poUtifche GeberlicbtHöh« statt Brot.Die„Nordd. Allg. Ztg." komnit in ihrer Ausgabe vom-Sonnabend auch auf die Arbeitslosigkeit und auf die verlangteArbeitslosenunterstützung zu sprechen. Das Regierungsorganhat für die große Not unzähliger Arbeiterfamil-en aber nurWorte des Hohnes und Spottes. Das Genter Arbeitslosen-Unterstützungssystem wird von dein Kanzlerblatt mit einerwegwerfenden Handbewegung abgetan. Es meint:„Eine ge-wisse Berechtigung zusprechen könnte nian dem System nurwenn alle Arbeiter und namentlich die ungelernten davonprofitierten." Tann höhnt das Blatt: die Gewerkschaftenmöchten doch ihre ungeheuren Mittel, anstatt sie für Streiksauszugeben, den Arbeitslosen zuwenden. Eine Unterstützungder arbeitslosen Gewerkschaftsmitglieder aus Staats- undGemeindemitteln sei gleichbedeutend mit der Stärkung desStreikfonds der Gewerkschaften. Uebrigens litten, so behauptet das Blatt, die kleinen Handwerker noch mehr als dieArbeiter unter dem Niedergang der Konjunktur. Dann heißtes wörtlich:„Soll nicht geleugnet werden, daß eine große Zahl vonArbeitern unverschuldet arbeitslos wird, so läßt sich doch dieFrage, wo hier die Grenze liegt, wer schuldlos und wer ver-schuldet arbeitslos geworden ist, außerordentlich schwer ent-scheiden. Die arbeitsscheuen Elemente werden sich naturgemäßin allererster Linie zur Arbeitslosenunterstützung herandrängenund keine ernsthaften Versuche machen, Arbeit zu erhalten. DieArbeitslosenversicherung kann überdies im Gegensatz zu denübrigen Zweigen der Arbeiterversicherung, bei denen der einzelneVersicherungsfall genau feststellbar ist, nicht auf versicherungS-technischer Basis begründet werden."Vielleicht soll das die Antwort sein, die die Regierungauf die Interpellation im Reichstag hu geben gedenkt.Daß die Regierung für die Arbeltslosen nichts übrig hat,geht auch aus dem Bericht herbor, den der Vorstand des'Deutschen Städtetages über seine jüngste Tagung gibt. Esheißt darin:„Die in großem Umfange von den Städten ver-anstalteten Notstandsarbeiten stellen eine allgemeine Lösungder Arbeitslosenfrage ebensowenig dar wie die jetzt von ver-schiedenen deutschen Städten durchgeführten Versuche, einestädtische Arbeitslosenversicherung einzurichten. Tie Arbeits-losenversicherung ist nur als Reichssache möglich. Auf einenAntrag des Vorstandes vom 25. September 1911, der Bundes-rat wolle ein Gesetz zur Regelung der Arbeitslosenversicherungin den Wettersaisongewerben einbringen, ist leider sei-tens der Reichsregieruilg eine Antwortnicht erteilt worden. Auch Reichs- oder Staats-Zuschüsse zu städtischen Anstalten sind nicht gewährtworden. Ebensowenig ist dem Wunsch? einzelner Städtenach Ermächtigung zur Einführung einer Zwangsversicherungdurch die Reichsregierung entsprochen worden."Die Reichsrcgierung darf sich demnach nicht wundern,wenn die Arbeiterschaft stärkere Saiten aufzieht.Ein christlich-sozialer Wahlschwindel.Vor dem Schöffengericht in Dillenburg wurde dieser Tage einungeheuerlicher Wahlschwindel aufgedeckt, der von den Leitern desBundes der Landwirte und der christlich. sozialenPartei im Oberwesterwaldkreis bei der preußischen LandtagSwahl1908 verübt wurde. Die nationalliberalen Wahlmänner erhieltengefälschte Telegramme, durch die sie von der Teilnahme an derWahl abgehalten wurden, andere versuchte man telcphonisch vonder Wahl zurückzuhalten, einzelnen wurde auch versprochen, sie wür-den im Automobil abgeholt werden und möchten daher nicht mitder Bahn fahren. TaS Automobil kam natürlich nicht, und werder Aufforderung nachgekommen war, versäumte die Wahl.Gelegentlich der Reichstags-Stichwahl 1912 verriet nun derSchneider August Fehling aus Dillenburg, daß er seinerzeit imAustrage eines Herrn Volland, eines Beamten des Bundes derLandwirte, des Generalsekretärs Rüffer und des Redakteurs Ostehrvon der christlich-sozialen Partei den Schwindel gemacht habe. Inder Gerichtsverhandlung wurden alle diese Angaben bestätigt. EinGastwirt Sturm, in dessen Wirtschaft die Verhandlungen zwischenFehling und den Anstiftern des Schwindels stattgefunden, sagte auS:„Ostehr, Rüffer und Volland waren am Abend vor der Land-tagSwahl in meiner Wirtschaft zusammen mit Fehling und sprachendarüber, wie man nationalliberale Bahlmänner herüberziehenkönne, um die Stimmenmehrheit zu bekommen. Fehling wurde be-auftragt, an einige Wahlmänner zu telephonieren, damit sie vonder Wahl abgehalten würden. Es wurde auch darüber verhandelt,Telegramme abzuschicken. Am anderen Tag erzählte mir Fehling,er würde 35 M. für seine Leistung bekommen."Auf die Frage des Verteidigers sagte Sturm weiter aus:„Eskam ausdrücklich zum Ausdruck, daß die Wahlmänner, deren Nameneinzeln aufgeführt wurden, von der Wahl abgehalten werdensollten."_Die Prämiensparkasfe des Bundes der Landwirte einFehlschlag.Der Redakteur des Landarbeiterorgans, Genosse Faatz, warwegen Beleidigung eines Vertreters des Bundes der Landwirte, be-gangen durch eine scharfe Kritik der im Frühjahr d. I. gegründetenPrämiensparkasse für Landarbeiter und Gesinde, zu einer Geldstrafevon 50 M. verurteilt worden. Die Berufung gegen dieses Urteilwurde von der Strafkammer in Moabit am Sonnabend verworfen,weil die Ausdrücke„Schwindel der Agrarier",„agrarische Füchse"beleidigend seien.— Bei der Prüfung der Aktivlegitimation desPrivatklägers, des früheren Halberftädter Oberbürgermeisters,jetzigen PrämiensparkassenvorstandeS Wadehn, erklärte dieser, daßaußer ihm sich Hunderttausende von Mitgliedern des Bundes derLandwirte sich durch die vom„Landarbeiter" an der Sparkasse ge«übten Kritik beleidigt gefühlt hätten. Der Angeklagte erwiderte, daßdie angeblich beleidigten Bundesmitglieder offenbar ein Haar inder„Sparkasien"-Suppe gefunden härten: denn sie wären in ihrergroßen Mehrzahl bis heute der Kasse ferngeblieben, so daß dieseeinen völligen Fehlschlag darstelle. Hierauf wußte der klägerischeKassenvorsitzende kein Wort zu erwidern. Er bestätigte damit diein eingeweihten Kreisen bekannte Tatsache der verunglückten agra-rischen Gründung.Die agrarische Steuermogeleiwird durch folgende amtliche Bekanntmachung des Vorsitzendender Einkommensteuer-Veranlagungskommission des st r e n gkatholischen und überwiegend agrarischenKreises Glatz bestätigt:„Die in letzter Zeit zahlreich erfolgten Bestrafungen vonSteuerpflichtigen des Kreises Glatz wegen Zuwiderhand.l u n g gegen die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzesgeben mir Veranlassung, auf die Strafbcstimmungcn des er-wähnten Gesetzes hinzuweisen. Es liegi im Interesse allerSteuerpflichligen, bei der bevorstehenden Abgabe der Steuer-erklärungen möglichst umfassende und genaue Angaben zu machen.da nach einer Entscheidung des Reichsgerichts auch ein Rechts.irrtum nicht vor Strafe schützt. Ich weise noch darauf hin. daßim Wchrbeitragsgesetz die Berhängung einer Freiheits- nebender Geldstrafe vorgesehen ist. In Zweifelsfällen empfehle ich, beimir anzufragen oder im Steucrburcau Auskunft zu holen."Demnach scheint ja der Kreis Glatz eine recht nette Sorte vonSteuerzahlern zu haben. Dafür ist er aber auch patriotischbis auf die Knochen.Ende des nordfranzösischen Bergarbeiterstreiks?Paris, 23. November.(Privattelegramm des„Bor-wärts".) Die gestrigen Verhandlungen in T o u a i hattendas Ergebnis, daß die Bergbauunternehmer so lange auf dielangen Schichten verzichten, bis durch eine Entscheidung desParlaments die Ueberstundenfrage geregelt worden ist. DieUnternehmer gaben die writere Zusage, daß keine Maßrege-lung von Arbeitern stattfinden soll. Die Vertreter der Ar-beiter sollen diese auffordern, am Montag die Arbeit wiederaufzunehmen. Die Arbeiter beobachteten während des Streikseine überraschende Disziplin.Türkisch-bulgarische Militärkonvention.Petersburg, 23. November. Ter„Rußkoje Slowo" er-klärt, daß trotz aller Dementis zwischen der Türkei und Bulgarien eine Militärkonvention unterzeichnet worden sei. Ausdem Inhalt dieses Uebereinkommens gibt das Blatt alshauptsächlichste Punkte an:1. Falls Bulgarien Griechenland den Krieg erklärt, ver-pflichtet sich die Türkei, Bulgarien mit drei Armeekorps zu' Hilfe zu kommen, die dem bulgarischen Hauptkommandounterstellt werden sollen.2. Sollten die Verbündeten Griechenlands zu dessenGunsten intervenieren, so hat die Türkei den Krieg zu er-klären. Dieselbe Verpflichtung besteht für Bulgarien, wenndie Türkei einer der genannten Mächte den Krieg erklärt.3. Bleibt Bulgarien siegreich, so erhält die Türkei alsBelohnung für ihre Hilfe ganz Thrazien bis zum Mestafluß.Studentenkrawalle in Madrid.Madrid, 23. November. Gestern nachmittag gegen 4 Uhr ver-anstalteten die Madrider Studenten einen Umzug. Die Polizeiversperrt� ihnen den Weg. Sie wurde jedoch von den in großerAnzahl befindlichen Studierenden bei Seite geschoben, nachdem dieStudenten den Kommissar einfach niedergeworfen hatten. Etwasspäter versuchte die Polizei von neuem, die Studenten aufzuhalten.Ein Agent ging in seinem Eifer so weit, einen der Studenten m,tseinem Stocke zu schlagen. Sofort wurde er erfaßt und von denStudenten weidlich durchgeprügelt. Die Polizei mußte bis zumSchlüsse dem Studentenaufzug ruhig zusehen. Gestern abend gegen8 Uhr, als die Geschäfte und Fabriken auf dem Puerto del Sol ge-schlössen wurden, versuchten die Studenten von neuem zu mani-fcstieren. Diesmal war ein großes Polizeiaufgebot erschienen undes dauerte nicht lange, so hatte man den Platz von den Temon-stranten gesäubert. Es wurden etwa 20 Studenten verhaftet.Dk Groß-Berliner Parteiorganisationzur flrbejtsloknverüclkrung.Die immer mehr um sich greisende Arbeitslosigkeit gab derGroß-Berlincr Parteiorganisation Veranlassung, sich am Sonntagin einer in Kellers Festsälen, Koppenstraße, abgehaltenen Ver»bandS-Generalversammlung mit der Frage der Ar-beitSlosenversicherung zu beschäftigen. Der Referent,Genosse Molkenbohr,machte dazu folgende Ausführungen:Als nach den Wahlen von 1912 die Sozialdemokratie als stärkstePartei in den Reichstag einzog, glaubte wohl jeder, daß nun Ar-beiterfragen in den Vordergrund der Debatten des Reichstages tretenwürden. Man hätte erwarten sollen, daß sich der Reichstag mitArbeiterforderungen beschäftigen wüilde, nachdem die Forderungender RüstungSinteressenien das Reich dem Bankerott nahegebrachthaben. Jetzt sind die Kapitalisten daran, auch ein Stück„Arbeiter.frage" in den Vordergrund zu rücken. Sie schreien nach einemZuchthauSgesetz, nach Knebelung der Arbeiterklasse. So wares schon früher. Immer wenn ein Raubzug auf die Taschen d«SVolkes beabsichtigt war, wurde die Aufmerksamkeit abgelenkt durcheine Hetze gegen die Arbeiter. Jedem Raubzug ging eine Knebelungder Arbeiter voraus. Unter diesem Zeichen hat Bismarck feineSchutzzollpolitik in? Werk gesetzt. In Amerika bricht die Schutzzoll-Politik zusammen, auch bei uns macht sich ein Umschwung der An-sichten über diese Frage bemerkbar. Daraus erklärt sich das gegen-wältige Geschrei nach einer Knebelung der Arbeiter. Wieder willman die Aufmerksamkeit von allem ablenken, was die Schutzzoll-Politik gefährden könnte. Unter den Folgen dieser Politik leidetda» ganze Erwerbsleben. Wenn der Arbeiter fein ganzes Ein-kommen für die notwendigsten Lebensmittel ausgebenmuß und darüber hinaus nichts kaufen kann, muß natürlich dieProduktion zurückgedrängt werden. Di« Folge davon ist, daß esweniger Arbeitsgelegenheit gibt und die Zahl der Arbeitslosen mehrund mehr steigt.— Man schreit jetzt nach Schutz der ArbcitSwilli-gen. Selbst der Jndustrierat des H a n f a b u n d es stimmt in diesGeschrei ein. Wenn die Herren die Arbeitswilligen schützen wollen,so haben sie jetzt die beste Gelegenheit, indem sie den vielen Taufen.den, die willig sind zu arbeiten und doch keine Arbeit finden, helfen.Aber diese Arbeitswilligen meinen die Herren nicht. Die H i n tz e-g a r d e wollen sie schützen, da» sind ihre Arbeitswilligen.Die Kapitalisten haben immer ein Interesse daran, daß vieleArbeitslose aus der Straß« stehen, die durch Hunger gezwungen sind,unter jeder Bedingung Arbeit anzunehmen. In solchen Zeiten ver.suchen die Unternehmer die Löhne, die sich die Arbeiter bei guterKonjunktur errungen haben, herabzudrücken. Aber das ist ei nichtallein, wa» die Arbeiterinteressen schädigt. Hunger und Elend sinddie Folgen der Arbeitslosigkeit. Nicht nur die Gesundheit deS Ar-beitSlosen. sondern auch die seiner F a m i lienangehörigenAlockenfilm.,., Dieweil de» Mensche» Fürrecht Lache« ist.R a b e l a i».'Hurra! Hurra! Hurra! Es kommt frische Luft in die Welt!Habe schon unlängst prophezeit, daß 1913 einst ebenso erhebendesJahr in Erinnerung des Patrioten sein wird wie 1813. NeuesteEreignisse bestätigen Prophezeiung. Zaberner Klamauk ist erfreu-lichstcs Zeichen für Wiedererwachen de? alten PreuhengeisteS mitder Losung: Druff! Schneidige Kerle: Leutnant Freiherrv. Forstner— bravo I Oberst v. Reutter— bravo I bravo!Kommandierender v. Deimling— bravissimo! Haben eS denAackeS ordentlich zu verstehen gegeben, was echter preußischer Mannvon Franzosenköppen hält. Schon Goethe betonte als Kennzeichenechten preußischen Mannes: Bordeaux saufen und Welschen auf dieKöppe spucken! Wird gemacht, und wie man sieht, mit aveclKamerad v. Forstner scheint pädagogisches Genie ersten Range».Kultivierte in Elsässer Bande das Gefühl eigener Minderwertig-keit, indem Mann für Mann vortreten muhte, Hacken zusammen-schlagen und melden, laut und deutlich:„Ich bin ein WackeZ!"Durchaus geeignetes Mittel, Selbstbewußtsein dieser Dickschädel zubrechen.Kmnerad v. F o rst n e r ist auch nicht der Mann, sich anWimpern klimpern zu lassen, nicht von Zabcrn, nicht vom ganzenElsaß und von Frankreich auch nicht. Hat mit erfrischender Offen-Herzigkeit den WackeS unter seinen Rekruten gezeigt, welche Ge-fühle in königstreuem preußischen Soldaten durch verdammtenrepublikanischen Fetzen Blau-Weiß-Rot ausgelöst werden. Kerl»im Parlament haben mal übertriebenes weibisches Zartgefühl anTag gelegt, als sie au? ReichStagSsitzungSsaal KriegSbild von 1870entfernen ließen, weil darauf eroberte französische Fahne in Staubgesenkt wurde. Lächerliche Sentimentalität! Kamerad v. Forst-«er hat Schlappherzigkeit der Parlamentswaschweiber wieder gutgemacht und deutsche Ehre wieder blank geputzt.Besonders erfreulich aber ist stramme Entschiedenheit, mit derAusschreitungen Zaberner Straßenpöbels entgegengetreten wurde.Scharfe Patronen ausgeteilt! Seitengewehr aufgepflanzt! Ma.schinengewehre herbei! Jetzt Hand weg von der Butterl Nurschade, daß in WackeS nicht reingepfeffert worden ist. Wäre famoSaewrien! Sind, weiß Gott, unter Deimling mit den Hererosfertig geworden. AuSrotiungSmethode ä U Trotha, und werdendoch noch hoffentlich mit ein paar WackeS fertig werden. Wäreiivrigens bciteS Mittel, elsah-lothringische Frage zu lösen: Ma-schinengewehre! Druff IHabe nur ein« vermißt. Fehlte bei Affäre rechte preußischeStrammheit im Auftreten gegen Pretzbengcl». WaS Kameradv. Forstner gesagt und getan, war lediglich Angelegenheit deSköniglichen Dienste» und ging Presse nicht die Bohne an. Habenaber überall da» Maul gewaltig aufgerissen. Und Gegenmaßregeln?Dem 15. Armeekorps ist Lektüre„Zaberner Anzeigers" verbotenworden und gegen„Elsässer" hat Deimling Strafantrag ge-stellt. Ist wenigstens etwas, genügt aber noch lang« nicht. Stecktkein Murr drin. Oesterreichische Kameraden in Linz haben vor-gemacht, wie man ungewaschene Mäuler von Preßbendels stopft.Sozenblatt hatte randaliert, weil paar Kameraden von Dragonern 6nachts sich ein bißchen Amüsement mit Musik geleistet. Aber Käme-raden von Dragonern 8 nicht faul, delegieren zwei Leutnant», dieschnallen um, hin in die Sozenredaktion. blank gezogen und schnei-dige Attacke geritten gegen elenden Schmierfritzen. Durchausemvfehlcnswerte Taktik I Hätte Oberst v. Reutter in jede Re-daktion. die geschimpft hat, zwei Leutnant« mit gezückter Plempegeschickt, wäre germanisatorischer Erfolg von Zaberner Aktion nochgewaltiger. Aber auch so bleibende patriotische Erinnerung. WollenGläser neu füllen und anstoßen:ES lebe hoch das Regiment,das sich mit Stolz das 99. nennt.wo man den WackeS WackcS heißtund auf die welsche Fahne sch— impft!Auch sonst allerhand erfreuliche Erscheinungen im deutschenVaterland. Wurde in diesem Jahre von gelehrten Schwachmachi-luffen allerhand gequasselt über Geburtenrückgang in Deutschland.Ist Muntpitz! Habe dicscr Tage gelesen, daß Ob.rpostschaffncrSchmidt aus Briefen dreißigstes Kind bei Standesamt angemel-det hat. Hand an den Helm! Alle Achtung! Schlägt die gesegnetstenPfarrersfamilien siegreich aus dem Felde. Kann, wenn er Sonn-tag? Familienausflug �unternimmt. Extrazug beanspruchen.Wenn Familie Schmidt sich um Weihnachtsbaum ver-sammelt, fällt das eigentlich unter Vereinsgesetz. Polizei würdeihm auch beikommen, wenn Papa Schmidt ein Roter wäre. Istaber selbstverständlich staatSerhaltend und monarchisch bis auf dieKnochen, denn er liefert erstens Majestät Soldaten, beweist zweitens.daß Postunterbcamtenfamilie bei bestehenden Gehaltssätzen glän-zcnd bestehen kann, denn eS ist keine Kleinigkeit, dreißig Fressersatt zu machen. Und dokumentiert drittens, daß gottgewollt« Steige-rung der Lebensmittelpreise mit Geburtenrückgang absolut nichtszu tun hat. Wäre übrigens Preisfrage: Wenn Postschaffner dreißigKinder hat. wieviel mutz Kraetke haben? Zahl, auf die Augustder Starke, ein wahrer„LandeSvater". herabsehen konnte, reichtnicht. Aber Kraetke ist Junggeselle, und die Alimente hassenda« Gcbild auS Menschenhand. Aber wollen mal wieder Gläserfüllen und anstoßen:Papa Schmidt aus Briese» soll lebenund seine dreißig Göhren daneben!Prost!Aber auch wie Unkraut unter den Blumen deS Feldes bedenk.lich« Erscheinungen zu konstatieren. La» dieser Tage:Herten< Wests.). II. Nov. Nachdem im Heer und in derMarine sich aostinente Soldatcnvereine gebildet haben, hat jetztauch die Polizei einen„Verein abstinenter Polizei-b e a m t e r D e u t s ch l a n d S" gegründet. Der Verein bezweckt,durch vollige Enthaltsamkeit seine Mitglieder vorden vtelen Gefahren deS AlkoholiSmuS zu schützen und sie7*nIeitun9 und Studium zu einem tiefern Verständnis derAlloho. frage zu bringen. Den Vorstand de» Verein» vertreten derPollzelwachtmelster Berger in Herten und der Kriminalwacht-melster TvkolS ,n RccklinghaufemFaßte mir i tempo an Kopf, glaubte zu träumen, sah denAnfang vom Ende vor mir. Hoffe stark, daß behördlicherseits soforteingeschritten wird, denn dieser Sauf-Wasser-wie-daS-liebe-Vieh-Verein ist direkte Gefahr für die staatliche Ordnung— Streik derParifei Polypen vor ein paar Jahren war harmlos dagegen. Bittestch nur Folgen auszudenken, wenn Schutzmann sich nicht mehreinen hinter die Binde gießen darf. Schwindet sofort Berufsfreudtg-keit und KönigStrcue. Man stelle sich Moabit vor mit wasser-trinkenden Polizisten. Die werden nicht draufgehen wie Blücherund Pöbel und Passanten unterschiedslos in die Visage hauen, da-mit glorreich betont wird, wer Herr ist in Preußen, sondern werdenötc-petöte sein und Randalierer mit Glacehandschuhen� ansaiseu.Kämen dann auf dem Umweg über die Abstinenz womöglich nochzu englischen Zuständen, wo Schutzmann nicht Herr, sondern'euerdes Publikum» ist. Bewahre un, Gott! Zum Schutzmann geyortder Doppelkümmel. Denn Schutzleute haben Sorgen unvschonWilhelm Busch sagt: Wer Sorgen hat. hat auch Llkor. Dara.iswollen wir mit neugefüllten Gläsern mal anstoßen.Wer niemals angesäuselt ist,das ist kein rechter Polizist!Prost!Wird mir etwas schummrig vor den Augen, glaube, habe zuvielangestoßen, mutz pausieren. Bis zum nächf cnTer konservative August.Bitte meine Adresse nicht verraten. Fürchte, werde sonst imProzeß gegen Pussy Uhl alia» Graim Treuberg vorgeladen.Höchst peinliche Affäre!