ihn eben sein angeborenes Feld- herrntum dazu trieb. Alle Militärs studieren auf der Kriegsschule Napoleons   Feldzüge und lernen nichts boföus, Professor Jackson aber erwies sich schon in seinem ersten Schenandoah-Feldzug als Meister. Wenn also beiderseits die meisten höheren Kommando- stellen mit BerufSmilitärS besetzt waren, waS lehrt das Ergebnis? Durch und durch Militär" nannte sich der unglaubliche Pope, und die große Mehrzahl der Dankeegenerale war gleichen Schlage?: Haudegen und Heerverderber. Die beiden Einzigen, die scheinbar höher standen, waren Ingenieure: Mc Clellan   und Meade; auch sie aber erwiesen sich als mittelmäßig, mit allen Schwächen der Berufsvorurteil« behaftet. Der relativ beste Unionsgeneral im Westen, RosecranS  , käme sogar noch bei mir zu gut weg, schrieb mir ein Amerikaner; sein Benehmen bei Chicamauga soll geradezu unwürdig gewesen sein. Bei den Südstaatlern wie Bragg und Hood selbst die für meine Versuche notwendigen, von Merck bezogenen Drogen aus eigenen Mitteln bezahlt. Die bezüglichen Bemerkungen in Nr. 805 desVorwärts" sind daher unwahr."' Die Darlegungen des Herrn Sanitätsrats wenden sich gegen das von uns w'.edergegebene Protokoll über die von den Herren der Elbcrfelder Farbwerke im April 1911 abgehaltene Betriebskonferenz. Danach trifft also unsere Mutmaßung voll zu, daß das im Protokoll zum Ausdruck gelangte Mißtrauen gegen den Arzl ein durchaus haftloses ist. Um so gravierender ist das Protokoll für die Auf- fassung der Teilnehmer der BelriebSkonscrenz, von denen jetzt Geheimrat Professor Dr. Duisburg als Sackver» ständiger zur Beurteilung von etwaigen Skrupellosigkeilen berufen ist, die in der Rüstungsindustrie vorkommen. Fürwahr: ein guter Grifft politiscde deberlicdt. Um die bayerische   ZiviUiste. Der Ministerpräsident d. Hertling ist über Nacht sehr kleinlaut geworden. Er ist ganz Gemüt und Kummer. Er ruft das allge- mein menschliche Mitleid an. Herr v. Hertling hatte erfahren, daß die Bewilligung der Zivilliste doch nicht ganz ohne Schwierigkeit vonstatten geht. Als in der achten Stunde die Abstimmung im Finanzausschuß erfolgte, stellte es sich heraus, daß hier keine Zwei- drittelmehrhcit vorhanden sei. Das beweist zwar nichts für die endliche Abstimmung im Plenum, aber es ist ein StimmungS- zeichen. Nur das Zentrum stimmte geschlossen sür die Millionen- erhöhung der Zivilliste. Die Liberalen waren gespalten. Zwei Mitglieder, die Herren Casselmann und Hammerschmidt, stimmten dafür. Der letztere aber behielt sich ausdrücklich die endgültige Ab- stimmung vor. Die andere liberale Richtung vertrat Herr Müller- Hof, der nur(300 000 M. bewilligen wollte und sich deshalb der Stimme enthielt. Er wird diesen Antrag erst im Plenum ein- bringen. Der Vertreter der Freien Vereinigung, in der die bäuer- lichen Gruppen aller politischen Färbungen zusammengefaßt sind, der Konservative Gebhardt, enthielt sich gleichfalls der Stimme. Die drei Sozialdemokraten stimmten dagegen. So waren von 15 Mitgliedern nur 10 für die geforderte Erhöhung der Zivilliste, eine Stimme weniger als die Zweidrittelmehrheit. Die Verhandlungen waren recht interessant. Zunächst wurde der Ausschuß durch die Vorlage einer neuen Zusammenstellung der Hofetatsziffern überrascht. Die frühere Aufstellung stimmte nicht. sicher wird auch die revidierte rioch nicht stimmen. Dann versuchte Herr v. Hertling bewegt die Herzen für die Notlage der Königs- familie zu gewinnen. Er wiederholte die famose Rechnung, daß der König trotz der Apanagen weniger habe, denn als Regent. Politische Beweggründe drohten in dieser Frage ausschlaggebend zu werden. Das hätten die letzten Tage, namentlich auch in der Presse, gezeigt. Er fürchte den Kampf nicht, aber zu solchen parteipolitischen Auseinandersetzungen sei im Laufe der Session noch Gelegenheit genug. Jetzt handele eS sich um das Ansehen deS Königtums. Das Zentrum schickte seinen radikalen Demagogen Held vor, der die Notwendigkeit der Erhöhung der Zivilliste haarklein bewies und sogar die Regierung noch übertrumpfte, indem er ausrechnete, daß der König eine Million Ivcniger zur Verfügung hätte als der Regent. Der liberale Casselmann begründete seine persönliche Zu- stimmung genau so, wie sein intimster Gegner, der Abg. Held. Die ganze Fraktion behandele die Frag» nicht als politische Angelogen. heit, aber die Meinung sei unter den Liberalen nur geteilt über die Höhe des Erforderlichen. Er für seine Person sei überzeugt, daß die Wittelsbacher nicht billiger regieren können. Der Fortschrittler Müller- Hof(Meiningen  ) vertrat den Kompromißstandpunkt. stand es nicht viel besser. Wenn also zufällig der größte Feldherr seit Napoleon auS ihrer Mitte hervorging, so wird Lee seine vor- bildliche Strategie und Taktik wohl nichtgelernt" haben, weil er ausgerechnet Jngcnieuroberst war! Das wäre, als ob Ingenieur» Hauptmann Carnot sein Organisationsgenie irgendwo im Militär- Wesen hätte lernen können oder gar später Zivilingenieur Frehcinet und Advokat Gambettal Lee bot wie Jackson den äußersten Gegen- satz zu schneidigem Militarismus; er unterschied sich persönlich in nichts von seinem Großvater, dem Zivilmilizgeneral Washington?. Daß er überhaupt Militär wurde, hing mit sozialen Verhältnissen zusammen, und er wurde nach dem Kriege mit gleicher Würde Gymnasialdirektor I Womöglich noch drastischer wird aber der Einwurf, woher denn ander» als anausgebildetem Truppenmaterial im Frieden" die Führer ihre Praxis lernen sollten, durch die Erscheinung widerlegt, daß die zwei größten Kavalleriespezialisten hier sozusagen über Nacht auftauchten. Wo lernte denn Rittmeister Stuart das Hand- haben von 10 000 Reitern? Wo vollends der schlichte Viehhändler Forrest, der sich sein Lebtag nicht mit Militärischem abgab, als Mannschaftserzieher ein unerhörtes Phänomen, als kavalleristischer Fachmann ohnegleichen? Die Auslegung, als ob die Milizführer, seien sie Bcrufsleute oder Zivilisten, nur durch den Krieg selber langsam erzogen wären, zerrinnt in nichts. Denn die Bedeutenden waren sofort bedeutend beim allerersten Austreten, die Unbedeutcn- den lernten nie etwas hinzu. Halbtalente blieben von Anfang bis Ende die gleichen. Höhnte doch Friedrich der Große   treffend, daß Maultiere, die alle Feldzüge mitmachten, auch sokriegserfahren" seien wie die KommißmilitärS"). UebrigenS bestanden die unteren Chargen bis zum Brigadechef beiderseits fast durchweg aus Zivi- listen, besonders in der zweiten Hälfte deS Krieges. Es ist daher lächerliche Unterstellung, daß die Volksheere infolge der langen Kriegsdauer ihren Milizcharakter verloren. Im Gegenteil treten wegen der ungeheuren Verluste immer wieder Neulinge ein. die weder Kascrnenstaub noch Pulver rochen. Wie komisch, von L«S Veteranen" zu reden, da man sich an den Fingern abzählen kann, daß von den ursprünglichen Kämpfern Lccs nachher nur noch winzige Bruchteile vorhanden waren und die furchtbaren Blutbäder deS letzten KriegSjahreS ausschließlich vom Rekrutenlandsturm er- duldet wurden, der auch in LeeS Hungerlagern die gleiche Helden- hafte Hingebung bewies! Bei den Unionistcn verbot obendrein die gesetzliche dreimonatliche Ablösung der Milizaushebung jede wirk- liche Kriegsausbildung: nur Massen von Freiwilligen füllten die Lücken. Bis zum Schluß setzten sich die Heere überwiegend aus Neulingen zusammen, die. wohlgcmerkt, noch lange nicht eine Schweizer   Dienstzeit hinter sich hatten. Es zeigte sich aber nicht der geringste Unterschied zu früherenVeteranen", wie denn Friedrichs unauSgebildete Kanwntrekruten geradeso brav bei Kunersdorf und Torgau   fochten, wie seine Drillveteranen bei Prag  und Leuthen. oder Napoleons   Dolksheere 1813/14 womöglich noch todesmutiger als feine Veteranen 1805/00. #) Natürlich besagt unsere Nichtachtung der BerufSmilitärS nicht, daß streberhafte Zivilisten wie Butler  . BankS. Frimont, Hollack (letzterer lange oberster Stabschef der UnionSheere) Besseres leisteten, doch auch nichts Schlechteres, wie man un« einreden möchte. Vielmehr mcimten 5darl Schurtz und der uberschätzte Sigl immer noch eine gute Mgur neben so manchem aktiven Bramarba».