Einzelbild herunterladen
 
Knebelunöf der preffe durch Sd)iffahrtsgefeUfchaften. Die Enthüllungen über die Begünstigung der Auswanderung von österreichischen Fahnenflüchtigen enthalten den Beweis, daß die deutschen   Schifsahrtsgesellschaften sich an der Schwächung der österreichischen Wehrkraft lebhaft beteiligt haben. Auch sie haben Stellungspflichtige zur Auswanderung verleitet, um auö den Ueberfahrtsgebühren der armen Zwischendeckspasiagiere Profit zu ziehen. Natürlich scheuten sich so große, wohlanständige und hochpatriotische Firmen wie die Hamburg-Amerika-Linie   und der Norddeutsche Lloyd  , derartige Geschäfteoffen und ehrlich" zu be- treiben; vielmehr lassen sie sich Zutreiberdienste von scheinbar selbständigen Auswanderungsbureaus und Agenten leisten, die da» für bestimmte Subventionen und Provisionen erhalten. Von Ham- bürg undenien aus erhielten die Agenten fortgesetzt Anweisun- gen, Warnungen und Mitteilungen über behördliche Altordnungen und Beanstandungen, so daß die Agenten rechtzeitig ihre betrüge- rischen Maßnahmen ändern konnten, um Konflikten mit den Be- Hörden zu entgehen. Die Schnelligkeit und Sicherheit dieses Nach- richtenwesenS mag nicht weiter überraschen, wenn man erfährt, daß der ehemalige Chef des staatlichen SchifsahrtswesenS der jetzige Generalvertreter der Hamburg-Amerika-Linie   ist. Auch die Krupp-Direktion, der ehemalige Offiziere und Staatsbeamte ange- hören, rühmte sich ja, selbst die geheimsten Militär-Angelegenheitcn zu kennen! Gewiß bietet da auch der Generaldirektor der Hamburg- Amerika-Linie  . Herr Ballin, die Sicherheit, daß er mitbesonderer Sachkunde", um derentwillen er in die Rüstungskommission berufen wurde, den kapitalistischen   Schlichen bei Lieferungsvergebungen nachgehen wird. Wie die deutschen   Schiffahrtsgesellschaften für die Wehrhaft- machung unseres österreichischenBundesgenossen" sorgten, mag nur eine Anweisung zeigen, die von Hamburg   aus an ein Aus- Wanderungsbureau erging: Das, was einberufen wird, über Wadowitz führen!" Auf eine Anfrage der österreichischen   Regierung hat der Gene- ralvertreter der Hapag   im ausdrücklichen Auftrage des Herrn Ballin noch im Juli d. I. erklärt, daß die Hapag   eine Verpflichtung, Militärpflichtige von der Beförderung auszuschließen, nicht eingehen könne. In der bürgerlichen Presse geht man diesen Feststellungen möglichst aus dem Wege. Sie sucht auch jetzt noch daran festzu- halten, daß nur die ausländische Canada-Gesellschaft eine Schuld trifft, obgleich doch tatsächlich die deutschen   Gesellschaften die gleiche Verantwortung tragen. Eine Veröffentlichung desOesterreichi- schen Volkswirt" in Wien   bietet dafür die Erklärung. Die Hapag  und der Lloyd gehören einer Konvention nordatlantischer Linien, dem Schiffahrtspool, an. In dem General-Pool-Vertrag vom 5. Fe­bruar 1808 findet sich nun als Artikel 16 folgender Passus: Es sollen von keiner Linie Rundschreiben oder Veröffent- lichungen ergehen, die Vergleiche mit irgendeiner Konferenzlinie ziehen oder auf sie Bezug nehmen, die für die letztere ungünstig sind, und keine Teilhaberin soll irgendeine Zeitung unter st ützen. die systematisch irgend- eine Konferenzlinie angreift." In einem Kommentar zu diesem Passus wird im gleichen Ver- trage ausdrücklich bemerkt, daßdiescAbmachungen sich in langjähriger Anwendung bewährt haben" und der Kommentar fügt hinzu: es wurde vereinbart, daß die Worteirgendeine Zeitung unter- stützen" in dem speziellen Sinne zu verstehen sind, daß keine Annoncen an eine solche Zeitung gegeben werden dürfen." Bei der Erneuerung des Pools im Jahre 1811 ist der zitierte Artikel 16 wörtlich in den Vertrag übernommen worden. Da hätten wir denn den Schlüssel dafür, daß die bürgerliche Presse jede Bloßstellung der deutschen   Gesellschaften ängstlich meidet. Mit einer einzigen Ausnahme hat bisher auch noch keine deutsche bürgerliche Tageszeitung die Presse-Vereinbarung in Artikel 16 des Poolvertrages zu veröffentlichen gewagt. Die kapitalistische Presse läßt sich ihre eigene Knebelung stillschweigend gefallen. Die Frankfurter Zeitung  " hat zwar die Enthüllungen desOester- reichischen Volkswirts" gebracht, aber nicht etlva, um die deutsche Presse zur Abwehr solcher KnebelungSversuche aufzurufen, sondern Wie ist mlr's? Den Kerl Hab ich ja heute schon gesehen! Drunten am Eisack, dicht vor dem alten Städtchen, ihn und seinen Kumpan. Ueber die Brücke ratterte gerade ein Wagen, ein ganz, ganz niedriges Wägelchen war's, mit nur zwei kleinen Rädern, drauf lag ein langer Sack. Auf dem Klepper ritt wunderlicherweise ein Bauer mit einem eigentümlichen kuttenartigen Mantel angetan, ein Dauer mit flammend rotem wehenden Bart. Tie zwei sahen auf die Brücke und dann, wie ich, auf den Bauern mit dem Mantel und dem roten Bart. Da schau. Bruder, der Haspinger I" lachte der Rotblonde aus vollem Halse,der Haspinger   mit der Kanone! Drauf I drauf! So wenn ich ausziehen könnt! Herrgott, mitten drein und bum-- dum!" Aber der grämliche Kamerad gab ihm keine Antwort, er spuckte nur aus. Das waren die zwei.-- K. u. k. Infanterie Re g> ment." brüllt er über den Tisch hin. Die Meister und das Bäuerlein hielten noch immer ihre Geld- stücke hypnotisiert zwischen den Fingern, die kleine Kellnerin stierte wie ein ganz, ganz schlechter Automat, und die Alte saß noch immer aufgeplustert da. wie einer jener grauen Papageien, die stundenlang, halb mürrisch, halb boshaft lauernd, sitzen können, ohne Beiregung, bis sie endlich bedächtig, wie wenn dies das Resultat ihrer langen Versunkcnheit wäre, mit den Krallen an den Schnabcl greift« und dabei listig ein Auge zudrücken. So, ganz genau so mackue es die Alte. Wie entrückt, wie aus irgendeinem vergangenen Jahrhundert zu uns versetzt, unheimlich alt saß sie da und fuhr langsam mit der Hand nach ihrer gekrümmten Nase, ein-, zwei-, dreimal dabei blinzelnd. fWie alt sind Sie. Madame?) .Wir erlauben uns, Menschen zu fein wie Sie. meine Hoch- verehrten, ganz wie i-ie, und wenn wir Ihnen jetzt gute Nacht wünschen, in Anstand und Höflichkeit, ist es nur Ihre Pflicht, Ihre Menschenpflicht, auch uns eine gute Nacht zu wünschen, um so mehr als na ja! Gute Nacht!" Also der Große. Man hörte die Wirtin schnaufen. Und lauter:Gute Nacht!" Man hörte alle am Tisch schnaufen. Schwerfällig näherten sich zwei, und lärmend zwei weitere Fuße der Türe. Aber da stand schon die kleine Kellnerin. Wie ein eben vom -vogen geschossener Pfeil war sie dabingeschnellt. v- Ärn' ä'erschr zohrnl" sagte sie feurig, schaute aber dabei m Die Ofenecke. ??J*0v&ronbe zog eine spöttische Miene.So o! Na. »r nr war der Wein zur Erheiterung der andern Herren, hörst du, um diese Presse gegen angebliche Verdächtigungen de» Auslandes zu verteidigen. Sie ist sogar so naiv, der Hapag   darin Glauben zu schenken, daß der Artikel 16 nie angewandt worden ist, obgleich die Hapag   sie kurz vorher anlog, daßes absolut falsch ist, daß im Poolvertrag Bestimmungen enthalten seien, nach welchen Zeitungen, die den Pool angreifen, die Annoncen entzogen werden". Der Kommentar zum Poolvertrag spricht doch aus- drücklich davon, daß der Artikel 16 sich in langjähriger Anwendung bewährt habe. Ist eS da übertrieben zu sagen, daß dem P a na m a der Schiff- fahrtSgesellschaften das der deutschen   bürgerlichen Presse eben- bürtig ist? Vom Jahrmarkt des Gebens. Gute Sitten. Eine ganz ausgemachte Flegelei leistete sich dieser Tage in G ö t t i n g e n eine Anzahl Korpsstudenten. Im größten Saale der Stadt feierte die katholische Gemeinde in besonders feierlicher Weise den Tag, an dem der römische Kaiser Konstantin die christ- liche Religion zur Staatsreligion machte. Während der Rede des Universitätsproseffors B o y e r l e drangen mehrere Korpsstudenten in Hemdsärmeln und Couleur in den Saal ein. Wiederholt wurden sie freundlich aufgefordert, den Saal zu verlassen und mutzten schließlich, da sie nicht gingen, schroff hinausgewiesen werden. Einer der Studenten, der sich als Senior seines Korps vorstellte, weigerte sich ganz entschieden, den Saal zu verlassen, weil er einen Anspruch auf Zutritt habe, denn er wäre leider infolge testamentarischer Bestimmung Katholik. Die christliche Feier wurde durch das Auftreten der Studenten noch wiederholt gestört, da immer wieder die jungen Leute in Hemdsärmeln in den Saal einzudringen versuchten. Wieviel Monate Gefängnis würden Arbeiter erhalten, wenn sie sich in ähnlich rüpelhafter Weise betragen würden. Ist doch neulich erst ein Arbester in Breslau   zu 14 Tagen Gefängnis derurteilt worden, weil er es gewagt hatte, einen Vertreter der heiligen Hermandad unehrerbietig anzuschauen. Nach diesem Strafmaß gemessen, würden die Herren Studenten reichlich Gelegenheit bekommen, hinter schwedischen Gardinen über ihre Flegeleien nachzudenken. Aber das brauchen sie nicht befürchten. Sind sie doch keine Arbeiter, sondern Vertreter der goldenen Jugend, die sich so etwas schon erlauben dürfen. Da mancher von ihnen SsvatSanwalt oder Richter werden möchte, ist nur Geldstrafe standesgemäß. 0er neueste, Scklsger. Kaum ist der Vorhang über das Genrebild aus dem Leben der Panzerplattenpatrioten gefallen, und schon wieder entrollt sich ans der Bühne der Strafkammer in Moabit   ein neues anderes Charakterbild. Tiesmal sind nicht die Brandt und Eccius und darüber hinaus das gesamte Kruppdirektorium die Angeklagten, sondern der edlen Gräfin F i s ch l e r v. T r e u b e r g ist die Haupt- rolle auf den Leib geschrieben. Dieser Prozeß der grancke amoureuee ist ein so gelungener Ausschnitt aus dem gesellschaft- lichen Leben Berlins  , wie er besser durch keinen noch so hervor- ragenden Satiriker gezeichnet werden könnte. Da ist zum Beispiel die Hauptperson, Freifrau Fischler v. Treuberg, Lebedame und Heiratsvermittlerin. Leistet den Offenbarungseid, lebt naftrlich in einer Wohnung von fünf glän- zend ausgestatteten Zimmern Preis 1800 Mark, macht Reisen nach Monte Carlo, auf denen sie 10 000 bis 80 000 Mark ausgibt; kurz: sie genießt das Leben wie es einemanständigen" Menschen zukommt. Ihr Liebhaber und Verlobter: Angehöriger des Wehrstandes, Oberleutnant, zurzeit natürlich a. D. Lobte als aktiver Offizier nach den Zeugenaussagen zum Teil von den Mitteln seiner Schönen; zum Dank dafür wird sie hin und wieder von ihm geprügelt. In richtiger Erkenntnis des Satzes, daß das Geld rund ist und sich drehen müsse, bekommt die Gräfin das Geld von ihren zahlreichen Liebhabern, gibt es ihrem Verlobten, der es dann wieder mit anderen Weibern durchbringt. Natürlich hat der Herr Oberleutnant von der Herkunft des Geldes keine Ahnung. Ebenso werden ihm auch Schuhe, seidene Strümpfe, Bruder Dynamiter? Was, er rülpst? Na, also aus Edelmut. Fünf Kreuzer? Wieviel Prozent vom Tagesverdienst schätzen die Herrschaften?"-- Und er zählte ganz langsam, ironisch einen Heller nach dem andern auf den Tisch, eine lange Reihe. Dann stolperte er zur Türe hinaus, dem Schwarzen, Firisiern nach. Der Mond schien auf die Schwelle und machte sie ganz hell; plötzlich verdunkelte sie sich aber wieder, weil droben wilde Wolken jagten. Man hörte das nahe Rauschen der Gartcnbänme und das ferne des Waldes, sich entfernende Tritte und noch ein paar ab- gerissene Töne des LiedcS: ,.K. u. k. Infanterie Re gi ment." Bazi!" sagte die kleine Kellnerin mit Ueverzeugnng. aber niemand gab ihr Antwort. Die Zote. Pariser Skizze von Otto Flake  . Als sie über die Brücke gingen, sahen sie unten am Ufer Menschen einen Kreis um einen Körper schließen, der auf dem gemauerten Bett der Seine lag. Es war eine tote Frau, die man eben aus dem Waffer gc� zogen und auf den Bauch gelegt hatte. Ter Rock, unter dem sie nichts mehr trug, war schamlos bis zu den Hüften zurückgeschlagen. Das Wasser hatte die Beine aufgequollen, und sie war wie eine riesenhafte Statue, die man herabgenommen und umgelegt hat, sie war gigantisch und voll Majestät. Tie Schenkel waren grün angelaufen, aber von da oben sah es nur wie eine Patina aus, die Patina des TodeS. ES dauerte lange Zeit, bis einer der Agenten kam, deren Amt es ist, eine Leiche in die Morgue schaffen zu lassen; er betrachtete sie mit derselben Gleichgültigkeit wie die Umstehenden, dann schob er mit seinem Stiefel den Rock über die Beine der Toten zurück. Sie gingen nach Hause und wandten sich jeder dem zu, was seine Arbeit war. Keiner hatte ein Wort über die Tote gesagt. und so taten sie auch weiterhin, als dächten sie nicht an sie. flber am Abend, nachdem sie sich schweigend lange gegenübergesessen hatten, kam ei heraus, daß sie beide voll von ihr waren. Sie waren ein junges Paar, das sich noch nicht lange gefunden hatte und ihr Gefühl hatte noch nicht den Punkt der Sättigung erreicht. Sie waren sich noch neu. und die Liebe war vor allem dem Mädchen neu. das noch nichts von den Herzensgeschichten anderer wußte und nur fand, sein Gefühl sei unerschöpflich und groß. seidene Westen und noch intimere Bekleidungsstücke beileibe nicht geschenkt, sondern geradezu aufgedrängt. Als Naive macht in dem Spiel die Tochter der Gräsin großen Effekt. Sie lebt und genießt in ihrem kindlichen Unver- stand und geht nebenbei auf den besseren Strich. Ten soliden B e a m t e n st a n d vertritt ein Regie- r u n gsb a u m e ist e r. Er hat das Bedürfnis, seine gute Art fortzupflanzen und wendet sich an die Gräsin um Heiratsvermitte- lung. Natürlich stehen gleich vier Bräute mit je einer Million Mark Mitgift zur Verfügung, die alle das drin- gende Bedürfnis haben, ausgerechnet mit dem Herrn Regierungs- bauoieister eine Liebesche einzugehen. Helferin in diesem Ämorspiel ist eine Prinzessin Dsen- b u r g- B ü d i n g e n. Auch sie macht in Heiratsvermittelung. natürlich nur la-Ware. Gegenwärtiger Aufenthalt unbekannt. Briefe holt sie sich aus einem Hotel in München  , wo sie sich aus- halten soll, ab. Bleibt also im Hintergründe. Etwas mehr in Aktion tritt ein anderer Edelster und Bester, Graf Günther v. KönigSmarck. Seine Antrittsarie erregt allgemeine Heilerkeit, da er bei seiner Vernehmung sofort erklärt, daß er nicht glaubt vereidigt werden zu können, denn seine Familn. wolle ihn wegen Irrsinns und unverbesserlicher Trunkenheit entmündigen Um diese Hauptpersonen in dem Charaktcrbilde gruppieren sich wirkungsvoll andere Darsteller, die den Chor und die Statisten« rollen besetzen. Vertreten sind Bardamen, Heiratsschwindler, Wechselreiter, Agenten, ehvbare Kaufleute, Großhändler und andere Mitglieder der guten Gesellschaft. Das Stück hat andauernd große Zugkraft und wird sich wohl noch längere Zeit auf der Bühne halten. öchnapsgcfchäft und Kirche. Im jüngst erschienenen Halbjahreshericht der Aktiengesellschaft Benedictine", die den bekannten, von den Benediktiner  - mönchen herstammenden Likör herstellt, ist zu lesen:Tie Fünfzig» jahrfeier der Erneuerung desBenedictine" wurde mit unver- gleichlichem Glänze gefeiert. Unserem Rufe waren mehr als 1000 Eingeladene gefolgt, darunter der Herr Erzbischos Fuzet, PrimaS der Normandie  , und Herr Lemonnier, Bischof von Bayeux  , mehrere Mitglieder des Senats und der Kammer, der Präsident der französischen   Handelskammer in New Jork.... Presse und Kino haben der Welt die dielfachen Einzelheiten dieses zugleich religiösen, kaufmännischen und so» zialen Fe st es übermittelt. Es begann mit einer Messe, in deren Verlaus seine Hochwürden Herr Fuzet, mit Beredsamkeit das Evangelium auslegend, mit viel Geschick die Pflichten des Reichtums und der Arbeitgeber darlegte. Er beglückwünsckite un-- sere Direktoren, diese immer, wie einst die Benediktiner  , edelmütig erfüllt zu haben. Die Segnung der neuen Betriebsstätten durch die hochwürdigsten Herren Bischöfe beschloß diesen ersten Teil de? Tages." Die hochwürdigsten Herren haben gewiß alle Veranlassung, diese kapitalistischen   Nachfolger ihrer frommen Mitglaubensstreiter von Herzen zu segnen. Nicht allein sind sie zumeist selbst Freunde einesguten Tropfen?" der Alkoholvcrtrieb kommt auch der Kirche selbst in doppelter Weise zugute. Die edelmütigen Direk» toren werden gewiß einem so kostbaren Verbünderen gegenüber nicht mit ihren Spenden kargen. Und das alkoholisierte Volk bleibt noch für lange im Banne der Kirche wie des weltlichen Aus- beutcrtums. Daß dabei Krankheit, Laster, Not und Verbrechen von demselben Alkohol in einer alle ernsthaften Sozialpolitiker Frankreichs   entsetzenden Weise erzeugt werden, das braucht die Herren Bischöfe, deren Sinn ja nur dem Himmlischen zugewandt ist, nicht zu genieren. Wenn das Geld im Kasten klingt, der Segen auf Schnaps und Aktien springt. Coleranz. Die deutschen   Katholiken fönneu befreit aufakmen, Ihnen geht e? nicht so, wie den Offizieren, denen der Tangotanz in Uni­form durch kaiserlichen Erlaß verboten wurde. Der Papst, an den sich mehrere Bischöfe gewandt hatten, ob der Tango auf den Index gestellt werden müsse, konnte sich nicht entschließen, den neuesten Modetanz zu verbieten, sondern er wird die schwierige Frage dem Rate der Kardinäle unterbreiten. Die kompli» Und doch war eS nun, weil sie fiinf Minuten auf den Leichnam einer Frau hinabgeschaut hatte, nicht anders, als sei, durch ihre oder deS Geliebten Schuld, der erste Atem eines jener Stürme über sie hinweggegangen, die die Herzen austrocknen und be- wirken, daß zwei Menschen sich voneinander wie Bretter lösen, aus denen man die Nägel gezogen hat. Sie war in einem jungen und glühenden, in einem mänaden- haften Tahinstürzen Plötzlich angehalten worden, und dieses heftige Stehenbleiben erschütterte und machte elend. Sic sah, daß der Körper verivesi, und sie, die sich in ihrer Liebe so tief als Körper fühlte, wurde von einem Ekel ergriffen. Alles, loas zur großen Materialität gehört, war schmutzig und niederziehend: Essen, Verdauen. Sichnähren, Säfte haben, und nun nun gehörte auch Sichlicben dazu. Sie lehnte sich gegen ihren Körper auf, sie suchte sich von ihm freizumachen und sah. daß sie in ihn eingeschlossen war. Nie hatte sie sich klar gemacht, warum sie fiir einen Augen» blick gleichsam die Augen hatte schließen müssen, so oft sie sich hin- gab; nun ahnte sie, daß sie sich über einen Punkt hatte Hinwege setzen müssen, der ein Herabschreiten bedeutete, ein Herabschreiten zur Lust; sie ahnte, daß alle Lust eine Lüge enthält, weil man glaubt, sich um eines anderen willen zu überlassen, und sie doch um seiner selbst willen sucht. Und seltsam mischte sich eine andere Empfindung hinein: ein Respekt vor der Toten und eine Billigung, daß sie den Tod gesucht hatte. Vielleicht lvar sie im Leben nur eine elende Kreatur voller Schwäche und Feigheit getvcsen, aber daß sie dann zuletzt sich aus- gelöscht, hob alles Schlimme auf. Nicht loeit sie sich nicht mehr verteidigen koiuite, gewann sie Achtung, sondern weil sie sich be» freit hatte, indem sie schien eS dem Mädchen jeden Wider­stand gegen die Materialität aufgab, hinging und zu einer ver« wesenden und fürchtertickxn Masse wurde. Aber wenn in den Tod gehen groß war. dann mußte auch am Ende alles Lebens Oual und lleberdruß stehen? Ein Grauen erfaßte sie, ihr Blick wandte sich der Ferne des eigenen Schicksals zu und wandte sich hilflos zurück zu dem, der ihr doch noch gegenübersaß, dem Geliebten. Und der bemerkte, daß etwas Feindseliges in ihre Augen kam, eine kalte und ver» zweifelte Prüfung. Er stand auf und legte den Arm uiy sie. Die ganze Nacht hielt er sie im Arm und suchte sie fühlen zu lassen, waS er fühlte daß es vor den großen Mächten, die keine guten Götter, sondern finster und alte Gottheiten der Materie find, nun eine Rettung gibt: sich zusammenzutun und, zwei arme Kinder, einander mit einem demütigen Trotz in den Armen halten, nicht weiterschweisen. sondern ineinander ausruhen und sich helfen, ein Bruder und ein« kleine Schwester.